09.08.2009

Autor*in

Tobias von Wartburg
Best Practice

Nicht nur überleben, sondern vital bleiben

Ein kurzer Abriss über die Geschichte des traditionsreichen Lucerne Festival (ehemals Internationale Musikfestwochen Luzern) soll aufzeigen, wie Innovation und Wiederbelebung alter Ideen maßgebend zum Erfolg beitragen können.
Als Geburtsjahr des Lucerne Festival steht das Jahr 1938. Neben dem Orchester de la Suisse romande und dem Kursaalorchester Luzern wurde für ein Konzert unter Arturo Toscanini ein Eliteorchester mit Mitgliedern des Busch-Quartetts und den fünf besten Streichquartetts der Schweiz und weiteren Musikern zusammengestellt. Das Konzert wurde nach Amerika übertragen und bildete den Höhepunkt des Festivals. 1939 stand das Requiem von Giuseppe Verdi im Zentrum des Programms. 1940 wurden wegen des Krieges keine Festwochen durchgeführt, doch bereits 1941 tritt das Scala-Orchester aus Mailand während zwei Wochen in Luzern auf und setzt das Sommerfestival fort. Als im folgenden Jahr die Mailänder zum zweiten Mal zu Gast waren und zudem eine große Sommertheateraufführung des Jedermann von Hugo von Hofmannsthal in Luzern über die Bühne ging, wurde die Idee eines eigenen Festivalorchesters bestehend aus den besten Musikern der Schweiz wieder aufgegriffen und sogar die Gründung des Musikkonservatoriums in Luzern initiiert. Wie geplant bildete dann das eigene Festspielorchester sowie ein Festwochenchor das Herz der Festwochen 1943. Zu erwähnen ist aber auch, dass Meisterkurse (u.a. mit Ernest Ansermet, Herbert von Karajan, Rafael Kubelik, Arthur Honegger und Paul Hindemith als Dozenten) das Programm ergänzten. Maßgebend für das Weiterbestehen waren wohl zwei Veränderungen. So wurde 1950 festgelegt, dass die Musikfestwochen international ausgelegt und dem Festspielorchester bedeutende Gastorchester aus dem Ausland zugestellt werden sollen. 1970 konnte die bis dahin ehrenamtliche Leitung durch eine professionelle Direktion abgelöst werden. Seit diesem Jahr stehen die Musikfestwochen immer unter einem Leitthema. Dieses wurde anfänglich durch eine Serie von "musica nova"-Konzerten und einer Reihe "Perspektiven" ergänzt. Man könnte jetzt weiter Jahr für Jahr die Höhepunkte und Veränderungen des Festivals aufzählen. Doch sollen hier die Erfolge durch "Revitalisierung" ins Zentrum gestellt werden.

Als einen dieser Erneuerungsmomente kann man zweifellos die 1988 anlässlich des 50 Jahre Jubiläums erstmals veranstalteten Osterfestspiele ansehen, welche die mittelalterliche Tradition von Oster- und Passionsspielen in Luzern wieder aufgreifen. Seit 1992 werden diese nun regelmäßig in der Woche vor dem Palmsonntag durchgeführt (28. März 5. April 2009). In diesem seit neuem Lucerne Festival zu Ostern genannten Festival steht die sakrale Musik im Zentrum. Im gleichen Jahr aber wurde das eigene Festwochenorchester aufgelöst und eine Tradition fand ihr Ende.
Grundlage der Revitalisierung in der Natur ist nahrhafter Boden. Diese Basis ist für das Lucerne Festival mit Sicherheit 1998 mit dem neuen Kultur- und Kongresszentrum Luzern und einem Konzertsaal (1800 Plätze) geschaffen worden. Zudem wurde im gleichen Jahr Michael Haefliger als neuer Intendant verpflichtet und mit dem Pianofestival ein drittes Festival lanciert. Unter seiner Leitung wurde aus den Internationalen Musikfestwochen (IMF) das Lucerne Festival, welches die drei Festivals zu Ostern, im Sommer und für das Klavier organisiert und das Sommerfestival von 17 Sinfoniekonzerten auf 32 ausgebaut. Daneben steht nach wie vor auch ein Komponist im Zentrum. Die Serie, die früher noch Perspektiven hieß, wird heute Composer in Residence genannt. Waren es früher Gastspielorchester, heissen sie heute Orchestra in Residence, aus musica nova wurde Moderne.
Aber nicht nur die Namen wurden erneuert die einzelnen Aspekte konnten so immer wieder durch spannende "Nebenprodukte" ergänzt werden. So wurde zur Stärkung der Moderne die Lucerne Festival Academy lanciert, welche sich auf der Tradition der ersten Meisterkurse von 1943 beruhend, heute ein komplettes Sinfonieorchester mit jungen Musikern aus der ganzen Welt unterrichtet. Der Kopf hinter dem Orchester ist Pierre Boulez, welcher bereits in den 1980er Jahren mit Konzerten an den IMF die musica nova Reihe prägte. Das neuste Projekt des Lucerne Festival heißt Salle Modulable und soll wenn alles klappt 2014 eröffnet werden. Es ist die Überführung des Festivals in die Moderne, aber auch die Konsequenz einer Revitalisierung etablierter Projekte. Denn einerseits genügt das Stadttheater Luzern, in welchem Opern aufgeführt werden können, nicht mehr den Anforderungen des 21. Jahrhunderts. Und andererseits hat die Jedermann - Aufführung von 1942 wohl maßgebend zur Verankerung des Festivals im Luzerner Volk beigetragen. Auch die Aufführungen von Brittens Opern (1947) oder das Gastspiel der Württembergischen Staatsoper Stuttgart von 1953, ja sogar die Tradition der Osterspiele konnten so wiederbelebt werden. Und wer das Lucerne Festival kennt, weiß, dass dies mit Respekt zum Alten, aber viel Drang zum Neuen geschehen wird.

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