23.08.2018

Buchdetails

Museum und Tourismus: Ein Handbuch zur Nutzung touristischer Konzepte
von Herta Neiß, Klaus Landa (Hg.)
Verlag: Böhlau Wien
Seiten: 256
 

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Autor*in

Ulrike Schuhose
arbeitet in der Abteilung Kommunikation und Bildung der Berlinischen Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur. Sie studierte Kulturarbeit an der FH Potsdam und an der TU Kaiserslautern Management von Kultur- und Non-Profit-Organisationen.
Buchrezension

Museum und Tourismus. Ein Handbuch zur Nutzung touristischer Potenziale

Museen sind ein beliebtes kulturtouristisches Reiseziel. Viele von ihnen nutzen die damit verbundenen Potenziale aber noch zu wenig. Dem will die Publikation Museum und Tourismus von Herta Neiß und Klaus Landa Abhilfe schaffen.
 
Die Studie "Kultururlaub" der österreichischen Tourismus-Werbung hat bereits 2013 belegt, dass Tourist*innen sich anspruchsvolle Angebote, kürzere, aber häufigere Erlebnisse wünschen und sich vor Ort spontan für Angebote entscheiden. Kulturtouristische Urlaube sind zudem nicht mehr ausschließlich auf Städte beschränkt, sondern beziehen auch zunehmend den ländlichen Raum mit ein. Schlagworte wie Erlebnisorientierung, Regionalität und Authentizität des Gezeigten werden dabei immer wesentlicher im Werben um touristische Besucher*innen. Österreich hat genau wie Deutschland in den letzten Jahrzehnten einen Museumsboom erlebt. Zwischen 1970 und 1995 hat sich ihre Zahl mehr als verdoppelt. Zwar machen Tourist*innen schon jetzt einen Großteil der Museumsbesucher*innen aus. Dennoch bietet der Tourismusmarkt den Museen eine Chance, weitere zu gewinnen.
 
Doch was sind die Bedürfnisse von Kulturtourist*innen? Was sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit von Museen und Tourismus? Welche Hürden erschwerten diese bisher? Und wie können auch kleinere Museen im ländlichen Raum attraktiver für Kulturtourist*innen werden? Kultureinrichtungen und vor allem Museen tun sich immer noch schwer damit, Tourist*innen gezielt anzusprechen. Auch die Zusammenarbeit mit der Tourismus- und Freizeitwirtschaft kommt erst zögerlich in Gang. Diese Feststellung ist der Ausgangspunkt der Herausgeber*innen des 2017 im Böhlau Verlag erschienen Handbuchs Museum und Tourismus.
 
Bildung, Unterhaltung und ästhetischer Genuss
 
Sammeln, Bewahren, Forschen, Bilden, Präsentieren und Unterhalten gehören heute zu den Aufgaben des Museums. Museumsbesucher*innen und Kulturtourist*innen kommen nicht nur wegen des fachlichen Inputs, sondern wollen sich unterhalten, Interessantes kennenlernen und erleben und zugleich erholt nach Hause fahren. Daran müssen sich das Ambiente und die sozialgeschichtliche Einordnung der Sammlung, die Gastronomie, der Shop und die Präsentation der Objekte orientieren. Mit diesen Themen setzen sich die Autor*innen des Bandes auseinander.
 
Nach einer Einleitung zur Museumslandschaft in Österreich und ihrer Öffnung für den Tourismus werden die heutige Situation der Institution Museum sowie die Herausforderungen und Perspektiven des Kultur- und Museumstourismus analysiert. Im zweiten Teil werden Erfolgsfaktoren zur touristischen Nutzung und abschließend erfolgreiche Beispiele für kultur(-touristische) Strategien unterschiedlicher Museumstypen und -ausrichtungen in Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg und Kärnten vorgestellt.
 
Tourismus ist im Bereich Wirtschaft angesiedelt und damit geprägt vom marktorientierten Denken. Museen hingegen haben einen Bildungsauftrag, der teilweise im Widerspruch zu ökonomischen Überlegungen steht. Beide zusammenzubringen fordert Doris Rom in ihrem Beitrag "Reden wir miteinander!". Darin zitiert sie Martin Spantwig, Geschäftsführer Marketing bei Bayern Tourismus Marketing, der einen "gesunden Exhibitionismus" fordert, der beide Systeme zusammenbringt, also ein offenes Zeigen und Kommunizieren auch abseits der Präsentation der eigenen Schätze. Voraussetzungen dafür sind: Empathie für die Bedürfnisse der touristischen Besucher*innen, Positionierung im Markt und Definition der Ziele der eigenen wie der Zusammenarbeit, Kenntnisse der eigenen Zielgruppen und zielgruppenorientierte Vermittlungsangebote.
 
Besucherforschung, Positionierung und Public Relations
 
Die Implementierung eines barrierefreien Kulturtourismus oder eines Museumsshops als Door- Opener und Mittler sind nicht nur notwendig um Besucher*innen, zu akquirieren bzw. an die Institution zu binden, sondern auch für die Zusammenarbeit mit dem Tourismus essentiell. Die im Kapitel Mögliche Erfolgsfaktoren zur touristischen Nutzung vorgestellten Methoden, etwa Kulturfinanzierung, Besucherforschung, Positionierung, Vernetzung und Kooperationen sowie Public Relations, sind gerade für größere museale Institutionen keine neuen Aufgaben des Kulturmanagements. Zu weiteren touristischen Erfolgsfaktoren gehören aber gerade in ländlichen Gegenden neben zielgruppenorientierten, hochwertigen Angeboten vor allem eine grundlegende (touristische) Infrastruktur, ein funktionierender Stadt-Umland- und Regionalverkehr und nicht zuletzt eine verlässliche finanzielle Basis. Diese Aspekte werden im Buch ebenfalls thematisiert und unterscheiden es von einem klassischen Kulturmanagement-Handbuch.
 
Best-Practice: Die Künstlerstadt Gmünd
 
Die Stadt Gmünd in Niederösterreich erhielt für die Kulturinitiative Gmünd, ihre professionelle Kulturarbeit und intelligente Marketinginitiativen den Kärnten Tourismus Award oder den europäischen Nachhaltigkeitspreis Eden Award für das Engagement. Die mittelalterliche Kleinstadt - fernab urbaner Zentren und eingebettet in die Bergwelt des Nationalparks Hohe Tauern und des Biosphärenparks Nockberge - gilt als Best-Practice-Beispiel für regionale Stadtentwicklung in Österreich durch kulturelles Engagement. 1991 kämpfte sie noch mit schleichender Abwanderung und leeren Häusern. Seitdem nahm sie die Chancen eines stetig wachsenden Kulturtourismus wahr und zieht mittlerweile 150.000 Kulturtourist*innen im Jahr an. Initiator der Entwicklung der Künstlerstadt war 1991 die Kulturinitiative Gmünd. Historische Gebäude in der Altstadt wurden restauriert, Galerien, Ateliers und Ausstellungsräumen zogen ein, Kunstvermittlung, Handwerk und zeitgenössische Kunst werden konsequent gefördert. Neben diesen kultur- und kreativwirtschaftlichen Ansätzen sind die Galerien, Museen, Künstlerateliers und Artists in Residence-Orte von Mai bis Oktober täglich auch für Tourist*innen geöffnet, der Eintritt meistens kostenlos. Künstler*innen aus unterschiedlichen Ländern, die zeitweilig in der Kleinstadt lebten, trugen dazu bei, diese weltoffener und tolerant zu machen, so die Geschäftsführerin des Trägervereins Erika Schuster. Als Erfolgsfaktoren nennt sie die hohe Qualität der Angebote, Bürgerbeteiligung, professionelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Werbemaßnahmen wie das Projekt Skulpturen an der Autobahn, den kontinuierlichen Ausbau von Kooperationen zwischen Museen, Medien, Kultur, Wirtschaft, Bildung und Kultur und last but not least Durchhaltevermögen.
 
Fazit
 
Das Buch ist eine gute Einführung in das touristische Kulturmanagement, wenn auch gänzlich neue Ansätze etwas fehlen. Es sensibilisiert Leser*innen für den Umstand, dass das Museum als Gesamtkonzept für Besucher*innen aus der Region und touristische Besucher*innen interessant sein, Anknüpfungspunkte bieten und spannende Geschichten erzählen muss. Die Publikation mit Beiträgen und Checklisten von Museums- und Kulturtourismusexpert*innen ist für Museumsmitarbeiter*innen, Quereinsteiger*innen und Touristiker*innen in Österreich, Deutschland und der Schweiz gleichermaßen geeignet. Sie vermittelt Grundlagen und Impulse aus der Theorie und Praxis des Museums und des Kultur- und Touristikmanagements und sensibilisiert sowohl Touristiker*innen als auch Museumsschaffende für die Arbeitsweisen und Bedürfnisse der jeweils anderen Seite. Damit bietet sie einen guten Ansatzpunkt für die touristische Gradwanderung zwischen Bildung und Erlebnis.

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