07.09.2023

Buchdetails

Marketing für Kunst und Kultur: Band 1: Grundlagen - Strategie
von Bernd Günter, Julia Römhild
Verlag: Kohlhammer W.
Seiten: 266
 

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Autor*in

Christian Holst
ist Programmkoordinator des Studiengangs Master Arts and Cultural Management der Leuphana Universität in Kooperation mit dem Goethe-Institut. Daneben ist er als Dozent an verschiedenen Hochschulen tätig. Führere berufliche Stationen machte er am Oldenburgischen Staatstheater, dem Opernhaus Zürich und der Zürcher Hochschule der Künste. Er studierte Angewandte Kulturwissenschaften und General Management.
Buchrezension

Marketing für Kunst und Kultur Band 1: Grundlagen und Strategien

Kulturmarketing ist eines der Kernthemen des Kulturmanagements. Dennoch wirkt dessen Umsetzung mitunter noch immer so, als orientiere sie sich eher am Bauchgefühl als an Daten und Strategien. Die vorhandenen Grundlagen der BWL für den Kulturbereich verständlich und übertragbar zu machen, ist deshalb das Ziel des Buchs "Marketing für Kunst und Kultur".
 
Kulturmarketing ist wahrscheinlich der Bereich des Kulturmanagements, der auf den größten Wissensfundus zurückgreifen kann, weil das Feld des Marketings in der Betriebswirtschaftslehre bereits umfassend erarbeitet wurde. Zu leisten, so der Anspruch der Autor*innen Bernd Günter und Julia Römhild, sei demzufolge vor allem der Transfer des BWL-Wissens und der "betriebswirtschaftliche(n) Marketing-Systematik" auf den Kultursektor (S. 5). Da es sich dabei um ein großes Vorhaben handelt, wurde dieses Unterfangen auf zwei Bände aufgeteilt. Hier besprochen wird der erste Band, der sich auf Grundlagen und Strategien konzentriert und 2023 bei Kohlhammer erschien. Der noch nicht erschienene zweite Band geht laut Ankündigung detaillierter auf die Marketinginstrumente, digitales Marketing, Fragen des Branding und Besonderheiten von Kunstmärkten ein.  
 
Aufbau und Struktur
 
Das Buch ist in zehn Kapitel unterteilt. Die Kapitel 1 bis 4 befassen sich mit den Rahmenbedingungen und Grundsatzfragen des Kulturmarketings. Zum Einstieg in das Buch diskutieren die Autor*innen den Zusammenhang zwischen Wert und Preis von kulturellen Gütern und Leistungen. Sie machen dabei deutlich, dass dieser nicht nur durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird, sondern kulturpolitischen und gesellschaftlichen Überzeugungen, subjektiven Bewertungen, Moden und anderen Einflussfaktoren unterliegt. Des weiteren geht es um die Eigenarten des Kulturmarktes, etwa die Vielzahl an zu berücksichtigenden Anspruchsgruppen oder die verschiedenen Handlungsebene von der Unternehmensmission über Geschäftsfelder und Segmentierungen bis hin zu den einzelnen Interaktionen mit den Anspruchsgruppen. Die Eigenart, dass viele Kultureinrichtungen in Deutschland öffentlich finanziert werden, bleibt dabei weitgehend außer Acht, obwohl es weitreichende Implikationen für das Kulturmarketing mit sich bringt. Die Kapitel 5, 6 und 8 widmen sich den Elementen, die im Rahmen eines strategischen Marketings aufeinander abgestimmt werden müssen: die verschiedenen Zielgruppen, die Positionierung der Kultureinrichtung selbst sowie die Ausgestaltung der Beziehung zwischen beiden sowie weiteren Anspruchsgruppen. Die restlichen Kapitel erläutern, was dafür konkret zu tun ist: Die Entwicklung einer umfassenden Marketingkonzeption (Kap. 7) und darauf abgestimmter Strategien (Kap. 10) sowie eine solide Marktforschung und Kund*innenanalyse, die die notwendigen Entscheidungsgrundlagen bereitstellen (Kap. 9). 
 
Dabei beleuchten die Kapitel die Themen meist gut verständlich und praxisnah und nutzen zahlreiche Beispiele und Praxisberichte - oft basierend auf den persönlichen Erfahrungen der Autor*innen -, um Probleme, Herausforderungen und mögliche Lösungsansätze zu vermitteln. Beispielhaft dafür ist die Anekdote, mit der der Begriff "Kundenintegration" veranschaulicht wird. Hier berichtet Bernd Günter, wie er und andere Gäste einer Museumsführung vom Guide zum Singen eines Liedes animiert wurden, was ungewollte Aufmerksamkeit der anderen Museumsbesucher*innen auf sich zog, aber auch ein unvergessenes Erlebnis blieb - für alle Anwesenden. Mit Beispielen wie diesem gelingt es den Autor*innen, Fachvokabular anschaulich zu erklären und die in der BWL etablierten Begriffe und Konzepte auf den Kultursektor anzuwenden. Auch die Verwendung von Textkästen zur stichwortartigen Zusammenfassung zentraler Konzepte und Aspekte ist eine nützliche Methode, um die Übersichtlichkeit zu erhöhen, sofern sie dosiert eingesetzt wird. Stellenweise reihen sich die Kästen jedoch eng aneinander und werden nur mit kurzen Fließtextabschnitten "anmoderiert". 
 
Einordnung
 
Im Bereich des Kulturmarketings existiert bereits eine Reihe an Grundlagenbüchern, die die Besonderheiten des Kultursektors aus betriebswirtschaftlicher Perspektive reflektieren. Es liegt daher die Frage auf der Hand, welche Lücke das vorliegende Buch schließen möchte. Darauf kann das Buch jedoch keine klare Antwort geben. Es erläutert stattdessen anhand von Beispielen aus dem traditionellen Hochkultursektor einmal mehr Konzepte, die eher einem transaktions- statt beziehungsorientierten Marketingansatz entstammen, die also auf Besuche und Verkäufe anstatt auf Bindung und Vermittlung fokussieren. Diese Herangehensweise hat in den letzten Jahren viel Kritik erfahren, weil sie weder eine sich verändernde, diversifizierende Gesellschaft noch die mögliche Wirkung und Relevanz von Kultur berücksichtigt. Aufbauend auf dieser Kritik wurden unter Schlagworten wie Audience Development, Co-Creation, Social Impact, Digitalität (jenseits von bloßer Technologieanwendung) u.a. neue Perspektiven entwickelt. Diese finden im Buch zwar teilweise Erwähnung, aber keine nähere inhaltliche Berücksichtigung, obwohl ein zeitgemäßes und effektives Kulturmarketing sie nicht ignorieren kann. Vielleicht wird der zweite Band näher auf diese Aspekte eingehen.
 
Auch wenn das der Fall sein sollte, wäre es bereits für den ersten Band wünschenswert, die eigene - in diesem Fall sehr klassische - Perspektive auf das Thema zu Beginn zu klären und aus dieser heraus eine Systematik zu entwickeln, anhand der das Buch strukturiert wird. Dass solch eine Systematik fehlt, mag der Grund dafür sein, warum das Buch recht unzusammenhängend wirkt und sich fast wie ein Sammelband liest. So würde man im ersten Kapitel einen einordnenden Überblick über Aufbau und Herangehensweise des Buches, eine generelle Einführung in das Thema und dessen Bedeutung sowie eine Positionierung des Buches im aktuellen Diskurs erwarten. 
 
So, wie der inhaltliche rote Faden nur lose gesponnen ist, wirkt das Buch auch formal uneinheitlich: Mal richten sich Kapitel eher an ein Fachpublikum und bearbeiten recht spezifische Fragestellungen (Kap. 1), mal steht die Einführung in grundlegende Heuristiken im Mittelpunkt (z.B. Kap. 10), mal geht es sehr praktisch und anwendungsbezogen zur Sache (z.B. Kap. 5). Wie die Kapitel aufeinander aufbauen und zusammenhängen, wird leider nicht dargestellt. Im Vorwort erläutern die Autor*innen nur kurz, dass sie punktuell und induktiv vorgehen und die Technik des Storytellings anwenden wollen. Tatsächlich liest sich das Buch wie ein Episodenfilm: Der große Bogen fehlt, was nicht heißt, dass die einzelnen Episoden - in diesem Fall Kapitel - für sich genommen nicht erhellend sind. 
 
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, für wen dieses Buch eigentlich gedacht ist. Für das wissenschaftliche Fachpublikum bringt es wenig Neues und geht eher am Rande auf aktuelle Debatten und Fragen ein. Für Studierende des Kulturmanagements wäre ein systematischerer Aufbau des Buches hilfreich, um das Thema ganzheitlich und in seinen Zusammenhängen zu verstehen, es sei denn, sie suchen gut verständliche Einführungen zu einzelnen Themen. Ferner könnte das Buch für Kulturschaffende interessant sein, die sich punktuell mit Themen wie Marktforschung oder Marketingkonzeption beschäftigen wollen. Sie bekommen gut verständlich das in der BWL entwickelte Marketing-Instrumentarium präsentiert. Hierin liegt am ehesten ein Alleinstellungsmerkmal des Buches gegenüber der vergleichsweise großen Konkurrenz an Überblickswerken zum Kulturmarketing.
 
"Marketing für Kunst und Kultur. Grundlagen und Strategien" bietet demnach einen soliden Überblick über die zentralen Fragen des Kulturmarketings und vermittelt diese praxisnah und verständlich. Auch wird der selbst gestellte Anspruch der Autor*innen erfüllt, die Marketing-Systematik der BWL für den Kulturbereich zu adaptieren. Insgesamt fehlt dem Buch jedoch ein roter Faden, anhand dessen die verschiedenen Aspekte systematisch integriert würden. Das Buch ist daher vor allem für Personen geeignet, die ihr Grundlagenwissen zu einzelnen Marketingthemen auffrischen möchten. Für die wissenschaftliche Debatte zum Kulturmarketing bietet das Buch zu wenig Neues und setzt sich zu wenig mit den jüngeren, kritischen Perspektiven auf das Kulturmarketings auseinander.

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