12.12.2022

Themenreihe klimafreundlich

Autor*in

Helmuth Oehler
studierte und promovierte in Kunstgeschichte. Er lebt und arbeitet als freiberuflicher Kunsthistoriker, Gutachter, Kurator und Kulturvermittler in Innsbruck.
Das Österreichische Umweltzeichen für Museen

Eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft

Museen verstehen sich als Brücken zwischen Vergangenheit und Gegenwart - mit Ausblicken auf die Zukunft. Um dieses Anliegen nach außen sichtbar zu machen, gibt es seit 2018 das Österreichische Umweltzeichen. Es zeichnet Museen für Engagement in den Bereichen umweltfreundliches Management und soziale Verantwortung aus. Damit ist das Siegel ein wichtiges Zeichen an die Kulturpolitik, an andere Museen und an die Besucher:innen.

Themenreihe klimafreundlich

Die Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB) als Vorbild
 
Was Österreich war und ist. Die Österreichische Nationalbibliothek ist die größte Bibliothek und der zentrale Gedächtnisspeicher der Republik. Und sie führt seit 2021 das Österreichische Umweltzeichen. Acht Sammlungen des Hauses sind dem vielfältigen Kulturerbe Österreichs gewidmet. Gleichzeitig ist die Nationalbibliothek ein historisches Gebäude, das besichtigt werden kann, aber auch fünf Museen beherbergt. An sie werden daher die unterschiedlichsten Anforderungen gestellt.
 
Was Österreich sein wird. Wir haben mit Dr. Johanna Rachinger gesprochen. Sie ist die Generaldirektorin des Hauses und erklärt: "Mit dem Österreichischen Umweltzeichen möchte die Österreichische Nationalbibliothek ein sichtbares Zeichen für ihr Engagement für die Umwelt setzen." Die Nationalbibliothek bewahrt die kulturelle Vergangenheit Österreichs, ist aber gleichzeitig ein zukunftsorientiertes Informations-, Bildungs- und Forschungszentrum und will deshalb auch im Bereich Nachhaltigkeit Impulse aussenden. Und das Österreichische Umweltzeichen ist eine exzellente Möglichkeit, der Öffentlichkeit entsprechende Werte zu vermitteln. 
 
Ökologische Nachhaltigkeit und Denkmalschutz. Die Zertifizierung mit dem Österreichischen Umweltzeichen setzt ein "klimafittes" Museumsgebäude voraus. Aber wie kann ein historisches Gebäude wie jenes, in dem die Österreichische Nationalbibliothek untergebracht ist, "klimafit" gemacht werden? Johanna Rachinger erklärt, dass der Denkmalschutz der Wiener Hofburg, in der die Österreichische Nationalbibliothek angesiedelt ist, Maßnahmen wie einer Wärmedämmung der Außenfassade entgegensteht. "Zudem liegen viele dieser Punkte im Verantwortungsbereich des Vermieters, der Burghauptmannschaft Österreich als Vertreterin der Republik." 
 
Jedoch wird im Haus selbst viel in Hinblick auf den Schutz des Klimas getan: So findet "eine Absenkung der Heiztemperatur in der Nacht über die Gebäudeleittechnik statt. Eine generelle Absenkung in allen Bereichen der Österreichischen Nationalbibliothek ist aufgrund restauratorischer Anforderungen jedoch nicht möglich", berichtet Johanna Rachinger. Und ergänzt: "Bewegungsmelder und Zeitschaltuhren zum effizienten Einsatz von Beleuchtungsanlagen sind teilweise in den WCs, im Bücherspeicher sowie in den Außenbereichen im Einsatz." Hinzu kommen Sanierungsmaßnahmen sowie eine effiziente Gebäudeleittechnik, die für eine nachhaltige Instandhaltung aller Gebäude sorgt.
 
Ressourcenmanagement. Durch zahlreiche Digitalisierungsmaßnahmen können die Bestände online benutzt werden, wodurch die Österreichische Nationalbibliothek zu ihrer Schonung und langfristigen Erhaltung beitragen. Das hauseigene Institut für Restaurierung verwendet ausschließlich umweltverträgliche Produkte bei der Konservierung und Restaurierung der Objekte. Zudem wird im Haus ressourcensparende Technik eingesetzt und ein konsequentes Abfallmanagement betrieben, etwa durch den Einsatz umweltfreundlicher Reinigungsprodukte, die Implementierung elektronischer Workflows und Ablagen zur Reduktion des Papierverbrauchs oder auch die Sekundärverwertung gebrauchter EDV-Geräte oder Möbel.
 
Mit dem Fahrrad zur Bibliothek. Zudem sind prinzipiell alle Einrichtungen der Österreichischen Nationalbibliothek für Besucher:innen sowie Mitarbeiter:innen gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar und es Fahrradabstellplätze zur Verfügung. Um die Anfahrt der Mitarbeiter:innen mit dem eigenen Fahrrad attraktiver zu machen bzw. den Arbeitstag der "Radler:innen" angenehmer zu gestalten, wurden 2020 für sie Duschen eingebaut. "Diese Duschmöglichkeiten sollen Mitarbeiter:innen dazu motivieren, ihren Weg zur Arbeit sportlich und emissionsfrei zu gestalten", so Johanna Rachinger. Und sie können sich dann entsprechend "erfrischt" sich den Besucher:innen widmen. Aber die Nationalbibliothek fördert die Anfahrt mit dem Fahrrad noch mehr: Es gibt einen Fahrrad-Check-Tag. "An diesem Tag werden die Fahrräder der Mitarbeiter:innen kostenlos auf ihre Straßenverkehrstauglichkeit überprüft und einem kleinen Service unterzogen", freut sich Johanna Rachinger.
 
Qualitätsmerkmal. Mit diesen Überlegungen und Maßnahmen beschäftigt sich die Österreichische Nationalbibliothek verstärkt mit der Welt um sie herum, also mit der "Umwelt". Sie erfüllt dadurch einen ökologischen Bildungsauftrag und kann diesen mit dem Österreichischen Umweltzeichen deutlicher nach außen kommunizieren, etwa durch die Anbringung des Umweltzeichens in den öffentlichen Räumen oder die Darstellung der Nachhaltigkeitsmaßnahmen auf der Website. 
 
Wie kam es zum Österreichischen Umweltzeichen für Museen? 
 
Otto Fichtl vom Verein für Konsumenteninformation in Wien, dort zuständig für den Bereich Tourismus und Freizeit, erzählt: "Zum Themenbereich ‚Museen‘ gab es bei uns wiederholt Anfragen, inwieweit derartige Institutionen mit dem Österreichischen Umweltzeichen ausgezeichnet werden können. Einige dieser Interessent:innen wurden über andere Umweltzeichen-Richtlinien auf die Zertifizierung aufmerksam. Besonders die Richtlinien für Green Meetings und Events sowie für Tourismus und Freizeitwirtschaft oder für Bildungseinrichtungen weckten das Interesse der Museumsfachleute. Auch wenn einige dieser Anfragen nicht direkt im Zusammenhang mit der Möglichkeit der Zertifizierung des Museums an sich gestellt wurden, zeigten sie doch, dass die über 700 österreichischen Museen für das Österreichische Umweltzeichen eine interessante Zielgruppe darstellen."
 
Otto Fichtl weiter: "Der Gedanke der Nachhaltigkeit steckt bereits in der bisherigen ICOM-Definition eines Museums als gemeinnütziger, auf Dauer angelegte, der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung im Dienst der Gesellschaft und ihrer Entwicklung. Der Begriff ‚Museum‘ ist in Österreich zwar rechtlich nicht geschützt und an keinerlei Auflagen gebunden, seitens ICOM wurden jedoch Ethische Richtlinien für Museen definiert, welche von vielen Museen im Rahmen von Selbstverpflichtungen als Leitlinie herangezogen werden. Darüber hinaus wurde auf Basis dieser Richtlinien von den beiden wichtigsten Dachorganisationen des Museumswesens in Österreich, dem ICOM-Österreich und dem Museumsbund Österreich, mit dem Museumsgütesiegel (http://www.museumsguetesiegel.at) ein Bewertungsverfahren für Museen erarbeitet. Mit diesem auf fünf Jahre befristeten Gütesiegel wurde ein Qualitätsstandard erzielt, der auch als Basis für eine Zertifizierung mit dem Österreichischen Umweltzeichen herangezogen werden konnte. Die aktuell mit dem Museumsgütesiegel in Österreich ausgezeichneten Museen waren somit die erste Zielgruppe für das Österreichische Umweltzeichen. Hinsichtlich der möglichen Anforderungen konnte dabei ergänzend zu den Qualitätsanforderungen des Museumsgütesiegels auf den standortspezifischen Kriterien des Umweltzeichens, wie sie etwa im Bereich des Tourismus definiert sind, aufgebaut und diese um relevante Anforderungen für Museen ergänzt werden. Eine seitens des VKI und der Nachhaltigkeitsbeauftragten eines interessierten Museums unabhängig voneinander durchgeführte Analyse der Muss-Kriterien des Umweltzeichens für Tourismus hinsichtlich deren Eignung als mögliche Kriterien für Museen ergab hierbei eine durchgängige Deckung der Meinungen", berichtet Otto Fichtl. 
 
2017 initiierte Bettina Leidl das Projekt "Österreichisches Umweltzeichen für Museen". Sie war damals Direktorin des Kunst Haus Wien sowie Vizepräsidentin von ICOM Österreich und trat aktiv an das Umweltministerium heran. In weiterer Folge wurde die pulswerk gmbh mit der Durchführung von Workshops zur Erstellung modulspezifischer Anforderungen beauftragt.
 
Am 26. Juni 2017 organisierte pulswerk den ersten Workshop zum Thema "Österreichisches Umweltzeichen für Museen und Ausstellungshäuser" im Kunst Haus Wien. Dabei wurden Überlegungen von Vertreter:innen der österreichischen Museen und Ausstellungshäuser sowie von führenden Dienstleister:innen in diesem Bereich präsentiert und gemeinsam mit Vertreter:innen des Umweltministerium diskutiert, um in weiterer Folge eine bestmöglich an die Museumspraxis angepasste Richtlinie zu erarbeiten. Folgende Tagesordnungspunkte wurden besprochen: Welche Arten von Häusern sollen von der Richtlinie erfasst werden? Welche operativen Bereiche eines Museums oder Ausstellungshauses haben Relevanz für das Thema Nachhaltigkeit? Mit welchen Kriterien kann diese Relevanz bestmöglich erfasst werden? In welcher Form können das Museumsgütesiegel sowie die Ethischen Richtlinien für Museen eingebunden werden? Was macht eine Zertifizierung für ein Museum oder ein Ausstellungshaus attraktiv bzw. unattraktiv? 
 
Das Ergebnis war ein erster Entwurf von Kriterien, der schließlich als Modul "Museen und Ausstellungshäuser" in die Umweltzeichen Richtlinie UZ 200 integriert wurde. Eine Österreichische Museumsregistrierung bzw. das österreichische Museumssiegel als Qualitätsmerkmal für nachhaltige und bedachte Museumsarbeit ist die Voraussetzung für die Zulassung von Museen zur Umweltzeichenzertifizierung. Diese verlangt die Erfüllung museumsspezifischer Anforderungen u. a. in folgenden Bereichen:
 
  • Integration einer Bildung für nachhaltige Entwicklung in die Vermittlungsarbeit
  • Konservierungs- und Restaurierungsarbeiten 
  • Lagerung
  • Temporäre Bauten für Ausstellungen (Materialauswahl)
  • Materialien im Ausstellungsbau
  • Verpackung im Lager und beim Transport 
  • Sekundärverwertung von Publikationen 
Nach der Veröffentlichung der Richtlinie UZ 208 im Januar 2018 war es dann das Kunst Haus Wien, das als erstes Museum im Juni 2018 mit dem Österreichischen Umweltzeichen zertifiziert wurde. 
 
Was wurde seit der Einführung des Österreichischen Umweltzeichen erreicht? 
 
Nachdem das Kunst Haus Wien lange Zeit das einzige österreichische Museum mit dem Umweltzeichen war, hat in den letzten beiden Jahren die Zahl der zertifizierten Museumshäuser stetig zugenommen. Zahlreiche Bundesmuseen sind bereits zertifiziert bzw. auf dem Weg zur Zertifizierung. Stand November 2022 sind 18 Museen in fünf österreichischen Bundesländern ausgezeichnet. Bei zahlreichen Museen läuft gerade der Zertifizierungsprozess. Auch eingemietete Gastronomiebetriebe werden aktiviert und angehalten, die Zertifizierung zu erlangen, z. B. die Firma EUREST als Gastronomie des Naturhistorischen Museums.
 
Generell ist das Österreichische Umweltzeichen mittlerweile sehr stark im Kulturbereich angekommen. So wurden weitere Module für "Sprech- und Musiktheater" (UZ 209, seit 1. Juli 2022) sowie für "Kinobetriebe" (UZ 210 seit 1. April 2022) in die Richtlinie integriert. Das Salzburger Landestheater konnte so als erster österreichischer Bühnenbetrieb 2022 das Österreichische Umweltzeichen erwerben. 
 
Mit Maßnahmen wie dem Österreichischen Umweltzeichen für Museen mit seinen Vorgaben, Hilfestellungen und Zertifizierungen kann die Kulturpolitik Kultureinrichtungen bei der Umstellung auf nachhaltiges Arbeiten unterstützen. Die Häuser selbst können eine solche Auszeichnung nach außen tragen und damit ihre Wahrnehmung positiv beeinflussen. Auch Kultureinrichtungen in Ländern ohne ähnliche Auszeichnungen können sich an den Anleitungen des Österreichischen Umweltzeichens für Museen orientieren und damit ihr Engagement für Nachhaltigkeit gegenüber Besucher:innen und Partner:innen verdeutlichen. 
 
Weiterführende Informationen
 
  • Fichtl, Otto: Schritt-für-Schritt-Anleitung für Museen und Ausstellungshäuser. Eine praxisgerechte Anleitung zur Umsetzung der Umweltzeichen-Richtlinie UZ 200 "Tourismus und Freizeitwirtschaft", Wien 2018. 
  • Fichtl, Otto: Österreichisches Umweltzeichen. Richtlinie Tourismus und Freizeitwirtschaft: Museen und Ausstellungshäuser", Wien 2020. 

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