17.03.2022

Buchdetails

AKBP - Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik: Ein Rückblick zu Ehren von Klaus-Dieter Lehmann
von Johannes Ebert, Olaf Zimmermann
Verlag: Deutscher Kulturrat
Seiten: 128
 

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Autor*in

Jessica D.S. Knall Seemeyer
ist geschäftsführende Inhaberin der Kommunikationsagentur für Werte & Gesellschaft in Freiburg im Breisgau, deren Auftraggeber vorwiegend aus dem wertebasierten Non-Profit-Bereich kommen. Themen, die sie dort bearbeitet, beinhalten neben Ökologie & Nachhaltigkeit auch den interkulturellen und interreligiösen Dialog, Zukunft der Demokratie, Flüchtlingsthematik & Migration sowie Vermittlungsmöglichkeiten der Kreativbranche. In vierter Generation aus einer Kunsthändlerfamilie stammend, war sie selber viele Jahre im Vorstand eines klassischen Freiburger Musikensembles und im Vorstand der Stiftung Haus der Musik am Schloss Ebnet tätig.
Buchrezension

AKBP - ein Rückblick

Informationen über die Arbeit des Deutschen Kulturrats oder des Goethe-Instituts gibt es bereits in verschiedenen Publikationen. Es fehlte jedoch ein Überblick über mittel- und langfristige Zielvorstellungen und Entwicklungen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Diese Lücke schließt nun der Sammelband "AKBP - ein Rückblick", gewidmet dem Präsidenten des Goethe Instituts, Hans-Dieter Lehmann.
 
Positionen, Perspektiven und Zukunftsfähigkeit
 
Es ist erklärtes Ziel der beiden Herausgeber Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts, und Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Positionen und Perspektiven der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik darzustellen. Mit ausgewählten Berichten und Interviews der Zeitschrift "Politik und Kultur" wollen sie deren Zukunftsfähigkeit zu untermauern. Damit spricht der Sammelband, der 2020 erschien, vor allem eine politikinteressierte Leserschaft an. Insbesondere Organisationen und Institutionen, die mit der Kulturpolitik in Zusammenarbeit stehen, können sich einen Überblick über die letzte Dekade sowie ein detailliertes Bild über zukünftige Zielsetzungen und Schwerpunktsetzung verschaffen.
 
Das Buch "AKBP - ein Rückblick" gliedert sich in drei Abschnitte: Nach einem Grußwort von Heiko Maas und einer Einführung durch die Herausgeber und Christina von Braun, Vizepräsidentin des Goethe-Instituts, kommt im ersten Kapitel der ehemalige Präsident Klaus-Dieter Lehmann selbst zu den Positionen des Instituts zu Wort. Im zweiten Abschnitt finden sich Beiträge bedeutender Stimmen im Umfeld deutscher Auswärtiger Kultur- und Bildungspolitik, im dritten Kapitel werden konkrete Projekte der Goethe-Institute weltweit beschrieben, vor allem Projekte in Afrika, aber auch in Südamerika und Asien. 
 
Dem Anspruch, Haltung und Zielperspektiven der Goethe-Institute und des Deutschen Kulturrats darzustellen, wird der Sammelband gerecht. Hans-Dieter Lehmann benennt in seinen Beiträgen vor allem die Neuausrichtung während der letzten zehn Jahre: 
  • eine stärkere Verzahnung von auswärtiger Kultur- und Bildungspolitik im "Innern" Deutschlands und im "Außen", 
  • Einführung von stärker partizipativ und dezentral organisierten Projektformaten bei den Goethe-Instituten, 
  • eine verstärkte Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Akteuren, 
  • die überfällige Debatte um Diversität und Gleichstellung, 
  • die Aufarbeitung des Kolonialismus in Afrika, Asien oder auch Ozeanien und damit verbunden die Neuaufstellung von Kulturinstitutionen - beispielsweise der Museen 
  • sowie die wachsende Digitalisierung der Angebotsformate der Goethe Institute - nicht zuletzt infolge der Pandemie. 
Diese neu etablierten oder stärker betonten Themen und Formate sind bedenkenlos als Beiträge zu einer zukunftsfähigen Entwicklung der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik zu werten. In den ersten zwei Dritteln hat das Buch manchmal einen etwas langatmigen Charakter - bedingt durch die Aneinanderreihung von Artikeln und Interviews, die ursprünglich nicht aufeinander abgestimmt waren und immer wieder in abstrahierter Form die Grundzüge der Weiterentwicklung thematisieren. Jedoch geben die konkreten Projektbeispiele aus aller Welt im dritten Abschlusskapitel dem Ganzen Form, Konkretion, Kontur und Plastizität, indem sie interessante Fallbeispiele aufzeigen. 
 
Im Kontext von Hans-Dieter Lehmanns Wirken und seiner Worte
 
Mit einer inneren Haltung des "Sowohl … als auch" anstelle des "Entweder … oder" hat Lehmann in seiner Schaffenszeit die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik geprägt. Auch der in anderweitigen Dokumentationen zu Lehmanns Arbeit beschriebene Geist der "frischen Konzepte der Digitalisierung der Goethe-Institut-Angebote", der "postkolonialen Museen", der Stärkung des Standortes Afrika lässt sich wiederfinden. Insofern bildet die Auswahl der Artikel und Interviews Hans-Dieter Lehmanns Wirken in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik sehr gut ab. 
 
Visionäres zur internationalen Zusammenarbeit
 
Als besonders visionär sind in dieser Artikelsammlung die Ideen von Michelle Müntefering, MdB, und bis 2021 Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik im Auswärtigen Amt, zu erwähnen: In ihrem 2020 schon während der Pandemie verfassten Beitrag erinnert sie an Themen, die es zukünftig nun noch stärker in den Fokus zu nehmen gilt: Multilateralismus, Menschenrechte, internationale Zusammenarbeit bei Wahrung eines gemeinsamen Werteverständnisses für Europa und das Bewusstsein geteilter Verantwortung für eine gemeinsame Zukunft. Ihr Plädoyer für einen "Cultural Deal" und den Schutz von Kreativen und Kulturschaffenden in der Pandemie wird durch konkrete Umsetzungsvorschläge unterbreitet: die Schaffung eines europäischen Kulturforums, eine gesamteuropäische Medien- und Kommunikationsplattform "Europa-Netflix-Sky-Arte", um ein Gefühl der Gemeinsamkeit in der Öffentlichkeit zu kreieren, digitale Dialogplattformen für die Kunstszene usw. Münteferings Ansätze geben Impulse für innovative Projektideen.
Ebenso erwähnenswert: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeiers Beitrag zur Bedeutung einer interkulturellen und internationalen Lerngemeinschaft, der verdeutlicht, dass "ein Verständnis kultureller Zusammenhänge auch politische Aufgabenstellungen besser begreifen lässt". Durch momentane Debatten noch immer ganz aktuell sind Andreas Görgens (Leiter der Kultur- und Kommunikationsabteilung des Auswärtigen Amts) Artikel zum internationalen Schutz verfolgter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Monika Grütters (Staatsministerin für Kultur und Medien im Bundeskanzleramt) Bericht unter anderem zum Dialog mit dem Islam. 

Der fehlende Blick von außen

Bei so vielen Stimmen aus dem Umfeld der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik entsteht beim Lesen automatisch der Wunsch, diese Arbeit in den internationalen Vergleich bzw. in eine international-kritische Betrachtung zu setzen. Leider fehlt dieser Part in dem Sammelband komplett. Eine Art Evaluation oder Außenbetrachtung, konstruktive Kritik und internationaler Vergleich hätten dem Buch gutgetan. Dies wäre allein schon für eine reflexive und validierende Bewertung der Arbeit der Goethe-Institute und des Deutschen Kulturrates nötig gewesen. Denkbar wären Artikel von unabhängigen Kenner*innen der AKBP, Perspektiven von Wissenschaftler*innen zur AKBP-Arbeit, oder auch der Vergleich mit der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik anderer Staaten. Dann müssten sich die Herausgeber auch nicht vorwerfen lassen, dass nur Menschen zu Wort kommen, die eh mit dem Deutschen Kulturrat oder Goethe-Institut kooperierend verbunden sind. 

Der Anspruch der Herausgeber, die Zukunftsfähigkeit der AKBP in diesem Band aufzuzeigen, ist dementsprechend nur bedingt erfüllt, denn die Publikation bleibt eine Selbstbeurteilung. Es ist zwar zu vermuten, dass auch im internationalen Kontext die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik Deutschlands äußerst positiv dastehen kann, ohne den Vergleich und ohne kritische Stimmen von außen lässt sich dieser Schluss jedoch nicht belegen, auch wenn es den Goethe-Instituten und der AKBP sicherlich gerecht werden würde. Trotz dieser Schwäche bietet der Sammelband "AKBP - ein Rückblick" einen umfassenden Überblick über die Leitlinien heutiger Auswärtiger Kultur- und Bildungspolitik innerhalb und außerhalb Deutschlands.

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