12.02.2024

Autor*in

Petra Schneidewind
lehrt und forscht an der PH Ludwigsburg mit dem Schwerpunkt Managementtechniken, Kostenrechnung und Controlling im Kulturbetrieb. Sie war als Controllerin im Bereich Softwareentwicklung und in der Unternehmensberatung tätig.
Rückblick 10 Jahre Forum Theatercontrolling

Wie alles begann und wohin es gehen könnte

Controlling ist eine zentrale Aufgabe im Theatermanagement, die mit immer neuen Herausforderungen und Veränderungen konfrontiert ist. Entsprechend wichtig ist ein Austausch unter Controller*innen, auch weil sie in ihren Einsatzbereichen häufig allein agieren. Deshalb das Forum Theatercontrolling - als einzige Veranstaltung in Deutschland - dezidiert diesem Thema. Bei der 20. Ausgabe im Oktober 2023 wurde aber nicht nur gefeiert, sondern auch festgestellt, dass es nach zehn Jahren noch immer viel zu sagen gibt.
Mit viel Herzblut und Leidenschaft für die Controllingfunktion in Kulturbetrieben setzt sich das Beiratsteam des Forum Theatercontrolling um Dr. Petra Schneidewind vom Institut für Kulturmanagement in Ludwigsburg seit inzwischen 10 Jahren dafür ein, dass Controller*innen aus der Praxis sich austauschen und vernetzen können und damit der Nutzen der Controllingfunktion für die Betriebe in der Praxis gesteigert wird. 
 
Die Initiative, mit dem Forum Theatercontrolling einen Expert*innenkreis zu bilden und langfristig zu etablieren, wurde 2014 von der Zielgruppe begrüßt und viele Teilnehmende kommen seit vielen Jahren regelmäßig zu den Treffen. 
 
Die Jubiläumsveranstaltung fand am 12. und 13. Oktober 2023 statt, war also auf zwei anstatt dem üblichen einen Tag ausgedehnt und thematisch im Sinne eines Scharniers angelegt, denn Rückblick und Vorschau wurden durch unterschiedliche Referent*innen und Beiträge zusammengebracht.
 
Veränderungsbereitschaft, Standardisierung und Automatisierung
 
Als Gastgeberin durfte ich am Nachmittag des 12. Oktober die knapp 30 Teilnehmenden aus allen Richtungen Deutschlands und mit einem Vertreter aus Salzburg im Literaturcafé der PH-Ludwigsburg begrüßen und das Forum mit einem Vortrag einleiten. Darin nahm ich die Anwesenden mit auf eine persönliche Zeitreise, die ausgehend von 30 Jahren Beschäftigung mit dem Thema Controlling im Kulturbetrieb einzelne Meilensteine in der Entwicklung hervorhob. Diese sind etwa die Phase der Theaterkrisen (1990-2000), in der sich viele Studien mit betriebswirtschaftlichen Instrumentarien in Theatern beschäftigten. Dies führte zu Interesse, aber nicht zu einem Durchbruch. In den anschließenden 2000er-Jahren wurde die Controllingfunktion immer verbreiteter und eine damit einhergehende steigende Akzeptanz erkennbar, jedoch wurde die Potentiale noch zu wenig genutzt. Seitdem konnten immer öfter Erfolge von Controlling nachgewiesen werden, so z.B. mit dem 1. Controllingbericht der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz 2015. 
 
Das eher negative Image von Controlling, das dieses mit Kontrolle gleichsetzte und damit erheblich in seiner Funktionsweise reduzierte, konnte seit der Frühphase mit sehr viel Zeit und Energie korrigiert werden, die Akzeptanz hat sich also positiv entwickelt. Gleichwohl bleibt eine klare Unzufriedenheit bezüglich des Tempos und der Ausbreitung von Veränderungen, etwa bzgl. der Schaffung von mehr Controllingstellen, ein besseres Verständnis des Rollenbildes von Controller*innen, Service-/Beratungsfunktionen für diese oder der Ausbau der Kostenrechnungssysteme auch im Personalkostenbereich. Dieser Prozess gestaltet sich häufig zäh und träge, bei gleichzeitig immer neuen Herausforderungen und einer Veränderung des Rollenverständnisses vom "Zahlenknecht" zum "betriebswirtschaftlichen Gewissen" oder anders ausgedrückt von den "Meister*innen der Zahlen" zu "Berater*innen im Betrieb". Heißt also: Dran bleiben, am besten mit der sprichwörtlichen liebenswürdigen Penetranz, damit Kunst und Kulturbetriebe ihre Ziele und Wirkungen erreichen. 
 
Nach diesem Rückblick stand während des Forums die nächste Frage im Raum: Welche Herausforderungen werden auf Controller*innen zu kommen, welche Tools und Skills sind in der Zukunft notwendig, mit welchen Problemen und Störereignissen muss gerechnet werden? Der Fokus richtete sich nun nach vorne. Als Gastreferent*innen wurden Nils Balke und Navid Azarafroz von der Hochschule Lübeck begrüßt zum Thema: "Impulse für das Theater-Controlling aus dem Forschungsprojekt Controlling und Management von Kultureinrichtungen". Ziel des Projektes ist es, passgenaue Instrumente für Kultureinrichtungen zu entwickeln. Damit leistet es einen Beitrag zu der Frage, die im Forum immer wieder diskutiert wurde, nämlich wie viel Standardisierung möglich ist, wo wir doch wissen, dass Controllingkonzepte nicht kopiert werden können, sondern immer individuell zu entwickeln sind. Für den Teilnehmendenkreis waren die Überlegungen und ersten Ergebnisse interessant, etwa der vorgeschlagene Einsatzes des Business Modell Canvas für die Organisationsplanung und -steuerung oder die Anwendung von Szenarientechniken, die strategisches Denken fördern und erhöhte Transparenz im Planungsprozess sowie dessen Weiterentwicklung in Richtung Mehrjahresplanung fördern. Diese Impulse wurden mit den Wissenschaftlern, die sich den Fragestellungen mit Blick von außen genähert haben, lebhaft diskutiert. Kontakt und Austausch zum noch andauernden Projekt sollen gepflegt und intensiviert werden, auch die Mitwirkung einzelner Betriebe ist möglich. 
 
Den dritten Input an diesem Tag hatte Michael Drautz im Gepäck, in der Forumsrunde kein Unbekannter, inzwischen als Coach und Berater tätig. Mit Movarti stellt er der Runde ein digitales Marketing-Tool vor, welches die Theaterbetriebe darin unterstützen kann, Erlöspotentiale zu entdecken. Im Vortrag wurde schnell deutlich, dass hier der Versuch unternommen wurde, den Erfahrungsschatz von über 20 Jahren fruchtbar zu machen. Die Einschätzungen aus dem Teilnehmendenkreis waren erwartungsgemäß divers, das Interesse die Idee weiterzuverfolgen groß.
 
Zum Ausklang des Tages ging es in den informellen Teil über, Bar- und Buffet wurden eröffnet und die Controller*innen waren in ihrem Element, sich auszutauschen und zu vernetzen. Die kreative Atmosphäre und eine laue Herbststimmung waren durchaus förderlich für kreative und konstruktive Gespräche. 
 
Digitalisierung, Datenmanagement und Personal
 
Der zweite Tag startete mit Impulsreferaten zu drei wesentlichen Themen, die die nächsten Foren sicher weiter beschäftigen werden. Zunächst entwickelte Tom Koch, früher Theatercontroller und Museumsgeschäftsführer, heute Professor für Unternehmensführung, Visionen davon, wie sich die Rolle des Controllings in der Zukunft entwickeln könnte. Werden Controller*innen das wirtschaftliche Gewissen der Theaterbetriebe sein? Wird das operative Controlling durch automatisierte Anwendungen ersetzt? Belastbare Antworten sind auf diese und ähnliche Fragen nicht zu erwarten, aber man ist sich einig darüber, dass sich das Rollenbild weiterentwickeln wird und muss, dass für die Übernahmen von Controllingaufgaben stressresistente Mitarbeitende benötigt werden und das Controlling deutlich mehr beinhaltet als Zahlen aufzubereiten. Neben die Verantwortlichkeit für Kosten und Erlöse tritt die "Datenverantwortlichkeit", so die Vision von Stephan Mehrens, der Aspekte der Digitalisierung vorstellte. 
 
Dirk Schütz von Kultur Management Network lieferte mit seinem Input zu Effizienzpotenzialen in der Personalbeschaffung den dritten Impuls. Er machte die Bedeutung des Personalcontrollings in Recruitingprozessen deutlich und unterstrich, dass für die Zukunft der Kulturbetriebe und die Entfaltungsmöglichkeiten des Controllings entscheidend sein wird, ob die richtigen Personen für die Aufgabe gefunden werden. 
 
Wie sonst bei den Treffen im Rahmen des Forums üblich, wurden diese drei Themen in Arbeitsgruppen vertieft und die Ergebnisse am Nachmittag in kurzen Pitchpräsentationen aus den Gruppen zusammengetragen. 
 
Zudem wurde die 20. Veranstaltung zum Anlass genommen, eine Jubiläumsausgabe zu planen und begleitend dazu eine Publikation zu erstellen, die eine Zwischenbilanz sein und im Frühjahr 2024 veröffentlicht werden soll. Aufbau und Inhalte der Publikation mit dem Titel "Entwicklungslinien im Theatercontrolling" stellte Mitherausgeberin und Initiatorin des Forums, Bettina Reinhart vor. 
 
Die ebenfalls routinemäßige Feedbackrunde signalisierte dem Organisator*innenteam große Zufriedenheit, an Themen für weitere Veranstaltungen besteht kein Mangel, diese sind im Themenspeicher zusammengefasst. Das nächste Treffen findet am 15. März 2024 in Ludwigsburg statt zum Schwerpunktthema Digitalisierung. Interessierte sind herzlich willkommen.
 

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