08.06.2012

Autor*in

Kerstin Schilling
ist Direktorin Schlossmanagement der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg sowie Geschäftsführerin der Fridericus Service GmbH. Sie studierte Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation sowie Kultur- und Medienmanagement. Sie war viele Jahre freiberuflich im Kulturbereich tätig, stellvertretende Geschäftsführerin bei der Freien Volksbühne Berlin, Leiterin Kommunikation/ Marketing bei den Berliner Festspielen.
Rückblick Festival Bergen 2012

Mai-Sonne, Fjorde und Jubiläen

Es war ein doppeltes Jubiläum: das Festival in Bergen feierte seinen 60. Geburtstag und auch die European Festivals Association, die 2012 unter dem Motto 60 Years On: Festivals and the World ebenfalls auf 60 Jahre Geschichte zurückblickt.
Die Stadt Bergen in Norwegen gewinnt den Besucher sofort mit ihrem großen Naturhafen im Byfjord und dem alten Hafenviertel Bryggen. Reiseführer empfehlen zu jeder Jahreszeit wetterfeste Kleidung, denn mit rund 250 Regentagen pro Jahr gilt Bergen als Europas "Regenhauptstadt".
 
Wenn man dann im Mai wohlpräpariert anreist und vier Tage lang nur strahlenden Sonnenschein und über 25° C erlebt, ist dies schon außergewöhnlich. Fast drängt sich der Verdacht auf, dass die "Festspiele zu Bergen" damit zusammenhingen, oder sogar die European Festivals Association (EFA). Schließlich kamen zum Festival und zur Jahrestagung der EFA nicht nur das norwegische Königspaar, sondern auch Gäste aus aller Welt. Sie erlebten eine umjubelte Festivaleröffnung der Komischen Oper Berlin, die Stefan Herheims "Xerxes" präsentierte. 180 internationale Festivalmanager ließen vom Berg Fløyen aus leuchtend gelbe Ballons in den sommerlichen Himmel steigen. Damit war klar, dass in Bergen gerade viele besondere Ereignisse zusammentrafen.
 

Doppeltes Jubiläum

Es war ein doppeltes Jubiläum: das Festival in Bergen feierte seinen 60. Geburtstag und auch die European Festivals Association, die 2012 unter dem Motto 60 Years On: Festivals and the World ebenfalls auf 60 Jahre Geschichte zurückblickt.
 
Bereits 1952 gründeten 15 (Musik-)Festivals aus sechs Ländern eines der inzwischen ältesten Kulturnetzwerke Europas, um den künstlerischen Austausch in einem sich neu konstituierenden Europa zu fördern. 60 Jahre später verbindet die EFA über 100 Festivals aller Sparten aus 42 Ländern, dies weit über die Grenzen Europas hinaus. Festivals und Verbände aus anderen Kontinenten, wie z.B. FestArab Network, African Festival Association "AFRIFESTNET" und Association of Asian Performing Arts Festivals (AAPAF) bereichern die Arbeit. Verteter der drei Schwesternetzwerke in Bergen bestätigten den Wunsch der engen Zusammenarbeit mit der EFA und ihrer Mitglieder in der Zukunft.
 
Heute versteht sich die European Festivals Association als professionelle Botschafterin zur Vernetzung, die die Forderungen von Festivals vor allem gegenüber der EU-Politik formuliert und einfordert und damit die lokalen und nationalen Interessen nach Brüssel transportiert. Umgekehrt soll das starke Potenzial von Festivals für die europäische Integration genutzt werden.
 
 
"Es ist für uns immens wichtig, dass Doris Pack, Vorsitzende des Kulturausschusses im Europäischen Parlament, Herrman van Rompuy, Präsident des Europäischen Rates, José Manuel Barroso, Präsident der Europäischen Kommission, und Androulla Vassiliou, EU-Kommissarin für Kultur, in verschiedenen Erklärungen die Bedeutung von Festivals anerkennen. Die EU-Politiker sind sich einig: Festivals spielen eine wichtige Rolle im europäischen Integrationsprozess und müssen daher nicht nur auf EU-Ebene, sondern auch in den Mitgliedstaaten unterstützt werden, insbesondere in Zeiten, in denen die Mittel für Kunst und Kultur kontinuierlich gefährdet sind", erklärte Kathrin Deventer, Generalsekretärin der EFA. "Die Erklärungen sind Teil des ersten EFA-Films EFA 60 Years On." (www.efa-aef.eu/efa60)
 

In Vielfalt vereint

Die Vielfalt der Mitglieder der EFA spiegelt den internationalen Kulturbetrieb wieder. Sie reicht von großen und traditionsreichen Festivals (wie Edinburgh International Festival, BBC Proms oder Festival Aix-en-Provence) bis hin zu kleineren und jungen Festivals, die teilweise ganze Regionen bespielen (wie CULTURESCAPES in der Schweiz oder Tbilisi International Festival of Theatre).
 
Bei so heterogenen Festivals stellt sich die Frage, ob eine dreitägige Tagung die Interessen bündeln kann. Tatsächlich sind die politischen und lokalen Gegebenheiten, die staatlichen Förderungen und Voraussetzungen zur künstlerischen Arbeit in jedem Land unterschiedlich. Doch zeigten sich in Bergen zahlreiche gemeinsame Themen, die, aus den verschiedenen Perspektiven diskutiert, die Debatte um die so genannte "Bergen Agenda" bereicherten: ein Programm, das eine Zielsetzung für die nächsten Jahre einleiten soll.
 

Festivals in der Finanzkrise

 

Die Situation Europas in der Krise beschäftigte alle Teilnehmer. Wie können in diesen Zeiten die nötigen Gelder erwirtschaftet werden, was bedeutet die Globale Finanzkrise für Festivals, ihr Publikum, ihre Programme? "Festivals mean Business, Festivals have meaning for Business", so die die Titel zweier Panels. Sind EU-Anträge ein Hilfsmittel oder nur eine umfangreiche Arbeit, die meist zu Ablehnung führt? Vertreter der EU, wie der Generaldirektor der Kommission, Jan Truszczynski, und die Europaabgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses für Kultur, Doris Pack, diskutierten vor Ort, und versprachen eine Vereinfachung der Prozesse und einen Einsatz der Steigerung der Mittel. Ein neues Programm unter dem Arbeitstitel "Europe for Festivals Festivals for Europe", von der EFA initiiert, soll Abhilfe schaffen und einer größeren Zahl von Festivals Anerkennung zollen.
 

Innovation & Partizipation

Ein weiteres Thema waren Innovation und Partizipation. Ist die heutige Generation von Festivaldirektoren nicht zu alt für das junge Publikum und sollten deshalb Festivals verstärkt jüngeren Künstlern eine Plattform bieten? "Open the Box of the creative process and let people look into it", so die Forderung nach Transparenz und mehr Partizipation und Interaktion mit dem Publikum, das schon lange nicht mehr ausschließlich Konsument sein möchte. In seiner Eröffnungsrede betonte dies Michael Haefliger, Intendant des Luzern Festival, und bezog sich damit auf einen der Leitsätze der Bergen Agenda: "Es muss Zeit für den Kreationsprozess und Raum zum Experimentieren gegeben werden, so dass Festivals auch in Zukunft innovativ mit Traditionen brechen können."
 
"Für alle, die weiter an ihren Laptops arbeiten wollen, seien Sie unbesorgt, wir werden Sie mit unserer Diskussion nicht stören", so Darko Brlek, Präsident der EFA, scherzhaft zu den Teilnehmern. Tatsächlich wurde überall im Saal parallel gemailt, gechattet und zur Tagung getwittert (#efa60). Kein Wunder, dass die überbordende Entwicklung der digitalen Medien alle Festivals bewegt. Ist dies ein reines Marketinginstrument oder wird Social Media für die künstlerische Gestaltung genutzt? Wird damit die nötige Partizipation des Zuschauers erreicht und was bedeuten die Entwicklungen für die Kunstrezeption und das Zuschauerverhalten? Die EFA greift in einem eigenen Blog (www.festivalbytes.eu) diese Fragen auf.
 
Partizipation, Innovation, Finanzierung in der Krise und die digitale Welt dies sind Themen, die die gesamte Kultursparte beschäftigen. Durch die Konzentration und Intensität von Festivals, die damit eine hohe Aufmerksamkeit erreichen, werden diese Themen nochmals stärker fokussiert. Wie wird die nächste Generation wohl damit umgehen?
 

Atelier für junge Festivalmanager

Da ist es gut, dass vor allem die Teilnehmer des seit sechs Jahren stattfindenden "Atelier für junge Festivalmanager" aktiv werden und als neue Generation der "Festival-Macher" die EFA vorantreiben. Aber: "60 Jahre EFA und zehn Minuten Redezeit für den Nachwuchs", so begann Anna Lewanowicz, Leiterin der Krakow Theatrical Reminiscences, kritisch ihre Rede. Schon erhoben sich die anwesenden Atelier-Alumnis und formulierten in einem raschen Parcours ihre Erfahrungen, Erwartungen und Visionen. Mit Bernard Faivre dArcier war einer der erfahrensten Festivaldirektoren anwesend, der ebenfalls in den Ateliers mitwirkt. Immer wieder würde er mit jungen Festivalmachern konfrontiert, die mit guten Ideen vorwärts kommen wollten, aber befürchteten, ihre kreative Energie in Verfahren und Anträgen zu verlieren. Der Dialog zwischen den Festivalgenerationen mit Sicherheit ein großes zukünftiges Thema der European Festivals Association.
 
Mit einer Bootsfahrt durch die Fjorde endete die Tagung, eine weitere gute Gelegenheit zum entspannten Networking, dem Anbahnen von Koproduktionen und zu kollegialem Erfahrungsaustausch. So verließen die Teilnehmer nach drei intensiven Tagen Bergen mit vielen neuen Impulsen, Ideen und Kontakten und einer unerwarteten norwegischen Sonnenbräune.
 

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