05.12.2016

Autor*in

Tillmann Triest
Tillmann Triest hat Kulturarbeit (BA) und Kulturmanagement & Kulturtourismus (MA) studiert. Er arbeitet an der Schnittstelle zwischen Dramaturgie und Audience Development in den Bereichen Musik, Theater und Urbanistik. Neben freien Projekten führten ihn seine Wege bisher u.a. an das Staatstheater Kassel, die Deutsche Oper Berlin, zu battleROYAL Showproduktion sowie als Lehrbeauftragter an die Fachhochschule Potsdam und die Hogeschool van Amsterdam.

Rückblick KulturInvest Kongress 2016

Theorie ja, Praxis nein

Am 03. und 04. November 2016 kam eine Vielzahl an Vertretern der Kultur- und Kreativszene zusammen, um entsprechend dem Motto Quo vadis Kulturmarkt? über aktuelle Tendenzen in der Branche zu diskutieren und der Frage nachzugehen, wohin sich der Kulturbetrieb entwickelt. Dabei zeigte sich: Aus dem Nachdenken über die Zukunft des Kulturbetriebs muss endlich ein Handeln werden.
Tillmann Treist besuchte den Kongress als Gewinner der Ticketverlosung von Kulturmanagement Network. Sein Konferenzrückblick ist ein Kommentar aus Sicht eines Kulturmanagement Studierenden. Den Kongressbericht der Kulturmanagement Network-Redaktion lesen Sie hier.
In verschiedenen Themenforen wurden mit Impulsvorträgen aus dem wissenschaftlichen Kulturmanagement sowie aus der Praxis, z.B. von 48h Neukölln oder Festival de la Cité Lausanne, gegenwärtige Prozesse besprochen und Best Practices vorgestellt. Der Frage nach dem wohin näherte man sich allerdings vor allem in den kurzen Frage- und Diskussionsrunden nach den Vorträgen an. Doch selbst bei diesem Austausch offenbarte sich vor allem der status quo, der zuerst abgefragt werden muss, bevor über das wohin nachgedacht werden kann. Wie so oft zeigte sich auch hier die Kluft zwischen Theorie und Praxis. Insbesondere an vielen öffentlich getragenen Kultureinrichtungen scheint das Tagesgeschäft nach wie vor unter dem impliziten Slogan business as usual zu laufen und damit im Gestern zu verharren ungeachtet den aktuellen Entwicklungen im Kulturmanagement, die bereits Eingang in die Lehre an deutschen Hochschule finden.

Mehr Besucherorientierung
So wirkten einige Vorträge beinahe gebetsmühlenartig. Beispielsweise zeigte Lorenz Pöllmann, Professor für Medien- und Eventmanagement an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Berlin, in seinem Beitrag anschaulich die Chancen und Risiken von Kommunikationsstrategien auf. Er rief den Kulturbetrieb dazu auf, Kulturmarken nicht nur inhaltlich zu denken, sondern sie auch sinnlich erfahrbar zu machen. Denn die Wahrnehmung des Besuchers sollte für Kultureinrichtungen stets ein Ansatzpunkt dafür sein, über die eigene Positionierung, Inhalte und Kommunikationskanäle nachzudenken. Besucherorientierung wird künftig noch mehr das A und O im Kulturgeschäft werden und Kunst und Kultur in stärkerer Verbindung zum Publikum stehen müssen. Es ist also nicht zu hoch gegriffen, zu sagen, dass sie ihre Funktion erst durch die Rezeption durch das Publikum erfüllen. Um Besucherorientierung aber konsequent strukturell in den Einrichtungen zu verankern, scheinen die Weitsicht oder zumindest die Ressourcen im Arbeitsalltag vieler Kulturmanager zu fehlen.

Ein ähnlicher Tenor wurde auch in der Diskussionsrunde nach dem Vortrag von Yvonne Pröbstle, Herausgeberin der Kulturtourismus-Studie, angestimmt. Pröbstle stellte verschiedene Kulturtouristentypen vor und leitete daraus Handlungsempfehlungen ab, die bei den anwesenden Vertretern aus der Tourismusbranche und dem Kulturbetrieb zunächst Zustimmung fanden. Aber schnell offenbarte sich eine gewisse Unbeholfenheit, die Erkenntnisse in der Praxis anzuwenden. Die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure könne aufgrund mangelnder Ressourcen kaum in Gang gesetzt werden, so das Stimmungsbild im Publikum. Die Besucherorientierung im neu entdeckten Segment Kulturtourismus steht daher oft hinter ihren Möglichkeiten.

Verschenktes Potenzial

Angesichts des Publikums, das sich vor allem aus Menschen zusammensetzte, die im kreativen und/oder kulturellen Umfeld tätig sind, ist es verschenktes Potential, dass neben den kurzen Fragerunden und den Kaffeepausen kaum produktive Zeit zum Austausch gegeben und die Inhalte ausschließlich über Frontalvorträge vermittelt wurden. Offene, dialogische und partizipative Formate hätten die Chance geboten, einem intensiveren Austausch, der offensichtlich gesucht wird, eine Plattform zu geben und vielleicht hätte sogar das im Kulturmanagement so hochgepriesene Wundermittel Kooperation Anwendung gefunden.

Wer ein bisschen recherchiert, wird schnell feststellen, dass das zum geflügelten Wort gewordene Quo vadis, das dem Motto des Kongresses Pate stand, eigentlich aus der Bibel stammt. In der Heiligen Schrift antwortet Jesus auf diese Frage, die ihm von einem seiner Jünger gestellt wird Quo vado, non potes me modo sequi... (Wohin ich gehe, dorthin kannst du mir jetzt nicht folgen...). Diese Antwort passt im übertragen Sinn nur zu gut in den Kontext des Kulturmanagements. Sei es im Kulturmarketing, Kultursponsoring oder bei Fragen des strategischen Managements: Die Theorie scheint der Praxis stets voraus zu sein und die in der Praxis Tätigen können ihr kaum folgen. Umso wichtiger sind Veranstaltungen wie der KulturInvest-Kongress, bei dem beide Parteien direkt aufeinandertreffen. Letztlich bleibt aber immer die Frage nach der Nachhaltigkeit einer solchen Veranstaltung. Was die Parteien aus dem Aufeinandertreffen mitnehmen, obliegt ihnen und auch den Formaten der Veranstaltung. Schlussendlich kann es aber auch nur ein Gedanke sein, der nachwirkt, aber viel bewirken kann.
 

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