24.06.2010

Autor*in

Stefan Aschwanden
Regionalwirtschaftliche Effekte

Von der Muse geküsst - von der Rendite verwöhnt

Kulturevents und Museen haben sich mehr und mehr zum wichtigen Standortargument im Kulturtourismus entwickelt. Das elitäre Hobby von Mäzenen und Schöngeistern wurde im Verlauf der letzten zwanzig Jahre zum veritablen Geschäftsmerkmal im Wettbewerb der Destinationen. Museen, die um ihre öffentlichen Beiträge fürchten, liefern mit detaillierten Analysen Rechenschaft über ihre regionalwirtschaftlichen Effekte und die sind beträchtlich.
Es begann mit jener legendären Studie, welche die Bank Julius Bär vor über 20 Jahren in Auftrag gab. Damals durfte man das Hauptwort Museum und das Adjektiv verstaubt, ohne unkompetent zu wirken, in Kombination setzen. Und weil es Sparbemühungen der öffentlichen Hand bereits damals gab, durfte allem was als verstaubt galt, das Geld gekürzt werden. Die Studie besagte, dass jeder auswärtige Besucher von Berlin auch wegen der Museen in die Stadt kam. Und seither boomt die Branche.
 
Museen werden zum Heilmittel für viele Probleme. Beispiel Bilbao. Die Stadt besass ein schlechtes Image und erlebte die grösste Depression nach dem Verschwinden der Stahlindustrie. Der verrückte Neubau von Frank Gehry vermochte wichtige Impulse zu geben. Das architektonische Juwel kompensiert den leeren Inhalt mit einem starken Partner. Das Guggenheim Museum in New York suggeriert Bedeutungsschwere und Qualität. Das Geschäft ging auf: Besucherströme und ein neuer intellektueller Hype beflügeln die feuchtkalte Stadt an der Biscaya. Image und Wahrnehmung der Stadt haben sich signifikant verändert.
Die Bedeutung von Museen als Standortfaktoren für Stadtmarketing, für Kommunikation und Imagetransfer ist längst erkannt. Kaum eine Stadt kann ihr vorhandenes Museumspotential vernachlässigen. Winterthur tut es mit wenig Fortun, Zürich steht vor Volksabstimmungen für Erweiterungsbauten von Landesmuseum und Kunsthaus, die Hauptstadt Bern versucht es mit Investitionen in grosse Ausstellungen doch keiner Stadt gelingt es so gut wie Basel. Das Vorhandene wird sorgsam gepflegt, Sammlung bestechen durch Qualität und Ausstellungen durch Professionalität. Mit der Tutenchamun-Ausstellung 2004 gelangt es, Hunderttausend anzuziehen und Spektakuläres gelingt dort immer wieder.
Mit der Fondation Beyeler entstand zudem ein Museum, das alle Ansprüche an eine gute Destination erfüllt: Ein Stararchitekt entwirft ein fantastisches Gebäude, das dem Besucher das Erlebnis bietet, dem Schönen und Erhabenen auf Augenhöhe zu begegnen. Eine wunderbare Sammlung bildet das Herzstück. Der Ausblick in die Natur kompensiert die Bedürfnisse an Ruhe und Entspannung. Der Ausflug ins Dorf, in einen schönen Park bei gutem Essen und mit qualitativen Shopping-Angeboten stillt weitere Ausflugsbedürfnisse. Die Fondation Beyeler war das erste Museum der Schweiz das gezielt das Know How von Psychologen und Verkaufsprofis zur Produktegestaltung beizog. Wer will angesichts einer so grossen medialen Ausstrahlung noch kleingeistig darauf verweisen, dass das Museum am Tropf der öffentlichen Hand hängt.
Aber es gibt auch weniger spektakuläre Beispiele die aufzeigen, wie Museen als Ausflugsziele systematisch aufgebaut oder weiter entwickelt werden können. Die Schlossdomäne Wildegg im Aargau war bis zum Jahr 2000 eine zwar attraktive Schlossanlage. Aber als die vernachlässigte Gartenanlage wieder zu einem veritablen barocken Nutz- und Ziergarten rückgeführt, der Bauernbetrieb ökologisch umgestellt und zu einem Schaubetrieb umgestaltet wird, optimierte sich das Leistungsangebot. Ohne nennenswerte Mehrinvestitionen in Werbung und Marketing verdreifachen sich die Besucherzahlen in wenigen Jahren. Das Museum ist heute ein regionales Ausflugsziel erster Güte.
Ein veritables Consultinggewerbe hat sich in der Museumslandschaft ausgebreitet. Das Angebot bestehender Museen und neuer Museen als Destinationen wird daher weiter ansteigen, egal ob für Geschäfts-, Bildungs-, Erholungs-, Erlebnis- oder Vergnügungsanlässe. Aber die Besucher werden auch immer anspruchsvolle. Das Marketing der Destinationen wird daher im nationalen und internationalen Wettbewerb immer höhere Anforderungen erfüllen müssen. Wenn diese Museen und Museumsdestinationen weiterhin Gäste gewinnen wollen, bedarf es gelebter Kundenorientierung ausgedrückt durch einen besonderen Fokus auf die individuellen Besucherwünsche, durch ein effektives Marken- und Qualitätsmanagement über den touristischen Leistungserstellungsprozess hinweg, mit Hilfe einer klaren Positionierung.
Dazu bedarf es der Instrumente des strategischen Marketings, deren Bedeutung auch in Destinationen zunehmend erkannt wird. Denn langfristig sind nur diejenigen Destinationen wettbewerbsfähig und erfolgreich, denen es gelingt, in den Köpfen ihrer Gäste ein klares Bild bzw. Image zu erzeugen. Erfreulicherweise hat dieses viel mit kultureller Reputation, mit Wissenschaft, mit künstlerischer Qualität und Einmaligkeit zu tun.
Stefan Aschwanden. Der Historiker mit Innerschweizer Wurzeln verbindet seine kulturelle Leidenschaft seit zwei Jahrzehnten mit Führungs- und Beratungsaufgaben an der Schnittstelle von Kultur und Management. Als Kurator und Leiter von Museen und kulturellen Institutionen (u.a. war er Leiter des Forums Schweizer Geschichte, Geschäftsleitungsmitglied des Landesmuseum und Direktor der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte) gehören strategische Positionierung von Museen zur erfolgreichen Führungsarbeit.
 

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