29.07.2020

Themenreihe Digitale Formate

Autor*in

Maximilian Pohl
studierte Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation in Berlin. Er ist Gründer und Geschäftsführer der Eventnet GmbH. Das Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, für Veranstaltungen, Kongresse, Messen und andere Projekte, bei denen ein Internetzugang, WLAN oder ein digitales Besuchermanagement benötigt wird, individuelle Lösungen zu planen und zu implementieren. Ein wesentlicher Schwerpunkt liegt auf der Umsetzung von Online-Events.
Tristan Thaller
ist PR-Berater bei SCRIVO Public Relations. Sein Handwerk und seine Schreibe erlernte er im Bachelorstudiengang der Kommunikationswissenschaft an der LMU sowie beim Hernoul-le-Fin Verlag und der Filmproduktionsfirma al Dente Entertainment GmbH. Seine ersten Schritte in der Öffentlichkeitsarbeit machte er beim Theater Drehleier.
Online Geld verdienen

Virtuelle Events, digitales Geld

Digitale Formate zu monetarisieren, fällt vielen Einrichtungen und Kulturschaffenden schwer. Doch es lohnt sich, Event-Teilnehmer*innen im virtuellen Raum von Anfang an zur Kasse zu bitten und grundsätzlich eine Paywall einzurichten.

Themenreihe Digitale Formate

Eine frühzeitige Bezahlschranke für digitale Formate ist wichtig und sinnvoll. die Das zeigen die langwierigen und mitunter vergeblichen Versuche des Journalismus, des Musik- und Videobereichs, für zuvor kostenfreie digitale Angebote Geld zu verlangen. Es ist ein Fehler, die digitale Variante lediglich aufgrund des ungewohnten Kanals als schlechtere Behelfsvariante einzustufen. Wer sein Geschäft langfristig digital aufstellen möchte, kommt an Pay-per-View-Events nicht vorbei. Denn mit virtuellen Veranstaltungen lässt sich genauso gut Geld verdienen wie mit analogen. Veranstalter*innen müssen die Bezahlschranke dazu standardisiert und unkompliziert implementieren, damit sich eine Zahlungsbereitschaft als Status quo bei Online-Veranstaltungen durchsetzt.

Technische Umsetzung der Bezahlschranke

Die Paywall erfüllt dabei die Funktion eines digitalen Kassenhäuschen, wobei es unterschiedliche Möglichkeiten gibt, um virtuelle Tickets zu verkaufen. Der einfachste Weg ist, den direkten Zugang kurz vor Beginn des Events an eine PayPal-Zahlung zu koppeln. Teilnehmer*innen ohne Paypal-Konto können dabei als Gast zahlen, die Abrechnung erfolgt dann wahlweise per Lastschrift oder Kreditkarte. Die technische Implementierung ist dann etwas aufwändiger, bietet allerdings auch mehr Flexibilität beim Bezahlvorgang. Für die Kopplung an Paypal und andere digitale Zahlungsdienstleister spricht, dass sie wenig Verwaltungsaufwand nach sich ziehen. Gleichzeitig richten sie sich an eine internetaffine Zielgruppe.

Eine Alternative dazu ist der Verkauf von Tickets im Vorfeld, für die ein persönliches Token, eine Art einmaliger persononalisierter Code, erstelt und versendet wird. Im Gegensatz zu einem Passwort, das theoretisch weitergegeben werden kann, können damit Teilnehmer*innenzahlen genau nachgewiesen und beispielsweise Fördermittel legitimiert werden.

Mittlerweile ist die Nutzung einer Bezahlschranke für digitale Veranstaltungen in der User*innen-Experience auch keine Hürde mehr, sondern weitgehend akzeptiert. Kostenlose Testangebote sind sind dabei kein Tabu, sollten jedoch limitiert und gekennzeichnet sein. 
Weitere Erfolgsfaktoren

Die Einführung einer Paywall ist nur einer von mehreren Erfolgsfaktoren, wenn es darum geht, mit digitalen Kulturangeboten Geld zu verdienen. Damit das Publikum überhaupt zahlt, braucht es auch im Digitalen vor allem Qualität. Denn "was nichts kostet, ist nichts wert" bedeutet im Umkehrschluss, dass etwas Kostenpflichtiges einen höheren Wert haben muss. In diese Qualität müssen die Veranstalter*innen wie in jedes neue Geschäftsmodell erst einmal investieren. Dies gilt für eine professionelle technische Ausstattung genauso wie in Bezug auf die inhaltliche Programmgestaltung und das Veranstaltungskonzept, die beim Transfer in die Online-Umgebung einen Dynamikverlust kompensieren müssen. 

Mit folgenden Punkten klappt die Monetarisierung virtueller Veranstaltungen:

1. Dramaturgie: Mit Highlights und spannenden Inhalten bei Laune halten

Das Veranstaltungsprogramm sollte so aufgebaut sein, dass es dazu motiviert, bis zum Ende teilzunehmen. Dazu gehört ein Überblick, was die Teilnehmer*innen erwartet. Kündigen Sie Highlights an und setzen Sie diese eher in die Mitte oder an das Programmende. Highlights können etwa praktische Tipps oder ein konkreter Nutzen sein, ein besonderer Interview-Gast oder exklusive Blicke hinter die Kulissen. Zudem können Sie für das Ende des Programms kleine Überraschungen oder einen speziellen Vorteil für die Zuschauer*innen in Aussicht zu stellen. Das kann etwa ein Rabatt-Code für einen analogen Besuch, der Zugang zu weiteren Inhalten oder die Ergebnis-Präsentation von Umfragen sein. Wichtig ist nur: Halten Sie Ihr Versprechen!

Allerdings zählt am Ende der Inhalt und sollte daher entsprechend aufbereitet sein. Denn: Das Feedback der Teilnehmer*innen ist online kritischer als bei analogen Events. Das ist keine einfache Aufgabe für Veranstalter*innen, die bisher nur analog unterwegs waren. Ehrliche Selbstkritik kann weiterhelfen. Fragen Sie sich selbst: Wann klicken Sie auf ein YouTube-Video? Wenn der Titel spannend klingt. Und wenn die ersten Sekunden bestätigen, dass drin ist, was draufsteht, bleiben die Zuschauer*innen dabei. Es ist also ratsam, das eigene Programm kritisch zu hinterfragen. Ist es für die Zielgruppe interessant? Sind die Inhalte knackig aufbereitet? Und: Würde ich selbst als Zuschauer*in dranbleiben?

2. Kürzen, was das Zeug hält, und Abwechslung generieren

Auch wenn es häufig unmöglich scheint: Weniger ist am Ende mehr. Ein gekürztes Programm ist dabei für digitale Kulturangebote unverzichtbar, da die Aufmerksamkeit online knapper ist und der Trend immer mehr zu kurzen Informationshäppchen und Video-Clips geht. Dieses veränderte Konsumverhalten muss bei der Programmgestaltung berücksichtigt werden. Es ist also besser, ein kompaktes Event von 60 bis 90 Minuten zu planen als ein Programm über drei Stunden. Veranstalter*innen sollten das als eine sportliche Herausforderung sehen, die Essenz aus ihren Inhalten herauszupressen. Eine Themen-Einheit sollte dabei auf maximal 15 bis 18 Minuten begrenzt sein. Eine Alternative ist, das Programm in kleine Häppchen zu trennen, die diesen Zeitblöcken entsprechen. Zudem ist es hilfreich, das ganze Programm vorher unter den gleichen Bedingungen zu proben, unter denen es später auch live gestreamt wird

3. Interaktion: Machen Sie Zuschauer*innen zu aktiven Teilnehmer*innen

Im Gegensatz zu Präsenzveranstaltungen besteht bei Online-Events zwischen Speaker*innen und Publikum kein Blickkontakt. Der Bildschirm als Medium legt zudem eine Lean-Back-Haltung nahe, sprich einen passiven Medienkonsum, wie beim Fernsehen oder Radio. Weil Passivität das Gegenteil eines Event-Erlebnisses ist, sollten Veranstalter*innen ihr Publikum zu aktiven Teilnehmer*innen machen. Das Gefühl, das Geschehen auf der Bühne oder eben auf dem Bildschirm beeinflussen zu können, sorgt für ein höheres Involvement. Das wiederum schärft die Wahrnehmung und die kognitiven Fähigkeiten der Teilnehmer*innen.

Die Interaktion ist auch deshalb von Bedeutung, weil sie das für Veranstaltungen wesentliche Gefühl der Gemeinsamkeit erzeugt, dass sich in der Online-Umgebung schwer herstellen lässt. Die Zuschauer*innen sollten daher gleich zu Beginn der Veranstaltung kurz eingebunden werden, damit sie spüren, dass ein gemeinsames Event stattfindet und keine Frontalberieselung. "Woher kommen die Teilnehmer*innen? Wer kennt die Einrichtung und ihre Angebote schon? Und worauf freuen sie sich besonders?", können dabei Fragen sein, um zu Beginn das Eis zu brechen. Technisch lassen sich Teilnehmer*innen etwa über virtuelle Whiteboards, die Bildschirmfreigabe, moderierte und private Chats oder per Video in das Event-Geschehen integrieren.

Das Involvement kann weiter aufrechterhalten werden, wenn Meinungsbilder über die Veranstaltung hinweg visualisiert werden. Lassen Sie die Teilnehmer*innen beispielsweise abstimmen und Fragen beantworten. Zeigen Sie die Ergebnisse direkt im Stream und lesen Sie gute Kommentare aus dem Live-Chat vor. Ein*e Redakteur*inkann helfen, um die Interaktionen zu koordinieren und einzelne Beiträge an die Moderation zu übergeben.

Den höchsten Grad an Partizipation erreichen Veranstalter*innen, indem sie einzelne Teilnehmer*innen per Video- oder Telefonverbindung zuschalten. Dies bedarf einer guten Vorbereitung sowie einer Technik-Redaktion, die vorher die Bild- und Tonqualität prüft, und die jeweilige*n Teilnehmer*innen gezielt in das Programm schalten kann.

4. Unterhaltsame Moderation

Gerade online brauchen längere, unterhaltungsfernere Events wie Fachtagungen eine Moderation, die durch das Programm führt, damit die Teilnehmer*innen nicht Orientierung oder gar die Laune verlieren. Besonders online können eine wenig unterhaltsame Moderation oder ein holpriges Programm unmittelbare Konsequenzen haben - im schlimmsten Fall verlässt das Publikum den Stream. Deshalb kommt es darauf an, eine Show zu zeigen und den Teilnehmenden einen guten Grund zu liefern, dranzubleiben.

5. In Technik und damit verbundenes Know-how investieren

Das beste digitale Format bringt jedoch nichts, wenn bei der technischen Umsetzung gespart wird. Denn gute Online-Veranstaltungen benötigen ebenso viel Aufwand wie analoge. Der Stream sollte hinsichtlich der Technik und in Bezug auf die Umsetzung stets höchsten Qualitätsstandards genügen. Andernfalls leidet das Ergebnis und kann auch nicht vom Inhalt kompensiert werden. Damit Bild und Ton brilliant sind, braucht es eine Auflösung von mindestens 720p, einen professionell abgemischten Ton und ein optimal ausgeleuchtetes Set. Idealerweise sollte das Programm mit mindestens zwei Kameraperspektiven und einer Live-Regie dynamisch inszeniert werden.

6. Angemessene Preispolitik

Die Preispolitik von Online-Events hängt von mehreren Faktoren ab: von den Kosten für das Event, von der Profitabilität für die Veranstalter*innen und von der Zahlungsbereitschaft der Teilnehmer*innen. Deshalb lässt sich mit Blick auf einen festen Betrag keine Faustregel anwenden.

Dennoch gibt es Orientierungspunkte, an denen Ticketpreise festgemacht werden können. Je mehr der reine Inhalt im Vordergrund steht, desto näher können die Preise sich am analogen Pendant aus der realen Welt orientieren. Liegt der Schwerpunkt auf dem Eventerlebnis selbst, sollten die Preise im Vergleich niedriger sein. Beispielsweise gibt es Online-Produktionen, bei denen Tickets ohne Probleme für 300 Euro verkauft werden. Das sind meistens Fachveranstaltungen mit exklusiven Inhalten, die die Teilnehmer*innen für ihren Job benötigen. Dagegen finden bisher fast alle Konzerte, Lesungen oder andere Kulturveranstaltungen kostenfrei oder auf Spendenbasis statt.

Damit sich das ändert, müssen Kulturschaffende ihre digitalen Angebote an das neue Medium anpassen, um den Wegfall der Atmosphäre mit anderen Elementen zu kompensieren und Extras zu verkaufen. Ein interessantes Beispiel dafür bietet das Projekt "Festival für Festivals", das coronabedingt die Festivalbranche unterstützt. Teilnehmer*innen bekommen dabei für 35 EUR eine kleine Erlebnisbox nach Hause, die alles für einen perfekten Festivaltag enthält. Mit der Gebühr wird entweder die Festivalbranche im Ganzen unterstützt oder das jeweilige Lieblingsfestival. Gleichzeitig haben Käufer*innen mit dem Kauf der Box die Chance auf ein goldenes Festivalbändchen, mit dem sie im kommenden Jahr alle teilnehmenden Festivals bereisen können.

Fazit

Mit virtuellen Kulturangeboten kann genauso Geld verdient werden wie mit analogen. Wichtigste Voraussetzungen dabei: Mut und Investitionsbereitschaft in die technische Umsetzung sowie das inhaltliche Konzept. Die Wünsche und Sehgewohnheiten des Publikums sollten dabei ebenfalls berücksichtigt werden, damit dieses nicht nur gern Geld bezahlt, sondern bis zum Ende zuschaut. Und bestenfalls wieder einschaltet oder sogar im Analogen teilnimmt.

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