17.05.2018

Autor*in

Dirk Schütz
ist Gründer von Kultur Management Network und der Kulturpersonal GmbH. In den Bereichen Führung, Personalmanagement und Organisationsentwicklung arbeitet er als Berater, Coach und Trainer und unterrichtet als Dozent an Kulturmanagement-Studiengängen im deutschsprachigen Raum.
Karsten Wiegand
ist seit August 2014 Intendant des Darmstädter Staatstheaters. Er begann seine Theaterlaufbahn 1994 als Dramaturg für Schauspiel und Musiktheater am Hans Otto Theater in Potsdam und arbeitete anschließend als freier Regisseur. Von 2008 bis 2013 war er Operndirektor des Deutschen Nationaltheaters Weimar. 
Jürgen Pelz
begann seine Theaterkarriere als stellvertretender Verwaltungsdirektor am Theater Ulm. Ergänzend zu seinem Hintergrund als Verwaltungswirt hat er das Studium Kulturmanagement absolviert, was ihn im Anschluss als Kaufmännischer Direktor an das Pfalztheater Kaiserslautern führte. Seit 2010 ist er der Geschäftsführende Direktor am Staatstheater Darmstadt. 
Personalentwicklung im Kulturbereich

Wie das Staatstheater Darmstadt Entwicklungen ermöglicht

Personalentwicklung ist ein wichtiges Thema am Staatstheater Darmstadt. Im Interview berichten Karsten Wiegand und Jürgen Pelz, warum es dabei weniger um einen strikten Plan als um die Bedürfnisse des Personals selbst geht.
KMN: Im ersten Teil unseres Gesprächs haben wir uns dem Thema Gesundheit genähert. Das ist ein wichtiger Teil der Personalarbeit, die im Kulturbetrieb immer mehr Aufmerksamkeit erhält. Welche anderen Themen dieses Aufgabenbereichs sind bei Ihnen wichtige Aktionsfelder?
 
Karsten Wiegand: Personalentwicklung ist ein wachsendes Tätigkeitsfeld im Kulturbetrieb, zu dem wir uns zahlreiche Fragen stellen. Diese betreffen sowohl Prozesse und Strukturen als auch unser Personal und reichen von Wo haben wir Probleme?, Wo schöpfen wir Potenziale nicht aus? bis hin zu einer dezidierten Analyse, wo welche Fehler und vor allem warum passieren. Hier sind wir bei einem Thema, das mir besonders wichtig ist und worüber noch viel zu wenig im Kulturbereich gesprochen wird: eine gesunde Fehlerkultur. Prozesse, Strukturen und Zusammenarbeit können nur besser werden, wenn man Fehler erkennt, als solche akzeptiert und aus ihnen lernt. Ich hatte im Laufe meiner Berufsjahre unendlich oft die Situation, dass viel Energie darin investiert wird, zu erklären, dass man keinen Fehler gemacht habe oder dass der Fehler kein Fehler war. Und wenn hier keine Erkenntnis passiert, wird er immer wieder passieren das liegt nahe.
 
Das hat auch mit dem Thema Verantwortung übernehmen zu tun...
 
KW: Zuerst ist es eine Frage des Bewusstwerdens, dass ein Fehler passiert ist. Aber viel wichtiger ist es, dass Fehler in einem Unternehmen nicht zwangsläufig mit Sanktionen geahndet werden oder zu einem spürbaren Nachteil für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führen. Dann wird so etwas natürlich bis zum bitteren Ende abgewehrt. Es gibt sicher gravierende Fehler, die Konsequenzen haben müssen. Aber im Gros handelt es sich doch um solche, die eher weniger Schaden anrichten. Und wenn hier eine Kultur bei den Vorgesetzten dahingehend herrscht, dass jedem mal Fehler passieren, und man den Fokus darauflegt, daraus zu lernen und es das nächsten Mal besser zu machen, dann wird weniger Energie für die Abwehr aufgebracht. Das ist ein Thema der Personalentwicklung. Ein weiteres ist die Besetzung von Führungsstellen. Viel zu lange konnte man in Theatern ausschließlich Karriere aufgrund der fachlichen Expertise machen. Diese ist zweifelsohne ein wichtiger Baustein, ohne geht es nicht. Doch vorrangig geht es um die Führung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, also Menschen. Dabei sind essenzielle Kompetenzen nötig, etwa Motivation, Feedback, Konfliktfähigkeit, Moderation und und und. Das sind Leitungskompetenzen, die zu einer Besetzung führen oder die sich eine Kandidatin und ein Kandidat aneignen sollte. Daher haben wir eine umfangreiche Weiterbildungsreihe ins Leben gerufen, bei der Führungskräfte in unserem Hause die wichtigsten Zusatzqualifikationen erwerben, sich bilden und schulen können.
 
Bedeutet das auch, dass Sie sich auf den eigenen hausinternen Nachwuchs in Sachen Führungskompetenzen konzentrieren?
 
KW: Hier stehen wir noch am Anfang. Wir kennen unsere Abteilungsleiter und andere Führungskräfte sehr gut und achten darauf, dass der dortige Nachwuchs wachsen kann, etwa indem ihnen im bestimmten Rahmen Führungsaufgaben übertragen werden. Das ist insoweit wichtig, da es noch viel zu oft passiert, dass mit dem Weggang einer Leitungsperson das Wissen ebenso verschwindet, weil niemand an den Entscheidungen und Entwicklungen teilhaben durfte. Das Ergebnis ist dann, dass man versucht, durch eine externe Besetzung das Wissen wieder ins Haus zu holen. Und zur Personalentwicklung gehört eben, schon frühzeitig an Nachbesetzungen zu denken, geeignete Personen zu holen und an den Posten gemeinsam heranzuführen. Aber in den Kulturbetrieben ist es eben wie bei allen anderen Unternehmen auch: Starke und fähige Abteilungsleiter haben starke und fähige Mitarbeiter. Hier folgen wir einem ganz klassischen Muster.
 
Gibt es dabei in Ihrem Haus ein festgeschriebenes Konzept für die Personalentwicklung?
 
KW: Soweit würde ich nicht gehen wollen. Es ist eher ein Werden. Was wir machen, ist, dass wir uns die Abteilung, den Aufgabenbereich, der in naher Zukunft neu besetzt werden muss, ganz genau anschauen. Hier analysieren wir, was sich verändert hat und ob es neue Anforderungen gibt, die neue Kompetenzen benötigen. Zudem gleichen wir das mit den Zielen ab, die wir für unser Haus in Zukunft erreichen möchten, und welchen Einfluss sie auf diesen Tätigkeitsbereich nehmen. Es ist eine intensive Kommunikation mit allen Beteiligten dazu nötig. Ein ganz konkretes Beispiel: Bei unserer Tageskasse wurde eine Stelle frei. Unsere Analysen zeigen aber, dass wir mittlerweile 50 Prozent der Karten online verkaufen. Diese Quote stieg in den letzten Jahren kontinuierlich. Die Onlinekäufer kommen mit ihren Fragen nicht in unser Haus, sondern rufen an oder schreiben E-Mails. Dann brauchen wir also Menschen, die souverän mit Telefon und E-Mail kommunizieren können. Nur ein scheinbar einfaches Beispiel, aber mit großer Wirkung bei unserem Auftritt bei den Kunden einerseits. Andererseits braucht eine solche neue Besetzung auch die interne Kommunikation. Man muss den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder dem Personalrat begründen, warum das nötig ist und man die übliche Praxis nach Jahrzehnten ändert.
 
Das ist eine Reaktion auf externe Veränderungen. Wie gehen Sie mit anderen sich verändernden Anforderungen für Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen um. Gibt es die Möglichkeit für Weiterbildungen?
 
Jürgen Pelz: Die Frage muss ich in zwei Antworten aufteilen. Zum einen gibt es die Anforderungen, die wir tatsächlich an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter etwa die Führungskräfte stellen: Dafür gibt es ein Fortbildungsprogramm für die mittlere Führungsebene, das wir als verpflichtend verstehen. Es ist einfach unabdingbar, dass alle in Sachen Mitarbeiterführung auf demselben Stand sind. Es geht dabei vor allem um das Miteinander und den Umgang. Um das zu erreichen, gibt es Kommunikationstrainings, Feedback-Gespräche, Einstiege ins Konfliktmanagement, Einstiegsseminare zu Motivation usw. Hier gibt es tatsächlich einen mehrjährigen Plan mit zwei Fortbildungen pro Jahr für die Führungskräfte. Und dann gibt es die Anforderungen, die einhergehen mit neuer Technik, neuer Software usw. Hier sind ständige Qualifizierungen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unabdingbar. Der Etat, der dafür zur Verfügung steht, musste über die Jahre erheblich aufgestockt werden. Er wird auch weiter aufgestockt werden müssen, obwohl wir in einem sehr engen finanziellen Rahmen agieren. Aber auch das zeigt unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, dass wir deren Entwicklungsmöglichkeiten sehr ernst nehmen.
 
Können Sie bereits erste Auswirkungen durch das Weiterbildungsangebot im Führungsbereich spüren? Hat sich etwas verändert?
 
JP: Wir stehen bei diesen Fortbildungsmaßnahmen noch am Anfang. Aber durchaus bekommen wir die Rückmeldungen, dass gerade die Feedback-Gespräche sehr gut aufgenommen werden, ebenso wie der neue Umgang mit Fehlern. Wir werden auch die Kommunikationstrainings nach und nach für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglich machen. Kommunikation ist nie eine Einbahnstraße und wir möchten erreichen, dass sich alle Betriebsstufen auf Augenhöhe austauschen können.
 
KW: Wichtig bei all dem, was wir nach und nach anstoßen, ist, dass wir als Theaterleitung diese Werte ebenso vertreten und vorleben. Man wird unser Verständnis für ein neues Menschenbild und unsere angekündigten Maßnahmen dorthin nicht ernstnehmen, wenn sie nur Gesagtes bleiben.
 
Das Gespräch führte Dirk Schütz.
 
Der erste Teil dieses Interviews zum Gesundheitskonzept des Staatstheaters Darmstadt erschien im Kultur Management Network Magazin "Zukunft der Arbeit".

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