03.04.2011

Autor*in

Uta Petersen
Best Practice

Eine Liebeserklärung an das Kino

Von mutigen Illusionisten und der Kraft der Imagination
Damit ein Film unter die Leute kommt, muss der Film vom Filmverleih zum Kinobesitzer. Für den Filmverleiher ebenso ein finanzielles Risiko wie für den Kinobesitzer, denn es gibt keine Garantien, dass ein Film beim Publikum gut ankommt. Er kauft die Filme ein für einen bestimmten Zeitraum, muss dabei ein gutes Gespür besitzen für Trends, Massengeschmack aber auch Mut, mit künstlerisch wertvollen Streifen Menschen ins Kino zu locken.

Ein Blick zurück auf ein bemerkenswertes Projekt zum Thema Filmvorführer von 2006/2008: Der Regisseur und Drehbuchautor Uli Gaulke (Havanna mi Amor, Full Metall Village) porträtierte in seinem Film "Comrades in Dreams- Leinwandfieber" vier passionierte Kinobetreiber aus Kulturen, wie sie unterschiedlicher nicht sein können.

Lassane, Luc und Zaccaria mit ihrem Freiluftkino in Ouagadougou im afrikanischen Burkina Faso, die Anlieferung der von den Dorfbewohnern heiß erwarteten Filmrollen erfolgt per Fahrrad und Mofa. Der Traum der jungen Enthusiasten ist es, eines Tages Eigentümer des Kinos sein zu können. In Nordkorea zeigt Genossin Han Yong-Sil in der Kulturhalle regelmäßig Filme über die örtliche Kolchose zur Erbauung der Leute nach der Arbeit. Für das Zeltkino in Maharashtra in Indien schleppt der zwanzigjährige Anup sich ab mit Zeltstangen, Planen und Tauen. Große Vorfreude und Andrang in den Dörfern für die Bollywoodproduktionen. Der westliche Kassenknüller "Titanic" hätte bei diesem Wanderkino keine Chance, die Problematik würde sich den Zuschauern nicht mitteilen; Zudem kann sich niemand derartige Wassermassen vorstellen. Penny Tefertiller in Big Piney in Wyoming/USA nutzt eine alte Scheune für Filmvorführungen, der größte Stolz ihrer Ausstattung ist eine Popcornmaschine. Alle diese Kinobesitzer nehmen die Besucher für eine Weile heraus aus ihrem schweren, oft einsamen und aussichtslosem Alltag, gehen damit ein großes unternehmerisches Risiko ein, erfüllen sich mit ihrem eigenen Engagement ihren Traum, fühlen sich reich, mitten in der Welt, haben eine Aufgabe gefunden, führen Menschen zusammen. Kulturmanagement unter schwierigsten Bedingungen.

Eine ähnliche Szenerie der Begeisterung und über die Macht der Bilder in den Köpfen der Menschen, die Kunst der Imagination schreibt der chilenische Autor Hernán Rivera Letelier (geb. 1950) in seinem soeben erschienenen Roman "Die Filmerzählerin". In dem Salpeter-Minendorf in der chilenischen Atacamawüste gibt es nichts Aufregenderes als Kino. Hollywoodfilme mit Marilyn Monroe, John Wayne oder Charlton Heston und mexikanische Melodramen mit viel Gefühl und Musik bieten den Kumpels und ihren Familien eine willkommene Abwechslung und den Abglanz einer anderen Welt. Eines Tages erlebt die Siedlung etwas noch Schöneres als Kino: María Margarita, ein zehnjähriges Mädchen, kann Filme so anschaulich und dramatisch nacherzählen, dass die Leute in Massen herbeiströmen, um sie zu hören. Bald drängt sich die halbe Siedlung in der engen Stube ihrer Familie, wo María Margarita mit kindlicher Freude das Leinwandgeschehen "in Technicolor und Cinemascope", wie ihr Vater sagt, zum Leben erweckt. Ebenfalls eine Liebeserklärung an das Kino.

Die Filmerzählerin
Hernán Rivera Letelier
Gebundene Ausgabe: 104 Seiten
Insel Verlag, Februar 2011
Bestellung: http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3458174958/ref=nosim/kulturmanagement

Comrades in Dreams
Deutschland 2006 (Kinostart Januar 2008)
Film Dokumentation, Buch und Regie: Uli Gaulke
Flying Moon Production, 94 Minuten, DVD 18,50
www.comrades-in-dreams.de

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