19.04.2022

Themenreihe Berufsbild

Autor*in

Patricia Alberth
leitet das Zentrum Welterbe Bamberg, das für den Schutz und die Vermittlung der Welterbestätte "Altstadt von Bamberg" zuständig ist. Zuvor war sie rund eine Dekade bei der UNESCO tätig - im Asien-Pazifik-Büro in Bangkok sowie und im Welterbezentrum im Hauptquartier in Paris. Sie sitzt der International Association of World Heritage Professionals (IAWHP) vor, ist Expertenmitglied des International Committee on Historic Cities, Towns and Villages (CIVVIH) und Kuratoriumsmitglied der DENK-MAL-Stiftung. Sie hält einen Master of Science der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus in World Heritage Studies und einen Bachelor of Business Administration der Hanzehogeschool Groningen (Niederlande).
Johannes Hemminger
studierte Philosophie sowie Neuere und Neueste Geschichte in Tübingen und arbeitete danach im Marketing, Community Management und Projektmanagement in der Videospielbranche. Von 2021 bis 2023 war er Redakteur bei Kultur Management Network.
Berufsbild Welterbemanagement

Nachhaltigkeit wird immer wichtiger

Welterbe zu bewahren, klingt zunächst nach viel Denkmalschutz. Aber Welterbemanagement ist ein vielseitiges Tätigkeitsfeld mit eigenen Herausforderungen und Entwicklungen. Was diese umfasst und was angehende Kulturmanager*innen im Welterbemanagement erwartet, dazu gibt uns die Leiterin des "Zentrum Welterbe Bamberg" Patricia Alberth einen Einblick.

Themenreihe Berufsbild

KMN: Liebe Frau Alberth, was waren die wichtigsten Stationen in Ihrem Berufsleben und Ihrer Ausbildung? Welche haben Sie auf besondere Weise geprägt?
 
Seit November 2013 leite ich das Zentrum Welterbe Bamberg, das für den Schutz und die Vermittlung der UNESCO-Welterbestätte "Altstadt von Bamberg" zuständig ist. Mit nach Franken gebracht habe ich rund eine Dekade an Arbeitserfahrung in der UNESCO (im Asien-Pazifik-Büro in Bangkok und im Welterbezentrum am UNESCO-Hauptsitz in Paris), Expertise aus der Beraterbranche sowie einen Master in World Heritage Studies und einen Bachelor in International Business. Geprägt haben mich dabei die vielen Jahre im Ausland, das Studium und die Arbeit in einem internationalen Umfeld. Dort habe ich gelernt, dass die deutsche Art, Dinge anzupacken nur eine von vielen ist.
 
KMN: Welche Bereiche haben Ihnen in Ihrer Ausbildung gefehlt und wie haben Sie diese Kompetenzen stattdessen erworben?
 
Die Kombination eines wirtschaftswissenschaftlichen mit einem kulturwissenschaftlichen Studium war zunächst einmal sehr hilfreich. Dadurch waren mir der Umgang sowohl mit Finanzplänen als auch mit komplexen Texten früh vertraut. Rhetorik und Strategieentwicklung wurden zwar ansatzweise im Studium thematisiert, hier finde ich jedoch Einzelcoachings wesentlich effektiver. Bei der Vielzahl der Angebote vertraue ich gerne dem eigenen Bauchgefühl sowie Empfehlungen von Kolleg:innen. 
 
KMN: Welche Aufgaben fallen in Ihren derzeitigen Tätigkeitsbereich? Wie sieht ein typischer Arbeitstag von Ihnen aus?
 
Welterbe ist ein Querschnittsthema, das vielfältige Bereiche des städtischen Lebens und Handelns betrifft - Bauen und Denkmalpflege, Stadtplanung und -entwicklung, Kultur und Tourismus, Bildung und Forschung, Umwelt und Wirtschaft. Darüber hinaus beschäftigen uns zunehmend Themen wie Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Bürgerbeteiligung. Einen typischen Arbeitstag habe ich in diesem Sinne nicht. Doch der Austausch mit den oben genannten Fachbereichen spielt eine wichtige Rolle. Zu meinen Aufgaben zählt u.a. das Verfassen von fachlichen Stellungnahmen, die Organisation von Veranstaltungen wie dem jährlichen UNESCO-Welterbetag Anfang Juni, die Berichterstattung an die UNESCO, die Pflege des Fachaustausches auf nationaler und internationaler Ebene und die Erarbeitung von Welterbe-Vermittlungsangeboten. Unterstützt werde ich dabei von einem vierköpfigen Team.
 
KMN: Gibt es im Welterbemanagement spartenspezifische Herausforderungen? Welche besonderen Herausforderungen - aber auch Vorteile - bringt der Status als Welterbe mit sich?
 
Ein Vorteil von Welterbestätten ist, dass man in zahlreiche nationale und internationale Netzwerke eingebunden ist. Hier findet ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch statt. Oftmals beschäftigen uns ähnliche Fragestellungen: Wie können wir mehr Grün in historische Altstädte bringen? Wie gehen wir mit Anträgen auf Photovoltaikanlagen im Welterbe um? Wie begeistern wir junge Menschen für ihr kulturelles Erbe? Zu den Herausforderungen zählen vor allem die Diskussionen bei großen Bauvorhaben: Was ist Welterbe-verträglich und wo muss sich eine möglicherweise lukrative Investition dem Schutzauftrag unterordnen? Bei größeren Bauvorhaben stellt sich grundsätzlich die Frage, ob sie sich im Welterbe befinden oder historisch gewachsene Sichtbeziehungen stören. Nur wenn eine oder beide Fragen eindeutig zu bejahen sind, ist aus Welterbesicht Vorsicht geboten.
KMN: Wie haben die UN Sustainable Development Goals Ihre Arbeit verändert? Wie werden die Ziele zukünftige Entwicklungen bestimmen?

Das Kulturerbe war, trotz seines Potenzials zur Erreichung der SDGs beizutragen, lange Zeit kein Teil der Nachhaltigkeitsdebatte. Inzwischen gibt es eine UNESCO-Richtlinie zur Integration einer nachhaltigen Entwicklungsperspektive in die Prozesse der Welterbekonvention. Diese Richtlinie bezieht sich auf die drei Dimensionen nachhaltiger Entwicklung: (1) ökologische Nachhaltigkeit, (2) inklusive soziale Entwicklung und inklusives Wirtschaftswachstum sowie (3) die Förderung von Frieden und Sicherheit. Wir sind angehalten, diese Dimensionen in die Schutz- und Managementsysteme des Welterbes zu integrieren. Damit hat sich die Klaviatur, die das Welterbe-Management zu bespielen hat, verbreitert. Insbesondere beschäftigen wir uns zunehmend mit Themen wie Klimaschutz und Bürgerbeteiligung. Auch der europäische Green Deal spielt bei unserer Arbeit eine Rolle. Er legt beispielsweise dar, dass ich die Renovierungsquote des Gebäudebestands in Europa mindestens verdoppeln muss, damit die Energieeffizienz- und Klimaziele der EU erreicht werden. Denn für den Bau, die Nutzung und die Renovierung von Gebäuden sind erhebliche Mengen an Energie und mineralischen Ressourcen erforderlich. Dies spricht natürlich sehr für den Denkmalschutz, bei dem diese Ressourcen vorbildlich geschont werden.
 
Die Welterbestadt Bamberg hat 2020 den Zuschlag für das Bundesförderprogramm "Modellprojekte Smart Cities" erhalten. Noch bis zum Herbst befinden wir uns in der Strategieentwicklung für dieses insgesamt siebenjährige Projekt. Dann geht es in die Umsetzung. Ich hoffe sehr, dass wir in diesem Zusammenhang ein Dashboard mit zeitpräzisen SDG-Indikatoren zur Unterstützung von Planungsentscheidungen im Sinne einer zukunftsfähigen Kommune entwickeln können. So könnten Bürger:innen und Fachämter auf einer öffentlichen Plattform jederzeit aktuelle Informationen zur Qualität von Bildung, Umwelt und Wohnen auf kommunaler Ebene abrufen, genauso wie zur wirtschaftlichen Situation, zur allgemeinen Sicherheit und zur Gleichstellung. Diese Transparenz könnte zur Versachlichung so mancher Debatte beitragen.
 
KMN: Welchen Rat können Sie anderen Kulturmanager:Innen, die im Welterbemanagement arbeiten oder darin arbeiten wollen, mit auf den Weg geben?

Es gibt keinen vorgezeichneten Karrierepfad im Welterbemanagement und finanziell gesehen sind andere Branchen sicher attraktiver. Wer sich dennoch für dieses Berufsfeld entscheidet, sollte sich gute Fremdsprachenkenntnisse aneignen (mindestens Englisch und Französisch) und sich entsprechend vernetzen - z.B. über die International Association of World Heritage Professionals. Wenn ich selbst Mitarbeiter:innen einstelle, achte ich darauf, ob sie mitdenken, vorausdenken, anpacken können. Keiner muss die Welterbekonvention auswendig können. Doch bei einem Bewerbungsgespräch erwarte ich ein Mindestmaß an Vorbereitung. Wenn jemand Bezüge zum aktuellen Tagesgeschehen herstellen kann, hinterlässt das immer einen guten Eindruck.

Unterstützungsabos


Mit unseren Unterstützungsabos unterstützen Sie unsere Redaktion mit einem festen Betrag pro Monat – und damit alle unsere kostenfreien Inhalte, also unser Magazin, unseren Podcast, die Beiträge und die Informationen zu Büchern, Veranstaltungen oder Studiengängen auf unserer Website. 

5€-Unterstützungsabo Redaktion

Mit diesem Abo unterstützen Sie unsere Redaktion mit 5€ im Monat. Das Abonnement ist jederzeit über Ihren eigenen Account kündbar.

Preis: 5,00 EUR / 1 Monat(e)*

15€-Unterstützungsabo Redaktion

Mit diesem Abo unterstützen Sie unsere Redaktion mit 15€ im Monat. Das Abonnement ist jederzeit über Ihren eigenen Account kündbar.

Preis: 15,00 EUR / 1 Monat(e)*

25€-Unterstützungsabo Redaktion

Mit diesem Abo unterstützen Sie unsere Redaktion mit 25€ im Monat. Das Abonnement ist jederzeit über Ihren eigenen Account kündbar.

Preis: 25,00 EUR / 1 Monat(e)*
* Alle Preise sind inkl. der gesetzl. Mehrwertsteuer, zzgl. evtl. anfallenden Gebühren
Kommentare (0)
Zu diesem Beitrag sind noch keine Kommentare vorhanden.

Unterstützungsabos

Mit einem Unterstützungsabo unterstützen Sie die kostenfreien Inhalte unserer Redaktion mit einem festen Betrag pro Monat – also unser Magazin, unseren Podcast, die Beiträge und die Informationen zu Büchern, Veranstaltungen oder Studiengängen auf unserer Website. 

5€-Unterstützungsabo Redaktion

Mit diesem Abo unterstützen Sie unsere Redaktion mit 5€ im Monat. Das Abonnement ist jederzeit über Ihren eigenen Account kündbar.

Preis: 5,00 EUR / 1 Monat(e)*

15€-Unterstützungsabo Redaktion

25€-Unterstützungsabo Redaktion

* Alle Preise sind inkl. der gesetzl. Mehrwertsteuer, zzgl. evtl. anfallenden Gebühren
Cookie-Einstellungen
Wir setzen auf unserer Website Cookies ein. Einige von ihnen sind notwendig (z.B. für den Stellenmarkt), während andere uns helfen, unsere Angebote (Redaktion, Magazin) zu verbessern und wirtschaftlich zu betreiben. Einige Angebote können nur genutzt werden, wenn Cookies gesetzt wurden.
Sie können die nicht notwendigen Cookies akzeptieren oder per Klick auf die graue Schaltfläche ablehnen. Nähere Hinweise erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Ich akzeptiere
nur notwendige Cookies akzeptieren
Impressum/Kontakt | AGB