07.02.2006
Rückblick Symposium zu Förder- und Freundeskreisen in der Kultur 2006

"Wie man sich Freunde schafft ..."

Rückblick auf das erste Symposium zu Förder- und Freundeskreisen in der Kultur" am 20. Januar 2006 in Berlin - Eine gemeinsame Initiative der AG Freundeskreise im Forum Zukunft Berlin e.V. und des Kulturkreises der Deutschen Wirtschaft im Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.
Förder- und Freundeskreise bieten eine hervorragende Plattform für die aktive Mitgestaltung des Kunst und Kulturlebens. In Zukunft wird es vermehrt darum gehen, Bürger für ein freiwilliges Engagement gerade auch in Förder- und Freundeskreisen zu gewinnen. Damit dies gelingt, müssen neue Ideen und Strategien entwickelt werden. So hieß es in der Einladung des Kulturkreises der Deutschen Wirtschaft im Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. für das erste Symposium zur Förder- und Freundeskreise in der Kultur. Schauplatz des Symposiums war das Haus der Deutschen Wirtschaft in Berlin, ein Ort, an dem gewissermaßen das Geld zuhause ist. Der Bedarf an innovativem Wissen um die Gründung, Pflege und Ausbau von Förder- und Freundkreisen ist groß. Mehr als 300 Teilnehmern folgten der Einladung des Kulturkreises Ein Aufgebot von über 30 hochkompetenten Referenten aus Deutschland, Großbritannien, USA, Niederlande hielten einen Tag lang die Teilnehmer mit fesselnden Beiträgen in Atem.
Nicht erst seit dem Jahr des Ehrenamts 2001 und der entsprechenden Enquete- Kommission ist das Schlagwort Bürgerschaftliches Engagement in aller Munde. Gerade angesichts schwindender staatlicher Zuwendungen für den sozialen und kulturellen Bereich hat es manchmal geradezu den Klang einer beschwörenden Zauberformel", sagte Dr. Tessen von Heydebreck, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank AG in seiner keynote. Es geht nicht darum, den Staat aus seiner Verantwortung für die Förderung von Kunst und Kultur zu entlassen. Die Diskussion über die Verankerung der Kultur als Staatsziel im Grundgesetz hat gezeigt, wie wichtig es ist, dieses Thema gesellschaftlich zu verorten. Kulturelle Vielfalt ist ein wichtiger Faktor nicht nur für das gesellschaftliche, sondern auch für das wirtschaftliche Wohlergehen einer Region.
 

Tradition

Deutschland kann auf eine lange Tradition von Bürgerengagement zurückblicken, wie Dr. von Heydebreck an einigen Beispielen in Erinnerung brachte: Bereits im 18.Jahrhundert gab es in Deutschland die ersten Gründungen von Kunstvereinen und Literarischen Gesellschaften. In der Folge hat sich eine beeindruckende Bandbreite bürgerschaftlichen Engagements in der Kultur entwickelt. Die Kulturvereine des 18. und 19. Jahrhunderts waren nicht zuletzt Ausdruck bürgerlicher Emanzipation und in diesem Sinne Vorbereiter demokratischer Prozesse: Die Kulturförderung und die Vermittlung zwischen Laien und der Gegenwartskunst sollte nicht länger allein dem Adel überlassen werden. Ein weiteres, sehr viel älteres Beispiel ist das Städelmuseum in Frankfurt am Main. Seine Gründung ist das Vermächtnis des Frankfurter Bankiers und Handelsmanns Johann Friedrich Städel, der 1728 bis 1816 lebte. Aus dem Geist der Aufklärung heraus gründete er testamentarisch eine unabhängige, der Kunst gewidmete Stiftung: das Städelsche Kunstinstitut, die älteste Museumsstiftung in Deutschland. Anders als die zeitgenössischen staatlichen oder fürstlichen Kunstsammlungen ist das Städel also aus einer bürgerlichen Initiative heraus entstanden und wird von ihr auch heute noch getragen: Mit Schenkungen und Stiftungen von Kunstfreunden, mit Unterstützung des Städelschen Museums-Vereins, der Stadt, des Landes und des Bundes sowie der Spenden der Bürger konnte die Sammlung durch wichtige Werke immer wieder ergänzt und die Forschungs- und Bildungsarbeit gefördert werden.
 
Dr. von Heydebreck führte ein weiteres Beispiel für beherztes Engagement an: das des Hamburger Thalia Theaters, das im Krieg zerstört worden war: Im Jahr 1957 nahm ein erfolgreicher hanseatischer Industrieller, der für seine Kunstsinnigkeit bekannt war, ein Blatt Papier zur Hand und entwarf darauf mit wenigen Worten ein kühnes Vorhaben:
 
  • Stiftung zum Wiederaufbau des Thalia Theaters -Finanzbedarf: 2 Mio. DM
  • Durch Spenden: 1 Mio. DM
  • Spende Dr. Kurt A. Körber: 100.000 DM
Dieses Blatt wurde weitergereicht und zahlreiche Hamburger Burger und Unternehmer folgten Körbers Beispiel, setzten ihren Namen und ihren Beitrag dazu. Das Stiftungskapital wuchs beständig, schon bald wurde Körber beim Bürgermeister Max Brauer vorstellig und gab zu verstehen, dass man eine Million für den Wiederaufbau des Theaters anbieten könne, wenn die Stadt die erforderliche zweite Million aufbringen würde. So konnte das Thalia Theater am 6. Dezember 1960 aufgrund dieser privaten Initiative in neuem Glanz wiedereröffnet werden.
 

Finanzen

Das Knüpfen von Freundschaftsbanden ist eine Sache die richtige Verwaltung der finanziellen Zuwendungen eine andere, teilweise weitaus schwierige Sache. Durch Unkenntnis wird noch viel zu oft Geld an das Finanzamt verschenkt. Allen noch im Gedächtnis ist die Berliner MoMA-Ausstellung mit 1,2 Millionen Besuchern, die u.a. durch überaus engagierte Freundskreisaktivitäten zustande kam ein spektakuläres Beispiel und u.a. Ergebnis cleveren Wirtschaftens. Hans Georg Oelmann, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sprach auch in seiner Eigenschaft als Schatzmeister des Vereins der Freunde der Nationalgalerie. Am Beispiel einer Jahresabrechung verschaffte er der angeregten Zuhörerschaft Einsicht in Lösungsmöglichkeiten, wenn zuviel Geld vorhanden ist. Allerdings sind nur wenige Kulturinstitutionen in der glücklichen Lage, mit Zahlen in Millionenhöhe zu operieren.
In der Praxis schreckt manch Spendenwilliger und Kulturschaffender noch immer vor rechtlichen und steuerlichen Spitzfindigkeiten zurück. Dabei ist es überhaupt nicht kompliziert, bewies Rechtsanwalt Sascha Voigt de Oliveira (Senior Manager Tax KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft AG Berlin) und stellte mit seinem Vortrag Fördern ohne Risiko Grundlagen des Gemeinnüzigkeitsrechts diesen eigentlich trockenen Aspekt des Themas ungewohnt durchsichtig, nachvollziehbar und ausgesprochen unterhaltsam dar. Ob AG, GmbH, e.V., Stiftung oder Unselbständige Stiftung - er hinterließ eine hoch motivierte Zuhörerschaft, nunmehr von der unerhörten Leichtigkeit des Spendens und des Geldverwaltens überzeugt. Die KPMG hat gemeinsam mit dem Kulturkreis der Deutschen Wirtschaft einen Leitfaden für Freunde- und Förderkreise für Kunst und Kultur herausgegeben (s.u.)
 
Neue Ideen, konkretere Herangehensweisen: manchmal liegt das Gute so nah. Voigt de Olivieras Vorschlag, gar mit dem zuständigen Finanzbeamten einen guten Kontakt herzustellen und zu pflegen, ja diesen Beamten womöglich als Mitglied für den Freundeskreis zu gewinnen, erscheint nur auf den ersten Blick als ein Scherz. Der Vorschlag ist eine Ermutigung zu direkteren, unkonventionelleren Vorgehensweisen bei der Gewinnung und Überzeugung von Freunden für die kulturelle Sache. Es gibt nichts zu verlieren! Will man Menschen, deren Freundschaft und Geld für seine kulturelle Sache gewinnen, liegt es auf der Hand, diese direkt und persönlich zu kontaktieren, sie begeistern, sie einzubinden, sie bei ihren persönlichsten Interessen anzufassen. Ein Schritt von vielen, kulturelle Verantwortung im Bewusstsein des Einzelnen und damit auf vielfältige Weise in Unternehmen zu verankern. So seien an dieser Stelle die 10 Fundraising- Grundregeln zitiert, wie sie im Handbuch Fundraising, Spenden, Sponsoring, Stiftungen in der Praxis von Marita Haibach (s.u.) bereits 1998 festgehalten wurden:
 

Die Regeln

  1. Beim Fundraising geht es nicht vorrangig um die Beschaffung von Geld. Es geht um die Erfüllung von Bedürfnissen und das Bewirken von Veränderungen.
  2. People give to people. Menschen spenden an und für Menschen, nicht für Organisationen. Persönliche Bitten sind am erfolgreichsten.
  3. Friend-making comes before fundraising. Die Entwicklung von freundschaftlichen Beziehungen kommt vor dem Fundraising.
  4. Open their hearts. Then open their minds. Then open their cheque books. Öffnen Sie ihre Herzen, dann ihr Denken und dann ihre Scheckbücher.
  5. Kommunizieren Sie Bedarf, damit das Problem beim Spender ankommt.
  6. Setzen Sie klare Ziele und informieren Sie Ihre SpenderInnen darüber. Berichten Sie über Aktionen und Erfolge, um zum Mitmachen zu ermutigen.
  7. Finden Sie heraus, um welchen Betrag Sie jeden einzelnen potentiellen Förderer bitten können, und zu welchem Zeitpunkt.
  8. Das wichtigste Wort ist Danke. Bedanken Sie sich für jede Spende. Behandeln Sie GroßspenderInnen auf besondere Weise.
  9. Ermutigen Sie SpenderInnen zur Identifikation mit Ihrer Organisation, so dass sie sich als Beteiligte fühlen.
  10. Seien Sie Förderern gegenüber immer ehrlich, offen und wahrhaftig. Lassen Sie diese an Ihren Problemen und Erfolgen teilhaben.

Präzise Zielsetzungen

Freunde zu gewinnen und zu pflegen erfordert Kompetenz, Konsequenz und Transparenz. Dem befürchteten Imagegerangel unter den einzelnen Sponsoren, Förderern, Mäzenen, Spendern, Gebern oder Freunden kann in einem sinnvollen und nüzlichen Rahmen gehalten werden, werden die Ziele des kulturellen Projekts klar und unmissverständlich benannt. Ideenreiche, personenbezogene Regelungenschaffen Lust und verhindern Frust. Beim National Symphony Orchestra im Kennedy Center Washington D.C. beispielsweise parkt man den gehobenen Spendern beim Konzertbesuch ihr Auto ein, berichtet Direktor Jim Steichen. Das Unternehmen beschäftigt 50! (in Worten fünfzig) Mitarbeiter ausschließlich für Fundraising. Es könnten gern noch 10 mehr sein", sagt Steichen. Eine Aussage, die verdeutlicht, welchen Stellenwert dem Fundraising in den USA beigemessen wird. Dort gibt jeder, der ein kulturelles Projekt für gut und wichtig befindet, sein Geld direkt an die Einrichtung. Freundeskreise, wie wir sie hier haben und ausbauen möchten, gibt es in den USA kaum. Von dort wird, wie auch aus anderen europäischen Ländern, neidvoll auf die deutsche staatliche Kulturförderung geschaut und versteht nicht so recht unser Klagen.
 

Mehr Öffentlichkeit

Stephan Balzer, geschäftsführender Gesellschafter der Kommunikationsagentur Red Onion GmbH Berlin und gleichzeitig Sprecher der AG Freundeskreise im Forum Zukunft Berlin e.V. formuliert seine Forderungen deutlich: Gutes tun und darüber reden! Das bedeutet: Den veralteten Begriff der Freundeskreise ein neues Image verpassen, nicht müde werden, immer neue Freunde zu gewinnen. Die gewonnenen zahlenden Freunde loben, belohnen, vernetzen, ihnen so viel Öffentlichkeit wie möglich zu verschaffen. Gemeinsam einen eigenen Internetauftritt entwickeln, mit ihnen eigene Publikationen erarbeiten und vor allem: ihnen danken! Ist doch selbstverständlich? Weit gefehlt. In der viel zitierten Praxis, in den Programmheften, in den Foyers, auf Plakaten kann man meist lange suchen nach der Erwähnung und Darstellung der Freundeskreise.
 

Freunde binden

Einsparungen im Kulturbereich sind nicht zu vergleichen mit dem Stellenabbau in Wirtschaftsunternehmen. Für die Aufführung einer Sinfonie braucht man immer die gleiche Zahl Musiker. Russell Jones, Direktor der ABO (Association of British Orchestras), versteht seine Aufgabe darin, das Umfeld zu verbessern, in dem Orchester arbeiten. Eines seiner Ziele ist, Kultur & Musik in den Medien ebenso viel Raum zu verschaffen wie es bis jetzt für Kochen oder Sport der Fall ist. Dieses Vorhaben korrespondiert mit den Forderungen von Altbundespräsident Richard von Weizsäcker und Jose Manuel Barrosso, Präsident der Europäischen Kommission. Auf der auf der Konferenz Europa eine Seele geben im Jahre 2005 forderten beide, Kultur gehöre auf die Titelseiten der Zeitung.
Russel Jones brachte zusätzlich eine simple Erkenntnis ins Gespräch, die deutlich macht, wo bei der Suche nach Freunden angesetzt werden kann. In Museen können die Menschen bei Bildern und Skulpturen weitergehen, wenn sie genug gesehen haben sagt Jones. Im Konzert müssen sie sitzen bleiben, bis die Musik beendet ist. Die Musik jedoch sei die einzige Kunstform, von der die Zuhörer denken, sie müssten Fachkenntnisse haben, um sie zu verstehen und zu genießen. Dem kann, laut Jones, entgegengewirkt werden. Beispielsweise durch gut konzipierte Einführungsveranstaltungen, durch die Länge der Konzerte und einer CD, die der einzelne Zuhörer direkt aus dem Konzert mit nach Hause nehmen darf.
 
Wie überall ist auch beim Thema Förder- und Freundeskreise das Zauberwort Motivation. Diese gilt es zu stärken. Die Veranstaltung in Berlin diente dazu, den bundesweiten Austausch von Freundeskreisen verstärkt auf einen erfolgreichen Weg zu bringen. Diese Aufgabe wird mehr denn je von Bürgern, Kulturschaffenden und den Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft gemeinsam in Angriff genommen werden müssen.


UTA PETERSEN ist Journalistin, Kulturmanagerin und Projektleiterin in Hamburg. Zu ihren Schwerpunkten gehören aktuell internationale Künstlerinterviews sowie PR- und Konzeptentwicklung für Kulturprojekte.
 

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