30.05.2022

Themenreihe Digitale Formate

Autor*in

Nicola Lea Libera
absolvierte nach der Schule ein Freiwilliges Technisches Jahr, welches sie zu ihrem Bachelorstudium der Medieninformatik bewegte. Zurzeit ist sie im Master Computer Science for Digital Media an der Bauhaus-Universität-Weimar eingeschrieben. Zukünftig möchte sie gerne Software für gute Zwecke entwickeln, die die Menschen unterstützt.
Florian Timm
studiert seit 2020 Informatik an der Bauhaus-Universität Weimar. Hamburger in der Fremde. Will seine neuen Fähigkeiten, Kontakte und sein Deutschlandstipendium für mehrere aufkeimende Projekte nutzen, um Integration von Konzept und Planung in die Mitte der Gesellschaft zu bringen.
Interdisziplinäres Projekt der Bauhaus-Universität Weimar und der Klassik Stiftung Weimar

Prototyp eines digitalen Escape-Rooms für Museen

Die digitale Welt breitet sich immer weiter aus und nimmt dabei in vielen Bereichen unseres Lebens einen wichtigen Platz ein. So ist es nicht verwunderlich, dass - spätestens seit der Pandemie - auch in Museen moderne Technologien immer mehr Anwendung finden, um die kulturhungrigen Menschen zu sättigen. Doch wie sieht es bei den rein digitalen Formaten aus, die wir von zu Hause unabhängig von Zeit und Ort zu Gemüte nutzen können? Und was würde es brauchen, um auch in Zukunft solche Angebote attraktiver zu gestalten?

Themenreihe Digitale Formate

Ausstellungsformate sind durch die Digitalisierung mittlerweile sehr weit gefächert. Neben den klassischen Ausstellungen setzen inzwischen auch viele Museen auch digitale Konzepte um - teilweise mit sehr großem Erfolg. Meistens bestehen diese Formate jedoch ausschließlich aus Texten, gepaart mit Bildern und Audio-Begleitungen oder auch einfach aus Ausstellungen, die zu virtuellen Rundgängen umfunktioniert wurden. Dabei geht leider so viel Tiefe, persönlicher Austausch und soziale Interaktion verloren. Denn für viele Menschen ist ein Besuch in Kultureinrichtungen genau das: Ein soziales Event, bei dem man durch die Darstellung der präsentierten Gegenstände seinen Horizont erweitern kann. Es mangelt an adäquater Aufbereitung der Inhalte und Interaktivität mit dem Medium - der Usability. Und so beginnen viele Menschen, sich zu langweilen oder entsprechende Angebote erst gar nicht wahrzunehmen. Doch was kann man dagegen tun? Wie kann man es besser machen und können nicht rein digitale Angebote auch noch einen zusätzlichen Mehrwert darstellen?
 
Und genau hier treten wir auf den Plan: Eine fünf-köpfige Gruppe Studierender aus den verschiedensten Fachbereichen, zusammengebracht durch die Gründerwerkstatt neudeli der Bauhaus-Universität Weimar im Rahmen des Bauhaus.Moduls "Entrepreneurship und Innovation" im Wintersemester 2021/22.* Unsere Aufgabe: Entwickelt innerhalb des Kooperationsprojektes des neudelis und der Klassik Stiftung Weimar gemeinsam mit verschiedenen Expert:innen der beiden Institutionen ein digitales Ausstellungskonzept für die museale Vermittlung der Stiftung. Und wir machten ein Spiel daraus. Denn in unseren Gesprächen mit jungen, potenziellen Nutzer:innen digitaler Angebote kristallisierte sich schnell heraus, dass diese sehr viel Wert auf spielerische Interaktion legten. Und so war in unserer Gruppe schnell die Idee eines Educational-Escape-Room-Spiels geboren. 
 
Goethes Leben in Weimar als Geistergeschichte
 
In unserem entwickelten Spiel stehen die Spieler:innen dem Geist Goethes zur Seite, denn ein missgünstiger Geist versucht die Geschichte umzuschreiben und Goethes Werke als die Seinen auszugeben. Doch Goethe war schon zu seinen Lebzeiten äußerst voraussichtig und hat in seinem Wohnhaus am Frauenplan in Weimar die Teile einer Anti-Geisterwaffe verteilt. Diese müssen die Spieler:innen nun sammeln, um den Gegner ein für alle Mal auszutreiben. Doch dies gestaltet sich schwerer als gedacht, denn der Gegenspieler blockiert die Wege durch das Haus. Nur durch das Lösen von Rätseln öffnet sich der Durchgang zum nächsten Raum.
 
Diese Rätsel sind alle auf die Ausstellung, das Goethehaus oder Goethes Leben selbst bezogen und können nur durch das Erkunden der Ausstellungsgegenstände gelöst werden. Dabei können die Spieler:innen verschiedene Einrichtungsgegenstände in einer Detailgenauigkeit betrachten und untersuchen, die in der regulären Ausstellung nicht möglich wären. Geplant sind etwa sprechende Statuen und Büsten, die dem Spieler Hinweise geben und dabei etwas über die Geschichte des Hauses erzählen. Hierbei kann auf die umfangreichen Forschungsdaten zurückgegriffen werden, die die Klassik Stiftung Weimar gesammelt und aufbereitet hat. Dazu gehören unter anderem 3D Daten von vielen Objekten.
 
Bei unserer Idee handelt es sich um ein Online-Spiel welches prinzipiell von zuhause oder unterwegs auf jedem Gerät über einen Browser gespielt werden kann. Allerdings ist es für die Spieler:innen angenehmer über einen Laptop oder PC zu spielen, da man auf einem größeren Bildschirm viele Details besser sehen kann und man mit einer Maus meist zielgerechter Gegenstände anklicken kann. Ob man sich dem Spielevergnügen nun vor dem Besuch der Goethe-Ausstellung hingibt oder danach, sei dabei jedem:jeder selber überlassen. Uns war dabei wichtig, dass dieses Konzept auch unabhängig von der Ausstellung bestehen kann, insbesondere mit Rückblick auf die vergangenen Lockdowns.
 
Fokus auf Bedienbarkeit und (Kultur-)Vermittlung
 
An dieser Stelle möchten wir noch erwähnen, dass dieses Spiel im Aufbau und der Spiellogik so einfach wie möglich gehalten werden muss, damit eine große Bandbreite an Nutzer:innen erreicht werden kann. Sollten die Rätsel zu kompliziert oder zu leicht werden, würden unweigerlich Spieler:innen nach kurzer Zeit wieder abspringen. Eine gute Balance und intuitive Bedienbarkeit sind hier gefragt.
 
Mit guter und intuitiver Bedienbarkeit meinen wir, dass man sich z.B. durch die Räume bewegt, indem man auf die auf dem Bildschirm angezeigten Pfeile klickt. Hierdurch wird garantiert, dass die Lernkurve bei der Steuerung im Raum sehr gering gehalten wird, damit auch Leute ohne große Probleme spielen können, die keine oder kaum Erfahrung mit Computerspielen haben. Diesen Aspekt der Usability haben wir eingebaut, da uns bei einigen, von Kultureinrichtungen erstellten, digitalen 3D-Rundgängen aufgefallen ist, wie unterschiedlich und vergleichsweise schwierig es sein kann sich in einem Raum zu bewegen.
 
Der Vorteil unseres Spiels ist, dass es sich prinzipiell zwar auch um einen virtuellen Rundgang durch eine Ausstellung handelt, es aber gleichzeitig ein spielerisches, übergeordnetes Ziel gibt. Zudem beschäftigen sich die Spieler:innen freiwillig sehr genau mit den verschiedenen Objekten und der Raumstruktur. Durch die Aufbereitung von digital erfassten Daten sehen die Spieler:innen mehr von den Einrichtungsgegenständen, als sie es bei einem normalen Museumsbesuch könnten. Es wird also ein Mehrwert für die museale Vermittlung geschaffen.
 
Kommen wir auch noch einmal auf den sozialen Aspekt von Kultureinrichtungen zurück: Unser entwickeltes Spiel birgt natürlich auch die Möglichkeit eines Multiplayer-Modus‘, bei dem mehrere Spieler:innen sich im gleichen virtuellen Raum zusammenfinden, um die Rätsel gemeinsam zu lösen. Auch unsere Befragten äußerten sich sehr positiv über unseren Prototypen in Form eines Spiele-Trailers, der dieses ganze Konzept visuell aufbereitet und verschiedene Ingame-Funktionen bereits aufzeigt. Viele bekamen gleich Lust, sich an dem Spiel zu beteiligen und es auszuprobieren.
 
Chancen solcher Spiele-Formate
 
Solche Spiele-Konzepte sind nichts Neues, schon seit vielen Jahren wird Gamification von allen möglichen Industrien genutzt. Selbst einige Museen entwickelten bereits Spiele für ihre Besucher:innen. Diese haben für die Einrichtungen vor allem den Vorteil, dass sie automatisch Aufmerksamkeit erzeugen, v. a. wenn man bestimmte Features einbaut: So kann es Nutzer:innen beispielsweise möglich sein, ihre erreichten Punkte bzw. Erfolge über soziale Netzwerke zu teilen. Auch sind mithilfe von z.B. Augmented Reality (AR) in Form einer App realisierte weiterführende Level vor Ort denkbar, die einen realen Museumsbesuch etwas interaktiver gestalten können. Unser Konzept ist dabei sehr flexibel und kann auf andere Einrichtungen/ Ausstellungen übertragen werden. Durch verschiedene Features, wie die zuletzt genannten, oder wie den Einsatz von bestimmten Forschungsdaten (z.B. der Zusammensetzung von Farben auf Gemälden) kann es zudem den Bedürfnissen und Wünschen der entsprechenden Einrichtung angepasst werden. Diese Anpassung kann je nach dem Fokus der Aussteller auf eher simple Aspekte der Ausstellungsstücke, spezialisierte Aspekte oder eine Mischung der Beiden legen.
 
Digitaler Escape-Room fürs Museum
 
Nun muss sich jemand finden, der Idee auch realisieren kann. Dieses Projekt ist je nach Umfang etwas aufwendiger umzusetzen, da hier Designer:innen, Programmierer:innen und Museumsangestellte zusammenkommen müssen. Nichtsdestotrotz glauben wir, dass der Einsatz von gut angewandter Gamification eine große Chance für die Kultur im Allgemeinen darstellen kann. Denn nicht nur macht Lernen so vielen Menschen mehr Spaß, nein, es bietet auch noch die Chance, jüngere Menschen, die eher ungern in Museen gehen, mit musealen Inhalten zu begeistern.
 
*Über dieses Projekt reflektierten die Studierenden sowie die Verantwortlichen des neudelis und der Klassik Stiftung Weimar bereits in Interviews in unserem April-Magazin "Wege ins Kulturmanagement". Einblicke in die Ergebnisse der zweiten Gruppe des Kooperationsprojekts finden Sie in diesem Beitrag.

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