10.02.2021

Buchdetails

Musikleben in Deutschland
von Deutscher Musikrat gemeinnützige Projektgesellschaft mbH - Deutsches Musikinformationszentrum (MIZ), Stephan Schulmeistrat, Christiane Schwerdtfeger
Verlag: Deutscher Musikrat
Seiten: 620
 

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Autor*in

Patrick Hinsberger
studierte Kulturwissenschaften in Saarbrücken und Jazz Trompete in Bern. Neben seiner Arbeit als freiberuflicher Musiker versucht er der Kulturbranche ebenso weiter treu zu bleiben, wie seiner Liebe für alles, was deutsch-französisch ist. In der übrigen Zeit interviewt er regelmäßig andere Musiker*innen für seinen Blog what-is-practice.de und schreibt über das musikalische Üben.
Buchrezension

Musikleben in Deutschland

Ein umfassendes kulturelles Erbe sowie eine lebendige Musikszene machen Deutschland zu einem Land der Musik. Ausgewählte Fakten sowie Entwicklungen zentraler Bereiche gibt der Sammelband "Musikleben in Deutschland" wieder.
 
Pünktlich zum Jubiläum des Deutschen Musikinformationszentrums (MIZ) beschenkt sich ihr Träger, der Deutsche Musikrat (DMR), selbst mit einer gedruckten "Neuauflage" des Musik-Almanach. Dem eigens auferlegten Credo "Musik ist Vielfalt" versucht sich der Sammelband in 22 detaillierten Einzelkapiteln zu nähern. Dabei spezifizieren die Autoren, hauptsächlich Hochschulprofessor*innen und Dozent*innen, die Thematik von einem einführenden Übersichtskapitel ausgehend immer weitreichender. Die Bandbreite reicht von der Musikvermittlung allgemein, über die musikalische Bildung in und außerhalb des schulischen Kontextes, bis hin zu einzelnen Genres (Jazz, Populäre Musik, Zeitgenössische Musik, Weltmusik) und einer Übersicht zur Musikwirtschaft.

"Musik ist Vielfalt"

Dem Jubiläumssammelband gelingt es in der Tat die unglaubliche musikkulturelle Vielfalt in Deutschland aufzuzeigen. Alleine der Umfang von über 600 Seiten verdeutlicht dies eindrücklich. Einzelnen Beiträgen, wie beispielsweise zum Jazz in Deutschland oder zum Thema Festspiele und Musikfestivals, gelingt es ferner ebenso, die historische Dimension der Kulturentwicklung in Deutschland zu skizieren. Vor allem im Bereich der Amateurmusik dürfen einzelne Genres auf eine derart lange Tradition zurückschauen, dass sie bereits Teil des UNESCO Weltkulturerbes geworden sind (etwa die Chormusik in deutschen Amateurchören).

Darüber hinaus unterstreichen die zahlreichen Abbildungen die detaillierte Arbeit des MIZ. Zudem lassen die an einigen Stellen platzierten QR-Codes zu weiterführenden Online-Angeboten darauf hoffen, dass dieses Buch seine Aktualität so schnell nicht verliert.

Manche Beiträge hingegen zeichnen dabei auf den ersten Blick ein teilweise widersprüchliches Bild der Musiklandschaft, so etwa beim Thema Musikfestivals. Positiv formuliert unterstreicht dies nur noch einmal die enorme Vielfalt der hiesigen Kulturlandschaft. Es wird zugleich aber vor allem deutlich, dass im Bereich der (musischen) Kulturstatistik noch keine Vereinheitlichung für eine echte Vergleichbarkeit stattgefunden hat. Den Herausgebern des Sammelbandes ist diese Problematik allerdings durchaus bewusst und man weist gleich zu Beginn der Einführung darauf hin. Ferner unterstreichen die jeweiligen Hinweis-Boxen unter den Auswertungen selbiges Problembewusstsein und erlauben Rückschlüsse auf die ausgewerteten Quellen.
Musiklandschaft in Deutschland - Eine Industrie im Wandel

Die Bedeutung der deutschen Musiklandschaft ist seit 2020 wahrscheinlich so präsent wie nie zuvor. Bis dato verschleierte vor allem die Unterteilung der Musikwirtschaft in viele kleine, mittlere und Kleinstunternehmen das Bild der Gesamtwirtschaftsleistung - von immerhin circa 8,1 Milliarden Euro (für das Jahr 2016). Dagegen erleben wir im Jahr 2020 erstmalig schmerzlich das Ausbleiben zahlreicher Kulturveranstaltungen sowie die Existenzängste einer ganzen Industrie. Vom etablierten Musikverlag bis hin zu Opernhäusern und Konzertsälen, die in ihrer Dichte hierzulande einzigartig sind, kämpfen sie alle mit den Umständen der Corona-Pandemie. Insofern bietet "Musikleben in Deutschland" eine Rückschau in die letzten fünf bis zehn Jahre vor Krise.

Die momentane Situation beschleunigt dabei jedoch die auch für die Musiklandschaft dringenden Fragen nach der Digitalisierung und eines Strukturwandels. Einige der positiven Entwicklungstrends (bspw. die langfristige positive Umsatzentwicklung der Kultur- und Kreativwirtschaft sowie der Musikwirtschaft) die in dem Sammelband aufgegriffen werden, hätten aus heutiger Sicht daher unweigerlich weniger Bestand. Unterdessen verschärfen sich bereits lange existierende Probleme, wie beispielsweise die prekären Einkommensverhältnisse zahlreicher Musikschaffender.

Fazit

Zusammenfassend ist dem Deutschen Musikrat ein äußerst umfangreiches und gut strukturiertes Nachschlagewerk zur hiesigen Musiklandschaft gelungen. Es bietet allen Musikbegeisterten einen Ausgangspunkt für weiterführende Studien sowie eine detaillierte Beschreibung des Status quo. Gleichzeitig könnte man dies auch als einzigen Kritikpunkt vorbringen, da nicht alle Beiträge einen Ausblick in die Zukunft wagen. Man hätte sich unter Umständen ein abschließendes Kapitel zu möglichen Chancen und Perspektiven für die nächsten zwanzig Jahre gewünscht. Nichtsdestotrotz wird dafür umso deutlicher, vor welchem Spagat die deutsche Musiklandschaft auch weiterhin stehen wird: Sie ist Kultur- und Wirtschaftsgut zugleich.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die an einzelnen Stellen aufgezeigten Visionen, zum Beispiel im Bereich der Digitalisierung, zukünftig entwickeln werden. Möglicherweise lässt sich hierfür die aktuelle Krise als Chance nutzen, die der Gleichzeitigkeit von Live-Streams und Live-Erlebnis als möglichen Gewinn für alle beteiligten Parteien den Weg bereitet hat.
Ferner darf man hoffen, dass die einleitenden Worte von Monika Grütters "Der Erhalt und Ausbau des Musiklebens müssen Bund, Ländern und Gemeinden auch in Zukunft Verpflichtung sein." (S. 23) auch weiterhin ihre Gültigkeit behalten.

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