28.10.2019

Themenreihe Controlling

Autor*in

Petra Schneidewind
lehrt und forscht an der PH Ludwigsburg mit dem Schwerpunkt Managementtechniken, Kostenrechnung und Controlling im Kulturbetrieb. Sie war als Controllerin im Bereich Softwareentwicklung und in der Unternehmensberatung tätig.
Tom Schößler
ist kaufmännischer Geschäftsleiter und Stiftungsvorstand der Weserburg Museum für moderne Kunst in Bremen. Zuvor war er u.a. Verwaltungsleiter im Theaterhaus Stuttgart. Er beteiligt er sich an Forschungsprojekten und Publikationen mit den Schwerpunkten Kulturmarketing und Kulturfinanzierung und ist als Lehrbeauftragter an verschiedenen Hochschulen tätig. 
Whitepaper zu Controlling im Kulturbetrieb

Meister der Zahlen

Dass Controlling für viele Kulturbetriebe ein nützlicher Managementservice sein kann, ist eine mittlerweile kaum noch streitbare These. Dennoch wird es zu wenig genutzt und die Potenziale bei weitem nicht ausgereizt. Diese Herausforderungen haben dazu geführt, dass sich 2014 Expert*innen aus dem Theater-, Orchester- und Festivalbereich zusammen taten, um das "Forum Theater-Controlling" zu gründen. Dieses hat nun sein erstes Whitepaper veröffentlicht.

Themenreihe Controlling

Durch die weiter bestehende Vernachlässigung von Controlling bleiben Kulturinstitutionen in Sachen Finanzanalyse, Planung, Steuerung und einigem mehr unter ihren Möglichkeiten. Gleichzeitig kann sich nicht jedes Haus eine feste Stelle für Controlling leisten. Aber dieses betriebswirtschaftliche Instrumentarium kann und sollte auch nicht blind von einem auf ein anderes Haus übertragen werden, denn eine Standardisierung ist aufgrund der individuellen Anforderungen schwierig. 
 
Die Mitglieder und Mitwirkenden des Forums Theatercontrolling treibt die Motivation an, den Status Quo zu verändern, die Anwendung der Controlling-Funktion weiter zu verbreiten, zu verstetigen und von deren Nutzen zu überzeugen, vor allem bei den künstlerisch Verantwortlichen. Um dieses Ziel zu erreichen, kommt das Forum seither zwei Mal pro Jahr am Institut für Kulturmanagement in Ludwigsburg zusammen. Bei diesen inspirierenden Treffen - ja, auch Controlling kann inspirierend sein - werden Erfahrungen ausgetauscht sowie Tipps und Lösungsvorschläge erarbeitet. Das Rad muss nicht immer neu erfunden werden, so das Credo der Runde. Wissenschaft und Praxis finden hier zusammen und im kollegialen und vertrauensvollen Miteinander lässt sich so manches Problem leichter besprechen.
 
Eine Aufgabe des Forums ist es, Barrieren zu identifizieren und abzubauen, die einer intensiveren Controlling-Nutzung im Wege stehen. Ein vierköpfiger Beirat mit Wissenschaftlern und Praktikern sucht kontinuierlich nach aktuellen Entwicklungen, spürt Trends auf und lädt externe Experten zu Impulsvorträgen ein. Um das Expertenwissen empirisch zu ergänzen, wurde im Frühjahr 2018 in Kooperation mit dem Deutschen Bühnenverein eine Onlinebefragung unter allen im DBV organisierten Theater- und Orchesterbetrieben durchgeführt, um gesicherte Informationen über den Stand, die Ausbaustufe, den Nutzen und die Herausforderungen des Controllings zu bekommen. Mit 87 gültigen Fragebögen (gemäß Theaterstatistik aus 140 Theaterunternehmen und 46 selbständigen Orchestern) konnte eine solide Datenbasis gewonnen werden. Aufbauend auf diesem Fundament sollten zudem Standards definiert werden, die in der Gruppe der Forumsteilnehmer diskutiert, abgestimmt und verabschiedet wurden. 
 
Die Ergebnisse
 
Aus beiden Quellen, den qualitativen Expertenwissen und der quantitativen Empirie, entstand ein Whitepaper mit dem Titel "Controlling im Theater", das im Juli 2019 online veröffentlicht wurde und zum kostenlosen Download bereit steht. Die Befragungsergebnisse und der Versuch, Standards zu definieren, werden dabei ergänzt um Best Practice Beispiele, Tipps und weitere Serviceelemente. Das Dokument soll einen Einstieg ermöglichen und eine Überblick dazu verschaffen - auch und besonders für Neueinsteiger*innen -, wo Theater-Controlling zurzeit steht und wohin es sich bewegt. Die ersten Reaktionen darauf sind durchweg positiv. 
 
Einige bemerkenswerte Ergebnisse: Nur jedes zweite Theater hat derzeit eine feste Controlling-Stelle, doch in den meisten Fällen sind ohnehin mehrere Personen mit Controlling beschäftigt. Controller*innen sehen sich selbst nicht als "Kontrolleure", auch wenn dieses Missverständnis noch manchmal zu finden ist. Sie sind vielmehr "Meister der Zahlen", die von der Planung über die Steuerung bis zur Kontrolle am gesamten Managementzyklus mitwirken. Die Kostenanalyse steht dabei im Fokus, aber auch Erlöse, Produktionsbudgets und Personal werden im größten Teil der Häuser vom Controlling gesteuert. Entsprechend ist die Finanzbuchhaltung eine wichtige Informationsquelle, aber auch die Ticketing-Systeme gewinnen als Analyse- und Reporting-Tools an Bedeutung. 
 
Das Standardwerkzeug im Handling von Daten ist und bleibt Microsoft Excel. Mit überwiegender Mehrheit gaben die Befragten an, dass Controlling die Transparenz steigert. Es ist die Stelle im Theater, an der Daten zusammenlaufen und zur Verfügung gestellt werden können. Controlling hilft, vor Abweichungen zu warnen und bessere Entscheidungen zu treffen. Während Nutzen und Informationsgehalt von den befragten Controller*innen und Führungskräften gleichermaßen als hoch eingeschätzt werden, gibt es noch reichlich Luft nach oben, was die Ausbaustufe betrifft. Auch die Akzeptanz bei den künstlerisch Verantwortlichen gilt es zu verbessern. Darüber hinaus bringt die Zukunft des Theater-Controllings viele Herausforderungen mit sich: mehr Kostendisziplin, umfangreichere Daten, strategischeres Denken, Erlösmanagement und eine höhere Reaktionsgeschwindigkeit sind Aspekte, mit denen sich das Controlling an den meisten Theatern zunehmend beschäftigen wird. 
 
Best Practices und Blick nach vorn
 
Das Forum lebt von interessanten Beispielen aus der Theaterpraxis. In das Whitepaper sind Berichte über wirkungsorientiertes Controlling, die Balanced Scorecard, die Einführung von Deckungsbeitragsrechnungen, die Beziehung zwischen Controlling und Qualitätsmanagement sowie Controlling bei Theaterfusionen eingeflossen. Zudem haben wir versucht, ein Bild der Theater-Controller*innen der Zukunft zu zeichnen. Ob sie sich eher zu Entscheidungscoaches, Data Scientists, Strategen oder Innovatoren entwickeln werden, bleibt abzuwarten. 
 
Das Fazit der Arbeit am Whitepaper ist indes einhellig: es bewegt sich etwas im Theater-Controlling und es wird sich noch viel tun (müssen), damit Controlling den Theaterleitungen noch besser helfen kann, sicher durch unsere volatile, unsichere, komplexe und mehrdeutige Welt zu steuern.
 
Die Treffen des Forums zeigen, dass Fragen im Kontext des Controllings in der Szene immer wieder auftauchen und innovative Lösungsvorschläge und Ideen notwendig sind. Die Teilnehmer*innen am Forum Theater-Controlling geben uns oft das Feedback, wie spannend es ist, neue Ideen zu begleiten und mit Ihrer Expertise zu bereichern. Da sie in vielen Fällen die alleinigen Controller*innen in ihrem Theater sind, ist der Austausch mit Kolleg*innen aus ganz Deutschland besonders bereichernd. Das Whitepaper zeigt die Dynamik des Feldes auf, entsprechend wird das Forum seinen Beitrag leisten, ebenso dynamische Entwicklungen im Anwendungsgebiet auszulösen.
 
 
 
Kultur Management Network ist Medienpartner der Initiative, so dass in dieser Reihe immer der neueste Stand zu finden ist.

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