29.09.2012
Bibliotheken

Mit einem Klick zum Buch

Immer mehr Angebote der Bibliotheken sind online verfügbar. Mit dem PC oder Smartphone können die Nutzer Ausleihfristen verlängern, Zeitschriften lesen oder E-Books herunterladen. Doch das kostet Geld, das viele Öffentliche Bibliotheken nicht haben. Sie könnten den Anschluss an die moderne Internet-Gesellschaft verlieren.
 
Flavia ist zwar erst elf Jahre alt. Doch in der Chemie hat sie es bereits zur Meisterschaft gebracht. Vor allem todbringende Substanzen, indianische Pfeilgifte etwa oder Arsen, haben es ihr angetan. Als Flavias Vater eines Tages des Mordes verdächtigt wird, entdeckt sie ein zweites Talent, die Detektivarbeit. Der Schriftsteller Alan Bradley hat mit "Mord im Gurkenbeet" einen spannenden Krimi geschrieben. Lesen muss man ihn aber nicht. Die Schauspielerin und Tatort-Kommissarin Andrea Sawatzki, eine fachkundige Expertin also, liest ihn auch vor als Hörbuch-Krimi.
 
"Mord im Gurkenbeet" ist eines von tausenden Angeboten, die auf den Internet-Seiten deutscher Bibliotheken zum Download bereit stehen. Krimis oder Romane als Hörbücher, Fachbücher als E-Books, die aktuelle Ausgabe des Nachrichtenmagazins "Spiegel" oder der Wochenzeitung "Die Zeit" dies und vieles mehr steht Bibliotheksnutzern mit wenigen Klicks auf dem eigenen Computer zur Verfügung. Im Zeitalter der Digitalisierung kommt die Bibliothek per elektronischer Ausleihe zu ihnen nach Hause. Rund 500 Bibliotheken bieten dieses virtuelle Ausleihsystem mittlerweile an. Gut 600 sollen es bis Ende des Jahres sein, also nahezu jede vierte mit hauptamtlichen Mitarbeitern besetzte Öffentliche Bibliothek.
 

Keine zusätzlichen Kosten für die Nutzer

"Das Internet eröffnet uns die Möglichkeit, unseren Nutzern eine Reihe interessanter neuer Angebote zu machen", sagt Barbara Schleihagen, die Geschäftsführerin des Deutschen Bibliotheksverbands e.V. (dbv). "Neben der elektronischen Ausleihe können sie online in den Beständen der Bibliotheken nach Medien suchen, Buchbestellungen aufgeben oder Ausleihfristen verlängern." Gerade in ländlichen Gebieten, in denen die Wege zur Bibliothek mitunter lang sein können, sei das ein enormer Fortschritt. Zusätzliche Kosten fallen dafür nicht an. Die Nutzer zahlen lediglich die vielerorts üblichen Bibliotheksausweisgebühren.
Dass sich Bibliotheksbesucher klassische Medien wie Bücher oder CDs ausleihen, wird nach Meinung vieler Experten in den kommenden Jahren weiter abnehmen. Im Gegenzug soll die digitale Ausleihe stark zunehmen. Derzeit sind es bundesweit etwa eine Million Ausleihen jährlich. Diese Zahl steigt kontinuierlich.
Doch um die elektronische Ausleihe anbieten zu können, benötigen die Bibliotheken zunächst eine technische Erstausstattung, die mehrere tausend Euro kostet. Zudem müssen sie entsprechende Lizenzen für die Inhalte, die sie anbieten wollen, erwerben. "Das alles müssen sie aus ihrem Budget zusätzlich zu ihrem 'physischen' Bestand finanzieren", sagt Barbara Schleihagen, "für viele ein Ding der Unmöglichkeit." Die Mittel für den Bestandsaufbau müssten deshalb dringend erhöht werden. Die aktuellen Zahlen des dbv zeigen jedoch ein anderes Bild: Bei jeder fünften Bibliothek werden derzeit die Zuweisungen gekürzt. Probleme bereiten zudem einige Verlage. Gerade bei aktuellen Bestsellern sind sie vielfach nicht bereit, über entsprechende Bibliothekslizenzen zu verhandeln.
Dabei entwickeln sich die technischen Möglichkeiten schon heute rasant. Smartphones und Tablet-PCs machen das Internet-Angebot der Bibliotheken zunehmend mobil. In der Bahn, im Wartezimmer oder am Strand können sich die Nutzer Lektüre herunterladen oder nachsehen, ob die Bibliothek um die Ecke die neuesten Bestseller im Angebot hat.

Auf den Spuren des Märchenkönigs

Die Bayerische Staatsbibliothek zählt zu den Vorreitern der digitalen Bibliothekswelt. Sie zeigt in vielen Projekten, welche Möglichkeiten sich in diesem Bereich eröffnen. Eine ihrer Smartphone-Applikationen trägt den Titel "Ludwig II.". Sie ermöglicht es, auf den Spuren des Märchenkönigs zu wandeln. Dazu zeigt sie auf dem Smartphone der Nutzer beispielsweise Infos zu 140 Orten in Bayern und Europa mit Ludwig II.-Bezug. Apps seien erst der Anfang für die vielfältige Nutzung digitaler Inhalte, sagt Dr. Klaus Ceynowa, der stellvertretende Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek. "Die kontinuierliche technische Weiterentwicklung wird auch für uns neue Möglichkeiten der Nutzung schaffen."
Immer öfter kann man Smartphones auch in den Bibliotheken nutzen. So genannte QR-Codes (Quick Response) sind an Regalen angebracht und können von den Mobilgeräten gelesen werden. Sie geben den Nutzern hilfreiche Zusatzinformationen. Das können weitere Lektüre-Tipps sein oder Hinweise zu Datenbanken.
Anders als man denken könnte, sinkt die Zahl der Bibliotheksnutzer durch die digitale Bereitstellung vieler Werke nicht. Im Gegenteil. Sie bleiben ein wichtiger Treffpunkt und Arbeitsplatz. "Die besondere Arbeitsatmosphäre beispielsweise zieht die Nutzer an", meint Klaus Ceynowa. "Bibliotheken sind semi-öffentliche Plätze am Schnittpunkt zwischen Privatem und Öffentlichem." Zudem gebe es ein Grundbedürfnis nach sozialem Kontakt. Bibliotheken böten dazu das passende Umfeld.

Wie die elektronische Ausleihe funktioniert

Bibliothekskunden haben die Möglichkeit, elektronische Titel über die Website ihrer Bibliothek auf ihren eigenen Computer, ihren Tablet-PC, ihr Smartphone oder E-Book herunterzuladen. Jede Datei enthält durch einen technischen Schutz ein Verfallsdatum, so dass sie nach dem Download nur für einen bestimmten Zeitraum nutzbar ist. Anschließend steht der Titel anderen Nutzern wieder zur Verfügung.
Die DiViBib GmbH in Wiesbaden zum Beispiel handelt mit den Verlagen Lizenzen zur Nutzung elektronischer Inhalte aus. Diese Lizenzen bietet das private Unternehmen den Bibliotheken an. Sie können dann aus einer Datenbank auswählen, welche Titel sie ihren Nutzern anbieten wollen. Derzeit bietet die DiViBib GmbH den Bibliotheken etwa 40.000 elektronische Titel an.
Weitere Informationen unter www.bibliotheksverband.de und www.bibliotheksportal.de
 

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