10.02.2022

Themenreihe Digitale Formate

Autor*in

Jasmin Vogel
leitet seit 2019 als Vorständin das Kulturforum in Witten. Seit über einem Jahrzehnt ist sie im Kultursektor tätig und hat verschiedene Innovationsprogramme zur (digitalen) Transformation von Kultureinrichtungen verantwortet, dazu zählt u.a. das EU-Projekt smARTplaces. In der Folge wurde sie für ihre Arbeit mit internationalen Preisen ausgezeichnet, darunter der European Cultural Brand Award 2016, den ZukunftsGut-Preis 2020 der Commerzbank Stiftung und als "Europäische Kulturmanagerin des Jahres" in 2021. In Witten liegt ihr Fokus auf der praxisorientierten Erprobung neuer Governance- und Geschäftsmodelle für den Kultursektor, die ausgehend von der Agenda 2030 zu einer größeren Diversität, Digitalität und Transformationsfähigkeit innerhalb der Organisationen führen und damit in Zukunft eine nachhaltige und resiliente Kulturinfrastruktur gewährleisten sollen.
Alissa Krusch
gestaltet seit Januar 2021 als Managerin für die Digitale Transformation den digitalen Wandel des Wittener Kulturbetriebs. Digitalität als Querschnittsaufgabe umfasst die übergreifende Projektentwicklung, das Capacity Building der Mitarbeitenden sowie Strategien der Fördermittelakquise. Als Expertin für Kunst und Kommunikation war sie seit 2008 in renommierten Museen beschäftigt, zuletzt verantwortlich für die Digitale Kommunikation der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Ihre Schwerpunkte liegen in der Entwicklung innovativer Digitalformate und userorientierter Webangebote. Die Medienwissenschaftlerin mit Lebensmittelpunkt im Ruhrgebiet forscht praxisbezogen zu Themen der digitalen Strategie, des Marketings zeitgenössischer Ausstellungsprojekte sowie der Digitalisierung von Sammlungen. Zudem ist sie auf zahlreichen Konferenzen und Netzwerkveranstaltungen als Sprecherin und Autorin von Beiträgen aktiv.
Johannes Hemminger
studierte Philosophie sowie Neuere und Neueste Geschichte in Tübingen und arbeitete danach im Marketing, Community Management und Projektmanagement in der Videospielbranche. Von 2021 bis 2023 war er Redakteur bei Kultur Management Network.
Dirk Schütz
ist Gründer von Kultur Management Network und der Kulturpersonal GmbH. In den Bereichen Führung, Personalmanagement und Organisationsentwicklung arbeitet er als Berater, Coach und Trainer und unterrichtet als Dozent an Kulturmanagement-Studiengängen im deutschsprachigen Raum.
Digitale Transformation im öffentlichen Kulturbetrieb

In jedem Scheitern liegt ein Erkenntnisgewinn

Digitale Transformation ist eines der großen Themenfelder der Zukunft, mit der sich alle Kulturinstitutionen beschäftigen müssen. Dabei gilt: Je früher man beginnt, umso weniger muss man aufholen. Einen ganzheitlichen, abteilungsübergreifenden Ansatz verfolgt dabei seit einiger Zeit das Kulturforum Witten, dass für dieses Thema sogar eine eigene Personalstelle geschaffen hat, um den Anschluss zu finden. Wir haben mit Jasmin Vogel (Vorständin des Kulturforums und Kulturmanagerin des Jahres 2021) und Alissa Krusch (Managerin für Digitale Transformation) darüber gesprochen, was das in der Umsetzung bedeutet - insbesondere, wenn mitten im Prozess ein Hackerangriff die komplette digitale Infrastruktur lahmlegt.

Themenreihe Digitale Formate

KMN: Der Preis der Europäischen Kulturmanagerin des Jahres 2021 ging unter anderem für engagierte Arbeit im Bereich der Digitalisierung nach Witten. Wie kam es dazu, diese Priorität auf Digitale Transformation zu legen und schnell eine eigene Stelle dafür zu schaffen?
 
Jasmin Vogel: Ich habe selbst viel Berufserfahrung im Digitalen und bereits einige Transformationsprozesse angestoßen. Meine Erkenntnis war, dass wir an den Kompetenzen der einzelnen Kolleginnen und Kollegen arbeiten müssen, wenn wir zeitgemäß auf ein Zeitalter der Digitalität reagieren wollen. Das heißt, ein digitales Projekt allein reicht nicht aus, denn Digitalität ist eine Querschnittsaufgabe, die sich durch alle Bereiche zieht. Und dafür braucht es andere Methodenkompetenzen und in Teilen auch andere Arbeitsweisen. In den Institutionen muss das strukturell verankert sein, wofür es auch Personal braucht, das diesen abteilungsübergreifenden Transformationsprozess begleiten kann. Ebenso muss dieser Prozess budgetär mit Zeitressourcen ausgestattet und dann auch die Arbeitsorganisation darauf ausgerichtet werden. Deswegen würde ich immer "digital" in Klammern setzen und dann Transformation dahinter. So ist im Kulturforum Witten Alissas Stelle als Managerin für Digitale Transformation entstanden, was auch eine der ersten strukturellen Entscheidungen war, da das Kulturforum digital abgehängt war. So arbeiten wir gerade am Relaunch der 10 Jahre alten Webseite. Ebenso gab es viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die zwar viel wollen, aber bisher nicht die Kompetenzen dafür haben. Im Stellenbesetzungsverfahren war uns demnach auch wichtig, eine Person ins Kulturforum zu holen, die den Fokus darauf legt, dass das entsprechende Know-how vermittelt wird. So kann die Produktion von digitalen Inhalten für die Webseite, Social Media oder andere Formate in den einzelnen Bereichen erfolgen, anstatt eine spezialisierte digital unit einzurichten.
 
Alissa Krusch: Ich selbst komme aus dieser spezialisierten Digitalabteilung eines großen Museums. Und obwohl ich viel Sinn in der Spezialisierung sehe, sehe ich es nicht als zukunftsfähiges Modell. Meine Erkenntnis aus dem ersten Jahr in Witten ist auf jeden Fall, dass es am besten funktioniert, wenn die Kompetenzen und Erfahrung bei den einzelnen Kolleginnen und Kollegen gestärkt werden und ich als Impuls- oder als Ideengeberin - oder auch mal als Helpdesk - fungieren kann. Es reicht demnach nicht, ein*e Verantwortliche*n dafür digitale Veränderungsprozesse zu haben, sondern wir müssen alle daran arbeiten. Außerdem sollte Transformation nie als abgeschlossen angesehen werden. 
 
KMN: Welche Erfahrungen habt ihr bisher damit gemacht, bei allen Mitarbeitenden ein Bewusstsein fürs Digitale zu schaffen, sodass der Transformationsprozess im Querschnitt angegangen werden kann?

JV: Dafür braucht es vor allem eine Veränderungsmotivation. Wir haben Anfang 2020 mit Experimentallaboren gestartet, die zunächst weniger mit Digitalem zu tun hatten. Einiges davon ist gescheitert, was mitunter sehr schmerzhaft war. Aber es ging darum, sich selbst stärker zu hinterfragen, um sich anderen Arbeitsformen anzunähern. Danach haben wir viel stärker auf Infrastrukturen gesetzt, um im nächsten Schritt Schulungen anzubieten. Dafür haben wir ein Digitallabor eingerichtet, das wir Ende Februar eröffnen. In diesem soll allen Mitarbeitenden das entsprechende technische Know-how im Umgang mit neuen Medien vermittelt werden, um selbst digitale Inhalte produzieren zu können.
 
AK: Von allein und ohne Moderation funktioniert es nicht. Aber wir sind von ganz konkreten Projekten und Prozessen ausgegangen. Als ich angefangen habe, haben wir über die größten Defizite gesprochen und das naheliegendste war die Website. Da haben wir in allen Organisationen und Instituten gefragt, wer sich beteiligen möchte. Interessanterweise haben sich eben nicht nur die Institutsleitenden bereit erklärt, sondern auch diejenigen, die inhaltlich Programm oder Kommunikation machen. Ebenfalls haben wir die Kolleginnen und Kollegen gefragt, was sie für ihre Arbeit benötigen. Hieraus ist letztlich unser Digitallabor entstanden. Meine Aufgabe ist demnach auch, intern sehr aufmerksam Gespräche zu führen, um dann die Kolleg*innen motivieren zu können, sich an bestimmten Projekten zu beteiligen. Die experimentelle Vorarbeit und auch die äußeren Bedingungen der Pandemie haben eine Art Spieltrieb geweckt, ein Experimentieren- und Ausprobieren-Wollen. Auf Leitungsebene müssen dafür Freiräume geschaffen und die Verantwortung wahrgenommen werden, die damit einhergeht, wenn Experimente verstetigt werden.
 
JV: Prinzipiell eignet sich für solche Prozesse iteratives Arbeiten sehr gut durch die Fehlerfreundlichkeit und Laborsituationen, die geschaffen werden können. Dafür braucht es Menschen, die diese Methoden auch beherrschen. Hilfreich ist diese Methode nicht nur für digitale Veränderungen, sondern das betrifft auch andere Querschnittsaufgaben wie Nachhaltigkeit oder auch Personalentwicklung. Damit verbunden sind weitere Kompetenzen wie Leadership und Führung, um die richtigen Methoden für die jeweilige Situation auszuwählen. Auch ein "Mindset Change" gehört dazu, um eine Organisations- und Arbeitskultur zu schaffen, die Fehler zulässt und nicht als Scheitern betrachtet, sondern als iterative Schritte.

KMN: Wie sehen diejenigen, die eure AÖR gegründet haben und einen Auftrag für die Bürgerinnen und Bürger formuliert haben, den Prozess?

JV: Eine Diskussion dazu wird sicherlich noch kommen, aber momentan stehen wir ganz gut da, weil wir in den letzten Monaten viele Gelder bekommen haben. Das ist in einer Stadt wie Witten, wo normalerweise kein Geld da ist, Erfolgsbeleg genug. 

Man darf Politik auch nicht unterschätzen, denn Politiker*innen haben durchaus ein sehr sensibles Gespür dafür, dass sich Lebensrealitäten verändert haben. Ebenfalls geht es ihnen gar nicht so sehr um die Besuchszahlen. Das sind eher wir Kulturschaffenden, weil wir uns keine anderen Kennzahlen einfallen lassen wollen. Entscheidend ist, die Politik sehr stark mitzunehmen und Möglichkeiten der Debatte über die eigene Arbeit zuzulassen. Uns selbst ist es wichtig, das Digitale nicht als Raum für eine ganz kleine Elite von künstlerischen Produzenten zu sehen. Unser Ansatz ist anders, wir produzieren entsprechende Inhalte selbst und erreichen  damit eine sehr breite Bürgerschaft mit unterschiedlichen Interessen. So etwas nimmt auch die Politik wahr. Denn Relevanz ist nicht Besucherzahlen. Relevanz ist, was das Leben vor Ort besser gestaltet.

KMN: Wie bewertet ihr, ob ein Projekt erfolgreich ist? 

JV: Es ist wichtig einen Raum für ehrliche Selbstreflektion zu schaffen. Die Kolleginnen und Kollegen wissen alle, wo die Sachen hapern - und was Außen nach einem Erfolg aussieht, ist vielleicht intern ein riesiger Misserfolg. Wenn wir künftig einen ehrlichen Umgang der kritischen Selbstreflexion für unsere Prozesse, Arbeitsweisen und letztendlich auch für unsere Projekte pflegen, kommen wir auch schneller zu Ergebnissen. Dabei wird sich auch zeigen, dass in jedem vermeintlich gescheiterten Prozess ein Erkenntnisgewinn und damit ein Lernerfolg steckt. Auch das ist iteratives Arbeiten.

AK: Vielleicht kann man da den Bogen schlagen zu den digitalen Strategien, die sich ohnehin nicht mehr einlösen lassen. Stattdessen wäre eine Vereinbarung darüber sinnvoller, warum wir etwas machen. Aber dazu gehört dann auch, dass man hinterher evaluiert. Und sich nicht vornimmt: "Wir machen das wie geplant und es wird genauso werden!" Gerade in Krisenzeiten können wir diese Form der strategischen Planung ohnehin nicht einhalten. Zudem zwingt uns im Digitalen niemand, alles quantifizierbar zu machen - obwohl wir es können. Man kann auch genauso gut qualitative Kriterien für digitale Experimente oder Inhalte anlegen. Und meine Erfahrung aus den letzten Förderanträgen ist, dass das auch gut funktioniert.
KMN: Und da gehen die Förderer mit?
 
JV: Wir haben unsere Fördermittelabrechnung noch vor uns. Aber es gibt eine strategische Rahmung, auf die die Welt sich verständigt hat. Das sind die UN SDGs (United Nations Sustainable Development Goals - Anm. d. Redaktion). Das UN SDG Nummer 11 "lebenswerte Städte und Gemeinden" ist eines der Kernziele weltweit und wer soll sonst darauf einzahlen außer Kultur? Was macht eine Stadt lebenswert, was ist qualitative Bildung? Auf Kennzahlen als solches werden wir nicht verzichten können, weil natürlich immer eine Vergleichbarkeit hergestellt werden soll. Aber diese können auch verändert und angepasst werden, wie etwa die Bewertungskriterien der Kulturstiftung des Bundes oder des Forum Soziokultur zeigen. Die Fördermittelgeber reagieren also bereits darauf, wir selbst stellen uns nur einfach ein Bein mit diesen Erfolgsdefinitionen.
 
AK: Wir haben etwa eine große Förderung bekommen für die digitale Ertüchtigung des Saalbaus. Natürlich werden da auch seitens des Fördermittelgebers Kennzahlen abgefragt. Aber die kann man frei definieren und die können auch heißen: Wir möchten so und so viele Mitarbeitende aus unserem Team für die Arbeit mit einem bestimmten technischen Gerät qualifizieren. Die Institutionen und die Antragstellenden, müssen sich überlegen, wie sie ihre Arbeit messbar machen und wie die Kriterien aussehen.
 
JV: Und dafür braucht es wieder eine Strategie: Ich bin der Überzeugung statt einer digitalen Strategie braucht es künftig strategische Ziele! Wenn man sagt: "Ich möchte, dass jeder Mitarbeiter die Möglichkeit erhält sein Potential zu entwickeln", lässt sich das messbar machen: über Schulungen, über Coaching, über Mentoring. Wenn ein strategisches Ziel ist: "Wir möchten eine Organisation sein, die offen für andere ist," dann ist das belegbar: Mit wie vielen Netzwerken haben wir zusammengearbeitet, mit wie vielen Externen haben wir Projekte entwickelt? 
 
Wichtig ist, dass man neue Prozesse nicht nur macht, weil sie en vogue sind, wenn man sie nicht auch wirklich in der Organisation leben will. Wir reden dann von Diversität oder Partizipation, aber wir wollen gar nichts an unseren Organisationen verändern. Dann kannst du echte Veränderungen immer mit Hilfe irgendwelcher Kennzahlen blockieren, aber das wird uns auf Dauer auch nicht weiterbringen. Denn die Relevanzdebatte kommt dann immer wieder.
 
KMN: Mit welchen Hürden wart ihr konfrontiert? Und hättet ihr sie umgehen können, hättet ihr gewisse Dinge früher gewusst?
 
AK: Das wird man erst sagen können, wenn dieser Ausnahmezustand, in dem wir seit zwei Jahren leben, vorbei ist. Ich glaube, dass wir Kultur in den letzten zwei Jahren und Kulturarbeit ohne Pandemie nicht denken können, also keine Chance haben die digitale Entwicklung unabhängig von der Pandemie auszuwerten. Was das an Hürden gebracht hat, was es aber auch für das digitale Arbeiten an Vorteilen gebracht hat.
 
KMN: Welche Selbstverständlichkeiten sind in diesem Ausnahmezustand entstanden, auf die ihr künftig nicht mehr verzichten wollt?
 
JV: Ich glaube, die Kolleginnen und Kollegen sind übergreifend näher zusammengerückt - das ist insofern interessant, weil wir die ganze Zeit im Lockdown waren. Als danach der Kultursommer kam, wurde dieser auch als Ausnahmesituation verstanden. Für uns hieß das: Wir müssen Gelder ran holen, es muss ein Festival geben und das alles können wir nur gemeinsam. Da hoffe ich, dass sich das weiterträgt.
 
KMN: Neben dem pandemiebedingten Ausnahmezustand, wart ihr außerdem mit einem Hackerangriff konfrontiert, der zeigte, wie schnell die digitalen Arbeitsweisen verschwunden sein können. Wie seid ihr damit umgangen, als die digitale Infrastruktur plötzlich weg war? Gab es für so etwas Notfallpläne?
 
JV: Nein, es gab keine Notfallpläne. Und man ist erstmal überrascht, wie digital das ganze Leben - auch das ganze Arbeitsleben - schon ist. Umso interessanter war es, wie schnell wir uns dennoch orientiert und umorganisiert haben. Da war ich echt erstaunt, wie wir das als Betrieb hinbekommen haben. Damit wir wieder ins Arbeiten kommen konnten, war für uns wichtig, bestehende Vorschriften nicht zu genau zu nehmen: Wir haben externe Ersatzpostfächer eingerichtet und uns Hotspots besorgt, um arbeitsfähig zu werden. 
 
AK: Plötzlich sitzt man da und überlegt, ob man sich an die Telefonnummern der Kolleg*innen erinnern kann. Aber das ist etwas, worauf wir uns alle einstellen müssen: Das kann und wird uns allen noch oft passieren in unserem Leben, dass unsere Einrichtungen von so etwas betroffen sind und wir uns von bestehenden Strukturen flexibel und mutig lösen müssen. Das muss nicht immer gleich der Hackerangriff sein, das kann ja auch ein Stromausfall sein.
 
Zudem war es für mich eine interessante Lernerfahrung zur Frage, wie man in seiner Arbeitsorganisation Backups aufsetzen kann und muss. Das heißt nicht, dass ich mir alle meine Passwörter wieder in den Kalender schreibe, aber für solche sicherheitsrelevante Themen muss man sich innerhalb des Betriebs entsprechende Lösungen überlegen. Da sind wir auch wieder beim Thema Personal und beim Thema Wissen und Qualifizierung. Es bringt nichts, zu warten, bis alles wieder funktioniert. Sondern da muss man einfach mitarbeiten und laufend aus den Erfahrungen lernen.
 
JV: Was ich sehr anstrengend fand: Bei so einem Hackerangriff sind die Gerüchte schlimmer als bei Corona. Zumal viele von dem Thema keine Ahnung haben. Die Wissenden waren die ITler, die einen super Job gemacht haben, und der Rest konnte und durfte nichts. Dieses Machtgefälle bringt sehr viel Unruhe in den Betrieb. In solchen Krisensituationen merkt man, dass es künftig andere Kompetenzen im Betrieb selbst braucht. 
 
Wir werden von der Stadt abhängig bleiben, weil wir so eine Infrastruktur gar nicht aufsetzen können, aber wir werden ab 2022 einen IT-Fachmann ausbilden. Das heißt, dass wir perspektivisch jemanden im Team haben, der an jeden Arbeitsplatz gehen kann und der sich auch mal damit auseinandersetzt: Was sind denn Notfallpläne? Wollen wir mit externen Festplatten arbeiten, mit externen Servern, sodass wir die wichtigen Dokumente irgendwo ablegen können? Da fehlt uns im Moment noch die Kompetenz. Aber um solche Stellen werden wir künftig nicht herumkommen.
 
KMN: Was sind darüber hinaus Entwicklungen und Ziele für die Zukunft - auch über Witten hinaus?
 
JV: Am Ende müssen wir ein neues Selbstverständnis aushandeln für unsere Rolle und Funktion, die immer wieder neu bewertet werden muss. Was ist unser Beitrag zu einer lebendigen Stadtgesellschaft? Was heißt das konkret im Machen? Da sind wir selbst noch in einer Suchbewegung, aus der wir nie rauskommen werden. Aber die Antwort darauf kann nicht heißen: "Wir sind ein Museum und wir sind wichtig, weil…!" Denn am Ende wird alles viel prozessualer werden, aufgrund der hohen Komplexität und Schnelligkeit, mit der wir zurzeit arbeiten müssen. Es wird ein bisschen langsamer werden nach Corona, aber diese starke Fragilität, in der wir uns bewegen - und damit auch die Komplexität - wird nicht weniger werden. Ein solches Selbstverständnis können wir aber nicht nur mit uns selbst aushandeln - deshalb brauchen wir eine radikale Öffnung in die Stadtgesellschaft hinein und entsprechende Formen und Anlässe, aber auch das Know-How, das Können und die Haltung innerhalb des Betriebs. Das ist mitunter ein schmerzhafter Prozess, weil es an unser Selbstverständnis als Kulturakteure geht. Wir sind nicht mehr die, die wissen, wie es geht. Sondern wir sind dann vielleicht nur noch Ermöglicher*innen und das ist etwas anderes. Denn dazu gehören auch andere Inhalte und nicht mehr die klassische Produktion. Das müssen wir lernen, auszuhalten.
 
AK: Hier kann es hilfreich sein, ein bisschen Abstand davon zu nehmen, permanent um sich selbst zu kreisen. Ebenso werden wir öfter akzeptieren müssen, nicht zu wissen, wie der Weg weitergeht. Auf struktureller Ebene wünsche ich mir eine stärkere Vernetzung von Transformationsakteur*innen in unterschiedlichen Bereichen. Und, dass uns der Mut und Spieltrieb nicht abhanden kommt, wenn im postpandemischen Alltag wieder Ruhe einkehrt. 

Mehr zu IT-Sicherheit im Kulturbetrieb erfahren Sie ab dem 14.02. im Kultur Management Network Magazin Nr. 164 in einem Beitrag von Christoph Geisler. Hier können Sie das Magazin kostenfrei abonnieren!

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