24.07.2012

Autor*in

Dirk Heinze
Selbstmanagement

Career Center an deutschen Musikhochschulen

Der Künstler als Manager?, fragte im Oktober 2011 das KM Magazin in seinem Schwerpunktthema und machte darauf aufmerksam, dass es auch im künstlerischen Studium wichtig ist, sich Managementkompetenzen anzueignen und im Berufsfeld zu orientieren.
Viele von ihnen wurden an Musik- und Kunsthochschulen ausgebildet, zu einer Zeit allerdings, als die Studierenden bei der Karriereplanung weitestgehend sich selbst überlassen wurden. In den letzten Jahren jedoch wurden sog. Career Center etabliert, die mit Information, Beratung und Workshops den Bedarf an Berufsorientierung zu stillen versuchen. Wir haben uns einmal an deutschen Musikhochschulen umgesehen.
 

Berlin

Seit inzwischen 11 Jahren besteht das Career & Transfer Service Center (CTC) an der Universität der Künste (UdK) Berlin und darf sich zurecht als Vorreiter ansehen. Es betreut auch die Hochschule für Musik Hanns Eisler, deren Studierende sich insbesondere mit Fragen zu Vertrags- oder Urheberrecht an das CTC wenden. Recht früh widmete man sich an der UdK der Gründerberatung für die wachsende Kultur- und Kreativwirtschaft. Das Leistungsangebot, so Leiterin Angelika Bühler, umfasst Beratung und Begleitung vor, während und nach der Existenzgründung, um letztlich die innovativen Ideen zu verwirklichen. Die Coachings am CTC beinhalten insbesondere die Hauptkomplexe Marketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Rechtsfragen. Die Nachfrage gibt diesem Konzept Recht: allein 2011 fanden 227 Beratungen und 71 Workshops mit fast 600 Teilnehmern statt. 33 Newsletter wurden publiziert, 23.000 Besucher konnten darüberhinaus auf der Website verzeichnet werden.
 
 
Noch am Anfang eines entsprechenden Beratungsangebots steht die Hochschule für populäre Künste Berlin. Dr. Torben Lohmüller vom Career Service and International Office arbeitet jedoch an umfangreichen Informationen für seine Studierenden, u.a. Informationen über Job und Praktika in einem internen Bereich der Website, Berufsberatung oder auch eine Vortragsreihe. Man kann hier auf umfangreiche Ressourcen an Expertenwissen durch das Karrieremagazin Music Supporter zurückgreifen, das zur Unternehmensgruppe der privaten Hochschule gehört.
 
 

Köln & Düsseldorf

2007 wurde am Zentrum für Internationales Kulturmanagement (CIAM) der Career Service gegründet und kümmert sich um Information und Qualifizierung der Absolventen, aber auch um Aufbau neuer Kooperationsmodelle und Netzwerke. Ähnlich wie in Berlin übernimmt auch das CIAM in Köln den Praxistransfer gleich für mehrere Kunst- und Musikhochschulen der Region, u.a. auch für die Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf und die Hochschule für Musik und Tanz in Köln. Das CIAM fördert insbesondere den wissenschaftlichen Austausch zwischen den Hochschulen, dem Kunst- und Kulturbetrieb sowie der Wirtschaft. Im Rahmen eines Mentoringprogramms erhalten bereits Studierende Einblicke in die Berufspraxis. Die Ringvorlesungen am Kölner Studiengang widmen sich Aspekten der Organisation, Technik und des Managements sowie Recht, Finanzen und Wirtschaft. Sie stehen allen Studierenden der vier angeschlossenen Hochschulen, z.T. auch Gästen offen.
 
 

Detmold

Auch die Hochschule für Musik in Detmold verfügt seit 2009 über ein Karrierezentrum. Es ist an das Institut für Musikvermittlung und Musikmanagement (IMD) angeschlossen und bietet individuelle Beratung, zahlreiche Veranstaltungen wie Vorträge, Blockseminare oder Absolventenforen. Allein im letzten Studienjahr fanden etwa 100 Einzelberatungen statt, wie Leiter Stefan Simon sagte. Dabei ist ihm wichtig, nicht alles zusätzlich anzubieten, sondern eher Synergien aus eigenen und bereits vorhandenen Angeboten zu schaffen. Allein die Pflichtveranstaltungen und Prüfungen binden die Zeit der Studierende trotz Einsicht in die Notwendigkeit sehr stark. Wichtig ist ihm aber die Vermittlung von Teilnahmen an Wettbewerben, Stipendien und Auslandssemester. Eine eigene Mitarbeiterin kümmert sich um Auftrittsmöglichkeiten für die jungen Musiker, wobei man als Hochschule sich dabei nicht aktiv in die Verhandlung einmischt.
 
 

Leipzig & Dresden

Es gibt aber auch Musikhochschulen in Deutschland, die noch keinen Career Service oder vergleichbare Angebote haben. Manche, wie die traditionsreiche Hochschule für Musik und Theater in Leipzig, sehen dies offenbar auch nicht als notwendig an. So sagt Sprecherin Dr. Katrin Schmidinger gegenüber Kulturmanagement Network, sie glaube nicht, dass es dafür einen Bedarf gibt. Die Orientierung auf die berufliche Praxis werde vielmehr den einzelnen Studiengängen überlassen, so Schmidinger. Dafür beteiligt sich die Leipziger Musikhochschule am MENTOSA-Programm. Das "Mentoring-Netzwerk Sachsen"[MENTOSA] ist ein Nachwuchsförderprogramm, das Studenten sächsischer Universitäten und Hochschulen eine individuelle und bedarfsorientierte Betreuung auf dem Weg in die berufliche Realität bietet. Dabei spielt die Sensibilisierung für den so genannten Gender-Mainstreaming-Ansatz eine wichtige Rolle.
 
Ganz anders die zweite sächsische Musikhochschule in Dresden, wo man sich als music career service als ein "in dieser Form einzigartigen Einrichtung" sieht. Man ist überzeugt, dass "neben herausragendem künstlerischen Talenz und Können eine Vielzahl von sozialen und organisatorischen Kompetenzen und Fähigkeiten, spezifisches Wissen sowie sogar eine besondere psychologische Konstitution" notwendig ist, heißt es auf der Website.
 
 
 

Stuttgart

Seit 2 Jahren gibt es den Career Service an der Musikhochschule Stuttgart und erfreut sich wachsender Beliebtheit. Zu den Angeboten gehört neben der Bereitstellung von Informationen insbesondere individuelle Beratung, Bewerbungsmappen-Check sowie Vortrags- und Seminarreihen. Themen sind dabei u.a. Projektmanagement und Selbstmarketing, aber auch rechtliche Aspekte. Die Musikhochschule hilft bei der Vermittlung an Veranstalter und Entscheidungsträger - auch im Bewusststein, dass dies neben dem Service für die Studierenden auch die eigene Vernetzung in der Region fördert. Über das Tochterunternehmen MH Stuttgart GmbH ist man inzwischen in die professionelle Künstlervermittlung eingestiegen.
 
 

München

Auch an der Hochschule für Musik und Theater in München übernimmt die Konzertvermittlung eine eigene Agentur namens Forwart. Die im Mai 2011 gestartete Initiative wird von Studierenden des Masterprogramms Kultur- und Musikmanagement betreut und widmet sich dem Geschäftsbereich Künstleragentur und Kulturprojekten. Sophie Borchmeyer,der Chefin der Agentur, ist die Motivation für ihre Arbeit anzumerken: Für uns ist FORWART eine einmalige Gelegenheit, praktische Erfahrungen zu sammeln und uns auf unseren Beruf vorzubereiten. " Das Institut für Kulturmanagement steht durchaus auch Studierenden der künstlerischen Fächer offen. So werden für deren Bachelorstudenten im Rahmen von Wahlpflichtfächern extra Selbstmanagement-Seminare angeboten. Dennoch ist es schwierig, in den entsprechenden Seminaren auf den unterschiedlichen Wissenstand gegenüber den Masterstudierenden des Kultur- und Musikmanagements zu achten, wie Julia-Lena Schröder gegenüber Kulturmanagement Network sagte. Seit der Wahlbereich ohne Anwesenheitspflicht auskommen muss, lässt das Interesse der Studenten aus den künstlerischen und pädagogischen Fächer spürbar nach.
 
 

Hamburg

Weniger der Schritt in die Selbstständigkeit oder die Berufswegeplanung steht im Hauptfokus des Career Service in Hamburg, den es seit 4 Jahren gibt. Den Studierenden werden vielmehr Auftrittsmöglichkeiten außerhalb der Hochschule für Musik und Theater vermittelt. Dabei reicht der Radius weit über die Stadttore Hamburgs hinaus. Dennoch gibt es auch am Haus in der Reihe "Fit für den Beruf" verschiedene Seminare für die Entwicklung von Kompetenzen im Selbstmanagement, die Entwicklung und Umsetzung von Konzertideen oder den Einblick in den Musikmarkt. Diese Weiterbildungsangebote werden den Studierenden als Wahlkurse angeboten. "Neben den klassischen Karriereformen als fest angestellter Orchestermusiker oder erfolgreicher Solist ist es unser Ziel, interkulturelle Kompetenz als Karriere-Chance zu erkennen und den Studierenden dabei beratend zur Seite zu stehen. Dabei wird die kulturelle Vielfalt an der HfMT ein Laboratorium für die Entwicklung zukunftsträchtiger Konzepte sein", sagt Martina Kurth, die Leiterin des Career Centers, das bis 2016 eine Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Höhe von 500.000 EUR erhält. Kurth hält auch Vorträge am Studiengang Kultur- und Medienmanagement, der jüngst 25 Jahre Bestehen feierte.
 
 

Fazit

Während an vielen Fachhochschulen und Universitäten Career Service seit Jahren selbstverständlich sind, hatten Musikhochschulen diesen Trend lange verschlafen. Insbesondere der kürzlich verabschiedete Hochschulpakt 2020 hat aber offenbar für Bewegung und zusätzliche finanzielle Spielräume gesorgt. Mit dieser Entwicklung trägt man auch den Empfehlungen aus dem Enquete-Bericht Rechnung. Mehr und mehr wuchs das Bewussstein an den Musikhochschulen, dass man nicht nur während des Studiums, sondern auch danach Verantwortung für den Nachwuchs hat. Bei aller Eigenverantwortung können hier wertvolle Weichenstellungen vorgenommen werden, damit der Sprung ins Wasser nicht allzu kalt wird oder man womöglich im falschen Becken landet. Das Thema Career Service wird dabei durchaus ganz unterschiedlich gesehen, wie die Beispiele zeigen. Das muss kein Nachteil sein.
 
12 der 24 deutschen Musikhochschulen haben sich Ende 2011 zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Detmold ist Sitz dieses Kompetenzzentrums für Qualitätsmanagement und Lehrentwicklung. Das Netzwerk wird gefördert durch das Bundesbildungsministerium.
 
Interessanterweise übernehmen in den seltensten Fällen die Kulturmanagement-Studiengänge die Rolle bei der Berufsorientierung. Entweder haben sie schon genug mit der Vermittlung ihrer eigenen Studentenschaft zu tun oder verfügen nicht die erforderlichen Ressourcen, um für den künstlerischen Nachwuchs an der Hochschule hinsichtlich seiner Berufswegeplanung Orientierung zu geben. Möglicherweise liegen hier aber doch Potenziale. Wer kennt sich besser im Kulturbetrieb aus als die Kulturmanager? Wer hat die bessere Erfahrung über die Schnittstellen zwischen Kultur und Ökonomie? Diese Kenntnisse als Service einer breiteren Zielgruppe zur Verfügung zu stellen und letztlich auch für die eigenen Studierenden Berufsperspektiven zu erschließen, scheint uns ein Weg zu sein, dem Fach Kulturmanagement noch besser in Ausbildung & Praxis zu etablieren. Denn schon im erwähnten KM Magazin vom Oktober 2011 schrieb Chefredakteurin Veronika Schuster: "Die eigentliche Aufgabe ist, über die solitären, lobenswerten Initiativen hinaus, sowohl bei lehrenden Professoren als auch bei den jungen Künstlern ein nachhaltiges Bewusstsein für die zukünftige Berufswelt und deren Ansprüche zu schaffen. Zu viele Absolventen werden immer noch ins kalte Wasser geworfen und die Folgen sind oftmals ein hilfloses Navigieren "
 
Der Künstler als Manager - Schwerpunktthema im KM Magazin: Download
 

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