29.11.2023
Nachruf auf Armin Klein

40 Jahre Arbeit für das Kulturmanagement und seine Menschen

Prof. Dr. Armin Klein ist am 16. November 2023 nach kurzer schwerer Krankheit in Mainz verstorben - im Alter von 72 Jahren und damit viel zu früh. Der Kulturbetrieb verliert mit ihm einen Vordenker des deutschen Kulturmanagements, einen angesehenen Autor und geschätzten Professor. Für uns bei Kultur Management Network war er immer ein wichtiger Impulsgeber und Partner, dessen Andenken wir hier Raum geben möchten.
Prof. Dr. Armin Klein - ein engagiertes Leben für einen exzellenten Kulturbetrieb
 
 
Mit Armin Klein verlieren das Fach Kulturmanagement und der Kulturbetrieb insgesamt einen - der viel zu wenigen - Impulsgeber*innen, die das Große und Ganze im Blick haben und mit Charakter an die Dinge herangehen. Er wird schmerzlich fehlen bei der Reflexion und Gestaltung der unaufhaltbar anstehenden Transformationen im Kulturbereich und der dringenden Neupositionierung des Kulturmanagements.
 
Der promovierte Germanist und Politikwissenschaftler hat wie kein anderer über Jahrzehnte die Entwicklung des Fachs Kulturmanagement in Deutschland geprägt. Zu Beginn seiner Professur für Kulturwissenschaften und Kulturmanagement am Institut für Kulturmanagement der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg im Jahr 1994 steckte die Disziplin in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Armin Kleins stete publizistischen Transferleistungen bildeten das Fundament, auf dem das junge Fach wachsen konnte. Schlüsselwerke wie "Kulturmarketing", "Projektmanagement für Kulturmanager" oder das "Kompendium Kulturmanagement" - um nur eine kleine Auswahl zu nennen - spielen noch heute eine große Rolle in der Lehre und sind in vielfacher Auflage erschienen. 
 
Allerdings begnügte er sich nicht mit der Veröffentlichung und Herausgeberschaft von Grundlagenwerken. Gleichermaßen wichtig waren ihm seine Impulse für eine zeitgemäße Kulturpolitik und Kulturentwicklung. Bücher und Aufsätze wie "Der exzellente Kulturbetrieb", "Nachhaltigkeit als Ziel von Kulturpolitik und Kulturmanagement" oder der noch jüngst in den Kulturpolitischen Mitteilungen erschienene Aufsatz "Bürokratie als Hemmnis der Transformation" stehen hier exemplarisch für viele.
 
Eine weitere Stärke von Armin Klein war, Dinge anschaulich zu vermitteln und auf den Punkt zu bringen. Das wussten seine Studierenden und Doktorand*innen genauso zu schätzen wie das Publikum seiner unzähligen Vorträge und Podiumsdiskussionen. Dabei zeigte sich besonders deutlich, dass er nicht "nur" ein leidenschaftlicher Wissenschaftler war, sondern als Autor und Lehrender zusätzlich aus dem Fundus seiner praktischen Tätigkeiten vor der Ernennung zum Professor schöpfte. Die Stellen als Leitender Dramaturg am Theater am Turm in Frankfurt am Main und von 1981 bis 1994 als Kulturreferent der Universitätsstadt Marburg waren hierbei prägende Stationen. Durch Beratungen und Ämter, etwa im Vorstand der Kulturpolitischen Gesellschaft, blieb er während seiner aktiven Zeit als Professor am Puls der Zeit. Als Direktor der "Danube School for Arts Management in Ulm", Leiter des Weiterbildungsprogramms der Robert-Bosch-Kulturmanager in Mittel- und Osteuropa und Gastprofessor an verschiedenen Universitäten sowie als Vortragender in vielen verschiedenen Ländern teilte er sein Wissen auf vielen Plattformen. Auch nach seiner Emeritierung 2017 blieb er Praxis und Lehre als Berater und Dozent erhalten.
 
Wenn man den schwierigen Versuch unternimmt, sein Wirken zusammenzufassen, fällt ein Aspekt immer wieder besonders auf: Armin Klein war in vielerlei Hinsicht seiner Zeit voraus. Seine Reflexionen zur Nachhaltigkeit oder zu den desolaten Führungs- und Verfahrensstrukturen im Kultur- und Bildungsbetrieb aus den 2000er-Jahren sind heute so aktuell wie nie, fanden damals aber nur bedingt Aufmerksamkeit, da die adressierten Akteur*innen noch nicht bereit und/oder willens waren, sich mit diesen komplexen Themen auseinanderzusetzen. 
 
Anders war das mit der 2012 veröffentlichten Polemik "Der Kulturinfarkt", in der er mit drei weiteren Autoren die These aufstellte, dass durch die öffentliche Kulturförderung in Deutschland "von allem zu viel und überall das Gleiche" produziert würde. Eine derart umfangreiche Debatte über kulturpolitische Fragestellungen, wie sie das umstrittene Buch nach sich zog, sucht ihresgleichen in Deutschland. Auch wenn es hier gelang, Fragen der kulturellen Entwicklung in ein breites Rampenlicht zu rücken, so waren die mitunter heftigen Reaktionen leider wenig konstruktiv. Eine derartige Debatte würde gut zehn Jahre später - zumindest teilweise - anders verlaufen und Armin Klein hat daran einen großen Anteil. 
 
Er scheute sich folglich nicht vor kontroversen Auseinandersetzungen. Dabei ist zu betonen, dass Armin Klein mit seinen klaren und mutigen Haltungen immer den Erhalt und die Weiterentwicklung eines vielfältigen Kulturlebens in Deutschland im Blick hatte. Dem würden sicherlich nicht wenige widersprechen, aber wer ihn auch nur ein bisschen kannte, wusste, wie sehr ihm Kunst und Kultur am Herzen lagen. Er war nie verlegen um eine Empfehlung und das machte ihn auch als Professor besonders glaubwürdig. Sei es Musik, Theater oder - die von ihm so sehr geliebten - Krimis, stets merkte man in den Gesprächen: Armin Klein brennt für das, von dem er spricht. Jede*r Studierende wird sich an seine vielen Anekdoten und praktischen Einblicke erinnern. Kulturmanagement ohne Affinität und dieses Brennen für Kunst und Kultur ist am Ende "bloße Theorie". Und das ist auf Dauer sehr schädlich für eine angewandte Wissenschaft. 
 
Über seine diskursiven und fachlichen Stärken hinaus war Armin Klein im Sinne eines "Generationenvertrages" aber auch und vor allem ein wahrer Netzwerker und "Empowerer" seiner Studierenden und Absolvent*innen. Er machte es sich zur steten Pflicht, deren Einstieg oder berufliche Weiterentwicklung wo möglich durch seine umfassenden Netzwerke zu unterstützen. Eine Seltenheit heutzutage. Dabei war er auch stets bereit, die Bühne zu teilen oder gar von dieser zurückzutreten. Darüber hinaus stand seine Tür bei Problemen und Fragen immer offen. Unzählige Menschen verdanken Armin Klein viel bezüglich ihres beruflichen und akademischen Werdegangs. Wir werden ihn als Mentor und Austauschpartner vermissen. Eins ist dabei gewiss: Er wird durch dieses Netzwerk weiterhin an den gegenwärtigen und anstehenden Diskursen beteiligt sein.
 
Über die Liebe für die Kunst und Kultur hinaus teilte er gerne seine weiteren Leidenschaften. Das waren insbesondere das Reisen und die Kulinarik. Aber mit noch größerer Freude, Stolz und Häufigkeit sprach Armin Klein über seine Familie. Das konnte man auch von ihm lernen, nie die wirklich wichtigen Dinge aus dem Blick zu verlieren. Insofern geht ein erfülltes Leben viel zu früh zu Ende. 
 
Unsere Gedanken und unser Beileid sind bei seiner Frau und seinen Kindern.
 
In tiefer Verbundenheit: »Die Patricks« (Zitat Prof. Dr. Armin Klein)
 
Nachruf auf Armin Klein: Leidenschaft für Kunst und Kultur
 
Dr. Christiane Dätsch, Prof. Dr. Andrea Hausmann und Dr. Petra Schneidewind im Namen aller Mitarbeiter*innen des Instituts für Kulturmanagement Ludwigsburg
 
Prof. Dr. Armin Klein war ein Vordenker seines Fachs und eine seiner bekanntesten Koryphäen. Das Institut für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft in Ludwigsburg, das er 23 Jahre lang prägte, verliert mit ihm einen klugen und vielseitig interessierten, ausgezeichnet vernetzten Kulturmanager, einen passionierten Lehrer und Autor wissenschaftlicher Fachbücher, einen intensiv fördernden Kollegen und Vorgesetzten, den eine Krankheit jäh aus dem Leben gerissen hat. Wir betrauern ihn zutiefst.
 
Mit seiner Persönlichkeit und seinen Schriften hat Armin Klein nicht nur das Institut für Kulturmanagement nachhaltig geprägt, sondern auch das ganze Fach. Er wurde 1951 in Wiesbaden in eine Familie aus Buchhändlern und Vertriebsleitern zweier großer Verlage hineingeboren, die sich dem Buchwesen verschrieben hatte. Wohl auch deshalb war er nicht nur ein passionierter Autor, sondern auch ein leidenschaftlicher Leser. Es war stets beeindruckend zu sehen, wie viel und wie schnell Armin Klein las. Diese erste Leidenschaft für Bücher führte ihn mitten in seine Studienfächer hinein, Germanistik, Politikwissenschaft und Philosophie an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz (1973-1979). Es waren die ‚wilden‘ 1970er-Jahre, Zeiten des politischen Experiments und der künstlerischen Freiheit also, in denen auch Armin Klein seinem (Lese-)Studium eigene Taten folgen lassen wollte. Er wählte dafür den Ort seiner zweiten Leidenschaft, das Theater. Als Leitender Dramaturg des (damals weit bekannten) Frankfurter Theater am Turm (1979-1981) lernte er vor allem eines, wie er seinen Studierenden in Ludwigsburg später immer wieder erzählte: "Der Vorhang muss hochgehen."
 
Tatkraft, praktische Erfahrung und der Wunsch, die Bedingungen für Kunst und Kultur stets ein bisschen besser zu machen, weckten schließlich sein Interesse für deren Rahmenbedingungen, und so war der Wechsel in den Beruf des Kulturreferenten der Universitätsstadt Marburg 1981 nur folgerichtig. In Marburg entdeckte Armin Klein zugleich seine dritte große Leidenschaft, die Kulturpolitik. Ob als künstlerischer Leiter des Körpertheaterfestivals Balance (1983-1991), als Organisationsleiter der Großen Landesausstellung Elisabeth von Thüringen (1983) und Kurator der Ausstellung Neue Frankfurter Schule (1987 mit W. P. Fahrenberg), oder ob, zwei Jahrzehnte später, als Professor für Kulturmanagement und Vorstand der Kulturpolitischen Gesellschaft in Bonn (2006-2012): Armin Klein wollte aktiv gestalten und nahm die Chancen, die sich ihm im Kulturbetrieb dafür boten, mit Leib und Seele wahr. 
 
Das ‚Machen‘, aber auch das Reflektieren des Gemachten führten zu seiner vierten großen Leidenschaft, dem Lehren und Vermitteln. Schon in seinem Promotionsthema klingt an, worum es ihm künftig gehen würde. Die 1993 an der Universität Marburg eingereichte Dissertationsschrift mit dem Titel "Kinder, Kultur, Politik: Perspektiven kommunaler Kinderkulturarbeit" (Opladen) lässt den Blick des Soziologen und angehenden Analytikers auf den Kulturbetrieb deutlich erkennen. Der Ruf der PH Ludwigsburg ließ folglich nicht lange auf sich warten. Von 1994 an wirkte Armin Klein als Professor für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft an der Seite von Prof. Dr. Werner Heinrichs, um den neuen Studiengang Öffentliche Kulturarbeit und Kulturmanagement mit Leben zu füllen. Das Fach Kulturmanagement war in Baden-Württemberg, im Rahmen der "Kunstkonzeption", gerade erst etabliert worden; beide stammten aus dem Jahr 1990. Der Studiengang etablierte damit sowohl eine neue akademische Disziplin als auch ein Fortbildungsangebot für Kulturmanager*innen - ein Boden, der zu Beginn der 1990er-Jahre noch kaum bestellt war. Der Spielraum für die akademische und wissenschaftliche Grundlegung des Fachs war demnach groß, und Armin Klein nahm die Herausforderung mit Verve an: Er wurde Leiter des Kontaktstudiums und später des Master-Aufbaustudiums.
 
Die von ihm verfasste Grundlagenliteratur zu den Themen Theater- und Museumsmanagement, zu Kulturpolitik, Organisationstheorie und Kulturanthropologie umfasst zahlreiche Lehrbücher und Schriften in vielen Auflagen. Es war jedoch vor allem ein Werk, das ihm Bekanntheit weit über die akademischen Kreise hinaus verschaffte: Sein Buch "Kulturmarketing" (2001) stand nicht nur bei der sich allmählich formierenden Scientific Community, sondern auch bei unzähligen Praktiker*innen im Bücherregal. Es bot neue Perspektiven auf alte Probleme, ebenso wie Alternativen im Denken und Lösungsansätze im Handeln. Damit traf Armin Klein einen Nerv im neoliberal inspirierten Kulturbetrieb der 1990er- und 2000er-Jahre, der sich seinerseits in Aufbruchstimmung befand. 
 
Das Fach Kulturmanagement hatte sich als Ort der Expertise für betriebswirtschaftliche Fragestellungen etabliert und Armin Klein blieb unermüdlich, wenn es darum ging, die Erkenntnisse des noch jungen Faches in die breite Öffentlichkeit zu vermitteln. Dabei zeigte er sich nicht immer bequem, sondern auch durchaus streitbar. Parallel dazu weitete er den Radius des Faches ins Internationale aus - ob durch zahlreiche, in Ludwigsburg betreute Promotionsvorhaben oder eine rege Vortragstätigkeit in Europa, Kanada und Asien, durch die Mitherausgeberschaft internationaler Jahrbücher oder Kooperationen wie mit dem Goethe-Institut oder der Robert Bosch Stiftung (als Leiter des Weiterbildungsprogramms der Robert-Bosch-Kulturmanager in Mittel- und Osteuropa).
 
Man könnte meinen, dass all die erwähnten Leidenschaften schon ein ganzes Leben trügen. Und doch gab es noch eine weitere, der Armin Klein erst in seinem (Un-)Ruhestand vollumfänglich nachgehen konnte: jene für das Meer. Als Kulturwissenschaftler hielt er Vorträge auf Kreuzfahrtschiffen, bereiste die Welt und betrachtete sie erneut aus einem anderen Blickwinkel. Meer und Schiff sind in gewisser Weise auch Symbole für Armin Klein selbst, der stets in Bewegung blieb, ob als Wissenschaftler oder als Mensch. Panta rhei - alles fließt. Nun hat Armin Klein, viel zu früh, den letzten Ozean überquert. Unsere Gedanken sind bei seiner Frau und seinen Kindern. Das Institut für Kulturmanagement, das er so prägend mitgestaltet hat, wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
 
 
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