15.05.2010

Autor*in

Marion Michalke
Best Practice

Zum Tätigkeitsfeld des Technischen Leiters

Beitrag von Marion Michalke
Der Technische Leiter ist verantwortlich für alle technischen Abläufe einer Kulturproduktion. Ihm sind alle an der Produktion beteiligten technischen Gewerke unterstellt. Er teilt deren Mitarbeit ein und beaufsichtigt sie. Im Einzelnen sind dies die Bühnenhandwerker, Stagehands, Beleuchter, Tontechniker, Schreiner, Schlosser, Dekorateure, Bühnenmaler sowie Fahrer. Der Technische Leiter trägt die Verantwortung für die Einhaltung der bestehenden Sicherheitsvorschriften auf der Bühne und im Saal. Er hält Kontakt zum Bauamt, welches allfällige Bühnenbauten abnehmen muss, sowie zur Feuerwehr, mit der er die Feuerschutzmaßnahmen abstimmt. In seiner Funktion ist er erster Ansprechpartner für alle (sicherheits-) technischen Fragen eines Festivals oder einer Kulturproduktion. Eine wichtige Aufgabe ist auch die Erstellung des Kostenplans für den technischen Bereich der Produktion. Auf dem Gebiet der Organisation arbeitet er eng mit der Künstlerischen Leitung zusammen, im Rahmen der Kostenplanung mit der Kaufmännischen Leitung. Er ist der Ansprechpartner der Bühnenbildner, dessen Entwürfe er auf ihre technische und finanzielle Realisierbarkeit hin prüft und deren Umsetzung er organisiert. Der Technische Leiter koordiniert auch den Einsatz von Fremd- und Zulieferfirmen. Bei Gastspielen von Eigenproduktionen organisiert er alle technischen Details.

5 Wege zum Ziel
Ist bei einem Projekt - sei es ein Festival oder eine beliebig andere Kulturproduktion - die Idee erst einmal geboren, hat die Künstlerische Leitung das Programm erarbeitet und die Künstler ausgewählt, können die Organisation des Kulturprojekts in Haupt- und Teilaufgaben unterschieden und Arbeitspakete gebildet werden. Ein Projektstrukturplan kann hilfreich bei der Zuordnung von Teilaufgaben und Arbeitspaketen sein. Nun ist auch der Zeitpunkt, die Projektbeteiligten in das Projekt zu integrieren. Im Idealfall sollte jetzt die Technische Leitung in das Projekt involviert werden. Die Technische Leitung muss das Projekt frühzeitig einschätzen und technisch planen können, so ist sie in der Lage, Projektrisiken frühzeitig zu erkennen und mögliche Probleme, die sich meist auch auf das Budget auswirken, rechtzeitig zu kommunizieren. Dies schafft Handlungsfreiräume sowohl für die Technische als auch für die Künstlerische Leitung.

Weg 1 Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation
Aktive Kommunikation ist der entscheidende Faktor für erfolgreiche Arbeit und Kooperation. Bessere Kommunikation mit allen Projektbeteiligten vor allem zwischen Technischer und Künstlerischer Leitung in der Planungsphase bedeutet, um deren Erwartungen zu wissen und diese dementsprechend besser erfüllen zu können. Mit aktiver Kommunikation kann vielen Problemen und Missverständnissen vorgebeugt werden. Denn ein Großteil der Konflikte entsteht nicht aufgrund eines speziellen Problems, sondern weil die Projektbeteiligten ihre Erwartungen nicht explizit ausgesprochen haben und überrascht wurden. Besserer Informationsfluss macht bessere Entscheidungen möglich.


Weg 2 Erwartungen dank Planung im Vorfeld besser erfüllen

Sicher kennen Sie einige Projekte, die äußerst schwierig und unrund verliefen oder Sie waren selbst an einem solchen beteiligt. Haben Sie sich am Schluss Gedanken darüber gemacht, was eigentlich falsch lief? Haben Sie sich dann womöglich gesagt: Hätten wir uns nur mehr Zeit für die Planung genommen. Im Privatleben ist Planung etwas Tagtägliches. Alles für uns Wichtige wägen wir ab. Wir berechnen unsere Chancen und Kosten und erst wenn wir uns sicher sind, setzen wir das, was zu tun ist in die Tat um. Auch im Projektmanagement ist der erste Schritt zum Erfolg die ausführliche Planung des Projekts trotz oder gerade wegen immer engeren Terminen oder eines Zwangs, das Projekt so bald wie möglich zu beginnen. Ein Kollege sagte mir einmal: Sag mir, wie dein Projekt beginnt, und ich sage dir, wie es endet. Nach diesem Motto, dass aus Erfahrung geboren wurde, sollten Sie sich im Voraus über die Leistungen und das Projektergebnis im Klaren sein. Sie müssen auch wissen, wann einzelne Arbeitspakete fertig gestellt sein sollen, was diese kosten sollen und dürfen, wer die Arbeiten leisten wird und wie sie ausgeführt werden soll.

Die Projektplanung hat folgende Ziele:
· Das Projektteam verständigt und einigt sich über Ziele, Resultate, Inhalt und Umfang, Risiken, Kosten, und die Vorgehensweise, etc.
· Bei Initiierung des Projekts werden die Projektkosten und -dauer in der Regel grob geschätzt - vielleicht bis auf +/- 50 % genau. Mit Hilfe einer Detailplanung sollten Sie in der Lage sein, an eine Toleranz von +/- 10 % heranzukommen.
· Es muss sicher gestellt werden, dass die Ressourcen auch bereitstehen, wenn sie benötigt werden.
· Mit Hilfe von Terminplanung, Meilensteinen und abgestimmten Kontrollprozessen können alle Arbeiten vorausschauend angegangen werden.

Weg 3 Aktives Projektmanagement schützt vor Problemen
Wer sich nun darüber beklagt, dass Projektmanagement nur eine Menge Zusatzarbeit verursacht, vergisst einen entscheidenden Punkt. In jeder Produktion werden bestimmte Probleme auftauchen und es wird möglichen Risiken ausgesetzt sein. Wollen Sie abwarten bis die Risiken zu handfesten Problemen werden und Ihre Produktion gar inhaltlich gefährden oder wollen Sie diese im Vorfeld beseitigen? Wollen Sie aktiv kommunizieren oder sich lieber mit Konflikten herumschlagen, die durch fehlende Informationen verursacht werden könnten? Die Wesensmerkmale eines Projekts werden sich
nicht ändern, gleichgültig ob Sie einen standardisierten Projektmanagement- Prozess verwenden oder nicht. Was sich mit aktivem Projektmanagementändern wird, ist die Art, wie Sie Vorkommnisse angehen werden. Sie werden nicht mehr planlos und reagierend, sondern aktiv in einem abgestimmten Prozess arbeiten.

Weg 4 Projektmanagement-Prozesse führen zu besseren Resultaten
Es kann vorkommen, dass sich eine Kluft zwischen den Erwartungen und den Resultaten von kulturellen Projekten und Produktionen ergibt. Dies kann sich folgendermaßen zeigen:
· Die Produktion übersteigt das Budget oder erfüllt inhaltlich die Erwartungen nicht.
· Die benötigte Zeit für das Projektmanagement fließt nicht in die Planung ein.
· Projektmanagement wird als bürokratisches Übel und unnötiger Kostenfaktor angesehen.
· Vorgesehene Methoden und Techniken werden nicht konsequent angewendet.

Die vorstehende Liste ist bei Weitem nicht abschließend. Mit guten Projektmanagement- Prozessen kann aber solchen Problemen entgegengewirkt werden. Diese bewahren zwar grundsätzlich nicht vor Problemen, Risiken und Überraschungen, der Nutzen der Projektmanagement-Prozesse liegt vielmehr
darin, dass Sie Methoden und Techniken zur Hand haben, falls mal etwas schief läuft. Projektmanagement-Prozesse und -Techniken werden eingesetzt, um Arbeitskräfte und Mittel zu koordinieren und absehbare Resultate zu erzielen. Projektmanagement-Prozesse allein sind aber kein Allheilmittel. In erster Linie machen Menschen Projekte. Das bedeutet, es gibt immer komplexe Zusammenhänge und Unwägbarkeiten, die nicht in vollem Umfang kontrolliert werden können. Als Technischer Projektleiter ist man daher auf gutes Urteilsvermögen, zwischenmenschliche Fähigkeiten, Intuition und Führungserfahrung angewiesen. Eine gute Projektmanagement-Methode liefert Ihnen die Rahmenbedingungen, Prozesse, Techniken und Richtlinien, welche die Erfolgschancen für das Projekt entscheidend erhöhen. Darin liegt der Nutzen für das gesamte Projekt sowie für die gute Zusammenarbeit zwischen Technischer und Künstlerischer Leitung.-

Weg 5 Qualitäten und Voraussetzungen eines guten Technischen Projektleiters
Vielleicht gibt es den geborenen Technischen Leiter. Die meisten Menschen brauchen jedoch für die erfolgreiche Ausübung ihrer Tätigkeit Unterstützung. Solides Grundwissen zur administrativen Methodik des Projektmanagements (Ressourcenplanung und -steuerung) macht nur einen Teil der erforderlichen
Führungskompetenzen aus. Der gute Technische Leiter braucht ein integriertes Führungstraining - zugeschnitten auf die speziellen Belange der Projektleitung. Dabei geht es um Lernprozesse wie:
· Führen durch Kooperation und Motivation
· Führung von Veränderungsprozessen
· Umgang mit Widerstand
· Umgang mit Macht und Autorität
· Gesprächsführung
· Gruppenarbeitstechniken

Eine der wichtigsten Qualitäten eines Technischen Leiters ist meiner Meinung nach das Interesse am Menschen und ein Gefühl für die Bedürfnisse von Menschen, d.h. Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit. Warum? Der Technische Leiter, speziell von Festivals, hat nicht viel Zeit, um Projektbeteiligte auf sich einzustellen und sie zum Team zusammenwachsen zu lassen. Er muss daher offensiv auf sie zugehen und ihre individuellen Interessen und Führungsbedürfnisse verstehen. Als Voraussetzung dazu muss er wissen, dass und wie jeder Mitarbeiter individuell zu motivieren ist. Für den einen macht die Herausforderung des Projekts den besonderen Reiz aus, für den anderen die Abwechslung zum Routinejob, den er vielleicht sonst ausübt. Dementsprechend muss der Technische Leiter auf seine Mitarbeiter eingehen können. Das erfordert die Fähigkeit, offen mit Menschen über ihre Bedürfnisse reden und sie auch individuell führen zu können.

Zur Bildung von Konsens oder besser von Win-Win-Situationen sind vor allem zwei gegensätzliche Kompetenzen gefordert: Auseinandersetzungs- und lntegrationsfähigkeit. Wer den Ablauf von Konsensbildung kennt, der weiß, dass nur offene Auseinandersetzungen Scheinkompromisse vermeiden können. Der gute Technische Leiter muss spüren, wann tragfähige Lösungen vorhanden sind und wissen, wie er den lntegrationsprozess einleiten kann.

Viele Technische Leiter haben heute ein Studium im Bereich Ingenieurswesen, Veranstaltungstechnik o.ä. absolviert. Eine eigene Ausbildung für den Beruf des Technischen Leiters gibt es noch nicht. Für die Tätigkeit als Technischer Leiter ist in Deutschland der Erwerb des Meisters für Veranstaltungstechnik
notwendig, um erforderliche technische Sicherheitsvorkehrungen treffen zu können. In jedem Falle sollte er über Kenntnisse der Baukonstruktion verfügen. Nicht nur das technische und organisatorische Know-How wird zur Führung eines Projektteams benötigt. Vor allem die Fähigkeit, mit allen am Projekt beteiligten Mitarbeitern, Dienstleistern und auch den Künstlern kommunizieren zu können, entscheidet schlussendlich über den Erfolg eines Projektes. Der technische Projektleiter muss frühzeitig Projektrisiken in seinem Bereich erkennen und aufkommende Probleme rechtzeitig kommunizieren. Um erfolgreich speziell mit externen Dienstleistern zu arbeiten, ist es wichtig, Richtlinien, Erreichbarkeit und Lieferzeiten schriftlich zu fixieren. Vor dem Hintergrund, dass bei einem Festival mehrere Projekte gleichzeitig geprobt und aufgeführt werden, sollte er ein hohes Maß an Organisationsgeschick und persönlicher Belastbarkeit mitbringen. Ebenso braucht er administrative Kenntnisse und rhetorische Fähigkeiten.

Ausblick
In Deutschland ist das Berufsbild und feld in der Kultur- und Veranstaltungswelt sehr gut aufgebaut. Im Bereich Veranstaltungstechnik gibt es die Ingenieure, Meister sowie die Fachkräfte der Veranstaltungstechnik. Für die Schaffung dieser relativ neuen Berufe hat sich die Deutsche Theatertechnische Gesellschaft maßgeblich eingesetzt. Auch in der Kulturwirtschaft wurden neue Berufe wie KulturmanagerIn und KulturwirtIn geschaffen. Die Schweiz entwickelt eigene Ausbildungen, die sich inhaltlich an das deutsche System anlehnen. Es gibt also genügend Ausbildungen und Tools, die die Technischen Leiter von morgen auf ihren Berufsalltag sehr gut vorbereiten. Kulturprojekte leiden meist am Mangel an Ressourcen, seien es Geld, Zeit und/oder Personal der Druck im Projekt ist dementsprechend hoch. Diesen Druck gilt es, auch mit persönlichen Fähigkeiten zu kompensieren. Und diese Fähigkeiten wie beispielsweise gute Führungsqualitäten sind erlernbar. Auch das eigene Kommunikationsverhalten und die Konfliktfähigkeit lassen sich schulen kein Mensch ist verdammt, so zu bleiben wie er ist!

Aus den Erfahrungen im Rahmen meiner eigenen Ausbildung zur Diplom- Ingenieurin für Theater- und Veranstaltungstechnik erscheint es mir für die Zukunft ausgesprochen wünschenswert, den sogenannten Soft Skills in den meist eher techniklastigen Ausbildungen mehr Raum zu geben - denn Menschen machen Projekte.

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