12.05.2008

Autor*in

Margrit Bischof
Best Practice

TanzKultur

Der Tanz schafft sich eine eigene nonverbale, körpersprachliche Welt und setzt sich dabei mit seinem Umfeld, mit sozialer und kultureller Realität auseinander. Das Weiterbildungsprogramm TanzKultur an der Universität Bern macht die kulturelle Verflochtenheit des Tanzes zu seinem Hauptthema.

Die Universität tanzt

Die Neue Zürcher Zeitung schrieb im März 2003: "Tanzt neustens die Universität? Ja, sie tanzt. Ganz dem Trend gemäß hat die Universität Bern am 14. Oktober 2002 einen zweijährigen Nachdiplomstudiengang ins Programm aufgenommen, aber neu ist sein Inhalt: TanzKultur".

Seit dem Start sind sechs Jahre vergangen und der Studiengang geht im September 2008 in die vierte Runde. Was macht das Einmalige dieses Studienganges aus und wer sind die Teilnehmenden? Welche Bedeutung kommt dem (Kultur-)Management zu?

Bis vor wenigen Jahren wurde die Auseinandersetzung mit tänzerischer Bewegung innerhalb des deutschsprachigen Raumes kaum als wissenschaftlich relevant eingestuft. Diese marginale Position sollte sich mit dem neu eröffneten Studiengang und seiner ganzheitlichen Ausrichtung verbessern. Mit seinem Konzept sollte ein Umdenken in Richtung Institutionalisierung angestrebt werden: eine breit angelegte Sicht und ein möglichst umfassendes Verständnis von Tanz in unserer Gesellschaft, ein neues Selbstbewusstsein bei all jenen, die sich für Tanz engagieren. Tanz möchte als gesellschaftliches und kulturelles Phänomen verstanden werden und da sich Tanzkultur derart komplex darstellt, sollten nicht allein die künstlerischen Fähigkeiten, sondern auch jene zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung gefördert werden.

Der erste Nachdiplomstudiengang TanzKultur an der Universität Bern wurde aus dem Bedürfnis heraus entwickelt, Tanzfachleuten aus der Schweiz und Europa eine Weiterbildung auf universitärem Niveau anzubieten. Die Suche nach einem Konzept hat dabei erneut deutlich gemacht, wie sehr der Tanz mit seiner kulturellen Umgebung verflochten ist und sich mit ihr auseinandersetzt. Dieser Realität wurde bei der Konzeption des Studiengangs Rechnung getragen.


Ein einzigartiger Studiengang

Heute befindet sich die Tanzwissenschaft an deutschsprachigen Universitäten im Aufwind. Berlin, Hamburg, Salzburg bieten reguläre und äusserst attraktive Studiengänge oder Teilstudiengänge an. Seit kurzem kann Tanzwissenschaft auch als MA innerhalb der Theaterwissenschaft an der Universität Bern studiert werden.

Und doch weist der Berner Studiengang TanzKultur ein unverwechselbares Gepräge auf: Er wendet sich dem Tanz als soziales und kulturelles Phänomen zu. Er ist berufsbegleitend konzipiert, in den Themen breit angelegt und verbindet das Wissen mit der praktischen Erfahrung: Tanz wird in seinen kulturellen, historischen, soziologischen oder genderspezifischen Kontexten diskutiert, der Forschung zugänglich gemacht wie auch durchaus exemplarisch praktisch erfahren. Denn Tanz ist primär eine körperliche Erfahrung, die sich intuitiv zu vermitteln versucht. Dieser Intuition eine wissenschaftliche Basis zu geben ist die Herausforderung, der sich Dozierende und Studierende gleichermassen stellen. Im Zusammenhang mit der Bologna-Reform der europäischen Universitäten wurde der Studiengang TanzKultur zu einem Diploma of Advanced Studies (DAS TanzKultur) weiterentwickelt. Ein Master of Advanced Studies (MAS TanzKultur) ist bereits in Planung.


Die Tanz-Studierenden

Das DAS TanzKultur ist als berufsbegleitende Weiterbildung konzipiert; eine intensive Auseinandersetzung mit dem Tanz in Beruf oder Freizeit ist Voraussetzung für dieses Studium. Angesprochen sind darum z. B. Kulturmanager, Journalistinnen, Filme- oder Videomacher, Ethnologen und Soziologinnen, Tänzerinnen, Choreografinnen und Dramaturgen, Tanzlehrerinnen, Bühnenbildner, Lichtdesigner, aber auch weitere interessierte Personen. Während des ganzen Studiengangs wird auf den direkten Bezug zu einem mögli-
chen Berufsalltag geachtet.

Es geht um Weiterbildung von Berufsleuten, die ihre eigene Erfahrung mit- und einbringen. Sie sollen ein wissenschaftlich geschärftes Bewusstsein für die Tanzkultur entwickeln, ein Kulturbewusstsein für Tanz als Orientierungshilfe in der unglaublichen Vielfalt, das Motivator für kreatives Handeln sein kann.

Das Konzept sucht dabei nicht eine Spezialisierung, sondern vermittelt eine breit angelegte Sicht und initiiert ein möglichst umfassendes Verständnis von Tanz in unserer Gesellschaft. Dozentinnen und Dozenten aus dem deutschsprachigen Raum Europas lassen ihre Forschungsergebnisse und ihre wissenschaftlichen und künstlerischen Sichtweisen in den Studiengang einfliessen und lösen in der gewollt vielfältigen Studiengruppe ergiebige Diskussionen aus.


Konzept des Studiengangs

Das Weiterbildungsprogramm TanzKultur gliedert sich in vier wissenschaftliche Bereiche: es findet eine kulturgeschichtliche, bildungskulturelle, soziologische und publizistische Betrachtung des Tanzes statt. Daneben stehen gleichberechtigt die fünf Handlungsebenen tanzen, konzipieren und choreografieren, lehren und lernen, projektieren / managen sowie rezipieren / mediatisieren. Voraussetzung dafür, dass Tanz in der Gesamtkultur wahrgenommen wird, ist eine effiziente Organisation der Tanzkultur. Dies gilt sowohl für die Organisation einzelner Anlässe wie auch für Grossprojekte.

Der Studiengang geht in einem Modul den Grundlagen des Managements im Bereich der Tanzkultur nach und konfrontiert die Teilnehmenden mit Grundfragen und verschiedenen Formen des Kulturmanagements. Anhand von praktischen Beispielen wird das Projektmanagement als strategisches und operatives Planungsinstrument theoretisch vorgestellt (Festivalorganisation, Organisation einer freien Gruppe und Organisation eines spezifischen Tanzkulturanlasses). Die Teilnehmenden werden dadurch vertraut mit Grundsätzen des Managements und des Sponsorings und lernen Lösungsansätze für effiziente und kulturbewusste Organisation im Bereich der Tanzkultur kennen. In einer Modularbeit zum Thema Projektmanagement eines tanzkulturellen Anlasses erproben die Studierenden ihr Wissen und erschliessen sich dadurch einen Weg ins eigene Praxisfeld.

Der enge Zeitrahmen, in dem Organisation meist abläuft, macht diesen Bereich besonders anfällig für Stresserscheinungen, besonders im Tanzbereich, da meist verschiedene Aufgaben und Rollen selber übernommen werden müssen. Im Hinblick auf eine erfreuliche Beziehungs-Atmosphäre und effiziente Arbeit ist es darum wichtig, Stress-Situationen zu entschärfen und Stress-Erleben aufzufangen. Im Studiengang werden individuell nutzbare Strategien aufgezeigt und somit ein Selbstmanagement ermöglicht.

Über Tanz sprechen lernen

Die Stärke dieses Studienganges besteht vor allem in der Chance, in konzentrierter Form WissenschaftlerInnen und Tanzfachleuten zu begegnen und in der diskursiven Auseinandersetzung eine Sprache entwickeln zu können, die es ermöglicht, über Tanz zu reden. Denn wer sich heute Gehör verschaffen will, muss über Tanz reden können und über ein allseits überzeugendes Vokabular verfügen dazu trägt der Studiengang bei.

Der vierte Studiengang beginnt am 10.09.2008, umfasst drei Semester Lehrveranstaltungen und ein viertes Semester, in dem schriftliche Arbeiten (Modularbeiten, Diplomarbeit) verfasst werden. Die Durchführung erfolgt einmal pro Monat in Kursblöcken von 2-3 Tagen und zwei Blockwochen. Anmeldeschluss ist der 15. Mai 2008.

MARGRIT BISCHOF ist Dozentin für Tanz am Institut für Sportwissenschaft der Universität Bern. Sie ist verantwortlich für die Lehre in Grundlagen des Tanzes sowie für deren Vertiefung mit tanzwissenschaftlichen Zugängen. Sie publiziert im bildungskulturellen Bereich des Tanzes. Im universitären Rahmen ist sie massgeblich beteiligt am Aufbau und der Weiterentwicklung des Konzepts des universitären Weiterbildungsangebotes TanzKultur an der Universität Bern und seit 2002 deren Studienleiterin.

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