22.10.2018

Themenreihe Karriere

Autor*in

Inez Boogaarts
ist Geschäftsführerin der Zukunftsakademie NRW. Neben einem Abschluss in Sozialer Geografie in Utrecht blickt sie auf Forschungsaufenthalte in den USA und Europa sowie langjährige internationale Erfahrungen in den Bereichen kulturpolitische Beratung, Programmentwicklung, Kulturmanagement und Kommunikation zurück.
Dirk Schütz
ist Gründer von Kultur Management Network und der Kulturpersonal GmbH. In den Bereichen Führung, Personalmanagement und Organisationsentwicklung arbeitet er als Berater, Coach und Trainer und unterrichtet als Dozent an Kulturmanagement-Studiengängen im deutschsprachigen Raum.
Kristin Oswald
leitet die Online-Redaktion von Kultur Management Network. Sie studierte Geschichte und Archäologie in Jena und Rom sowie Social Media-Marketing in Berlin. Sie ist freiberuflich in der Wissenschaftskommunikation und im Museumsmarketing mit Schwerpunkt online tätig.
Kultur-Karrieren

Keine Angst vor dem Außergewöhnlichen Teil III

Ob Wechsel zwischen den Kultursparten oder zwischen öffentlichem Bereich und Unternehmen. Als KulturmanagerIn stehen viele Optionen offen. Im dritten Teil unserer Interviewreihe mit karriere-mutigen Kulturschaffenden berichten Inez Boogaarts und Dirk Schütz über ihre Erfahrungen mit dem Spagat zwischen den Möglichkeiten.

Themenreihe Karriere

Inez Boogaarts hatte mit Kultur eigentlich nicht viel am Hut. Aber sie wollte schon immer die Welt entdecken. Im deutschen Kulturbereich hat die Niederländerin nun im doppelten Sinne eine neue Heimat gefunden.
 
Was war dein Traumberuf als du ein Kind warst?
 
Inez Boogaarts: Ich war da nicht so festgelegt. Mich haben alle Berufe interessiert, bei denen ich draußen sein und mich bewegen konnte: Feuerwehrfrau, Polizistin, Sportlerin, Rennradlerin. Das hat zwar nicht so ganz geklappt, aber immerhin bin ich heute Besitzerin von sieben Fahrrädern.
 
Wie verlief dein bisheriger beruflicher Werdegang? Würdest du ihn als außergewöhnlich bezeichnen?
 
IB: Irgendwann war mir klar: Ich möchte international arbeiten, im Ausland und über Ländergrenzen hinweg, ich möchte etwas bewegen. Das habe ich zunächst im wissenschaftlichen Rahmen getan (und außerdem über Radsport geschrieben, da habe ich meine Träume zusammengebracht). Ich habe Soziale Geografie in Utrecht studiert und mich danach mit ganz verschiedenen Themen wie Stadtplanung, Verwaltungswissenschaft, Betriebswirtschaft und Wirtschaftsgeografie beschäftigt.
 
Im Kulturbereich bin ich erst ziemlich spät und eher durch Zufall gelandet. Zuerst als Beraterin in den Bereichen Strategieentwicklung, Evaluation und Kulturpolitik, u.a. für verschiedene Institutionen in den Niederlanden, dann mehr und mehr als Kulturmanagerin - in Organisationen und großen Projekten, lokal und international, manchmal im Ausland. In Kontakt mit Nordrhein-Westfalen bin ich als Kulturattaché am Generalkonsulat der Niederlande in Düsseldorf gekommen. Dort habe ich mich intensiv mit dem niederländischen Beitrag zur Kulturhauptstadt Ruhr 2010 beschäftigt. Und heute bin ich die Geschäftsführerin der Zukunftsakademie NRW. Meine BWL- und Verwaltungskenntnisse helfen mir hier viel, aber ich habe auch viel in der Praxis gelernt. Meinen Werdegang finde trotzdem nicht außergewöhnlich. Kulturmanagement ist keine Raketenwissenschaft, aber harte Arbeit.
 
Wie strategisch hast du deine Karriere geplant? Hattest du an bestimmten Punkten Zweifel oder sind unvorhergesehene Dinge geschehen? Wie bist du damit umgegangen?
 
IB: Gezielte Strategien habe ich nicht entworfen. Es kommt noch ketzerischer: Inhalte sind für mich generell wichtiger als strategische Überlegungen. Danach habe ich immer gehandelt. Als ich nach fünf Jahren in Düsseldorf zurück in den Niederlanden war, bin ich in ein großes Projekt im Auswärtigen Amt eingestiegen, das die 400-jährigen Beziehungen zwischen den Niederlanden und der Türkei behandeln sollte. Nach einiger Zeit habe ich gemerkt, dass dort keine klaren Entscheidungen getroffen wurden und aus dem Projekt nichts werden konnte. Also habe ich gekündigt anstatt meine Zeit einfach abzusitzen. Auch der Wechsel zur Zukunftsakademie NRW nach Bochum war eher meiner inhaltlichen Neugier geschuldet als einer strategischen Überlegung.
 
Welche Tipps oder Ratschläge würdest du anderen KulturmanagerInnen für eine Karriere im Kulturbetrieb mitgeben?
 
IB: Offen sein (und bleiben). Risiken eingehen. Den Mut haben, auch mal einen Karriereschritt zurück zu machen, wenn es sich inhaltlich lohnt. Sich neben aller Begeisterung für die Kunst auch für Finanzen, Kommunikation, Publikum und andere Managementaufgaben interessieren. Im Ausland arbeiten. Der Kulturbetrieb ist manchmal ein Kampf, in dem die KollegInnen auch eine Konkurrenz darstellen. Es lohnt sich trotzdem, zusammenzuarbeiten.
 
 
 
Dirk Schütz mochte schon immer die Abwechslung. Von Angst lässt er sich dabei nicht leiten: Das Ergebnis: zwei erfolgreiche Firmen und eine gut laufende Tätigkeit als Berater und Coach. Die Liebe zur Musik ist dabei immer geblieben, wenn auch nicht hauptberuflich.
 
Was war dein Traumberuf, als du ein Kind warst?
 
Dirk Schütz: Das hat ganz häufig gewechselt und alle Klassiker waren dabei: Müllmann, weil ich das es toll fand, wie die diese runden Mülltonnen gedreht haben; Feuerwehrmann; später kam der Wunsch auf, Berufsmusiker zu werden und während des Musikstudiums hatte ich kurzzeitig noch den Gedanken, bis 30 Konzernlenker zu werden.
 
Wie verlief dein bisheriger beruflicher Werdegang? Würdest du ihn als außergewöhnlich bezeichnen?
 
DS: Er verlief auf jeden Fall nicht geradlinig. Aber ich würde nicht unbedingt sagen, dass er außergewöhnlich für den Kulturbereich ist, weil dessen besondere Rahmenbedingungen eigentlich keine "klassische" Karriere ermöglichen. Ein wichtiger Punkt für meine Karriere war, dass ich es immer bei interessanten und herausfordernden Aufgaben sofort die Möglichkeit ergriffen und nicht drüber nachgedacht habe, ob ich das schaffen kann. Schon während meines Musikstudiums wollte ich noch etwas anderes als Musik machen. Das Fach Kulturmanagement als neuer Studiengang in Deutschland hat mich sehr angesprochen. Passenderweise ergab sich nach dem Studium die Möglichkeit, dass ich gleich einen solchen Studiengang in Weimar aufbauen und leiten konnte, ohne vorheriges Studium. Mit Dirk Heinze hatte ich dann einen Studenten, der sich viel mit dem damals aufkommenden Internet beschäftigt hat. Das fand ich spannend. Und als es dann an der Weimarer Bauhaus-Universität, bei der ich für Marketing zuständig war, Gründungsgelder gab, haben wir uns beworben und Kultur Management Network ausgegründet. Während meiner Karriere gab es immer wieder solche Situationen, in denen sich ein Fenster öffnete und ich dann gesagt habe: Wenn ich scheitere, dann ist es halt so, aber ich mache es. Als Projektmanager für die Kulturhauptstadt in Luxemburg leitete ich zum Beispiel Großprojekte und habe dabei erst on-the-Job erst Projektmanagement gelernt. Und nachdem ich mir bei Kultur Management Network viel über die Personalsituation im Kulturbereich angeeignet hatte, habe ich zusammen mit Oliver Scheytt meinen Wunsch verwirklicht, dafür einen Service zu entwickeln. So ist Kulturpersonal entstanden. Viele dieser Erfahrungen kann ich heute als Dozent und Trainer, auch in Wirtschaftsunternehmen, weitergeben. So bin ich letztendlich doch noch bei Konzernen gelandet.
 
Wie strategisch hast du deine Karriere geplant? Hattest du an bestimmten Punkten Zweifel, oder sind unvorhergesehene Dinge geschehen? Wie bist du damit umgegangen?
 
DS: Das ist eine spannende Frage. Zweifel an sich hatte ich eigentlich nicht, eher immer wieder einmal Ängste vor dem Scheitern. Ich glaube das macht jeder Unternehmer durch, wenn es mal zu Stolpersteinen kommt, die nicht vorhersehbar waren oder auf die man keinen Einfluss hat. Denn man ist natürlich mit Leib und Seele involviert in das eigene Unternehmen und auch davon abhängig. Diese Ängste haben mich aber immer wieder dazu getrieben, darüber nachzudenken, was schiefgehen kann, was wir besser machen können und wo neue Möglichkeiten liegen, für uns als Unternehmen, aber auch für mich. Das strategische Denken hat sich dabei eigentlich erst nach und nach entwickelt. Am Anfang war ich relativ naiv und euphorisch bei Ideen, die eigentlich illusorisch waren. Und bis heute habe ich in Bezug auf meine Karriere eigentlich keine Strategie, sondern war immer bemüht, dass ich Dinge, die ich mache, mehrfach verwerten oder kombinieren kann. Durch Kultur Management Network habe ich zum Beispiel inhaltlichen Input, den ich in Workshops umsetzen kann, und aus den Workshops kann ich wiederum neue journalistische Themen generieren. Ich glaube die Kunst ist, sich so zu beschränken, dass man sich nicht verzettelt bei all den Möglichkeiten, die aufkommen. Auch ich muss mich leider immer wieder entscheiden, Dinge nicht zu tun.
 
Welche weiteren Tipps oder Ratschläge würdest du anderen KulturmangerInnen für eine Karriere im Kulturbetrieb mitgeben?
 
DS: Es ist wichtig, eine gute Balance zu finden zwischen dem Bauchgefühl und einem bewussten strategischen Handeln und Entscheiden, sich mit den eigenen Voraussetzungen auseinanderzusetzen, mit den Gegebenheiten, den Möglichkeiten und dem Umfeld. Man sollte sich orientieren, wo es Nischen gibt, welche Talente und Neigungen man hat, was einem Spaß macht und interessiert. Und dann muss man schauen, was man damit anfangen kann. Also sollte man von Beginn an etwas strategischer denken als ich damals und sich informieren, welche Berufsbilder es gibt und was man dafür braucht. Und viel mit Leuten reden. Die können vielleicht keine direkten Karriere-Tipps geben, weil man nicht zweimal denselben Weg gehen kann. Aber sie können einem sagen, was wichtige Aspekte und Inhalte ihrer Arbeit sind, die einen weiterbringen. So kann man ganz gut die eigene Karriere planen. Vor allem, da der Arbeitsmarkt heute stärker in Richtung der Arbeitnehmer geht, die sich immer häufiger aussuchen können, wo sie arbeiten wollen. Es gibt die unterschiedlichsten Möglichkeiten zu arbeiten und das muss man sich klarmachen und selektieren. Ein bisschen Glück, zur "richtigen Zeit am richtigen Ort" zu sein, hilft aber auch.
 
 
Die Interviews führte Kristin Oswald.

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