16.07.2021

Themenreihe Besucherforschung

Autor*in

Birgit Grüb
ist Assoziierte Professorin am Institut für Management Accounting an der Johannes Kepler Universität Linz, Österreich. Ihre Forschungsinteressen umfassen die Leistungsbewertung und Berichterstat-tung im öffentlichen und NPO-Sektor sowie Public Value und Public Value Management.
Studie zum Public Value von Museen

(Mehr-)Werte messen und darstellen

Der Gesamtwert von Kultur ist schwierig zu messen, handelt es sich doch um eine jeweils subjektive Erfahrung. Ebendiese subjektive Wahrnehmung und Erfahrung lässt sich jedoch als "Public Value" erheben und darstellen.

Themenreihe Besucherforschung

In der Literatur wird Public Value definiert als etwas (bestimmte Produkte, Leistungen oder Angebote), das durch die Gesellschaft wertgeschätzt wird, oder auch Gemeinwohl, das für die Gesellschaft bzw. Allgemeinheit geschaffen wird (Benington 2011; Bozeman 2019). Er beschäftigt sich also mit dem gesellschaftlichen (Mehr)Wert, der durch Institutionen und Organisationen geschaffen wird.

Nach einer ersten im Jahr 2017 durchgeführten Befragung zu Public Value von Museen in Oberösterreich (Grüb 2018; Grüb/Martin 2019; Grüb/Martin 2020) wurde 2019 eine Anschlussstudie durchgeführt. Diese Studie fand im Rahmen des internationalen Museumstages vom 11.05.-19.05.2019 statt. In den Museen Wels Burg, Wels, Lentos, Nordico, Biologiezentrum Linz, der Landesgalerie und dem Schlossmuseum wurden dazu Fragebögen an die Besucher:innen verteilt. Intention war, die Wertschätzung von Museumsbesucher:innen für Museen selbst und den durch diese generierten Mehrwert abzufragen. Im Zuge des internationalen Museumstages sollten sowohl Besucher:innen, die regelmäßig ins Museum gehen befragt werden als auch Personen, die nicht regelmäßig ins Museum gehen, aber diesen Tag für einen Besuch nutzen.

Insgesamt nahmen 287 Personen an der Befragung teil. Der/die jüngste Teilnehmer:in war 13, der/die älteste 83 Jahre alt. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer:innen betrug 49,7 Jahre. Von den Befragten waren 60,2 Prozent weiblich, 39,1 Prozent männlich, 0,7 Prozent haben keine Angabe zum Geschlecht gemacht. 90,4 Prozent der Personen, die den Fragebogen ausgefüllt haben, waren reine Besucher:innen, 6,3 Prozent arbeiteten hauptberuflich im Museum und 3,3 Prozent engagierten sich nebenberuflich/ ehrenamtlich im Museum. Durch diese Verteilung kann ein merklicher Bias einer positiven Überbewertung durch Mitarbeiter:innen ausgeschlossen werden.

Im Zuge der Befragung wurden die Besucher:innen gebeten zu beantworten, welche Arten von Museen für sie persönlich den höchsten Mehrwert haben. Hierbei sollten Museen nach eigener Präferenz in eine Reihenfolge gebracht werden von 1 "höchster Mehrwert" zu 7 "geringster Mehrwert". Die Ergebnisse finden sich in Tabelle 1.
 


In der Analyse der Daten konnte hierbei festgestellt werden, dass es in der Bewertung der Museen Unterschiede sowohl in den Altersgruppen als auch zwischen den Geschlechtern gab (Statistische Analyse anhand Mann-Whitney-U Test, detaillierte Daten können bei der Autorin angefragt werden). So hat die Altersgruppe zwischen 61-83 Jahren eine höhere Wertschätzung für Kunstmuseen als jüngere Altersgruppen. Darüber hinaus haben Männer eine höhere Wertschätzung für technisch-wissenschaftliche Museen als Frauen.

In der weiteren Analyse konnte zwischen Personen mit bzw. ohne akademischen Hintergrund unterschieden werden. Hierbei wurde festgestellt, dass Teilnehmer:innen ohne akademischen Abschluss technisch-wissenschaftliche und naturwissenschaftliche Museen mehr wertschätzen als Akademiker:innen - diese haben dagegen eine höhere Wertschätzung für Kunstmuseen.
 
Dimensionen von (Mehr)Werten in Museen

Des Weiteren wurde die Zustimmung zu bestimmten Werten, die durch Museen generiert werden abgefragt. Diese wurden eingeteilt in:

  • individuelle Werte (Werte für den Einzelnen),
  • gesellschaftliche Werte (Werte für die Allgemeinheit) und
  • ökonomische Werte (ökonomische/monetäre Werte).
Eine Auswertung der Ergebnisse finden sich in den folgenden Abbildungen. Bei den individuellen Werten (Abb. 1) stimmten die Teilnehmer:innen vor allem dem zu, dass Museen zur Bildung von neuem Wissen und Erkenntnissen beitragen und dass die eigene soziale Entwicklung gefördert wird. Die geringste Zustimmung erhielt der Wert, dass Museen helfen, soziale Kontakte zu knüpfen. Insgesamt werden Mehrwerte vor allem in der Kompetenzentwicklung, neuen Erkenntnissen und Bildung für die eigene Person gesehen.
 


Gesellschaftliche Werte von Museen (Abb. 2) werden insbesondere im Verwahren von kulturellem Kapital und der gesellschaftlichen Wissens- und Kompetenzvermittlung gesehen. Zudem findet sich eine hohe Zustimmung darin, dass Museen zur Identifikation mit der eigenen Region beitragen. Die geringste Zustimmung erhielt die Abfrage, ob Museen soziale Exklusion reduzieren. Auch bei dieser Dimension findet sich insgesamt eine große Zustimmung, dass Museen zu Bildung und Kompetenzentwicklung, hier auf gesellschaftlicher Ebene, beitragen.
 


Bei der Abfrage der ökonomischen Mehrwerte (Abb. 3) wird vor allem bestätigt, dass Museen einen positiven Einfluss auf das Ansehen einer Region haben. Ebenso sehen die Teilnehmer:innen, dass ein Mehrwert für die regionale Wirtschaft dadurch generiert wird, dass der Tourismus gefördert wird. Vergleicht man alle drei Dimensionen sehen die Teilnehmer:innen der Studie höhere (Mehr)Werte in der individuellen und gesellschaftlichen als in der ökonomischen Dimension.
 

In der statistischen Auswertung zeigt sich, dass es für die ökonomischen Faktoren Unterschiede in der Wertschätzung zwischen den Geschlechtern gibt (T-Test auf Unterschiede sowie Korrelation nach Spearman, Signifikanz auf dem Niveau 0,01 bzw. 0,05 (zweiseitig), detaillierte Daten können bei der Autorin angefragt werden). So bewerten Frauen in dieser Dimension den Wert, den Museen generieren, geringer als Männer. Für die individuelle und gesellschaftliche Dimension lässt sich ein Alterseffekt feststellen. Mit zunehmendem Alter findet sich für die individuelle und gesellschaftliche Dimension eine geringere Wertschätzung als bei jüngeren Personen. Dieser Effekt ist primär auf die Einschätzung der Werte der Männer zurückzuführen. Bei Aufteilung nach Geschlecht finden sich bei Männern mit zunehmendem Alter eine geringere Wertschätzung für die individuelle und gesellschaftliche Dimension. Bei den Frauen zeigt sich dieser Effekt nicht. Im Zuge weiterer Analysen konnte festgestellt werden, dass das Alter der Personen allein keinen Einfluss auf die Einschätzung der Werte hatte, in der Kombination mit dem Geschlecht jedoch ein Effekt auftritt. Somit findet sich ein versteckter Interaktionseffekt zwischen Alter und Geschlecht (Regressionsanalyse unter Berücksichtigung von Interaktionseffekten, detaillierte Daten können bei der Autorin angefragt werden).

Zum Abschluss wurden den Teilnehmer:innen einige allgemeine Fragen zur Einstellung gegenüber Museen gestellt. Die Ergebnisse finden sich in der Abbildung 4.
 

Eine hohe Zustimmung bekamen hier insbesondere die Punkte, dass Museen durch öffentliche Gelder gefördert werden sollten sowie die Bereitschaft der befragten Personen grundsätzlich für die Leistungen der Museen Eintritt zu zahlen. Obgleich es aus der Literatur auch andere Erkenntnisse gibt, gibt es wenig Zustimmung für den Sachverhalt, dass Museen auch einen Mehrwert für Personen generieren, welche die Leistungen nicht direkt nutzen. Da die Stichprobe primär aus Museumsbesucher:innen bestand, müsste hier eine weitergehende Studie durchgeführt werden, die zum einen ebenfalls Daten von Personen abfragt, die nicht (regelmäßig) in Museen gehen und zum anderen mehr Personen befragt werden.

Fazit

Die vorliegende Studie zeigt, dass es grundsätzlich eine hohe Wertschätzung für Museen gibt und die Besucher:innen durch Museen generierte Mehrwerte in individueller, gesellschaftlicher und ökonomischer Dimension sehen. Die Wertschätzung wird partiell durch demographische Faktoren (Alter, Geschlecht, Bildung) beeinflusst. Dies zeigt, wie wichtig es für Museen ist, Kenntnis darüber zu haben, welche Personen(gruppen) das Museum besuchen, um zielgruppengerecht auf spezifische Interessen eingehen zu können und dies auch in der strategischen Planung zu berücksichtigen. Ebenso können die Erkenntnisse helfen, gezielte Angebote auch für Personen zu kreieren, die bisher noch selten in Museen gehen. Für die öffentliche Hand sind die Erkenntnisse ebenso relevant, da Studien wie die vorliegende zeigen, dass die Allgemeinheit einen Mehrwert in Museen sieht. Die Frage nach dem Public Value, dem Mehrwert für die Gesellschaft, wird insbesondere vor Verteilungsfragen öffentlicher Ressourcen immer bedeutender.
 
 
Der Beitrag erschien zuerst im Kultur Management Magazin Nr. 160: "Digitale Besucher:innen".

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