20.05.2009

Autor*in

Elisabeth Ihrenberger
Bloggen über Kunstvermittlung

Österreichs Audience Development

Wie steht es um Audience Development in Österreich?
Gibt man in Google den Begriff "Kunstvermittlung" ein, dann erscheint eine lange Liste von Einträgen verschiedener Museen und Kunstinstitutionen. Sie informieren darüber, welche Führungen, Schul- und Kinderprogramme sowie Veranstaltungen dort angeboten werden. Ähnlich ergeht es, recherchiert man nach dem verwandten Begriff "Museumspädagogik". Hier finden sich jedoch auch noch einige Seiten von Verbänden mit Auflistungen von Ausbildungen, Veranstaltungen und Literatur.
 
Insgesamt sind allgemeine Informationen zur Kunstvermittlung wie beispielsweise aktuelle Entwicklungen, Methoden und die Diskussion darüber aber eher dünn gesät. Aus diesem Grund startete ich im Jänner 2008 einen Blog zur Kunstvermittlung. Durch meine Tätigkeit im Museums- und Ausstellungswesen haben sich in den letzten Jahren einige Materialien angesammelt wie Didaktisches, Best Practice Beispiele oder Literatur - durch den Blog werden sie archiviert und sind auch anderen VermittlerInnen zugänglich. Darüber hinaus verfolgt der Kunstvermittlung Blog das Anliegen, das Bewusstsein für das Berufsfeld der Kunstvermittlung zu stärken und befasst sich daher immer wieder mit verschiedenen Ausbildungsangeboten. Kunstvermittlung wird leider noch viel zu oft auf das Abhalten von Führungen reduziert und als rein pädagogisches Aufgabengebiet gesehen. Um dieser Ansicht entgegen zu wirken greift der Blog Themen auf, die von einer breiteren Auffassung von Vermittlung ausgehen wie etwa interaktive Vermittlungskonzepte, Web 2.0 Anwendungen und auch Audience Development. Welchen Stellenwert Audience Development in Österreich und seinen Museen hat, soll im Folgenden kurz skizziert werden.
Audience Development stammt aus dem anglo-amerikanischen Raum und meint ganz allgemein den Wechsel von einer produktorientierten Vorgehensweise zu einer, die auf das Publikum konzentriert ist (Waltl 2006, 2). Trotz dieser allgemeinen Definition muss berücksichtigt werden, dass sich Audience Development in den USA und Großbritannien aus verschiedenen Gründen entwickelt hat. In den USA ergeben sich Nachfrageorientierung und benutzerbezogene Maßnahmen aus der geringen öffentlichen Subventionierung der Kultureinrichtungen (Siebenhaar 2007, 4). In Großbritannien steht der Begriff in einem sozialen und politischen Kontext und verfolgt vor allem das Ziel, Kunst und Kultur neuen und sozial benachteiligten Gruppen zugänglich zu machen. In Österreich ist Audience Development noch relativ neu. In den letzten Jahren hat es dazu einige Veranstaltungen gegeben, die von Institutionen wie KulturKontakt Austria oder der Museumsakademie Joanneum organisiert worden sind. Im Mai dieses Jahres gab es eine Tagung der Museumsakademie in Linz, in der es neben Vorträgen von Audience Development Spezialisten wie Graham Black und Klaus Siebenhaar um die Frage ging, wie Audience Development in Österreich definiert werden kann. Diese Definition blieb jedoch bis zum Ende der Tagung offen, woraus sich ablesen lässt, dass Audience Development in Österreich noch nicht Fuß gefasst hat. Der Begriff taucht hier nur vereinzelt auf - beispielsweise in den Förderkriterien für Landes- und Gemeindemuseen des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst. Darin wird unter Audience Development die nachhaltige "Erschließung neuer und benachteiligter Zielgruppen" verstanden. Ansätze von Audience Development entwickelte KulturKontakt Austria mit dem Programmschwerpunkt "Kulturvermittlung in neuen sozialen Kontexten", der seit 2005 existiert. Eine allgemeine Tendenz zur strategischen Umsetzung von Audience Development im Museumswesen lässt sich trotzdem noch nicht erkennen. Auf politischer Seite wird derzeit eine Museumsreform für die Bundesmuseen erarbeitet (nachzulesen ist der Prozess unter www.museumsreform.at). Die österreichische Bundesministerin Claudia Schmied nennt als zentrales kulturpolitisches Ziel "die Teilhabe der Bevölkerung" (Schmied 2008, 1). In ihrem kulturpolitischen Grundsatzpapier heißt es: "Die Museumspolitik des 21. Jahrhunderts stellt die möglichst breite Teilhabe der Bevölkerung an den Museen in den Vordergrund" (Schmied 2008, 2). Trotzdem reichen die bisherigen Vorschläge und Diskussionen der Museumsreform nicht über eine klassische Vermittlungsarbeit hinaus und operieren nicht mit dem Begriff Audience Development.
Was Audience Development neben einer eingehenden Publikumsanalyse auszeichnet, ist die enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Abteilungen einer Institution. Audience Development sollte als geplanter Prozess umgesetzt werden, in dem künstlerische Leitung, Marketing, Vermittlung und Finanzierung bei der Erreichung der Ziele und Visionen eng zusammenarbeiten. Das bedeutet mehr als Zielgruppenarbeit auf Basis von Kunstvermittlung aber auch mehr als das Denken in Besucherzahlen. Für Kulturbetriebe bietet Audience Development neue Herausforderungen und Möglichkeiten. Mehrere Weblogs setzen sich mit dieser Herangehensweise auseinander zum Beispiel die englischsprachigen Seiten "Audience Research" und "Cultural Interpretation" oder die relative neue "Ideenbörse für das Kulturmarketing". Dass Audience Development bei uns noch sehr am Anfang steht ist für mich einer der wichtigsten Gründe, in einem Weblog Anregungen und Beispiele dafür zu sammeln und das Medium Blog für den Austausch mit KollegInnen zu nutzen.
Literatur
  • Schmied, Claudia (2008): Museumspolitische Ziele. Schwerpunktsetzung auf Basis der museumspolitischen Initiative, Wien 2008
  • Siebenhaar, Klaus (2007): Audience Development oder eine Liebesbeziehung fürs Leben, Vortrag für KulturKontakt Austria, Wien 2007
  • Waltl, Christian (2006): Museums for Visitors: Audience Development A Crucial Role for Sucessful Museum Management Strategies, Intercom 2006 Conference Paper
ELISABETH IHRENBERGER ist Kunsthistorikerin, leitete in den letzten sechs Jahren die Kunstvermittlung des Museum der Moderne Salzburg und führt einen Blog zur Kunstvermittlung
 

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