16.12.2019

Autor*in

Sebastian Finck
hat einen Master in Museumsmanagement von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Während seines Studiums sammelte er bereits berufliche Erfahrungen in den Bereichen Kulturmarketing und Fundraising. Seit Oktober 2019 arbeitet er als wissenschaftlicher Volontär im Team "Lange Nacht der Museen" bei der Kulturprojekte Berlin GmbH.
Führung im öffentlichen Museum

Die Entwicklung von (Nachwuchs-) Führungspersonen

Die Anforderungen und Erwartungen an Führungspersonen in öffentlichen Museen steigen. Der zweite Teil dieses Beitrags zeigt, mit welchen Instrumenten, Maßnahmen und Prozessen öffentliche Museen ihre Führungskräfte qualifizieren und auf Veränderungen vorbereiten können.
Instrumente der Kompetenzentwicklung für Führungspersonen im Museum
 
Im Kontext der (Führungs-)Personalentwicklung gehören Coaching und Mentoring zu den Methoden "along the job". Hierzu zählen alle Maßnahmen, die Mitarbeiter*innen systematisch über einen längeren Zeitraum entwickeln und auf weiterführende (Führungs-)Aufgaben vorbereiten (Holtbrügge 2018, S. 147). Insbesondere Führungspersonen benötigen zusätzliche Qualifikationen in den Bereichen Kommunikation, Gruppendynamik, Motivation, Kooperation und Selbstreflexion. In der folgenden Auflistung finden sich mögliche Anlässe und Ziele von Coachings anhand beispielhafter Situationen, die für (Nachwuchs-)Führungspersonen im öffentlich-rechtlichen Museumsbereich von Bedeutung sein können (Kniep-Taha, Lukas 2010, S. 58.):
 
  • Die Führungsperson muss/will einen Veränderungsprozess innerhalb des Museums initiieren und begleiten (z.B. Restrukturierung aufgrund der Ausgründung des Museums aus der Kommunalverwaltung) und dabei mittels Führungs- und Kommunikationsaufgaben potenzielle bzw. konkrete Problemfelder vorbeugend bearbeiten bzw. Widerstände überwinden.
  • Die Führungsperson möchte Unterstützung bei bestehenden oder bevorstehenden Arbeitssituationen (z.B. herausfordernde Gespräche mit Mitarbeiter*innen aufgrund von Kündigungen bedingt durch Kürzungen im Stellenplan).
  • Die Nachwuchsführungsperson steht vor der Übernahme einer neuen, hierarchisch höheren Funktion und möchte den Rollenwechsel möglichst reibungslos gestalten.
Der Einsatz von Coaching dient dabei nicht nur einer optimalen Aufgabenerfüllung, sondern kann zu einer verantwortungsbewussten und wertschätzenden (Mit-)Gestaltung der Führungs- und Kommunikationskultur eines Museums beitragen und so die gesamte Organisationskultur prägen. Die mit den Schlüsselsituationen im Führungsalltag einhergehenden Unsicherheiten werden bewusst reflektiert und durch die Simulation von Arbeitssituationen im Coaching-Prozess konstruktiv bearbeitet.
 
Bei den im Rahmen der Masterarbeit untersuchten Coaching- und Mentoring-Programmen (Führungskräfte-Training der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Museion21, 1:1-Mentoring-Programm des Deutschen Kulturrats, Cross Mentoring-Programm des Kommunalen Arbeitgeberverbands Berlin) gaben die die befragten Mentor*innen, an dass die Mentees nach der Teilnahme selbstbestimmter und durchsetzungsfähiger beim Vertreten der eigenen Interessen auftraten und sich allgemein eine positive Persönlichkeitsentwicklung feststellen ließ. Ein Coachee betonte, dass der konkrete und praxisbezogene Ansatz des Coachings durch die simulierten Beispiele, die teilweise aus der realen Berufspraxis der Teilnehmer*innen stammten, einen hohen Wissens- und Erfahrungstransfer in die Führungspraxis gewährleistete. Beispielsweise simulierten die Teilnehmer*innen von Museion21 zu den Themen Konflikt- und Veränderungsmanagement unterschiedliche Rollen im Museum (z.B. Restaurator*in; Kurator*in), wobei jeweils eine Person aus der Gruppe als Führungskraft zur Konfliktlösung beitragen sollte. Die Situation wurde im Anschluss der Gesamtgruppe vorgestellt und die Coaches sowie die anderen Teilnehmer*innen gaben situationsbezogenes Feedback. 
 
Die Projektverantwortlichen sämtlicher Coaching- und Mentoring-Programme berichteten einstimmig von einer großen Nachfrage aus der deutschen Museumslandschaft. Der Grund hierfür ist, dass Personen in Führungspositionen in ihrer jeweiligen Einrichtung hierarchisch gesehen relativ "allein" sind. Sie fühlen sich nach der Erfahrung der befragten Coaches und Mentor*innen durch den offenen und vertraulichen Austausch mit Gleichgesinnten in ihrer Arbeit und Person bestärkt, da hierbei das Sprechen über Scheitern und eigene Schwierigkeiten, Probleme und Konflikte im Führungsalltag einfacher möglich ist.
 
Es ist von großer Bedeutung, dass Coaching-Programme durch die oberste Führungsebene mitgetragen und durchgeführt werden, um eine organisationsumfassende und nachhaltige Wirkung innerhalb des Museums zu erreichen. Besonders im öffentlichen Bereich herrscht noch oft die falsche Vorstellung vor, dass Coaching stets defizitorientiert oder gar eine Art "Nachhilfe für Leistungsschwache" sei (vgl. Gourmelon, Seidel, Treier 2014, S. 139).
 
Führungskräfte-Training der Stiftung Preußischer Kulturbesitz
 
Bei dem Führungskräfte-Training der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) handelt sich um ein innerhalb der Stiftung entwickeltes (inhouse) Gruppen-Trainings-Programm, das seit 2016 von externen Coaches durchgeführt wird. Das Programm wurde federführend von Dr. Sabine Lang (Referatsleiterin Personalservice der Staatlichen Museen zu Berlin (SMB)) und Roland Mund (Personalentwicklung SPK) entwickelt. Innerhalb der SPK gab es seit längerer Zeit Überlegungen dazu, wie über das rechtlich verpflichtende Instrument der Mitarbeitergespräche hinaus weitere Führungsinstrumente und -methoden etabliert werden könnten.
 
Zudem wirkten sich eine gestiegene Erwartungshaltung der Mitarbeiter*innen gegenüber den Führungskräften und ihre stärkere Interessenvertretung auf die Initiierung des Training-Programms aus, wie Frau Dr. wie Lang und Herr Mund erklärten. Projektarbeit und das Betreuen paralleler Projekte und Projektleiter*innen ist eine weitere Herausforderung, die sich nach Ansicht der beiden in den letzten Jahren im Kultur- und Museumsbereich verstärkt hat. Eine weitere Motivation und Zielstellung der Initiierung des Programms war deshalb der Versuch, ein gemeinsames und stiftungsübergreifendes Verständnis von Führung und eine ganzheitlichen Führungs- und Organisationskultur zu entwickeln.
 
Nach der Durchführung des Pilotprojekts und einem Ausschreibungsverfahren startete das Programm im Jahr 2016 mit einer Laufzeit von fünf Jahren mit dem Ziel, dass innerhalb dieser Zeit sämtliche Führungskräfte der unterschiedlichen Ebenen der SPK daran teilnehmen können. Das Programm wird mehrmals jährlich durchgeführt. Insgesamt können an einem Modul 20 Führungspersonen der SPK teilnehmen. Die Module werden immer von zwei Coaches begleitet.
 
 
Dabei bedienen sich die Coaches unterschiedlicher Rollen, um ein situationsbezogenes Lernen zu ermöglichen. 
 
 
Zu Beginn, wenn die theoretischen Grundlagen und Werkzeuge vorgestellt werden, nehmen sie beispielsweise eher die Rolle des Dozierenden ein. Zudem werden vielfältige Methoden wie Rollenspiele mit Praxisfällen oder die Bildung von kleinen Netzwerkgruppen angewandt, in denen die Coaches die Rolle des Sparringspartners einnehmen, um die Teilnehmer*innen bei der Reflexion und der Anwendung des Gelernten zu unterstützen. Die unterschiedlichen Wissens- und Erfahrungshintergründe der (Nachwuchs-)Führungspersonen werden berücksichtigt und ein hoher Transfer in die Führungspraxis durch das situationsbezogene Lernen und Reflektieren von konkreten Arbeitssituationen gewährleistet.
 
Seit dem Start des Programms im Jahr 2016 haben ca. zwei Drittel der Führungskräfte der oberen Ebene an dem Programm teilgenommen. Das Training soll ein konstanter Prozess bleiben, um nachhaltige Effekte bei der Organisationsentwicklung zu erreichen. Eine verstärkte Reflexion der Rollen und der Verantwortung der Führungskräfte sowie eine stärkere Sensibilisierung für die Verantwortung der Stiftung gegenüber dem eigenen Personal sollen erreicht werden. Die einzelnen Führungskräfte sollen mithilfe der Trainings diese Verantwortung erkennen und dazu befähigt werden, damit umzugehen.
 
Die positive Entwicklung und Anerkennung des Programms (zum Zeitpunkt des Interviews mehr Anmeldungen als verfügbare Plätze) innerhalb der SPK bestätigte Frau Dr. Lang und Herrn Mund in ihrer Arbeit und verdeutlicht das hohe Potential der Initiierung und Durchführung von Instrumenten der Kompetenzentwicklung für Führungspersonen im Museumsbereich. 
 
Fazit
 
Instrumente, Maßnahmen und Prozesse der (Nachwuchs-)Führungskräftequalifizierung und -entwicklung wie Coaching oder Mentoring können (angehende) Führungspersonen bei dem Weg zur Führungspersönlichkeit in einer komplexer werdenden und wandelnden Umwelt mit gestiegenen internen und externen Erwartungen wirkungsvoll auf die Rolle als Führungsperson vorbereiten bzw. diese bei ihrer Ausübung unterstützen.
 
In diesem Sinne bleibt zu hoffen, dass in Zukunft noch mehr Museen und Trägerinstitutionen ein Bewusstsein für die Notwendigkeit und die unterschiedlichen Möglichkeiten der Qualifizierung und Entwicklung von (Nachwuchs-) Führungspersönlichkeiten im öffentlich-rechtlichen Museumsbereich entwickeln.
 
Literatur
 
  • GOURMELON, Andreas; SEIDEL, Sabine; TREIER, Michael (2014): Personalmanagement im öffentlichen Sektor. Grundlagen und Herausforderungen. 1. Aufl. Heidelberg, Hamburg: Rehm Verl.-Gruppe Hüthig Jehle Rehm.
  • HOLTBRÜGGE, Dirk (2018): Personalmanagement. 7., überarbeitete und erweiterte Auflage. Berlin: Springer Gabler. 
  • KNIEP-TAHA, Dagmar; LUKAS, Susanne (2010): Coaching im öffentlichen Sektor. Anlässe, Ziele, Organisation. In: GOURMELON, Andreas; MROß, Michael (Hg.) (2010): Führung im öffentlichen Sektor. 1. Auflage. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, S. 54-68.
  • WOLLSCHING-STROBEL, Peter (2015): Managementnachwuchs erfolgreich machen. Personalentwicklung für High Potentials. 2. Aufl. Wiesbaden: Gabler.

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