22.01.2024

Themenreihe Personal

Autor*in

Antonia Schwingen
ist akademische Mitarbeiterin am Institut für Kulturmanagement der PH Ludwigsburg. Ihr Arbeits- und Forschungsschwerpunkt ist die Personalbeschaffung in Kulturbetrieben. Zuvor war sie Beraterin bei einer Strategieberatungsfirma für Institutionen aus Kultur und Bildung. Unter anderem hat sie dort in Organisationsentwicklungsprojekten mitgewirkt.
Andrea Hausmann
ist Professorin für Kulturmanagement an der PH Ludwigsburg. Zuvor war sie Professorin und Leiterin des Masterstudiengangs Kulturmanagement und Kulturtourismus an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder). Sie berät Kulturbetriebe bei der Umsetzung von Maßnahmen der Personal- und Organisationsentwicklung. 
Professionelles Recruiting und Arbeitgeberattraktivität im Theater

Wer bewirbt sich bei wem?

Das deutsche Kultursystem befindet sich in einem umfassenden organisationalen Change Prozess. Um wettbewerbsfähig zu bleiben und die gesellschaftliche Legitimation zu stärken, sind professionelle und zeitgemäße Strukturen unerlässlich für Kulturbetriebe. Ein entscheidender Baustein dabei ist das Personalmanagement.

Themenreihe Personal

In unseren anwendungsbezogenen Fortbildungsprojekten befassen wir uns am IKM Ludwigsburg momentan intensiv mit der Frage, inwiefern Kulturbetriebe professionelle Recruiting-Prozesse zur Steigerung ihrer Arbeitgeberattraktivität nutzen können. In diesem Beitrag werden dazu einige Impulse vorgestellt, insbesondere für die Sparte Theater.
 
Instrument Employer Branding
 
Der Personalmangel, vor allem in den administrativen und technischen Bereichen, beschäftigt viele Theaterbetriebe. Aber sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren bedeutet eine zunehmende Herausforderung angesichts dessen, dass sich im Kulturbereich ein Wandel vom Arbeitgebermarkt hin zu einem Arbeitnehmermarkt vollzieht: Nicht nur potenzielle Stelleninteressierte müssen sich beim Arbeitgeber bewerben, sondern immer öfter bewirbt sich die Arbeitgeberinstitution auch bei den umworbenen Fachkräften.
 
Ein wichtiges Instrument zur Ansprache, Gewinnung und Bindung von qualifiziertem Personal für die eigene Institution ist das sogenannte Employer Branding. Im Zuge dessen wird strategisch eine Arbeitgebermarke (Employer Brand) etabliert und zur positiven Abhebung von anderen Institutionen eingesetzt. Im Zentrum der Employer Brand steht eine individuelle Kombination aus objektiv wahrnehmbaren Markenmerkmalen, die Auftreten und Arbeitsbedingungen des Theaters spiegeln, und subjektiv von den Mitarbeitenden wahrgenommenen Aspekten wie beispielsweise dem Identifikationspotenzial des Betriebs. Die Arbeitgebermarke kann ihre Wirkung allerdings nur dann entfalten, wenn sie wohlüberlegt konzipiert wurde, authentisch ist und konsequent bei den Aktivitäten des Hauses mitgedacht wird - so auch beim Recruiting. 
 
Vor allem der subjektiv wahrgenommene, immaterielle Teil der Employer Brand ist eng damit verzahnt, wie es um die Organisationskultur innerhalb eines Betriebs steht. Da dieser Aspekt besonders wichtig für Bewerber:innen ist, sollten dies nur Institutionen als Herausstellungsmerkmal betonen, die tatsächlich ein gutes Arbeitsklima für sich beanspruchen können. Gerade kleinere Häuser können hier mit einer Kombination aus flachen Hierarchien, kreativen Spielräumen, besonders engagierten Führungskräften und einem wertschätzenden Miteinander punkten. Demgegenüber sollten einige der großen Häuser zunächst noch das Augenmerk auf ihre internen Arbeitsstrukturen richten, was derzeit auch in der Presse thematisiert wird. Dabei können selbst nach innen gerichtete Transformationsprozesse mithilfe professioneller Kommunikation an die Öffentlichkeit ein Image als lernbereiter und zukunftsorientierter Arbeitgeber fördern, wie es beispielsweise das Badische Staatstheater Karlsruhe mit seinem "Zukunftsprozess" getan hat. 
 
Nichtsdestotrotz gibt es natürlich auch Gegebenheiten in Kulturbetrieben, an denen nur bedingt geschraubt werden kann. So können z. B. Theaterbetriebe mit ihrer sehr arbeitsteiligen und personalintensiven Produktionsweise häufig nur bedingt individuellen Vorstellungen von Bewerber:innen nachkommen, wenn es um Home Office, Gleitzeit und Teilzeitarbeit im Sinne einer ausgewogenen Work-Life-Balance geht. Im Gegenzug zeichnen sich gerade Theaterbetriebe durch ein hohes Maß an intrinsischer Motivation und künstlerischem Wollen aus, woraus ein kreatives und abwechslungsreiches Arbeitsumfeld erwächst. Dies könnten Theaterbetriebe bei ihrer Selbstvermarktung stärker für sich nutzen, indem sie ein persönliches Narrativ von "Arbeit als Teil von Qualitätszeit" etablieren, indem sie Möglichkeiten des sozialen Miteinanders und der Selbstverwirklichung am Arbeitsplatz aufzeigen. 
 
Beziehungsaufbau in der Candidate Journey 
 
Neben der aktiven Kommunikation der Vorzüge eines Arbeitgebers kann auch der Umgang mit Bewerber:innen im direkten Kontakt maßgeblich die Außenwirkung eines Betriebs beeinflussen: Ein professionelles Bewerbermanagement kann die Arbeitgeberattraktivität insofern unterstützen, als sämtliche Kontaktpunkte mit der Institution vor, während und nach dem Bewerbungsverfahren Gelegenheiten für einen guten Eindruck bei Stelleninteressierten bieten. Dazu gehört insbesondere, dass Bewerber:innen konsequent von Beginn bis zum Abschluss des Prozesses zuverlässig und wertschätzend informiert werden. Wenn die Kommunikation bereits zuvor angenehm war, nächste Schritte transparent waren und mit Verzögerungen offen umgegangen wurde, kann sich die Institution auch im Fall einer schlussendlichen Absage durchaus positiv bei Bewerber:innen einprägen. 
 
Bestimmte Kontaktpunkte der sogenannten "Candidate Journey", also der "Reise" von Kandidat:innen durch den Recruiting-Prozess, lassen sich zudem nutzen, um ein professionelles Bild als Arbeitgeber zu hinterlassen: 
 
  • Die Stellenanzeige ist ein gängiges Instrument des Recruitings, auch in Kulturbetrieben. Ein Zeichen für Bewerberorientierung kann beispielsweise dadurch gesetzt werden, dass die Institution sowohl sich als Ganzes in einem kurzen Intro-Text vorstellt als auch die konkrete Abteilung, für die rekrutiert wird. Interessant für potenzielle Stelleninteressierte ist auch der Hinweis auf eine Ansprechperson für inhaltliche Rückfragen. Mit einem Ausblick darauf, wann die Bewerbungsgespräche stattfinden werden, kann der Arbeitgeber Einfühlungsvermögen in die Bewerbersituation signalisieren. Auch der richtige "Tonfall" einer Anzeige für die jeweilige Zielgruppe (Führungskraft, Young Potentials etc.) spielt eine Rolle. Daher kann es sich lohnen, den Blick der jeweiligen Fachabteilung bei der Anzeigenerstellung einzuholen (im Theater beispielsweise bei Stellen in den künstlerischen Gewerken oder der Bühnentechnik).
  • Im Auswahlgespräch können vor allem die Rahmenbedingungen Einfluss auf die Wahrnehmung eines Betriebs durch Bewerber:innen nehmen. Zu den grundlegenden Elementen gehören eine freundliche Begrüßung, angenehme Räumlichkeiten, Verpflegung und der Ermöglichung von Rückfragen der Bewerberseite. Daneben können gerade Orte der Kunstproduktion wiederum ihr besonderes "Gesamtsetting" wirken lassen: So hinterlässt beispielsweise eine Führung der Kandidat:innen durch ein Theater, gerade durch die Bereiche der künstlerischen Gewerke (z. B. Malersaal, Fundus etc.) einen ganz anderen Eindruck vom Arbeitsort als das theoretische Gespräch darüber. 
  • Nicht zu unterschätzen ist die Wirkung sämtlicher Arbeitgeberaktivitäten zwischen Vertragsschluss und erstem Arbeitstag. Insgesamt bestätigt sich auch in unseren Gesprächen mit verschiedenen Theaterakteur:innen, dass das Onboarding in Kulturbetrieben noch verhältnismäßig wenig bei der Vermarktung als attraktiver Arbeitgeber genutzt wird (siehe hierzu den Beitrag "Den Nachwuchs "an Bord" holen" im KMN-Magazin Nr. 172). Dabei mangelt es Theatern auch im Vergleich mit anderen Kultureinrichtungen keineswegs an guten Einfällen, von der Übermittlung institutionsbezogener Materialien (z. B. Spielzeitheft, Leitbild etc.) über Gesprächsangebote mit der Personalabteilung und die Nennung wichtiger Anlaufstellen (z. B. Diversitätsbeauftragte, Personalrat etc.) bis hin zu Karten für hauseigene Theatervorstellungen. Derartige Möglichkeiten können Institutionen gezielt für einen Beziehungsaufbau zu neuen Mitarbeitenden einsetzen.
 
 
Abschlussbemerkung
 
Dieser Beitrag soll Theater und andere Kulturbetriebe dazu anregen, ihre eigenen Recruiting-Prozesse auf den Prüfstand zu stellen. Denn die Investition in ein professionelles Recruiting zahlt sich nicht nur auf der Ebene der Personalbeschaffung für einzelne Abteilungen aus, sondern kann darüber hinaus positive Marketingeffekte für die gesamte Institution haben. Viele der oben genannten Stellschrauben können auch bei einer knappen Ressourcenlage - wie in Kulturbetrieben oftmals der Fall - realisiert werden. Unsere hier vorgestellten praxisbezogenen Beobachtungen sollen Kulturbetriebe darin bestärken, die vielen großen Themen rund um den Fachkräftemangel kreativ zu denken und alternative Handlungsoptionen für sich auszuloten.
 
Literatur
  • Hausmann, Andrea / Braun, Olivia (2021): Recruiting im Kulturbetrieb. Leitfaden für die erfolgreiche Personalgewinnung, Wiesbaden: Springer. 

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