14.04.2008

Autor*in

Caroline Krupp
Kulturpolitik

Transparenz in der Kulturförderung

Auf Bundes- und Landesebene werden seit Anfang der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts Kulturberichte publiziert, um die Höhe der Ausgaben für Kultur zu veröffentlichen.(1) Gleichzeitig wurde Mitte der 90er Jahre durch die Vergleichbarkeit auf Basis einheitlicher Kriterien im Rahmen der LIKUS-Systematik eine neue Entscheidungs- und Bewertungsgrundlage für die Kulturpolitik geschaffen.
Die Städte und Gemeinden Österreichs leisten nach dem Subsidiaritätsprinzip einen wichtigen Beitrag zur Kulturförderung der Republik Österreich. Auf Basis der vorliegenden Daten entspricht der Anteil der Kulturausgaben der Gemeinden mit etwa einem Drittel ungefähr jenem der Länder und jenem des Bundes.(2) Da nur wenige Städte Kulturberichte publizieren, gibt es zurzeit auf kommunaler Ebene jedoch noch kein exaktes Datenmaterial.

Derzeit veröffentlicht ausschließlich Statistik Austria Zahlen zur österreichweiten Kulturförderung auf kommunaler Ebene.(3) Ausgangsmaterial dazu sind die Rechnungsabschlüsse der einzelnen Städte und Gemeinden.(4) Jedoch muss davon ausgegangen werden, dass dabei nicht alle Ausgaben für Kultur erfasst werden. Die Ursache dafür liegt in der Ordnungssystematik der Rechnungsabschlüsse. Diese werden entsprechend des Kontierungsleitfadens für Gemeinden erstellt, der in der Voranschlags- und Rechnungsabschluss-Verordnung (VRV) geregelt ist. Für Kunst, Kultur und Kultus existiert zwar eine eigenen Gruppe, doch erfolgt die Zuordnung nicht nach inhaltlichen Kriterien ("Was ist Kultur?"), sondern vorwiegend nach ökonomischen. Für eine kulturwissenschaftliche Diskussion sind die Daten damit wenig aussagekräftig. Nicht enthalten sind beispielsweise kulturelle Bildungsinstitutionen, Bibliotheken und Archive. Seit vor allem in größeren Städten Kulturinstitutionen als eigene Rechtsträger ausgegliedert wurden, sind auch diese teilweise nicht mehr erfasst. Die Strukturveränderungen in der kulturellen Szene führen daher zu einer weiteren Verzerrung des Bildes der Kulturausgaben.

Zur Vergleichbarkeit von Kulturausgaben unter den einzelnen Gebietskörperschaften wurde 1993 eine Studie zur Entwicklung einer Systematik, die die Vergleichbarkeit gewährleistet, beauftragt. Ergebnis war das LIKUS-System, das eine Zuordnung in 16 Kategorien abbildet.(5) Ab 1995 begannen die Länder und der Bund ihre Kulturberichte auf diese Systematik umzustellen. In der Folge wurde die Systematik entsprechend einer verbesserten internationalen Vergleichbarkeit zu 20 Kategorien weiterentwickelt. Nach diesem System wird seit 2000 die Kulturstatistik von Statistik Austria erstellt.

In den ursprünglichen Überlegungen zu einer österreichweiten vergleichbaren Kulturberichtslegung nach LIKUS war auch die kommunale Ebene mit eingeplant. Jedoch gibt es auf städtischer Ebene erst wenige Kulturberichte. (Salzburg seit 1997 aber nicht mit vergleichbarer Systematik, Graz seit 2003 (6) und St. Pölten einmalig 2004). Damit bleibt derzeit ein wesentlicher Teil des föderalistisch aufgebauten Systems der Kulturförderung außer Betracht, wobei gerade die Städte und Gemeinden einen wichtigen Teil des Gesamtsystems ausmachen.

Den Anfang der Kulturberichtslegung auf kommunaler Ebene machte 1997 die Stadt Salzburg, die seither den Kulturbericht der MA2-Kultur und Schule herausgibt. Ein erheblicher Nachteil besteht dabei jedoch darin, dass die LIKUS-Systematik nicht angewendet wird. Während einerseits auch alle Ausgaben für Bildung (Pflichtschulen) enthalten sind, fehlen andererseits die Ausgaben für Denkmalpflege, deren Vergabe einer anderen Verwaltungseinheit zugeordnet ist. Das Kulturhauptstadtjahr in Graz 2003 war Ausgangspunkt der Kulturberichte in Graz. Seit 2003 werden hier Berichte nach der LIKUS-Systematik publiziert. Die Stadt St. Pölten publizierte zum Budgetjahr 2004 einen Kulturbericht nach LIKUS, der jedoch bis jetzt keine Fortsetzung fand.

In den Jahren 2001 bis 2002 konnte ich in einem Teilprojekt des LIKUS 2-Forschungsprojektes am Institut für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft (IKM), das im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung stattfand, die Ausgaben für Kultur aus dem Jahr 1999 von allen österreichischen Städten über 20.000 Einwohner (23 Städte) analysieren. Hierbei wurden jeweils die Gesamtbudgets nach kulturbezogenen Ausgaben untersucht. Gemeinden über 50.000 Einwohner (Landeshauptstädte ohne Eisenstadt, zusätzlich Wels und Villach) wurden in weiterer Folge detaillierter erforscht. Dazu wurden mit Kulturstadträten und Kulturamtsleitern offene Interviews geführt, um zu klären, ob bei den Analysen der Rechnungsabschlüsse noch weitere Ausgaben für Kultur unberücksichtigt blieben. Die Ergebnisse zeigten teilweise ein wesentliches Abweichen der Kulturausgaben von jenen, die von Statistik Austria veröffentlicht wurden. So lag der maximale Ergänzungsbedarf beispielsweise in Villach bei 70%.

Einen weiteren Aspekt dieser Arbeit stellt die Diskussion um die Anwendung von LIKUS 16 oder LIKUS 20 dar. Zwar gab es auf Landesebene Überlegungen, zur Einteilung nach 20 Kategorien zu wechseln, doch wurde dieser Schritt bei der letzten Landeskulturreferentenkonferenz mehrheitlich abgelehnt. Auch die Stadt Graz entschloss sich, den Bericht 2006 wieder nach 16 Kategorien zu erstellten. Die Ursache für die Abneigung gegenüber der 20-Kategorien-Einteilung liegt darin, dass die Erweiterung auch Finanzzahlen zur Kulturverwaltung fordert. Es gibt von der Mehrheit der Länder derzeit keine Bereitschaft diese in den Kulturberichten zu veröffentlichen. Im Kontierungsleitfaden für Rechnungsabschlüsse von Gemeinden ist jedoch ein eigener Teilabschnitt "Gesonderte Verwaltung Kulturamt" vorgesehen. Dieser ist von jenen Gemeinden zu verwenden, die eine gesondert organisierte Dienststelle (Amt, Referat oder Magistratsabteilung) für die Erfüllung dieser Aufgabe besitzen. Da bei internationalen Vergleichen jeweils auch die Kulturverwaltung einbezogen wird, wird in dieser Dissertation eine Zuordnung nach 20 Kategorien erfolgen. Eine Umrechnung bzw. Vergleichbarkeit von 20 zu 16 Kategorien ist jederzeit möglich.

Derzeit wird die öffentliche Kulturfinanzierung vorwiegend auf Basis der Ausgaben der einzelnen Gebietskörperschaften betrachtet, ohne die Einnahmen zu berücksichtigen. Wenn dabei wesentliche Beträge, die Transferzahlungen durch den Bund darstellen (etwa für Theater) einnahmenseitig verbucht werden und gleichzeitig als Ausgabe für Theater aufscheinen, scheint eine Nettorechnung unumgänglich. Ein anderes Beispiel wären Musikschulen, die Elternbeiträge nicht selbst direkt einheben, sondern bei denen die Elternbeiträge als Einnahmen der Gemeinde verbucht werden, um dann von dieser als Ausgabe an die Musikschulen zu fließen. Ob und in welchem Umfang weitere wesentliche Bespiele dieser Art, vor allem auch Transferzahlungen von Ländern an Gemeinden, existieren, soll Ergebnis dieser Arbeit sein. Sie tragen derzeit zu einer unberücksichtigten Verzerrung des Bildes der Kulturausgaben bei.



1 Auf Bundesebene ist die Vorlage des Kunstberichts im Kunstförderungsgesetz geregelt. (BGBl. 146/1988 idF. BGBl. I 132/2000).
2 Institut für Kulturmanagement (Hrsg.), Bericht zur Kulturfinanzierung des Bundes 2006, Wien 2007, S. 51.
3 Statistik Austria (Hrsg.), Kulturstatistik 2005 (erscheint jährlich), Wien 2006.
4 Bauer Helfried/Hafner Gustav/Hütterer Karoline, Kontierungsleitfaden für Gemeinden und Gemeindeverbände 2008, basierend auf der VRV-Änderung vom 1. Juni 2007, BGBl. II Nr. 118/2007, 5. erw. u. erg. Auflage, Wien 2007.
5 Hofecker Franz-Otto/Weckerle Christoph, LIKUS. Länderinitiative Kulturstatistik. Hauptkategorien und Indexentwicklung, Wien 1995.
6 Die Kunst- und Kulturberichte der Stadt Graz 2005 und 2006 wurden von mir gemeinsam mit dem IKM im Auftrag der Stadt Graz konzipiert und erstellt.
 

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