13.02.2013
Crowdfunding

Eine Chance für die deutsche Kultur- und Kreativlandschaft?

Beim Thema Crowdfunding machen eingeworbene Summen in Millionenhöhe Schlagzeilen: Allein im Oktober 2012 wurden auf der US-amerikanischen Crowdfunding-Plattform kickstarter.com drei Projekte mit je 2,5 Mio., 2,9 Mio. und 4 Mio. US-Dollar finanziert. actori hat die Eignung von Crowdfunding für die deutsche Kultur- und Kreativlandschaft abgeschätzt und Erfolgsregeln aufgestellt.
Beim Crowdfunding finanzieren viele Internetnutzer mit kleinen Beträgen gemeinsam eine Sache. Auch wenn bisher keine allgemeingültige Definition existiert, lassen sich drei Formen abgrenzen: Crowdfunding durch Spenden, als Investment und mit entsprechender Anerkennung.
 
Spendenbasiertes Crowdfunding setzt auf altruistische Motivationen. Die Projekte kommen hier meist aus dem gemeinnützigen Bereich. Investments sind beim Crowdfunding in Form von Zinsen bei Kreditvergaben von Peer zu Peer oder dem Erwerb von Firmenanteilen (v.a. von Start-Ups) möglich. Die häufigste Form von Crowdfunding im Kunst- und Kreativbereich setzt auf die dritte Form, das Crowdfunding mit Anerkennung.
 
Die Mehrzahl dieser Crowdfunding-Projekte wird über Internet-Plattformen abgewickelt. Dabei gilt meist das Alles-oder-Nichts-Prinzip: Innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens (meist zwischen 30 und 90 Tagen) muss das angegebene Finanzziel erreicht werden. Gelingt dies nicht, fließt das Geld an die Unterstützer zurück, der Projektinitiator erhält nichts. Als Gegenleistung für die finanzielle Unterstützung werden Dankeschöns angeboten, die sowohl materieller als auch immaterieller Natur sein können.
 
Nach Anfängen im Jahr 2003 ist Crowdfunding in den USA mit der Plattform kickstarter.com groß geworden. 2009 gegründet, wurden bis heute über 30.000 Projekte mit insgesamt 350 Mio. US-Dollar über diese Plattform finanziert. In Deutschland sind die Zahlen etwas verhaltener: Seit Launch der ersten Plattformen 2010 wurden rund 2 Mio. Euro über diese Art des Crowdfundings eingesammelt. Größte Plattform ist mit deutlichem Abstand startnext.de. 80% des eingesammelten Crowdfunding-Kapitals stammt von hier.
 
 

Freie Szene kann von Crowdfunding profitieren

Im Durchschnitt wurden in Deutschland 2012 pro Projekt rund 3.200 Euro durch Crowdfunding eingeworben, auch in den USA erhalten die meisten erfolgreichen Projekte weniger als 10.000 Dollar. Das große Geld lässt sich mit Crowdfunding bislang also nicht realisieren.1) Vor allem für die freie Szene stellt diese Form des Geldsammelns jedoch eine Chance dar: Mit einer Erfolgsquote von 42% in Deutschland und 44% in den USA wird fast jedes zweite Projekt realisiert. Crowdfunding kann hier Projekte ermöglichen, die keinerlei öffentliche Förderung erhalten oder zumindest den Eigenanteil einer Mischfinanzierung sicherstellen. Das ODEON Jugendsinfonieorchester München konnte seine Fördermittel für eine Chiletournee durch Crowdfunding innerhalb von gut zwei Monaten um rund 18.000 EUR aufstocken. Als Anerkennung für die Spenden standen neben materiellen Leistungen vor allem auch Dankeschöns mit direktem und persönlichem Chilebezug zur Auswahl, z.B. der Zugang zum Reise-Fotoalbum oder ein privates Erinnerungspaket der Chilereise.
 

Crowdfunding bietet nicht nur finanzielle Anreize

Crowdfunding kann sich darüber hinaus auch für etablierte Kulturinstitutionen lohnen, da es sich durch den direkten Kontakt mit den Fans auch sehr gut für Marketingzwecke und zur Kundenbindung nutzen lässt. Zudem lassen sich über Crowdfunding neue Zielgruppen ansprechen, die ggf. gebunden und später an größere Zahlungsbeträge herangeführt werden können.
 

Crowdfunding ist kein leicht verdientes Geld

Damit das Crowdfunding erfolgreich ist, gilt es einige Regeln zu beachten.
 
1. Das Projekt muss sich für Crowdfunding eignen
 
Am einfachsten haben es einzigartige und spannende Ideen, die stark emotional ansprechen und von deren Realisierung die Unterstützer selbst profitieren können.
 
2. Transparenz zahlt sich aus
 
Das Projekt sollte so anschaulich und konkret wie möglich, aber dennoch leicht verständlich dargestellt werden; die Mittelverwendung muss transparent sein.
 
3. Das Engagement muss sich lohnen
 
Die finanzielle Unterstützung sollte vor allem auch durch Leistungen honoriert werden, die nur innerhalb einer Crowdfunding-Kampagne erhältlich sind.
 
4. Kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren; updates, updates, updates
 
Um das Projekt überzeugend zu vermitteln und eine hohe Reichweite zu vermitteln, wird eine zielgerichtete Kommunikationsstrategie benötigt. Idealerweise werden Online-Instrumente, wie Web 2.0-Anwendungen und Social Networks, mit der klassischen Offline-Vermarktung (Flyer, Pressearbeit, Mundpropaganda etc.) verbunden. Regelmäßige Updates sind essenziell. Denn Projekte laufen auch nach erfolgreichem Anstoß nicht von alleine.
 
5. Ein großes Netzwerk ist zentral
 
Das eigene Netzwerk verbreitet die Projektidee weiter und erhöht so die Reichweite. Eine gewisse Größe ist für den monetären Erfolg entscheidend, da sich in der Regel nur ein Prozent der Community finanziell beteiligt. Besteht bisher kein Netzwerk, sollte es unbedingt vor Kampagnenstart aufgebaut werden. Weiterhin hilft es, am Anfang der Kampagne seinen engsten Umkreis (Freunde, Familie, Kollegen etc.) bewusst um Unterstützung zu bitten. Denn ein Projekt erscheint umso vertrauenswürdiger und attraktiver, desto mehr Unterstützer es bereits hat.
 
Fußnoten
 
1) Auf kickstarter wurden bisher 15 Projekte mit Summen von über 1 Mio. US-Dollar realisiert, also nicht einmal ein halbes Promill der erfolgreichen Projekte. Projekte mit mehr als 100.000 US-Dollar stellen 1 Prozent der erfolgreichen Projekte dar. Das bisher erfolgreichste Projekt in Deutschland (SEIN ODER NICHTN GAAGE! Der MAULWURF FILM!) hat vor Kurzem knapp 110.000 Euro eingeworben. Beim Stromberg-Film, der im Dezember 2011 innerhalb von nur 6 Tagen über 1 Mio. Euro eingeworben hat, handelt es sich um ein Crowdinvest-Projekt, bei dem die Geldgeber am Erfolg des Films beteiligt werden.
Ansprechpartner: Frank Schellenberg, Anna-Katharina Reisinger
 

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