11.11.2012

Autor*in

Dirk Heinze
Social Media im Kulturbetrieb

Erstes Social Media Barcamp für Theater

Am heutigen 11. November findet im Hamburger Thalia-Theater das erste deutsche Theatercamp statt. Wir sprachen mit Karin Janner über Ziel und Inhalte ihrer Initiative.
Dirk Heinze: Wie bist Du auf die Idee gekommen, in einem Theater ein Barcamp zum Thema Social Media zu veranstalten?
 
Karin Janner: Mit dem Thema bin ich schon länger unterwegs. Gemeinsam mit Partnern habe ich 2009 die stART Conference ins Leben gerufen, die sich erstmals mit Social Media im Kulturbereich auseinandersetzt. Wir haben rasch festgestellt, wie vielfältig dort die Möglichkeiten sind. Man geht im Museum durchaus anders mit sozialen Netzwerken um als in der Buchbranche. So ist es sinnvoll, sich konkret der Anwendung in den einzelnen Sparten zu widmen. Das Thalia-Theater ist dann auf mich zugekommen. Die Idee war geboren, eine Konferenz zu veranstalten, bei dem das komplette Programm erst durch die Zusammenarbeit mit den Besuchern entsteht, auch wenn wir einzelne thematische Aspekte dabei vorgeben. Diese partizipative Konferenzform des Barcamps finde ich für den Kulturbereich interessant, weil man sie dort noch nicht so kennt. Auf die Bereitschaft der Teilnehmer, sich selbst einzubringen, bin ich selbst am allermeisten gespannt.
 
DH: Wo werden bisher im Theater soziale Medien erfolgreich eingesetzt, und wo schlummern unentdeckte Potenziale?
 
KJ: In Theatern ist es im Grunde nicht anders als in Unternehmen: die ersten, die sich damit beschäftigen, sind die Marketingabteilungen. Bei der Nutzung für künstlerische Inhalte oder in ihrer Vermittlung ist man jedoch noch weit zurück. Hier wäre es interessant, solche Bereiche miteinander zu kombinieren. Wenn ich beispielsweise in einem Blog junge Menschen inhaltlich an das Thema heranführe, ist das immer auch mit Imageaufbau, mit Marketing und PR verbunden. Was mir noch fehlt, ist eine klare Vorstellung bei der Aufstellung eigener Konzeptionen für Inhalt und Vermittlung. Wer einzig auf das Ansprechen neuer Besucher oder das Einsparen von Geldern abzielt, springt zu kurz.
 
 
DH: Das Theatercamp findet nun im Thalia-Theater statt und damit in jenem Haus, das vor rund einem Jahr selbst einen partizipativen Ansatz wagte und das Publikum mithilfe der sozialen Netzwerke bat, über Teile des Spielplans zu entscheiden. Das wurde durchaus kontrovers diskutiert. Ist insofern diese Veranstaltung die logische Fortsetzung dieses Weges?
 
KJ: Die Leute am Thalia-Theater gehört zweifellos zu den Vorreitern im Web 2.0, probieren vieles aus und trauen sich auch Dinge, die dann von einigen auch kritisch aufgenommen werden. Doch ich kenne insbesondere aus Blogs Kommentare zu dieser Publikumswahl, die solche Experimente und den Umgang mit den Konsequenzen daraus sehr positiv bewerten. Sie bauen schon seit 2008 konsequent eine Online-Community mit Plattformen wie Facebook und Twitter auf. Insofern passt die Lokalität geradezu ideal zu unserem Barcamp.
 
DH: Die zögerliche Haltung vieler Theaterhäuser beim Thema Social Web hat sicherlich auch mit mangelnden Fähigkeiten im Umgang mit diesen neuen Medien zu tun. Was würdest Du denen angesichst begrenzter Ressourcen an Zeit, Personal und Geld raten?
 
KJ: Vor allem ist es eine Frage der Prioritätensetzung. Blickt man zurück auf das Theatermarketing der letzten Jahre, so sind immer neue Kanäle hinzugekommen, die man bedienen muss. Es gibt ebenso das Telefon wie Twitter, es gibt die Blogleser ebenso wie die Freunde der klassischen Zielgruppenansprache. Insofern glaube ich schon, dass insgesamt mehr Arbeit in der Kommunikations- und Marketingabteilung anfällt. Umso genauer muss das Theater seine Zielgruppen kennen, und mit welchen Informations- und Kommunikationskanälen ich diese am besten erreichen kann. Der Blick auf ein großes Budget im Printbereich bei einer niedrigen Responserate sollte dann zur Entscheidung führen, hier zugunsten anderer Kanäle umzuschichten. Die wenigsten Theater leisten sich einen eigenen Social Media Manager und setzt in den Presse- und Marketingabteilungen dann abwechselnd Praktikanten ein. Dies zeigt aber eher, dass das Thema nicht Ernst genug genommen wird. Schließlich muss Social Media ins gesamte Kommunikationskonzept passen, bedarf einer konstanten Pflege und demzufolge einer Steuerung auf mittlerer Leitungsebene, wo die kommunikativen Fäden zusammenlaufen.
 
DH: Sicherlich wäre es von Vorteil, wenn mehrere Personen aus verschiedenen Abteilungen das Thema auf ihre Weise pflegen. So könnte man doch auch durchaus von Aktivitäten hinter den Kulissen berichten, die sonst im Verborgenen blieben. Wie schätzt Du dies ein?
 
KJ: Genau solche Geschichten zu erzählen, darin liegt die große Chance für Theater. Das Publikum bekommt man zwar häufig geschliffene Texte der Marketingabteilung zu lesen, aber man wünschte sich, dass sich auch einmal Dramaturgen, Schauspieler oder Bühnenbildner zu Wort melden. Schließlich sind gerade Schauspiel- und Opernhäuser eine Kosmos verschiedenster Berufe, die an einem künstlerischen Produkt oder Projekt arbeiten. Das darf natürlich nicht im Chaos ausarten, weshalb die angesprochene zentrale Steuerung unabdingbar ist. Dort sollten Themen gesetzt, müssen Kommunikationsabläufe koordiniert werden.
 
DH: Du hast das Format des Barcamps schon angesprochen. Dies stellt ja immer eine gewisse Unsicherheit für die Interessenten dar, was sie tatsächlich erwartet. Das Mitreden dürfen ist zweifellos von vielen gewünscht. Ist aber das Fehlen konkreter Themen oder Referenten ein Problem?
 
KJ: Die Veranstaltung am Hamburger Thalia Theater wird, weil sie so neu ist, nicht das klassische Barcamp sein. Dies setzt ja größtenteils erfahrene Social-Media-Nutzer voraus, denen der Austausch über ein Wiki meist genügt, um sich im Vorfeld über Themen zu verständigen. Ich habe schon an vielen Barcamps teilgenommen und war sehr erstaunt darüber, wie geordnet das geschieht, wieviel Input man bekommt und wie fruchtbar Diskussionen verlaufen. Am faszinierendsten ist jedoch der Umstand, dass sich niemand ausgeschlossen fühlt, weil sich der Erfolg durch die Aktivität jedes einzelnen Teilnehmers einstellt. Im Theaterbereich wie im Kultursektor allgemein ist man dies noch nicht so gewöhnt. Schließlich ist es von Nachteil, wenn ein Mitarbeiter im Marketing seiner Chefin kein Programm der Tagung vorlegen kann, an der er gern teilnehmen möchte. Daher haben wir uns im Organisationsteam auf einen Kompromiss geeinigt. Demnach stellen wir nun im Vorfeld Programmpunkte von Leuten vor, die bereits zugesagt haben und eigene Vorträge präsentieren werden. Daher gibt es zum Theatercamp auch eher die klassische Website als ein sonst übliches Wiki. Bis zwei Wochen vor Beginn werden wir dann alle 15 Sessions vorgestellt haben - der Rest ergibt sich dann spontan vor Ort.
 
DH: Dann wünschen wir Euch einen regen Zuspruch und ertragreiche Diskussionen! Vielen Dank für das Gespräch.
 
Details und Anmeldung: www.theatercamp-hh.de
 
Facebook Community: www.facebook.com/theatercamp
 

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