27.11.2014

Autor*in

Kristin Oswald
leitet die Online-Redaktion von Kultur Management Network. Sie studierte Geschichte und Archäologie in Jena und Rom sowie Social Media-Marketing in Berlin. Sie ist freiberuflich in der Wissenschaftskommunikation und im Museumsmarketing mit Schwerpunkt online tätig.
Interview zur Arbeit der UNESCO-Welterbestätten Deutschland e.V.

Im Sinne der Erhaltung gemeinsam vermarkten

Die Liste der UNESCO-Welterbestätten in Deutschland umfasst 39 Kultur- und Naturerbestätten. Für Deutschland bedeutet das, die Schutz- und Erhaltungsmaßnahmen eigenständig zu finanzieren und damit in die zweite Funktion des Welterbe-Titels, den Tourismus, zu investieren. Dazu gehört seit 2012 auch die digitale Aufbereitung der Welterbestätten gemeinsam mit Google und dem World Monuments Fund. Während die Deutsche UNESCO-Kommission die zuständigen Stellen fachlich berät, agiert der UNESCO-Welterbestätten Deutschland e. V. als Dachorganisation für die touristische Vermarktung der Stätten. Wir sprachen mit seinem Vorsitzenden, Horst Wadehn, über dieses sparten- und regionenübergreifende Marketing.
KMN: Herr Wadehn, seit 25 Jahren kooperieren die deutschen UNESCO-Welterbestätten, seit 2001 in einem Verein. Was ist dessen Ziel? Welche auch finanzielle Rolle spielt der Aspekt der Werbegemeinschaft zwischen den organisatorischen Fragen oder dem Denkmalschutz?
 
Horst Wadehn: Im Verein UNESCO-Welterbestätten Deutschland e.V. haben sich VertreterInnen vornehmlich aus den Städten mit UNESCO-Welterbe zusammen gefunden allerdings sind auch einzelne Welterbestätten Direktmitglied um im Verbund und in gemeinsamen Aktivitäten den Welterbegedanken und die Welterbestätten national und international bekannter zu machen und einen hoch qualifizierten, behutsamen, nachhaltigen, natur- und denkmalverträglichen Tourismus zu den Welterbestätten zu fördern. Zweck und Ziel des Vereins ist:
 
  • Die UNESCO-Auszeichnung als Qualitätsmarke gezielt für den natur- und denkmalverträglichen Städte-, Kultur- und Naturtourismus zu nutzen;
  • die Kenntnis und Wertschöpfung der Welterbestätten zu fördern;
  • die Entwicklung von gemeinsamen Strategien der touristischen Vermarktung von deutschen Welterbestätten und von vernetzten und kombinierten Angeboten zusammen mit strategischen Partnern aus der Reiseindustrie;
  • die Förderung des Dialogs von Tourismusverantwortlichen, Denkmalpflegern Naturschützern und Verantwortlichen aus den Welterbestätten in Deutschland;
  • die Beratung der Verantwortlichen in Hinblick auf den besonderen Status Welterbestätte in Fragen der touristischen Vermarktung, der denkmalpflegerischen Richtlinien und Vorgaben des Naturschutzes.
KMN: Als touristische Leuchttürme werden die deutschen Welterbestätten als Einheit wahrgenommen. Aus Sicht des Kulturmanagements gehören sie verschiedenen Kultursparten an, werden aber trotzdem gemeinsam vermarktet. Was gilt es aus Ihrer Erfahrung dabei zu beachten?
 
HW: Jede Welterbestätte steht in ihrer Einzigartigkeit für sich selbst. In klarer Erkenntnis, dass sich alle UNESO-Welterbestätten unter der Schirmherrschaft der Staatengemeinschaft befinden, haben sich bis heute, Gott Lob, keine Probleme in der touristischen Vermarktung ergeben, im Gegenteil: Die Beziehungen haben sich unter einander gefestigt, man lernt voneinander, man entwickelt mögliche Vorgehensweisen dabei spielen die unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten der einzelnen Mitglieder zum Glück keine Rolle. Eine Stadt wie Köln mit ihrem weltweit bekannten Dom und das kleine, bescheidene, aber keineswegs weniger engagierte Maulbronn haben selbst natürlich unterschiedliche Möglichkeiten. Gerade den kleineren Städten und Welterbestätten hilft es dabei natürlich, dass der UNESCO-Welterbestätten Deutschland e.V. weltweit und national alle Welterbestätten im gleichen Umfang bewirbt.

KMN: Kirchen, historische Innenstädte, Industriekomplexe, Schlösser und Parks, archäologische Hinterlassenschaften und Naturerbestätten. Wie schaffen Sie es, deren Gemeinsamkeiten als eigene Kulturgattung im Marketing ebenso zu betonen wie die Besonderheiten der jeweiligen Orte in ihrer Sparte?
 
HW: Die große Unterschiedlichkeit zwischen den einzelnen Welterbestätten hat im Grund dazu geführt, einen Verein zu gründen, der als Dachverband mit einer großartigen Unterstützung der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) in der Lage ist, sowohl national als auch international agieren zu können, getreu dem Motto: Nur gemeinsam sind wir stark!. So betrachtet nutzt der Verein alle modernen Kommunikationswege, ist auf wesentliche Messen vertreten, beteiligt sich an Road-shows im Ausland, nimmt an zielgerichteten Workshops teil, betreibt eine intensive Öffentlichkeitsarbeit. Deswegen kann ich auch anderen Kultureinrichtungen nur empfehlen, über wirksame Zusammenschlüsse nachzudenken. Uns ist es auf diesem Weg gelungen, unser System weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt zu machen, und es gibt bereits in der Schweiz einen ersten Zusammenschluss auf gleicher Basis. Diese gemeinsamen Aktivitäten entbinden die einzelnen KollegInnen vor Ort nicht davon, eigenständig aktiv zu sein, vornehmlich in Gemeinschaft mit den touristischen Partnern, denn nur mit diesen wird der erhoffte Geldkreislauf in Bewegung gesetzt.

KMN: Wie funktionieren die Abstimmungsprozesse zwischen Ihnen, den Touristikern, Denkmalpflegern oder auch der Politik und den entsprechenden Abteilungen der Welterbestätten?
 
HW: Zum Glück ist der Verein weitestgehend finanziell unabhängig. Die zu erledigenden Aufgaben werden aus Beiträgen und Werbemittelumlagen finanziert. Ich weise immer wieder gerne darauf hin, dass sowohl das Land Sachsen-Anhalt, die Stadt Quedlinburg dort ist der Sitz des Vereines als auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz eine großartige Anfangsunterstützung gewährt haben. Auch die DZT als verlängerter Arm der Bunderegierung unterstützt den Verein wo sie nur kann, sie hat ganz wesentlich zum Erfolg beigetragen.
 
Die Abstimmungsprozesse lösen wir auf recht einfache Art: Alle in Betracht kommenden Organisationen sind Mitglied des Vereins geworden, alle werden über alles informiert durch Rundschreiben, Protokolle etc. Erfolgt kein Widerspruch zu den besprochenen, vorgeschlagenen und beschlossenen Aktivitäten, gelten die Maßnahmen als genehmigt.
 
Des Weiteren findet jedes Jahr eine Jahrestagung statt, die gemeinschaftlich mit der Deutschen UNESCO-Kommission, die uns im Übrigen auch mit Rat und Tat beispielhaft unterstützt, veranstaltet wird. Diese Tagungen sind inhaltlich zielgerichtet auf unsere Arbeit, hier tragen FachreferentInnen aus allen Bereichen des Tourismus, des Denkmal- und Naturschutzes und natürlich auch der Politik Neuerungen, Interessantes, Visionen vor, deren Ergebnisse Niederschlag in unserer Arbeit finden.

KMN: Unter dem Motto Touristische Leuchttürme und Brücken internationaler Verständigung fand die diesjährige Tagung der Vertreter der deutschen Welterbestätten, touristischen, denkmalpflegerischen und Naturschutz-Organisationen statt. Welche Themen sind derzeit besonders wichtig?
 
HW: Die nächste Jahrestagung wird vom 6. 8. Mai 2015 in Hildesheim stattfinden, sie wird sich mit dem Thema Kinder- und Jugendreisen befassen ein sicherlich recht spannendes Thema. Auch darüber hinaus gibt es noch reichlich weitere Themen, die abzuarbeiten sind. Viele ergeben sich aus aktuellen Ereignissen, z.B. wenn einer Welterbestätte die Aberkennung des Welterbetitels droht. Auch finanzielle Probleme gilt es zu meistern, denn die Erhaltung und Unterhaltung von Welterbestätten kostet nun einmal reichlich Geld. Zudem muss immer wieder neu über Denkmalschutz, Denkmalpflege und Bewusstmachung nachgedacht werden vor allem während brisanter politischer Situationen, wenn eine Welterbestätte auf die "Rote Liste" des gefährdeten Welterbes zu rutschen droht.
 

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