31.07.2012
GEMA-Tarifreform

Stehen die Stadtfeste vor dem Aus?

Die Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland (bcsd) weist auf Auswirkungen der GEMA-Tarifreform für Stadtfeste und andere großflächige Veranstaltungen im öffentlichen Raum hin.
 
 
Bei der anhaltenden Diskussion um die ab 2013 gültige neue Tarifstruktur der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA), die zahlreiche Diskotheken und Tanzclubs bedroht, wird oft übersehen, dass auch öffentliche Veranstaltungen mit größerem Flächenbedarf in Frage gestellt sind: In der Verbindung von bereits im Jahr 2011 durchgeführten Änderungen im Bewertungssystem der GEMA mit den nun anstehenden Neuregelungen der Tarife könnten viele Stadtfeste vor dem Aus stehen, sofern die GEMA nicht einlenkt und etwa durch klare Sonderregelungen Abhilfe schafft. Darauf verweist die Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland (bcsd) mit Sitz in Berlin.
 
Schon seit 2011 beschäftigt die Verwertungsgesellschaft GEMA mit ihrer veränderten Festlegung, die Vergütung für Musikveranstaltungen nach der Größe einer gesamten Veranstaltungsfläche zu berechnen, viele Organisatoren und Ausrichter, die für die Durchführung von Veranstaltungen in deutschen Städten verantwortlich sind. Wurden bislang bei Stadtfesten lediglich die Nettofläche und der tatsächlich beschallte Raum als Grundlage der Berechnung der Gebühren genommen, so galt plötzlich die Bruttofläche in der gesamten Ausdehnung der Veranstaltung als Grundlage egal ob dort überhaupt Musik zu hören ist oder nicht. Da sich Stadtfeste oft über ganze Straßenzüge und Stadteile erstrecken auch wenn dazwischen große "Bespielungslücken" sind drohte eine Vervielfachung der Gebührensätze. Die dramatischen Auswirkungen wurden aber bisher kaum wahrgenommen, da es vielen Städten gelang, mit den GEMA Verantwortlichen vor Ort die Höhe der tatsächlichen Gebühren im gemeinsamen Interesse auszuhandeln. Die unterschiedliche Anwendung der GEMA-Tarife führt allerdings auch zur einer gravierenden Ungleichbehandlung der Städte.
 
Ab 2013 kommt es jetzt zusätzlich zu einer unverhältnismäßigen Erhöhung der Tarife, die so die Behauptung der GEMA zu einer Vereinfachung der Gebührenstrukturen von 13 auf 2 Tarife führen soll. Die Gebühren erhöhen sich allerdings noch einmal erheblich, wenn die musikalischen Darbietungen länger als fünf Stunden dauern, was bei den meisten Stadtfesten häufig der Fall ist.
 
Besonders hart trifft es Veranstaltungen wie Stadtstrände oder Eislaufbahnen. Diese Veranstaltungen haben bei vergleichsweise geringer Besucherzahl einen hohen Flächenbedarf und finden darüber hinaus oft über mehrere Wochen statt. Gebührensteigerungen um bis zu 4.000 Prozent des bisherigen Betrags sind die Folge. Da ist es absehbar, dass an manchem Stadtstrand anstelle des neuesten Sommerhits künftig nur noch Wellenrauschen und rechtefreies Gedudel aus dem Musikcomputer zu hören sein wird.
 
Zwar stellt die GEMA sogenannte "Härtefallnachlassregelungen" in Aussicht, bei denen anstelle der Flächenregelungen die tatsächliche Anzahl der Gäste der Veranstaltung zugrunde gelegt werden. Dabei ist aber der Veranstalter in der Nachweispflicht, und neben der zwingend erforderlichen Offenlegung der gesamten wirtschaftlichen Kalkulation lässt sich gerade bei Stadtfesten die genaue Besucherzahl nur mit großem Aufwand ermitteln.
 
"Stadt- und Bürgerfeste sowie viele andere innerstädtische Veranstaltungen sind in der Regel kostenlos und von den Städten kaum oder nur noch mit der Unterstützung zahlungskräftiger Sponsoren kostendeckend zu betreiben", stellt Michael Gerber, Bundesvorsitzender der bcsd fest. "Für die Qualität der Veranstaltungen kommt dem Kulturprogramm eine zentrale Bedeutung zu. Wenn sich jetzt die GEMA in der angekündigten Form den großen Schluck aus der Flasche erlaubt, fehlt es an dem erforderlichen Budget für ein ausreichend dimensioniertes Kulturprogramm und wird viele Städte vor die Frage stellen, ob sie sich solche Veranstaltungen überhaupt noch erlauben können, wie das Beispiel Kappeln zeigt."
 
Auch die Härtefallnachlassregelung würde das Problem nicht lösen: "Damit wird einer neuen Festsetzungswillkür der GEMA Tür und Tor geöffnet", kritisiert der Bundesvorsitzende, "schon jetzt sind viele Stadtmarketingeinrichtungen von subjektiven Freundlichkeiten des jeweiligen Sachbearbeiters abhängig. Durch die Härtefallnachlässe liefert sich dann der Veranstalter vollends der Willkür seines Sachbearbeiters aus."
 
Dabei sieht Gerber als wesentliche Leidtragende die lokalen Kulturträger: "Viele lokale Künstler sammeln auf den öffentlichen Veranstaltungen in der eigenen Stadt Auftrittserfahrungen und verdienen sich erste Lorbeeren. Wenn bei Stadtfesten gespart werden muss, dann geht das nur am Programm. Darunter leidet vor allem die kulturelle Vielfalt."
 

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