14.10.2008

Themenreihe Digitale Formate

Autor*in

Karin Janner
Dirk Heinze
Status quo des Online-Kulturmarketings

Das Potenzial wird bei weitem nicht ausgeschöpft

Das Internet hat das Marketing, dabei vor allem die Kommunikationspolitik, grundlegend verändert. Karin Janner, Betreiberin des Kulturmarketing Blog, befragte dazu Dirk Heinze, den Chefredakteur von Kulturmanagement Network.

Themenreihe Digitale Formate

Karin Janner: Mehr und mehr Unternehmen ergänzen ihren Marketing-Mix durch Online-Marketing-Maßnahmen.Wie sieht es im Kulturbereich aus? Hat sich das Internet im Kulturmarketing schon durchgesetzt?
 
Dirk Heinze: Die meisten Kultureinrichtungen nutzen das Internet als Kommunikationsinstrument, um sich nach außen darzustellen (als Online-Visitenkarte), um mit Kunden und Geschäftspartnern zu kommunizieren. Die vergleichsweise geringen Kosten haben hier sicher zur Verbreitung beigetragen. Allerdings haben nur die wenigsten Mitarbeiter weitergehende Kenntnisse, um die Inhalte der Website auf einem aktuellen Stand zu halten und die Website als Kommunikationsplattform zu nutzen. Man delegiert insofern diese Aufgaben entweder an die wenigen Experten im Haus oder ist vollständig auf externe Dienstleister angewiesen. Insofern wird das Potenzial des Internets als Marketinginstrument im Kulturbetrieb bei weitem nicht ausgeschöpft.
 
Das Problem hat aus meiner Sicht 3 Ursachen: erstens gibt es nur wenige Einrichtungen, die personell die Kapazitäten vorhalten, um Kommunikation auch im Internet zu ermöglichen. Die Bündelung von Werbung, Öffentlichkeitsarbeit und Marketing in einer Stelle führt mittel- oder langfristig zum Ende jeglicher strategischen Kommunikation. Zweitens gibt es nur wenige Aus- und Weiterbildungsangebote, die für Kulturbetriebe das Internet anwendungsorientiert mit seinen vielseitigen Möglichkeiten vermitteln. Drittens gibt es nach wie vor eine Distanz zahlreicher Kulturschaffender zum Medium Internet mit seiner direkten, hierarchiefernen Kommunikation, was dessen Nutzung für die berufliche Praxis erschwert.
 
KJ: Web 2.0 - das Mitmach-Web, wird zurzeit viel diskutiert. Anfangs wurden Blogs, Podcasts, Wikis und andere Web 2.0-Anwendungen eher als Spielzeug der Webaffinen gesehen, in jüngster Zeit werden Anwendungsmöglichkeiten für das Marketing ausgelotet. Sehen Sie hier Potenziale und Chancen für das Online-Marketing von Kultureinrichtungen?
 
DH: Viele Bestandteile des Web 2.0 sind nicht neu, sondern waren seit Beginn des Internets integrativer Bestandteil dieses Mediums. Foren, Kommentare oder Umfragen gehören seit mehr als 10 Jahren zum Bestandteil jedes Onlineportals und selbst vieler Firmen-Websites. Die unzähligen Möglichkeiten der Beteiligung des Kunden in Markteinscheidungen durch das Internet wurde beispielsweise im Economist vor 8 Jahren aufgezeigt. Amazon nutzt seit 13 Jahre die Meinungen seiner Kunden bis hin zu deren Kaufverhalten und hat damit das Internet revolutioniert. Das Potenzial gerade für den Kulturbetrieb ist groß, jedoch steht man sich durch die hierarchischen Strukturen eher selbst im Weg. Möglicherweise ist die Angst vor der Offenheit gegenüber dem Kunden im Kulturbetrieb größer als bisher gedacht.
 
KJ: Zum Status Quo des Online-Marketing in Kultureinrichtungen: Wie betreibt denn der typische Kulturbetrieb Online-Marketing? Welche Möglichkeiten sind Kulturbetrieben bekannt, welche Maßnahmen führen sie durch?
 
DH: Die Form, die am weitesten verbreitet ist, ist sicherlich die Email mit ihrer direkten und schnellen Möglichkeit, Kundenmeinungen an die Betreffenden durchzugeben. Umso betroffener bin ich immer wieder, wie unprofessionell hier mit dieser Kommunikationsform umgegangen wird. In erster Linie ist es die Hoffnung von Kultureinrichtungen, mit einer professionellen Onlinepräsenz eine zusätzliche, auch überregionale Außenwirkung zu erzeugen. Hier wurde in den letzten Jahren erfolgreich gearbeitet. Viele Kultureinrichtungen, private zuallererst, nutzen inzwischen das Internet als Marketing- und Vertriebsinstrument, also beispielsweise für die Buchung von Eintrittskarten. Hierbei hilft der Markteinfluss großer Dienstleister im Ticketing, deren Technik auch für die Marktforschung genutzt werden können.
 
KJ: Blick in die Zukunft: Was wird in den nächsten 3-5 Jahren im Online Kulturmarketing passieren? Wie werden Kultureinrichtungen das Internet im Marketing nutzen? Wohin geht die Entwicklung?
 
DH: Mit dem sich fortsetzenden Generationswechsel in den Kultureinrichtungen kommen auch immer mehr Fachkräfte in die PR- und Marketingabteilungen, die von Anfang an mit dem Internet aufgewachsen sind. Damit besteht die Chance, dass sich die Onlinekommunikation auf mehrere Personen verteilt und für ein strategisches Marketing genutzt werden kann. Ich gehe davon aus, dass bei der Pressearbeit, in der Evaluierung und im Personalmanagement (Recruiting) die sichtbarsten Weiterentwicklungen geschehen, weil hier die Vorteile des Mediums Internet am deutlichsten hervortreten, ohne dass deren Anwendung zu große zeitliche, personelle und finanzielle Investitionen erfordern. Hingegen rechne ich nicht mit einer signifikanten Verbreitung von Web 2.0-Technologien wie Foren, Videostreams oder Podcasts. Sowohl die anhaltende Technikskepsis unter Kulturschaffenden, die mangelnde berufliche Weiterbildung als auch die traditionell hierarchischen Strukturen der Einrichtungen stehen dem entgegen.
 
KJ: Was raten Sie Kultureinrichtungen, die mit Online-Marketing starten oder die ihr Online-Marketing verbessern wollen? Kurzer Tipp vom Experten?
 
DH: Nach wie vor werden die Potenziale eines professionellen Kundenbeziehungsmanagements (CRM) unterschätzt. Ein Marketing, das auf qualifizierte Kundendaten zurückgreifen kann, wird immer erfolgreicher sein als einzelne Maßnahmen. Diese Daten, die man sowohl offline als auch online generiert und dann kontinuierlich pflegt, helfen bei der Einschätzung und Betreuung von Zielgruppen. So lassen sich Marketingmaßnahmen vermeiden, die ziellos nach außen gehen. Die aktuellen Debatten über Datenmissbrauch tragen allerdings dazu bei, CRM in eine verdächtige Ecke zu stellen. Bei der notwendigen Verbesserung im Service von Kultureinrichtungen könnte sich dies als spürbare Bremse auswirken. Hier muss es Datenschutzbeauftragte in jeder Kultureinrichtung sowie klare rechtliche Rahmenbedingungen geben.
 

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