02.12.2005

Autor*in

Anna Handschuh
Rückblick Deutsch-Französische Kulturgespräche Freiburgn 2005

Die Deutsch-Französischen Kulturgespräche in Freiburg

Vom 20. bis 22. Oktober 2005 fanden in Freiburg zum fünften Mal die Deutsch-Französischen Kulturgespräche Freiburg statt. Diesmal trug die Veranstaltung den Titel "Wege der Kulturen. Der flexible Mensch zwischen Welt, Europa, Nation und Region". Neben den Hauptorganisatoren, dem Frankreich-Zentrum der Albert-Ludwigs Universität Freiburg sowie der Stadt Freiburg, waren u.a. ARTE, das Deutsch-Französische Institut Ludwigsburg, die Friedrich-Ebert Stiftung und zum ersten Mal in diesem Jahr die Kulturpolitische Gesellschaft an der Konferenz beteiligt.
Die drei Foren "Es gibt nur eine Welt", "Am Ende bleiben Nation und Region" und "Alle Wege führen nach Europa" waren prominent besetzt. So nahmen u.a. Olaf Schwencke, Paulette Guinchard, die Vize-Präsidentin der französischen Nationalversammlung, der Generalsekretär der Deutschen UNESCO-Kommission, Roland Bernecker, Klaus Wenger, der Geschäftsführer von ARTE Deutschland und der Schriftsteller Jean Rouaud daran teil. Die Konferenz klang mit dem Vortrag eines besonders hochrangigen Gastes aus: Pierre Moscovici, dem Vize-Präsidenten des Europäischen Parlaments und französischem Europaminister a.D., der zu den Perspektiven Europas referierte.

Olaf Schwencke betonte, dass die politischen Chancen und Möglichkeiten der Europäer auf dem weltpolitischen Parkett ganz unmittelbar mit Ihrer engen Zusammenarbeit im Team der 25 verknüpft seien. "Die Europäer müssen sich auf sich selbst besinnen. Dann ist auch die Chance gegeben, dass Europa seinen Weg findet" fasste er zusammen. Einig war man sich dabei, dass das europäische Projekt "die Menschen" wieder zurück gewinnen müsse, denn die habe man "nicht mitgenommen".

Vor dem Hintergrund dieser Feststellung erschien der Vortrag von Roland Bernecker, über die Zusammenarbeit der EU-Staaten bei der Findung eines gesamteuropäischen Standpunktes für die UNESCO-Konvention zum Schutz der kulturellen Vielfalt, fast als "europäischer Lichtblick". Den am 20.Oktober 2005 verabschiedeten Völkerrechtsvertrag, der jetzt zur Ratifizierung durch die UNESCO-Mitgliedsstaaten ansteht, wertete Bernecker als "ungewöhnliche Erfolgsgeschichte der Europäischen Union". Alle Mitgliedsstaaten hätten die jeweiligen nationalen Ängste, das eigene kulturelle Profil könne bei dieser Premiere gemeinsamer EU-Außenkulturpolitik verloren gehen, hinter die Notwendigkeit einer gemeinsamen Position zurück gestellt. Letztlich ging laut Bernecker die gesamteuropäische Position vollständig in den neuen Völkerrechtstext ein.

Mit dem Bericht Berneckers schien sich der Kreis inhaltlich zu schließen. So hatte Schwencke seine Argumentation mit der Position Jeremy Rifkins untermauert, nach der der Stimme der Europäer (als eine Stimme des europäischen Verbunds) auf dem internationalen Parkett vollkommen anderes Gewicht beizumessen wäre, als vereinzelt. Auch Klaus Wenger verwies auf die Notwendigkeit für alle Mitgliedsstaaten, sich klar zu europäischen Positionen zu bekennen. Pierre Moscovicis Diagnose der Krise der EU fiel klar aus: Man habe zwar Europa geschaffen, aber keine "citoyens européens" (dt. "europäische Bürger"). Diese Feststellung schien sich auch in den Erläuterungen Berneckers, über die gute Zusammenarbeit der nationalen Delegationen innerhalb der UNESCO, widerzuspiegeln. So schilderte er, wie tief das das französische "Non" zum Verfassungsvertrag, die Delegierten mitten in den Konventionsverhandlungen getroffen habe.
So vielfältig die Probleme Europas sein mögen, ließ sich während der Konferenz doch feststellen, dass die Europäische Union zweierlei zu ihrem Fortbestand zu bedürfen scheint. Das scheint einerseits die Notwendigkeit zu sein, dass sich die Mitgliedsstaaten Europas zum europäischen Projekt bekennen und dies andererseits den eigenen Bürgern kommunizieren.

Europa ist ins Stocken geraten und dennoch machten die Deutsch-Französischen Kulturgespräche eines klar: Genau in dieser Krise erzielte die Union eine unglaubliche Einigung auf einem Politikfeld, das sie eher stiefmütterlich behandelt: Europäische Kulturpolitik. Kaum wurde die EU-Kommission zum Sprachrohr ihrer Mitglieder im Zuge der Konventionsverhandlungen, wurde auf Seiten der USA bereits Protest laut, dass Brüssel dafür gar nicht die Kompetenz besäße. Dennoch mussten sie akzeptieren, dass Europa über Brüssel mit einer Stimme sprach. Dennoch: Die Berichterstattung der Medien über diesen Erfolg fällt, genauso wie die Kommunikation dessen durch die einzelnen Regierungen, eher mager aus. Auf der Freiburger Konferenz stellte der Vorstandsvorsitzende des Frankreich-Zentrums Rolf G. Renner die Frage, was die Kultur für Europa leisten könne. Diese dürfte damit wohl nicht nur in ihrer Funktion, sondern auch in ihrem Stellenwert für die Europäische Union mehr als hinreichend beantwortet sein.
 

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