29.07.2013

Autor*in

Martin Salzwedel
ist Berater, Trainer und Führungskräfte-Coach. Er ist Gründer von Communications Consulting International (CCI), war für die St. Galler Business School tätig und ist seit 2000 Dozent, Projektleiter und Senior Consultant bei der St. Gallen Group und zusätzlich Leiter des Instituts für Persönlichkeitsentwicklung der Boston Business School.
Verhandlungsführung

Mythos Basar

Verhandlungen sind tägliches Geschäft im Großen wie im Kleinen. Verhandeln ist allerdings bei vielen eher mit einer die Klingen kreuzenden Auseinandersetzung zu vergleichen. Ein Fehler, denn wird eine Verhandlung zu einem Durchsetzungsmanöver, einem ichbezogenen Erreichen der Ziele, einem Basar wie aus einer Geschichte aus Tausendundeiner Nacht, liegt am Ende oft ein schaler Kompromiss, bei dem auf den zweiten Blick eigentlich beide Parteien verloren haben. In den folgenden beiden Beiträgen sollen zum einen an dieser Stelle stark verkürzt die Grundlagen von Verhandlungsführung dargelegt und Impulse zur Verfügung gestellt werden, die Klarheit für die eigenen Belange und die des Gegenübers schaffen. Aus dem immensen Pool an Kommunikationstechniken soll zum anderen der Aspekt des richtigen Fragens herausgefischt werden. Denn Sie haben nicht immer alle nötigen Antworten.
Die Vorbereitung
Für gute Verhandlungsergebnisse ist eine umfassende Vorbereitung unabdingbar. Alle Informationen, die man bekommen kann, sollte man im Vorfeld sammeln. Dazu bieten sich viele institutionalisierte Quellen an, wie das Internet, Auskunfteien, soziale Netzwerke oder auch Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiter und andere in Verbindung zum Thema stehende Personen. Vorab sollte man sich die dringlichsten Fragen beantworten: Welches Problem gilt es zu lösen? Welches sind unsere Themen, Interessen, Prioritäten und Präferenzen? Wo liegt unser Limit? Wollen wir ein erstes Angebot stellen oder abwarten und uns eher auf ein Gegenangebot vorbereiten? Welche Informationen brauchen wir? usw. Lassen Sie nichts ungedacht. Aber auch Fragen zum Gegenüber sollten Sie nicht unbeachtet lassen: Welches sind die Ziele und Themen des Verhandlungspartners? Wo liegt eventuell dessen Limit? Tatsächlich erzielt man die besten Verhandlungsergebnisse, wenn man sich mehr mit den Interessen der Gegenseite beschäftigt und versucht, diese zu verstehen, als mit den eigenen.
Beachten Sie auch, sich auf eine Alternative vorzubereiten, erweitern Sie somit Ihre Optionen und Ihren Argumentationsschatz: Die eigenen Alternativen bestimmen, wie viel Verhandlungsmacht man hat. Hat man gute Alternativen, kann man die Gegenseite sogar zur eigenen Sichtweise zwingen. Hat man schlechte oder keine, steht man auf dünnem Eis. Wenn man dann in der Verhandlung noch heiße Luft produziert, das heißt, auf unangemessene Art und Weise pokert und Taktiken benutzt, führt das meist zu einem bösen Erwachen. Aber lassen Sie sich niemals auf eine Einigung ein, die schlechter ist als Ihre beste Alternative!
 
Feilschen um Positionen versus Verhandlungen über Interessen.
Es gibt viele Grundannahmen darüber, wie erfolgreiche Verhandlungen verlaufen. An dieser Stelle möchte ich zwei Verhandlungsparadigmen gegenüberstellen.
Beim Feilschen um Positionen geht es in erster Linie um distributive Themen. Diese Vorgehensweise ist gut auf dem orientalischen Basar, dem Flohmarkt, beim Gebrauchtwagenverkauf und dem Pferdehandel. Das ist natürlich humorvoll gemeint. In Wahrheit ist die Feilscherei richtig beim klassischen Einmalgeschäft. Wenn jemand sein gebrauchtes Auto verkauft, versucht er einen möglichst guten Preis zu erzielen und zeigt dem potenziellen Käufer nicht gleich alle Rostflecke, die er am Vorabend noch schnell mit Farbe überpinselt hat. Beispiele bei Kultureinrichtungen lassen sich sicher schnell finden: Die Leihgebühr für Tribünenelemente, das Budget für eine Sonderveranstaltung oder auch das Honorar für einen Künstler.
Der Verlauf der Verhandlung, ob Flohmarkt, vielleicht Büro des Kulturamtsleiters oder Veranstaltungsbüro, mag sich ähneln: Ein potenzieller Interessent eines Gegenstands (in unserem Kulturbeispiel der Eventmanager) nähert sich dem Verkäufer/Musiker und versucht möglichst wenig von seinem wirklichen Interesse kundzutun. Das würde die eigene Position schwächen. Also bittet er den Verkäufer/Musiker um einen Preis. Wenn der Verkäufer/Musiker dann, nachdem er alle Vorzüge des Produkts nochmals ausführlich hervorgehoben hat, ein Preisangebot nennt, passiert folgendes: dem potenziellen Käufer/ Eventmanager entgleisen die Gesichtszüge. Er fängt an zu lachen und zeigt alle Punkte an dem Produkt auf, warum der Preis unrealistisch ist. Auf dem orientalischen Basar würde der Verkäufer noch hinzufügen, dass er viele Kinder zu ernähren hat und dafür Geld brauche usw. Grundsätzlich wird nicht über die eigenen Interessen gesprochen, sondern alles andere angeführt, womit man vermeintlich die Position des anderen schwächen kann. Nach all dem Gejammere macht der Käufer/Eventmanager ein Gegenangebot, der Verkäufer/Musiker lacht und jammert und so geht das Spiel mit kleinen Konzessionen auf beiden Seiten voran, bis man sich in der Mitte trifft. Das bezeichnen viele Menschen dann fälschlicherweise als Win-Win-Lösung, obwohl es genau genommen eine Lose-Lose-Lösung ist. Jede Seite hat gleichviel verloren. Insofern ist es fair. Der typische faule Kompromiss.
 
Über Interessen verhandeln
Unter diesem Paradigma wiederum kann man nur verhandeln, wenn Vertrauen zwischen den Parteien herrscht. Es ist eine äußerst attraktive Vorgehensweise, wenn man bedenkt, dass es möglich ist, in einer Welt der begrenzten Ressourcen aus der Unterschiedlichkeit von Interessen Wert für beide Verhandlungsparteien zu schöpfen. Es geht darum, in einem Kommunikationsprozess die Dinge herauszufinden, die der anderen Seite wichtig sind und einen selbst wenig kosten und umgekehrt. Zentrale Kommunikationsfähigkeiten auf beiden Seiten sind dafür notwendig, um über einen gegenseitigen Austausch der wirklichen Interessen Vertrauen zu entwickeln und die Basis dafür zu schaffen, dass der Kuchen vergrößert werden kann. Es ist dabei vollkommen egal, was in der Vergangenheit passiert ist. Jeder Beteiligte kann zu jedem Zeitpunkt mit diesem Prozess des Erforschens und Austauschens der Interessen beginnen.
Es geht darum, aktiv zuzuhören und durch gute offene, vertiefende und zirkuläre Fragen (siehe Beitrag ab Seite 14) die Interessen der anderen Seite herauszufinden. Um diesen Prozess zu initiieren, muss man selber einige Informationen preisgeben, deren Kenntnis der Verhandlungspartner gegen einen ausnutzen könnte. Dadurch, dass dies nicht getan wird, entsteht Vertrauen. Wie schon an anderer Stelle festgestellt wurde, sind Informationen Gold wert. Dieser Austausch von Informationen unterliegt den gleichen Gesetzmäßigkeiten wie der Austausch von Konzessionen, wenn es um Geld geht. Hier unterscheidet man drei verschiedene Kategorien:
 
  • Gemeinsame Interessen
  • Unterschiedliche Interessen
  • Gegensätzliche Interessen
Das Gesetz der Reziprozität
Wenn beide Seiten beim Austausch von Informationen Gegenseitigkeit praktizieren, dann geht man auch nicht naiv oder unvorsichtig vor. In jeder Verhandlung geht es zunächst darum, über den Austausch von Informationen zu verhandeln. Dazu muss man die eigenen Interessen vorher aufgeschrieben und in eine Rangfolge gebracht haben. Dazu kann man sehr gut das sogenannte Paarvergleichsverfahren benutzen. Auch wenn es wissenschaftlich nicht den höchsten Anforderungen genügt, ist es doch sehr pragmatisch. Die Ergebnisse sind hinlänglich präzise. Wenn man mit dem Paarvergleichsverfahren seine Prioritäten festgelegt hat, jedem einzelnen Interesse in der Rangfolge einen virtuellen Wert gibt und das gleiche auch für die Interessen der Gegenseite macht, kann man sehr viele Angebote für den Informationsaustausch machen, die für beide Seiten den gleichen Wert haben. Dieser Teil der Verhandlung dient dazu, unterschiedliche Einstellungen und Interessen als Basis für eine Einigung herauszuarbeiten.
Beim gegenseitigen Erforschen der Interessen ist es angebracht, immer wieder Zwischenergebnisse zusammenzufassen. Damit wird eine Vorgehensweise in kleinen Schritten etabliert, die sich dann auch beim Endergebnis anwenden lässt. Auf diese Art und Weise sind beide Verhandlungsparteien bereits daran gewöhnt, dass man nicht alle finalen Entscheidungen auf einmal treffen muss. Der Prozess hat sich in der Praxis bewährt. Damit sind natürlich keine Verzögerungstaktiken gemeint.
 

Entwickeln von Optionen
Wenn die Interessen beider Seiten größtenteils auf dem Tisch liegen es gibt sicherlich in jeder Verhandlung auch einige Interessen, die man nicht kundtun möchte , gilt es Einigungsmöglichkeiten zu entwickeln. Das ist nach einer ruhigen Phase des Erforschens und des Aufbaus von Vertrauen wesentlich leichter, als schon beim Austausch von Interessen und Informationen in hitzige Wortgefechte zu geraten. Es ist sinnvoll immer wieder zu betonen, dass man noch dabei ist Optionen zu entwickeln und dass noch keine Entscheidungen getroffen werden. Es ist nützlich, sich etwas Zeit zu nehmen und abzuwägen und nicht zu schnell zu einem Urteil zu kommen. Das Suchen nach möglichst vielen Optionen, bevor es in die Entscheidungsphase geht, ist sehr nützlich. Sie können auch Kreativitätstechniken anwenden, wie Brainstorming, Mind Mapping und andere.

Hier noch einige Hindernisse für kreatives Denken beim erfolgreichen Entwickeln von Optionen:
 
  • Ein zu schnelles Urteil oder Vorurteil.
  • Die Suche nach der einzig richtigen Lösung.
  • Entweder oder! statt Sowohl als auch.
  • Die Einstellung, dass die andere Seite ihre Probleme selbst lösen sollte.
Einige Regeln für Verhandlungen
Nach der Darstellung von wichtigen Grundlagen zur Verhandlungsführung möchte ich Ihnen meinerseits noch einige Regeln an die Hand geben, die Sie bei Ihrer nächsten Verhandlung unterstützen sollen:
Seien Sie hoch konzentriert
Nichts schadet mehr, als fahrig in Verhandlungen zu gehen. Seien Sie in der Gegenwart entwickeln Sie Geduld und Präsenz. Informieren Sie sich wie dargestellt genauestens über die Situation, Ihre Bedürfnisse und das gewünschte Verhandlungsergebnis. Achten Sie auf Details.
Lernen Sie Ihren Verhandlungspartner genau kennen
Hören Sie in erster Linie zu die meisten Menschen reden einfach zu viel, wenn sie unter Druck sind, anstatt zuzuhören. Fragen Sie genau nach auch wenn Ihnen nur eine halbe Stunde gegeben wird checken Sie die Bedürfnisse Ihres Gesprächspartners. Finden Sie heraus, worauf es dem anderen ankommt, was er will, hofft und was er sonst noch für Anforderungen hat. Wenn auch nicht angenehm: Finden Sie heraus, was für Vorurteile Ihr Gegenüber hat.
 
Positionieren Sie sich, Ihr Unternehmen/Ihre Unternehmung und Ihre Dienstleistungen
Machen Sie sich für Ihr Gegenüber aus seiner Perspektive wertvoll, benutzen Sie die Informationen, die Sie über ihn zusammengetragen haben. Versuchen Sie eine Verbindung zu schaffen zwischen den Bedürfnissen Ihres Gegenübers und Ihren eigenen Stärken und Vorteilen.
Liefern Sie immer, wirklich immer das, was Sie versprechen
Zeigen Sie Verantwortung(sgefühl). Zeigen Sie Charakter indem Sie sich an bestimmte Prinzipien halten und das wiederholt betonen! Handeln Sie mit Integrität!
Mein Aufruf an Sie: Genießen Sie die Verhandlung!
Letztendlich hat jede Verhandlung auch spielerischen Charakter genießen Sie das. Seien Sie nicht so bierernst, sondern verantwortlich im positiven Sinne nämlich in der Lage, mutig und spontan zu reagieren. Wirkliche Verantwortung ist keine Last. Wer das behauptet ist nicht verantwortlich, sondern spielt den Märtyrer oder das Opfer.

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