03.07.2019

Themenreihe Controlling

Autor*in

Tom Schößler
ist kaufmännischer Geschäftsleiter und Stiftungsvorstand der Weserburg Museum für moderne Kunst in Bremen. Zuvor war er u.a. Verwaltungsleiter im Theaterhaus Stuttgart. Er beteiligt er sich an Forschungsprojekten und Publikationen mit den Schwerpunkten Kulturmarketing und Kulturfinanzierung und ist als Lehrbeauftragter an verschiedenen Hochschulen tätig. 
Rezension Strategisches Management und Controlling von Museen

Eine zeitgemäße Vorstellung von Controlling

Der Deutsche Museumsbund hat eine Handreichung zu betriebswirtschaftlichen Steuerungsinstrumenten in der Museumspraxis veröffentlicht. Damit leistet er einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung dieses im Museumsbereich selten beleuchteten Themas. Dabei erscheint die Notwendigkeit für Steuerung dringender denn je: Kulturbetriebe in diesen komplexen und ambivalenten Zeiten auf Kurs zu halten, ist eine riesige Herausforderung für das Management.

Themenreihe Controlling

Wer dachte, dass Arbeitsgruppen nicht zu handfesten Ergebnissen kommen können, den straft die Handreichung "Strategisches Management und Strategisches Controlling von Museen" Lügen. Auf knapp 70 Seiten hat die gleichnamige Arbeitsgruppe im Arbeitskreis Verwaltungsleitung des Deutschen Museumsbunds unter der Leitung und Autorenschaft von Robert Knappe, Professor für Betriebswirtschaftslehre der öffentlichen Verwaltung an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, das Wichtigste zum Thema zusammengefasst. 
 
Dass eine solche Handreichung dringend notwendig war, zeigt einer der ersten Sätze der Einleitung. Es erscheint beinahe entschuldigend, wenn hier erklärt wird, dass Management und Controlling kein "technokratischer und ökonomisierender Ansatz" oder gar "eine Drohung" seien. Man kann nur hoffen, dass der Autor derlei Worte nicht bei seinen Recherchen zu hören bekam. Nach rund 30 Jahren Kulturmanagement denkt hoffentlich selbst im Museumsbereich niemand mehr an eine "Verwirtschaftlichung" kultureller Inhalte, wenn es um Controlling geht.
 
Aufbau und zentrale Inhalte
 
Den Ausführungen ist zunächst ein Glossar vorangestellt, das einen ersten Überblick verschafft, womit man es in der Handreichung zu tun haben wird. All jenen, die nicht täglich mit dem Controlling-Vokabular zu tun haben, könnte dieses auch als Nachschlagewerk nützlich sein. Des Weiteren besteht die Handreichung im Wesentlichen aus drei Teilen: 
 
Im ersten Teil werden in drei Kapiteln Einführungen, Definitionen, Charakteristika, Zusammenhänge sowie Vor- und Nachteile des strategischen Managementansatzes reflektiert. Eine Gegenüberstellung von strategischen und operativen Charakteristika der Steuerung verdeutlicht anschaulich die Abgrenzungen und Überschneidungen der beiden Handlungsebenen. Die Verknüpfung von Strategie und Umsetzung, die Besinnung auf Strategien im Tagesgeschäft oder die Zielerreichungskontrolle sind nur einige Handlungsfelder, die in der Praxis häufig zu kurz kommen, wie die Erfahrungswerte der Arbeitsgruppe zeigen. Besonders hilfreich sind die Erläuterungen, wie normative, strategische und operative Entscheidungsebenen zusammenhängen und welche Gründe dazu führen, dass sie in der Praxis häufig nicht ausreichend verbunden sind: beispielsweise wenn Ziele - eine zentrale Voraussetzung für Strategiebildung - den Eindruck vermitteln, man wolle die künstlerische Freiheit einengen. Die Anerkennung, dass Kunst selbst keine Ziele hat, droht zum Freibrief zu werden, dass auch der Kulturbetrieb keine Ziele braucht. Doch solch ein Kulturbetrieb mäandert nur umher und ist nicht steuerbar. Wohin auch? Es dürfte eine der größten Herausforderungen des Kulturmanagements sein, diese beiden Denkweisen zusammenzubringen.
 
An vielen Stellen wird dabei deutlich, dass die Handreichung das Ergebnis einer Arbeitsgruppe von Expert*innen des Museumsmanagements ist. Statt ausufernder Texte findet man viele übersichtliche Tabellen, die stets mit konkreten Beispielen aus der Museumspraxis untermauert sind. Nach dieser Lektüre, die kurz und auf den Punkt gebracht ist, sollte niemand mehr Zweifel daran haben, dass strategische Management- und Controllinginstrumente in Museen nützliche Bausteine der Führung sind.
 
Im zweiten Teil werden die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung zum strategischen Management und Controlling in deutschen Museen dargestellt. Der Autor schränkt ein, dass die Antworten von 52 Museen aus über 1.500 Mitgliedsmuseen im Deutschen Museumsbund (und über 6.000 Museen in Deutschland) eine sehr kleine Stichprobe darstellen und diese vermutlich eine verzerrende Wirkung hat, weil eher Museen mit Controllingerfahrung geantwortet haben dürften. Die befragten Museen hatten im Mittel knapp zwei vollzeitäquivalente Stellen für Controllingaufgaben - eine Ausstattung, die eher in mittleren bis großen Häusern anzutreffen ist. Entsprechend lesen sich die Ergebnisse: Ein überwiegender Teil (!) gab an, über langfristige Ziele und Strategien zu verfügen. Stellenwert und Potenzial des strategischen Managements werden als sehr hoch eingeschätzt. Zugleich wird Controlling, gerade im strategischen Bereich, ein großes Ausbaupotenzial beschieden, quantitativ und qualitativ. Die Untersuchung legt zudem offen, wo es noch Handlungsbedarf gibt: Im täglichen Geschäft kommt die strategische Steuerung oft zu kurz, langfristige werden von kurzfristigen Zielen überschattet und mit der Strategieformulierung tun sich viele Museen schwer. Verbreitete Instrumente des Controllings in Museen sind laut der Befragung neben den Aufgaben Rechnungswesen und Budgetierung u.a. SWOT-, Risiko- und Portfolio-Analysen. Die viel diskutierte Balanced Scorecard wird ebenso genannt, wenngleich seltener. Die strategische Steuerung erfolgt vorwiegend anhand von Leitbildern und daraus abgeleiteten Zielvereinbarungen. Etwas ungewöhnlich erscheint hier die Klassifizierung der Besucherforschung als strategisches Steuerungsinstrument. Sie wird in der Literatur üblicherweise in der Analysephase an den Anfang bzw. in der Evaluationsphase ans Ende des strategischen Managementprozesses gestellt. Zweifelsohne erfreulich ist aber, dass Besucherforschung unter den befragten Museen verbreitet ist. 
 
Im dritten und letzten Teil werden Beispiele dazu aufgezeigt, welche strategischen Management- und Controllinginstrumente in der Museumspraxis eingesetzt werden. Hier ist besonders die Balanced Scorecard hervorzuheben, für die am Beispiel der Bundeskunsthalle Bonn gezeigt wird, wie das Konzept in praktikable Kennzahlen übersetzt werden kann. Auch die Ausführungen zur strategischen Budgetierung und zu Risikoanalysen sind durchaus hilfreich. Interessant ist auch die vorgestellte Wissensbilanz der Kestnergesellschaft Hannover. Eine solche könne "[…] der Erstellung einer strategischen Landkarte (und der Balanced Scorecard) vorangestellt werden, weil sie eine wichtige Bestandsaufnahme strategischer Ressourcen und Potenziale darstellt." Sie könnte also ein Einstieg in die strategische Steuerung sein.
 
Fazit
 
Handreichungen und Leitfäden des Deutschen Museumsbunds - zuletzt erschienen etwa für das wissenschaftliche Volontariat oder zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten - sind stets sorgfältig recherchiert und von Museumsexperten verfasst. Diese Expertise ist auch der Handreichung "Strategisches Management und Strategisches Controlling in Museen" anzumerken. Wie in den meisten Kultursparten ist Controlling im Museumsbereich noch ausbaufähig. Der Leitfaden, so heißt es im Fazit, will einen kleinen Beitrag zur Weiterentwicklung der Museen in Richtung strategieorientierter Organisationen leisten. 
 
Dabei wird die Handreichung ihrem Namen voll gerecht. Sie kann als Leitfaden für die Praxis verstanden werden und dürfte als solche besonders wertvoll für die vielen kleineren und mittleren Museen sein, die ohne eigene Controllingstellen auskommen und dennoch immer höheren Ansprüchen an Management und Reporting gerecht werden müssen. Für größere Häuser mit eigenem Controlling bietet die Handreichung nur stellenweise Neues. Zugleich kann das Papier aber auch als knappe, aber gehobene Einführung für Studierende und Einsteiger gelesen werden.
 
Der gesamte Leitfaden "Strategisches Management und strategisches Controlling von Museen" kann hier kostenlos heruntergeladen werden.

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