05.06.2007

Autor*in

Vera Schlemm
Marketingstrategien

Database Marketing im Theater

Wir leben in einer Gesellschaft, in der unzählige Freizeitangebote miteinander um die Gunst des Zuschauers buhlen. Massenwerbemedien wie Plakate, Anzeigen, Werbespots verlieren zunehmend an Effektivität durch die ständige Reizüberflutung, der sich der Normalverbraucher gegenübersieht. Wo früher ein einzelner Anschlag auf dem Marktplatz reichte, um den Veranstaltungssaal zu füllen, muss heute schon eine ganze Plakatwand her, um überhaupt wahrgenommen zu werden.
Unternehmen sind daher gezwungen, zusätzlich auch neue Wege im Dialog mit dem Kunden zu gehen. Während Massenwerbemittel auf eine flächendeckende Reichweite unter der Hinnahme großer Streuverluste setzen, zielt One-to-One-Marketing darauf ab, die Kundenbeziehung zu ein und demselben Kunden zu stärken, mehrfach Geschäfte mit ihm zu tätigen und dabei auf dessen individuelle Bedürfnisse einzugehen.
 
Database Marketing ist eine computergestützte Technologie, die zwischen diesen beiden Extremen Massenwerbung und One-to-One anzusiedeln ist. In einer Datenbank werden sämtliche Informationen hinterlegt, die über einen Kunden in Erfahrung gebracht werden können und gemäß Datenschutzgesetz gespeichert werden dürfen. Derartige Informationen kommen z.B. aus Abonnement- Verträgen, Beschwerdebriefen, Kundenanregungen, Befragungen, Gewinnspielen und natürlich aus der Kartenvertriebssoftware. Entscheidend für den Erfolg ist es, dass Database Marketing strategisch, auf langfristige Ziele ausgerichtet eingesetzt und dass die Datenbank laufend und konsequent gepflegt wird.
 
Die Daten können unterteilt werden in längerfristig gleich bleibende und produktunabhängige Daten (Grunddaten - z.B. Name, Anschrift, Geburtstag, etc.), Informationen über Interessen, Meinungen und Verhaltensweisen des Kunden, aus denen ein künftiger Bedarf abgeleitet werden kann (Potenzialdaten - z.B. bevorzugte Sparte, Lieblingsschauspieler / -regisseur, Interesse an Backstage-Führungen oder Künstlergesprächen, letzter Theaterbesuch, Besuchshäufigkeit, etc.), Informationen über die Marketingmaßnahmen, die dem einzelnen Kunden zugeordnet werden können (Aktionsdaten - z.B. dass der Kunde einen Einladungsbrief bekommen hat oder für eine Ermäßigungsaktion ausgewählt wurde) und Daten über das tatsächliche Kauf- und Besuchsverhalten des Kunden (Reaktionsdaten z.B. besuchte Vorstellung, Anforderung von Info-Material, Zeitpunkt des Kaufes, Storno, Beschwerden, Anregungen, Gewinnspielteilnahme, etc.).
 
Ziel ist der individualisierte Umgang mit dem Kunden, das Eingehen auf dessen Bedürfnisse und Wünsche. Durch die Analyse der Kundendaten in der Kundendatenbank, lässt sich der Markt z.B. nach Interessengruppen, die gesondert angesprochen werden können, segmentieren. Werbemaßnahmen können dann gezielt auf diese zugeschnitten werden, wobei Streuverluste minimiert, Cross-Selling-Potenziale ausgenutzt und Kombipakete besucherorientiert zusammengeschnürt werden. Ein und derselbe Kunde kann mehrfach hintereinander unter Berücksichtigung seiner Reaktion (oder Nichtreaktion) kontaktiert und komplexe Kampagnen durchgeführt werden. Es können auch aus dem bisherigen Kaufverhalten eines Kunden Rückschlüsse über den optimalen Ansprachezeitpunkt und -weg gezogen werden.
 
Ein weiterer interessanter Punkt ist die Kundenbewertung: Hält man sich vor Augen, dass nur ein geringer Prozentsatz von Kunden für den Großteil des Gesamtumsatzes verantwortlich ist, liegt es nur zu nahe, den Schwerpunkt bei der Bewerbung des Angebotes auf eben diesen Prozentsatz von Kunden zu legen. Rabatt- und Bonussysteme lassen sich ableiten, besonders guten Kunden können Giveaways, die dem Kunden die Wertschätzung zeigen sollen, überreicht werden. Wichtig ist es jedoch, sich bei der Bewertung eines Kunden nicht nur auf monetäre Größen zu beschränken. Ebenso wichtig - vielleicht sogar wichtiger - kann es z.B. sein, wenn ein begeisterter Theaterbesucher, seinen Freunden und Bekannten eine Aufführung weiterempfiehlt und so zur Gewinnung von Neukunden beiträgt.
 
Während bei den klassischen Massenwerbemedien eine Erfolgsmessung nur bedingt möglich ist, kann Database Marketing relativ genaue Aussagen über die Wirkung der einzelnen Direkt-Marketing-Kampagnen geben. Zwar können auch hier Wirkungsinterdependenzen mit anderen Maßnahmen nicht gänzlich ausgeschlossen werden, doch geht die Rückmeldung eines jeden Kunden unmittelbar in das System ein.
 
Auf dem Markt sind zahlreiche Standard-Softwarelösungen mit unterschiedlich großem Funktionsumfang und in unterschiedlichen Preislagen erhältlich. Viele von ihnen sind jedoch nicht speziell auf den Theaterbereich zugeschnitten, so dass ggf. eine Schnittstelle zu dem in der Regel unabhängig bereits im Unternehmen existierenden Kartenverkaufssystem fehlt bzw. eine entsprechende Programmierung gesondert in Auftrag gegeben werden müsste.
 
Einige Ticketsoftware-Anbieter haben den Trend zum individualisierten Marketing jedoch erkannt und ihr Produkt um Database-Marketing-Funktionen erweitert. Die Firma CTS eventim führte beispielsweise vor einigen Jahren ein Marketing-Modul ein, das neben dem Adressexport für Serienbriefe u.a. auch eine Kampagnenplanung unter Berücksichtigung der auf den Kunden umgelegten Kosten, eine ABC-Kundenbewertung und Besucherumfragen ermöglicht.
 
Database Marketing ist ein Instrument für die Herstellung und Aufrechterhaltung einer guten Kundenbeziehung, das als Ergänzung zu klassischen Werbemedien, keinesfalls aber als dessen Ersatz, zu verstehen ist. Kontinuierlich eingesetzt, hilft es jedem Theater, seine Kunden besser kennen zu lernen und den Umgang mit ihnen zu verbessern, dabei Streuverluste zu minimieren und Kenntnisse über die Wirksamkeit der durchgeführten Marketingmaßnahmen zu erhalten.
 
VERA SCHLEMM studierte BWL (Dipl. BA) und Kulturmanagement (MA) und war anschließend mehrere Jahre am Staatstheater am Gärtnerplatz in München im Bereich Marketing beschäftigt. Sie veröffentlichte ein Buch zum Thema unter dem Titel Database Marketing im Kulturbetrieb und ist derzeit mit dem von ihr gegründeten Unternehmen Stagenet selbständig als Internetprogrammiererin tätig. Ihr Spezialgebiet sind Content Management Systeme für Theater und Künstler.
 

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