20.07.2020

Themenreihe Berufsbild

Autor*in

Thomas Helfrich
ist Kulturmanager und verantwortet bei der Bayer AG das kulturelle und sportliche Engagement des Unternehmens. Nach seiner Schauspielausbildung und Engagements an Bühnen in Deutschland, der Schweiz und den USA arbeitete er 20 Jahre lang als Journalist und Moderator bei verschiedenen Radio- und Fernsehsendern im In- und Ausland. 
Berufsbilder im Kulturbereich

Unternehmerische Kulturförderung

Unternehmen spielen für die finanzielle Unterstützung kultureller Projekte und Formate eine immer wichtigere Rolle. Zudem verfügen sie mitunter über eigene Veranstaltungsorte und Kunstsammlungen. Deshalb benötigen sie Expert*innen wie Thomas Helfrich. Er leitet den Bereich Kultur bei Bayer und entscheidet darüber, wie das Unternehmen Kultur fördert.

Themenreihe Berufsbild

KMN: Würden Sie uns Ihre wichtigsten beruflichen Stationen beschreiben? Welche haben Sie auf besondere Weise geprägt?
 
Thomas Helfrich: Ich habe keine klassische Karriere im Bereich Kulturmanagement gemacht, sondern bin über viele Umwege Leiter von Bayer Kultur geworden. Künstlerisch prägend waren meine Schauspielausbildung in Ulm und mein erstes Engagement am dortigen Stadttheater sowie spätere Engagements in den USA. In den 1990er und 2000er Jahren habe ich nach einem Redaktionsvolontariat vor allem journalistisch in verschiedenen Radio- und TV-Formaten gearbeitet, was mir sehr dabei geholfen hat, strukturiert und schnell zu arbeiten. Seit 2010 habe ich bei Bayer meine Heimat gefunden und seit 2015 verantworte ich unter anderem das kulturelle Engagement im Konzern, womit sich für mich sowohl beruflich als auch persönlich ein Kreis geschlossen hat. 
 
Die Arbeit in den Medien hat mich sehr geprägt, da ich das Glück hatte, viele historische Ereignisse live zu begleiten, etwa den Fall der Berliner Mauer oder zahlreiche Weltwirtschaftsgipfel als Korrespondent. 
 
Ein besonderes kulturelles Erlebnis möchte ich hervorheben: 2013 feierte Bayer seine Gründung vor 150 Jahren und zu diesem Jubiläum gab es eine Vielzahl großartiger Projekte. Ich durfte dabei einen globalen Gesangswettbewerb unter den mehr als 100.000 Mitarbeitern organisieren. Dass an dessen Schluss zehn Gewinner*innen vor 30.000 Menschen in der Leverkusener BayArena den Gewinnersong präsentieren konnten, war nicht nur das Ergebnis einer großartigen Teamleistung über geographische und kulturelle Grenzen hinweg, sondern hat mir sehr eindrucksvoll gezeigt, wie stark Kunst und Kultur Menschen zusammenführen können.
 
KMN: Welche Aufgaben fallen in Ihren derzeitigen Tätigkeitsbereich? Wie sieht ein typischer Arbeitstag von Ihnen aus und was erfüllt Sie dabei mit besonderer Freude?
 
TH: Die Aufgaben sind äußerst vielfältig. Neben dem konzerneigenen Veranstaltungsort - dem Erholungshaus, das seit über 110 Jahren hochkarätige kulturelle Veranstaltungen anbietet - fällt in meinen Aufgabenbereich auch die Kunstsammlung des Unternehmens mit mehr als 5.000 Kunstwerken, welche die Mitarbeiter*innen über unsere Artothek für ihre Büros ausleihen können. Darüber hinaus unterstützen wir mit unserem Förderprogramm stARTacademy junge Künstler*innen auf ihrem Weg zu einer internationalen Karriere und fördern kulturelle Vereine, wie zum Beispiel die ehemaligen Bayer-Werksvereine. Ab 2021 wollen wir außerdem mit unserem neu ins Leben gerufenen stART-Festival Lust auf spannende und innovative Formate in allen künstlerischen Bereichen machen. So vielfältig wie diese Aufgaben ist auch mein typischer Arbeitstag. Als künstlerischer Leiter geht es derzeit vor allem darum, eine inhaltliche Linie für das Festival zu skizzieren, gemeinsam mit dem künftigen Festivalleiter, der uns ab August verstärkt. 
Während der Coronapandemie haben wir begonnen, uns verstärkt damit zu beschäftigen, wie wir eine sichere Umgebung für kulturelle Veranstaltungen gewährleisten bzw. diese unter erschwerten Bedingungen umsetzen können. Dazu gehören die Themen Homeoffice und die Übertragung ins Digitale, bei denen die Künstler*innen für ihre Beiträge Honorare bekommen. 
 
Und da kommen wir auch schon zu dem Punkt, was mich mit besonderer Freude erfüllt: Dass ich mit einem Team arbeiten darf, das sehr schnell auf Herausforderungen reagiert und immer kreative Lösungen findet, die dem künstlerischen Prozess helfen. Das ist ein großes Geschenk. Aber auch die Arbeit mit jungen Künstler*innen in unserer stARTacademy, in der wir den Mitgliedern ein Mentoring anbieten, ist jeden Tag aufs Neue ein großer Spaß. Künstler*innen am Anfang ihrer Karriere zu unterstützen ist ein Privileg und das versuchen wir, bei Bayer Kultur, mit ganz viel Leben zu füllen.
 
KMN: Welche Aspekte Ihrer Ausbildung haben Ihnen bei Ihrer beruflichen Laufbahn am meisten geholfen?
 
TH: Die Schauspielausbildung und das Volontariat waren eine gute Basis für mich, weil es grundsätzlich, aber auch für mein heutiges Verständnis künstlerischen Arbeitens wichtig ist, das Handwerk zu lernen und sich nicht nur auf dem Talent auszuruhen. In der Schauspielausbildung war das zudem mit Sicherheit Improvisation und Neugier. Das lernt man in klassischen Ausbildungen eher weniger, hilft mir aber jeden Tag, wenn es darum geht, schnelle Entscheidungen zu treffen, oder auch bereits getroffene Entscheidungen neu zu verhandeln. Und, dass man sich selbst nicht so wichtig nehmen sollte, sondern am Ende für ein großes Ziel arbeitet.
 
KMN: Welche Bereiche haben Ihnen in Ihrer Ausbildung gefehlt und wie haben Sie diese Kompetenzen stattdessen erworben?
 
TH: In meinem speziellen Fall waren das vor allem die kaufmännischen Bereiche.  Da habe ich mich zum einen weitergebildet und das ist für mich ein stetig fortschreitender Prozess. Jeden Tag kann man etwas Neues lernen und das sollte man auch wahrnehmen. Da wir auf der anderen Seite in einem sehr guten Team arbeiten, reicht es oft auch aus, die fehlenden Kompetenzen über die hochqualifizierten Mitarbeiter*innen in den Betrieb zu holen. Unterschiedliche Fähigkeiten erhöhen die Schlagkraft eines Teams und darauf legen wir sehr viel Wert.
 
KMN: Wie hat sich Ihr Berufsbild in den letzten Jahren verändert? Und wie wird es sich voraussichtlich in den nächsten Jahren entwickeln?
 
TH: Die Veränderungen sind schon gravierend. Ich erlebe es oft, dass Kultur immer öfter als weicher Standortfaktor betrachtet wird, als nice-to-have, aber nicht wirklich als entscheidend. Das empfinde ich als grundlegend falsch. Dennoch folgt daraus, es für Kulturmanager*innen nicht mehr ausreicht, einfach ein Angebot zu machen und dann darauf zu warten, dass sich der Saal füllt. Wir müssen heute mehr denn je erklären, weshalb Kultur in einer sich ständig veränderten Welt immens wichtig ist. Die Vermarktung wird also immer wichtiger, weil nicht nur die Dichte der Veranstaltungen stetig steigt. Das Verhalten der Kund*innen hat sich in den vergangenen Jahren spürbar verändert. Und wir bei Bayer Kultur müssen diese Veränderung sowohl bei unseren eigenen Veranstaltungen als auch bei denen, die wir fördern, stärker berücksichtigen und umsetzen. Aber das gelingt uns insgesamt auch sehr gut.
 
Auf der anderen Seite sind die administrativen Anforderungen in den vergangenen Jahrzehnten drastisch gestiegen und auch das wirkt sich deutlich auf den Arbeitsbereich der unternehmerischen Kulturförderung aus und zwar gleich doppelt. Einerseits sind Kulturbetriebe mehr denn je auch Wirtschaftsbetriebe. Dem müssen wir in unserer Arbeit mit ihnen Rechnung tragen, denn die Herausforderungen werden in den nächsten Jahren eher zunehmen. Zum anderen müssen wir auch in der täglichen Arbeit im Konzernumfeld alle sich verändernden Richtlinien beachten. Zum Beispiel müssen wir mögliche Dienstleister*innen vor der Beauftragung sehr genau prüfen, da wir den Vorgaben eines Industrieunternehmens unterliegen. Wir können keine Spenden ausstellen und Bayer eine eigene Stiftung hat, der wir als Kulturabteilung nicht unterliegen.
 
KMN: Gab es Situationen in Ihrer Karriere, in denen Sie das Gefühl hatten, das Ziel nicht mehr zu erreichen? Welchen Rat können Sie jungen Kulturmanager*innen in solchen Situationen mit auf den Weg geben?
 
TH: Oh ja, diese Momente gibt es immer wieder und das ist Teil des Prozesses. Wie langweilig wäre das Leben, wenn wir immer nur versuchen würden, erreichbare Ziele abzuarbeiten? Großes entsteht oft nur, wenn man ein Risiko eingeht mit der Gefahr, zu scheitern. Dieses Spannungsfeld kann Spannendes hervorbringen, das nachhaltig in den Köpfen der Menschen bleibt. Ich kann jungen Kulturmanager*innen nur raten, keine Angst vor diesem Risiko zu haben. Trauen Sie sich zu scheitern! 
 
Wichtig ist es, daraus zu lernen und es dann erneut zu versuchen. Kultur schafft magische Momente und dafür braucht es oft viel Mut.
 

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