02.12.2019

Autor*in

Sebastian Finck
hat einen Master in Museumsmanagement von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Während seines Studiums sammelte er bereits berufliche Erfahrungen in den Bereichen Kulturmarketing und Fundraising. Seit Oktober 2019 arbeitet er als wissenschaftlicher Volontär im Team "Lange Nacht der Museen" bei der Kulturprojekte Berlin GmbH.
Führung im öffentlichen Museum

Kompetenzprofile von (Nachwuchs-) Führungspersonen

Die Anforderungen und Erwartungen an Führungspersonen in öffentlichen Museen steigen. An den Kompetenzprofilen und der Bewertung verschiedener Fähigkeiten für die Erfüllung von Führungsaufgaben hat das bisher aber nur wenig geändert. Der erste Teil dieses Beitrags zeigt, auf welche Führungskompetenzen es in öffentlichen Museen heute besonders ankommen sollte.
Führungskompetenz ist kein angeborenes Talent. Besonders innerhalb des Museumsbereichs werden potenzielle Führungspersonen aber nur selten auf diese Rolle vorbereitet. Im Rahmen meiner Masterarbeit an der HTW Berlin habe ich daher die Findung und Auswahl von Führungspersonen im öffentlichen Museumsbereich theoretisch vorgestellt und mittels qualitativen Interviews durch die konkreten Erfahrungen und Meinungen von Expert*innen und Teilnehmer*innen ergänzt. Dabei zeigte sich, dass bei der Findung und Auswahl fachwissenschaftliche Fähigkeiten im Vergleich zu Führungskompetenzen eine dominante Rolle spielen (Fischer 2008, S. 13). Museumsdirektor*innen und Leitungen öffentlicher Museen wird Führungsverantwortung zugesprochen, weil sie zuvor als Forscher*innen sehr gute Facharbeit geleistet haben. Dies kann jedoch problematisch sein, da der eigentliche Interessenfokus oft auf dem eigenen Fachgebiet und nicht auf dem Führen von Menschen oder einer ganzen Organisation liegt (Bischof, Rossi, Bona 2017, S. 136). Für (Nachwuchs-) Führungspersonen im Museum können die mit Führungsverantwortung einhergehenden Aufgaben und Anforderungen - also der Fokus auf (betriebs-)wirtschaftliche Aspekte sowie gesellschaftliche, kulturpolitische und soziale Ziele - deshalb mitunter überfordernd sein. 
 
Diese hohen Ansprüche an Museen müssen also im Sinne einer ganzheitlichen und wirkungsvollen Führung mit den spezifischen Bedürfnissen der Mitarbeiter*innen in Einklang gebracht werden. Deshalb lag der zweite Schwerpunkt der Arbeit auf der Betrachtung von Instrumenten und Maßnahmen der Qualifizierung und Entwicklung von (Nachwuchs-)Führungspersönlichkeiten. Dafür habe ich die Potenziale von Coachings und Mentorings anhand museumsspezifischer Anwendungsbeispiele und -programme sowie mithilfe von qualitativen Interviews mit Organisator*innen, Mentor*innen und Mentees bzw. Coachees untersucht. 
 
Anforderungen an das Kompetenzprofil einer Führungsperson im Museum
 
Es gibt unterschiedlichste Interessens- und Anspruchsgruppen gegenüber einem öffentlichen Museum, die verschiedene, z.T. sehr hohe und mitunter gegenläufige Ziele und Ansprüche verfolgen.
 
 
Eine Führungsperson muss deshalb versuchen, die vielfältigen Interessen innerhalb der Organisation sowie in deren Umfeld im Blick zu behalten und in Einklang zu bringen. Die vier klassischen Basis- oder Schlüsselkompetenzen einer Führungsperson sind deshalb die Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz (Schirmer, Woydt 2016): 
 
  • Führungspersonen im Museum sollten über fundierte Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb ihres Aufgabengebietes, des eigenen Umfelds und des relevanten "Marktes" verfügen, auf dem sie sich bewegen. 
  • Methodenkompetenz ist die Fähigkeit zum systematischen Vorgehen, bei der es auf Analysefähigkeiten, ganzheitliches strategisches Denken und Projektmanagementkompetenzen ankommt. Diese sind notwendig, um den planerischen Herausforderungen des Museumsalltags begegnen zu können, der immer stärker von der Arbeit in (parallelen) Projekten geprägt ist. 
  • Sozialkompetenz meint die Fähigkeit zum Umgang mit Menschen, bei der Kommunikations-, Konflikt-, Motivations- und Teamfähigkeit, emotionale Intelligenz und Empathie von Bedeutung sind, um heterogen besetzte Teams wertschätzend und wirkungsvoll zu leiten. 
  • Um dies nachhaltig zu gewährleisten sind Selbstkompetenzen erforderlich. Eine hohe psychische Belastbarkeit (Resilienzfähigkeit) und Selbstmanagement sind hierbei von Belang. Zudem spielt ein angemessenes Gesundheitsverhalten eine wichtige Rolle, da Führungsaufgaben eine hohe körperliche Belastbarkeit erfordern. Führungspersonen sollten sich deshalb gesund halten und auf einen Ausgleich zwischen beruflicher Belastung und Entspannung achten.
Zu diesen vier Basiskompetenzen kamen in den letzten Jahren weitere hinzu, die sich auf Veränderungen der Kontexte zurückführen lassen, in denen Museen agieren. So haben etwa Change-, digitale und Diversity-Kompetenz Eingang in die Führungskompetenzen gefunden. Überdies darf Erfahrung als übergeordnete Kompetenz nicht unerwähnt bleiben, Führungspersonen im Museumsbereich sollten sich auf unterschiedlichen beruflichen Positionen bewährt haben.
 
Veränderungsprozesse aufgrund des digitalen Wandels betreffen Aspekte wie die Integration neuer Dokumentations-, Kommunikations- und Vermittlungstechniken in Museen. Führungspersonen sollten deshalb auch in erfolgreichen Zeiten bereit sein, existierende Strategien und Prozesse zu hinterfragen, neue Vorgehensweisen zu entwickeln und die Mitarbeiter*innen auf diese vorzubereiten. Ein proaktives Veränderungsmanagement (Krummaker 2006, S. 68) ist insbesondere für Museen wichtig, da ihr Umfeld angesichts einer wachsenden Freizeitbranche immer schwieriger und die Konkurrenz um verschiedene Zielgruppen, Medienaufmerksamkeit und Fördermittel stärker wird (Wiese 2018, S. 27).
 
 
Führungskompetenz als Ganzes entsteht erst durch das Zusammenwirken der vorgestellten Anforderungen. Sie legt den Fokus auf Einzelkompetenzen, wie die Beherrschung und Anwendung diverser Führungsinstrumente (Delegation, Feedback, Zielvereinbarungsgespräche, Mediation usw.) sowie des ganzheitlichen Denkens. Hinzu kommt das sogenannte "Facilitating Leadership" im Zuge von Demokratisierungs- und Partizipationstendenzen in der Arbeitswelt (Selbstorganisation und -entfaltung). Nach diesem Ansatz verstehen sich Führungspersonen im öffentlichen Museum weniger als hierarchische Vorgesetzte, die Anweisungen und Vorschriften erteilen, sondern als Coaches und Moderator*innen. Sie versuchen, ihre Mitarbeiter*innen von gemeinsamen Visionen und Zielen zu überzeugen, Erfolgserlebnisse zu ermöglichen und sie zu einer eigenverantwortlichen Arbeit zu befähigen (Schirmer, Woydt 2016, S. 47).
 
Fazit
 
Im Rahmen der Arbeit und der geführten Interviews wurde deutlich, dass die Betrachtung der Anforderungen an Führungspersonen im Museum nicht mehr ausschließlich auf fachliche Kompetenzen beschränkt bleiben darf. Die steigende Bedeutung von Metakompetenzen wurde von allen Interviewpartner*innen betont. Unter Berücksichtigung der noch eher fachlich-orientierten Besetzung von Führungspositionen im öffentlich-rechtlichen Museumsbereich wurde anhand der vorgestellten Instrumente und den dazugehörigen Interviews die erkannte steigende Bedeutung von Metakompetenzen und deren Qualifizierung und Entwicklung im Führungskontext von Museen deutlich.
 
Literatur
 
  • BISCHOF, Klaus; ROSSI, René; BONA, Gian-Luca (2017): Führen in der Wissenschaft. In: SCHEINPFLUG, Rita; STOLZENBERG, Kerstin (Hg.) (2017): Neue Komplexität in Personalarbeit und Führung. Herausforderungen und Lösungsansätze. Wiesbaden: Springer Gabler, S. 133-153.
  • FISCHER, Walter Boris (2008): Künstler & Co. Mitarbeiterführung in Theatern, Orchestern und Museen. Zürich: Rüegger.
  • KRUMMAKER, Stefan (2006): Changekompetenz von Führungskräften. In: BRUCH, Heike; KRUMMAKER, Stefan; VOGEL, Bernd (Hg.) (2006): Leadership. Best Practices und Trends. 1. Aufl.: Gabler Verlag, S. 65-74.
  • SCHIRMER, Uwe; WOYDT, Sabine (2016): Mitarbeiterführung. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Berlin, Heidelberg: Gabler (BA KOMPAKT).
  • WIESE, Rolf (2018): Museumspersonal im Wandel. Chancen, Herausforderungen und Krisen. In: DREYER, Matthias; WIESE, Rolf (Hg.) (2018): Erfolg durch Personal. Ansätze und Perspektiven des Personalmanagements in Museen. Ehestorf: Förderverein des Freilichtmuseums am Kiekeberg (Schriften des Freilichtmuseums am Kiekeberg, Band 95), S. 27-44.

Unterstützungsabos


Mit unseren Unterstützungsabos unterstützen Sie unsere Redaktion mit einem festen Betrag pro Monat – und damit alle unsere kostenfreien Inhalte, also unser Magazin, unseren Podcast, die Beiträge und die Informationen zu Büchern, Veranstaltungen oder Studiengängen auf unserer Website. 

5€-Unterstützungsabo Redaktion

Mit diesem Abo unterstützen Sie unsere Redaktion mit 5€ im Monat. Das Abonnement ist jederzeit über Ihren eigenen Account kündbar.

Preis: 5,00 EUR / 1 Monat(e)*

15€-Unterstützungsabo Redaktion

Mit diesem Abo unterstützen Sie unsere Redaktion mit 15€ im Monat. Das Abonnement ist jederzeit über Ihren eigenen Account kündbar.

Preis: 15,00 EUR / 1 Monat(e)*

25€-Unterstützungsabo Redaktion

Mit diesem Abo unterstützen Sie unsere Redaktion mit 25€ im Monat. Das Abonnement ist jederzeit über Ihren eigenen Account kündbar.

Preis: 25,00 EUR / 1 Monat(e)*
* Alle Preise sind inkl. der gesetzl. Mehrwertsteuer, zzgl. evtl. anfallenden Gebühren
Kommentare (0)
Zu diesem Beitrag sind noch keine Kommentare vorhanden.

Unterstützungsabos

Mit einem Unterstützungsabo unterstützen Sie die kostenfreien Inhalte unserer Redaktion mit einem festen Betrag pro Monat – also unser Magazin, unseren Podcast, die Beiträge und die Informationen zu Büchern, Veranstaltungen oder Studiengängen auf unserer Website. 

5€-Unterstützungsabo Redaktion

Mit diesem Abo unterstützen Sie unsere Redaktion mit 5€ im Monat. Das Abonnement ist jederzeit über Ihren eigenen Account kündbar.

Preis: 5,00 EUR / 1 Monat(e)*

15€-Unterstützungsabo Redaktion

25€-Unterstützungsabo Redaktion

* Alle Preise sind inkl. der gesetzl. Mehrwertsteuer, zzgl. evtl. anfallenden Gebühren
Cookie-Einstellungen
Wir setzen auf unserer Website Cookies ein. Einige von ihnen sind notwendig (z.B. für den Stellenmarkt), während andere uns helfen, unsere Angebote (Redaktion, Magazin) zu verbessern und wirtschaftlich zu betreiben. Einige Angebote können nur genutzt werden, wenn Cookies gesetzt wurden.
Sie können die nicht notwendigen Cookies akzeptieren oder per Klick auf die graue Schaltfläche ablehnen. Nähere Hinweise erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Ich akzeptiere
nur notwendige Cookies akzeptieren
Impressum/Kontakt | AGB