15.09.2008

Autor*in

Hannes Güntherodt
Best Practice

Den Weg in die Professionalität ebnen

5 Jahre Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim Sie ist ein herausragendes Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft. Am 18.07.2008 feierte die Popakademie Baden-Württemberg ihren 5. Geburtstag. Grund genug, gemeinsam mit Prof. Udo Dahmen, künstlerischem Direktor und Geschäftsführer, einmal zurückzublicken auf die junge Geschichte, Wechselbeziehungen zu beleuchten und gleichzeitig nachzufragen, wie es denn weitergehen wird.
Wer schon einmal etwas von Wallis Bird, Get Well Soon oder My Baby Wants To Eat Your Pussy gehört hat, der muss früher oder später auch über die Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim stolpern. Denn von hier aus nahmen sie wie viele weitere Bands ihren Weg hinaus in die Professionalität.

Seit ihrer Gründung im Jahre 2003 verbindet die Akademie Theorie mit der Praxis. Eine neue Idee ist das im Grunde nicht. In Netzwerken zwischen Hochschule und anderen Institutionen, Verbänden, Verlagen und Unternehmen deutschlandweit werden dabei aber Synergieeffekte erzeugt und effizient genutzt. Sie ist keine staatliche Institution. Zwar sind die Stadt Mannheim und das Land Baden-Württemberg Mehrheitseigner, im Rahmen eines gemischt-wirtschaftlichen Unternehmens (Public Private Partnership) sind jedoch auch private Anteilseigner als Gesellschafter beteiligt. SWR, Universal Music, eine Mannheimer Unternehmensgruppe unter Radio Regenbogen sowie die Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg bringen neben finanzieller Mittel auch ihre unterschiedlichen Kompetenzen mit ein.
Die Popakademie ist eingebettet in eine Region vieler großer wirtschaftlicher Unternehmen, die finanzkräftig sind und Kultur im Umland schon seit Jahren mit eigenen Projekten aber auch durch Sponsoring fördern. BASF in Ludwigshafen ist da nur ein, wenngleich bedeutendes, Beispiel. Natürlich ist das auch ein Standortvorteil, so Udo Dahmen im Interview. Aber darauf ruhen sie sich nicht aus. Die Liste weiterer Sponsoren sowie Projekt-, Equipment- und Medienpartner ist lang und überregional: Deutsche Phonoakademie e.V., MTV, Daimler AG, Sonor, Korg, Behringer, Sennheiser, DASDING, laut.de, u.v.m. Des Weiteren hält die Akademie innerhalb der Musikbranche Schulterschluss mit nahezu allen Firmen und Verbänden (u.a. EMI Music, Universal Music, Deutscher Musikrat etc.). Auf verschiedenen Kongressen und Tagungen wie erst kürzlich dem "Basic Pop", einem Kongress des Deutschen Musikrats gemeinsam mit dem Landesmusikrat Rheinland-Pfalz und der Landesmusikakademie in Neuwied- Engers, können diese Kontakte gepflegt und weitere geknüpft werden. Branchenmeetings wie "Zukunft Pop" vor zwei Jahren bieten eine weitere Plattform des Austauschs. Themen waren hier vor allem der Bereich Musik und Pädagogik, die Situation der Musikwirtschaft und Medienzusammenhänge mit dem Bedeutungsgewinn von Live-Streaming.
Ein weiterer Vorteil des Standortes ist die ausgeprägte Szene erfolgreicher Popkünstler im Umland. Xavier Naidoo und Laith Al-Deen aus Mannheim, die Kolchose um Freundeskreis und Massive Töne aus Stuttgart und viele andere sind seit Jahren im professionellen Geschäft und bieten den jungen Bands und Künstlern der Popakademie Anreiz und Zuversicht, es auch schaffen zu können. Xavier Naidoo und Michael Herberger (Naidoo-Herberger GbR) standen der Akademie zudem von Anbeginn unterstützend zur Seite und sind seit 2005 ebenfalls Gesellschafter. Es ist allerdings keine ausschließlich einseitige Beziehung, in der die Popakademie von der Wirtschaft profitiert. Sie genießt einen hervorragenden Ruf in der Fachwelt, bietet kompetenten Output. Sie wirkt als wichtiger Baustein mit Absolventen, die spezialisiert und praktisch erfahren sind und stärkt damit den Standort ihrerseits.
Die Ausbildung in den beiden Bachelor-Studiengängen Musikbusiness und Popmusikdesign ist gezielt praxisorientiert. Projekte werden stets in Gruppen durchgeführt. So profitiert jeder vom Wissen des Anderen. Ein reger Austausch hilft dabei, gestellte Aufgaben und Probleme zu bewältigen. Ein wichtiger Gedanke des Konzeptes ist, dass die Studierenden das Gelernte direkt an Jüngere weitergeben. Im Projekt "School of Rock" werden Klassen der Stufen 5 bis 13 in Workshops von Dozenten und Studierenden gleichermaßen angeleitet, gemeinsam zu musizieren. So übernehmen sie eine Art Vermittlungsfunktion zwischen erfahrenen Dozenten und wissbegierigen Jugendlichen, die sich mit ihnen identifizieren können. Gleichzeitig vertiefen und festigen sie ihre Kenntnisse, stellen sich neuen Herausforderungen und Fragen und entwickeln für sich Methoden, Wissen pädagogisch zu vermitteln. Bei anderen Projekten wie dem "Bandpool" gibt es regelmäßig Auszeichnungen und Signings teilnehmender Bands mit großen Plattenfirmen. Hier werden talentierte Newcomerbands, die das Zeug und den Willen zum Durchbruch haben, von Experten aus dem Musikbusiness ein Jahr lang gecoacht. Die Infrastruktur ist gegeben; in der Akademie gibt es Proberäume, Studios und sogar eine eigene Künstleragentur.
Lehrende in den Seminaren und Projekten sind reine Gastdozenten, die praktische Erfahrungen aus den einzelnen Bereichen der Musikwirtschaft mitbringen und damit ersten Kontakt der Studierenden mit zukünftigen Arbeitsfeldern und konkreten Firmen ermöglichen. In zwei Praktika für jeweils zwölf Monate haben die Studenten dann die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Der Kontakt zu Labels, Studios, Bands, Radiosendern und Verlagen und Marketingunternehmen, der durch den hohen Grad an Vernetzung bereits besteht, bietet dabei eine breite Palette an möglichen Betätigungsfeldern. Meist gibt es mehr Praktikumsstellen als Studierende. Und wenn man überzeugt, lässt sich daraus vielleicht schon ein Job generieren. Das Vorbild für diese Methodik verrät Dahmen ist nicht weit entfernt ganze 118 km: die Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg, die bereits seit 1991 Wert auf gezielte und praxisnahe Ausbildung legt. Das Lehrkonzept ist schnell erklärt: Ziel ist es, die "Studierenden so praxisnah wie möglich auszubilden und ihnen so bestmögliche Perspektiven für den Einstieg in die berufliche Zukunft zu bieten." (Auszug aus dem Studienplan der Filmakademie für das WS 08/09). Dahmen erklärt weiter, "es ist eine Professionalisierung der Künstler, die wir anstreben."
Jedenfalls gelingt ihm das bisher relativ gut. Etwa 70% der Musikbusiness-Absolventen steigen in Jobs ein. 20% machen sich unmittelbar nach dem Studium selbstständig. Bands bekommen Plattenverträge, Musiker finden sich für Aufträge zusammen, komponieren Filmmusiken oder geben Unterricht. Leider hat genau dieser Erfolg auch seine Schatten. So kommen jährlich auf insgesamt 55 Plätze etwa 700 Bewerber, vor allem aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Frankreich und Belgien. Ein weiteres Problem sind bisher fehlende Masterstudiengänge, die es Quereinsteigern aus der Branche und Absolventen anderer Studiengänge ermöglichen könnten, hier einen Abschluss zu machen.
Am 21.11.2008 wird nun ein Erweiterungsbau eingeweiht, der u.a. ein neues Studio und weitere Proberäume beinhaltet. Im Frühjahr des nächsten Jahres wird im Zuge eines neuen Studiengangs Digital Innovation Manager ein Mixlab eingerichtet. Ziel des neuen Studiengangs ist es, neue Ideen und Möglichkeiten digitaler Verwertung und Vermarktung von Musik unter den Möglichkeiten von Web 2.0 zu entwickeln. Der von der Popakademie initiierte Fachkongress "Zukunft Pop" am 22.11.2008 wird sich in diesem Zusammenhang mit den Veränderungen des Marktes und der Musikwirtschaft auseinandersetzen. Außerdem sollen internationale Beziehungen ausgebaut werden. Es bestehen bereits Beziehungen zu Bildungseinrichtungen in China, Israel und Schweden. Diesen November soll das Konzept nun gemeinsam mit dem Goethe-Institut nach Frankreich exportiert werden. Nächstes Jahr soll Italien folgen. Außerdem plant Prof. Dahmen für nächstes Jahr eine "International Songwriterweek" sowie ein "International Summercamp".
Am 24.11.2008 ist der Künstler Clueso zu Gast bei der Popakademie, um mit den Studierenden über seinen Werdegang zu sprechen und Fragen zu Chancen und Schwierigkeiten der eigenen Vermarktung zu klären.

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