09.08.2013

Autor*in

Dominik Landwehr
"digital brainstorming"

Den digitalen Wandel zum Thema machen

digital brainstorming heisst die Plattform für digitale Kultur, die das Migros-Kulturprozent betreibt. Ziel ist die Vermittlung von digitaler Kultur und Kunst und das geschieht einerseits durch die Organisation von Live-Anlässen und andererseits mit einer Reihe von Online-Aktivitäten. Das Migros-Kulturprozent hat dieses Projekt 1998 schon gestartet und leistete damit Pionierarbeit.
15 Jahre sind eine lange Zeit, besonders im Zeitalter der digitalen Medien. Genau so lang ist aber die Geschichte dieser Plattform. Sie begann 1998 damals startete das Migros-Kulturprozent einen neuen Schwerpunkt im Bereich von digitaler Kultur. Die Idee hinter dem Konzept blieb über all die Jahre dieselbe: digital brainstorming thematisiert den digitalen Wandel der Gesellschaft und fokussiert dabei auf die kulturellen Aspekte. Dank diesem Fokus konnte das Spektrum über all die Jahre auch sehr breit gehalten werden. Darin hat das, was gemeinhin Medienkunst genannt wird genauso Platz wie eine Reflexion über die Geschichte des Computers oder die Präsentation von äusserst analogen Automaten.

Als Beispiele dafür mögen etwa verschiedene Auftritte des australischen Performancekünstlers Stelarc, Konzerte mit den Nonsense-Instrumenten des Japaners Maywa Denki, eine Ausstellung mit den Strandbiestern des Holländers Theo Jansen oder ein Referat zum Leben und Werk des Computerpioniers Alan Turing durch den neuseeländischen Computerhistoriker Jack Copeland zählen.

Von wachsender Bedeutung war im Lauf der Jahre die Auseinandersetzung mit Schweizer Computerkunst. Die Förderung dieser Art von Kunst war schon zu Beginn ein wichtiger Schwerpunkt. So konnte vor wenigen Wochen im Kunsthaus Langenthal etwa eine Ausstellung mit den beiden Schweizer Künstlern Christoph Wachter und Mathias Jud gestaltet werden. Die beiden zeigten in dieser Ausstellung ihr Projekt qaul.net, das die Einrichtung von Netzwerken erlaubt, die völlig unabhängig vom Internet funktionieren.

Immer wieder zu Gast bei digital brainstorming und anderen Projekten des Migros-Kulturprozent ist der Luzerner Tüftler Daniel Imboden. Auch er erhielt im Rahmen eines Werkbeitrages die Möglichkeit, seine Projekte weiterzuentwickeln. Seine Workshops sind immer ausgebucht. Es gehört zur Strategie des Migros-Kulturprozent, mit digital brainstorming Künstlern, die von einer Förderung profitieren konnten, eine Plattform zu bieten.

Präsentationen in der Öffentlichkeit sollen Publikum anziehen. Dieses Ziel ist nicht immer einfach zu erreichen. Im Lauf der Zeit zeigte sich, dass sich nicht alle Ideen und Projekte live vermitteln lassen. Deshalb wurde bereits 2006 damit begonnen, Video und Audiopodcasts in die Website zu integrieren. Gleichzeitig eröffnen Video und Audio die Möglichkeit authentische Begegnungen mit Künstlern und Hintergründe zu komplexen Themen zu vermitteln. So kamen beispielsweise Gespräche mit dem Zürcher Popkünstler Dieter Meier, mit dem Science Fiction Autor Herbert W. Franke oder mit dem Ex-Kraftwerk Musiker Karl Bartos, dem Physiker Otto E. Roessler oder dem Strategieexperten Albert Stahel zustande. Bis heute finden sich über 150 Tondokumente, die Jahr für Jahr von Tausenden von Besuchern heruntergeladen und angehört werden.

Die Köpfe hinter digital brainstorming sind in engem Kontakt mit der Szene. Dazu zählen neben Künstlern und Aktivisten auch Organisatoren und Veranstalter und natürlich auch weitere Förderer. Einen wichtigen Stellenwert nimmt deshalb die Agenda mit Hinweisen auf ausgewählten Veranstaltungen in der Schweiz und im nahen Ausland ein, die nicht notwendigerweise mit dem Migros-Kulturprozent in Zusammenhang stehen. Eine Zusammenfassung davon bringt auch der monatlich verschickte Newsletter.

digital brainstorming beschäftigt sich mit Medienkunst und digitaler Kultur, ohne sich darauf zu beschränken. Damit reflektiert das Projekt auch die nach wie vor ungeklärte Frage, welche Position denn diese Medienkunst haben soll und ob es sich dabei überhaupt um eine eigene Disziplin handelt. Das Projekt orientiert sich ganz bewusst nicht am kunst- oder medienwissenschaftlichen Diskurs und bemüht sich auch, keinem Jargon zu verfallen. Angebot und Inhalt sollen von allen Interessierten verstanden werden. Es thematisiert Fragen, die im weiteren Umfeld der Kultur von Bedeutung sind. Dazu zählen auch Themen wie die digitale Kopie, der drohende Verlust der Privatsphäre oder Hacking als künstlerische Strategie. Dabei wird bewusst auf eine strenge Abgrenzung von analogen und digitalen Aktivitäten verzichtet. Gerade in der digitalen Zeit erhalten analoge Praktiken wie etwa das Basteln von einfachen Soundgeräten wieder eine neue Bedeutung.

An Herausforderungen mangelt es nicht: Die Organisation von Anlässen mit wechselnden Partnern in der ganzen Schweiz ist logistisch und organisatorisch eine Herausforderung. Das Schritthalten mit den rasanten Entwicklungen der Internet-Technologie ebenso: Videos beispielsweise müssen in ständig wachsender Qualität angeboten werden, Inhalte sollten nach Möglichkeit auch mobil verfügbar sein. Auch eine Präsenz im Bereich der Social Media ist heute ein Muss.

Kaum jemand hätte beim Start der Plattform im Jahr 1998 gedacht, dass die Entwicklung in Bezug auf Inhalte und Tempo so rasant weitergehen würde. Die Pioniere von damals reiben sich manchmal die Augen und stellen fest, dass der gesellschaftliche und kulturelle Wandel keine Pause macht.
 
Über den Autoren: Dominik Landwehr (*1958), dominik.landwehr@mgb.ch ist Leiter Pop und Neue Medien der Direktion Kultur und Soziales des Migros-Genossenschafts-Bund. Er hat die Plattform 1998 ins Leben gerufen und leitet sie heute zusammen mit Raphael Rogenmoser.

Infos:
 
 

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