17.04.2012

Autor*in

Leticia Labaronne
ist Professorin für Kulturmanagement und leitet das Zentrum für Kulturmanagement der ZHAW sowie das Masterprogram Arts Management. Sie engagiert sich in verschiedenen Fachgremien, beispielsweise als Advisory Board bei ENCATC, das von der UNESCO mitbegründete European Network on Cultural Management and Policy. 
 
Spenden durch Legate

Legate

Interview mit Andrea Müller, Fundraising und Event Verantwortliche des Tonhalle-Orchesters Zürich.
Dieses Interview* ist der erste Teil einer dreimonatigen Reihe des KM Magazin zum Thema Legate. Ziel ist es, anhand Interviews mit Verantwortlichen von grossen Kulturinstitutionen in der Schweiz, Deutschland und Österreich wichtige Erkenntnisse und Trends aus der Praxiserfahrung zu gewinnen.
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Immer mehr Personen berücksichtigen in ihrem Testament gemeinnützige Zwecke mit einer Zuwendung in Form von Sachwerten, Immobilien oder einem gewissen Teil ihres Vermögens. Mit einem Legat hinterlassen Menschen über Ihre eigene Lebensgeschichte hinaus Wegspuren und sorgen damit für das Weiterleben ihres Engagements für eine Organisation oder einen bestimmten Zweck.

In der Schweiz wird häufiger und mehr geerbt als in den umliegenden Ländern. Die Gesamterbsumme beträgt jährlich rund 30 Milliarden CHF, was 6.8% des Bruttoinlandprodukts BIP entspricht1. Rund 1.1 Milliarden CHF (3,9 % der Gesamtsumme) gehen an steuerbefreite, gemeinnützige Organisationen, d.h. klassische Hilfswerke, aber auch Kulturinstitutionen, Kirchen, Universitäten und Spitäler. Des Weiteren schreibt ein Viertel der Bevölkerung kein Testament. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass die immer mehr gemeinnützigen Organisationen um Erbschaften buhlen und, unter anderen auch Kulturinstitutionen, wie das Verkehrshaus der Schweiz, dadurch verstärkt versuchen, Unterstützung für sich zu gewinnen.
 
 
 
KM Magazin: Welche Erfahrungen hat das Tonhalle-Orchester Zürich bereits mit Legaten gemacht?
 
Andrea Müller: Unsere Spender sind in verschiedenen Freundeskreise organisiert. Diese Freundeskreise haben eine lange Tradition und damit starke Bindung. Heißt: Über diese Freundeskreise bekommen wir immer wieder Legate zugesprochen. Allein letztes Jahr zwei Legate zu je 100 000 CHF.
 
KM: Welche Gründe haben Menschen, um ein Legat für Ihre Organisation zu hinterlassen? Wer hinterlässt ein Legat für Kulturinstitutionen? Gibt es ein erkennbares Profil?
 
AM: Die Spender sehen das Tonhalle-Orchester Zürich als ureigene Zürcher Institution, die sie unterstützen möchten. Besonders die Verbundenheit zum Gönnerverein wissen viele zu schätzen. Es geht also um die Förderung der Musik bzw. der Kultur in ihrer Stadt. Der Gönnerverein unterstützt gezielt Projekte, die kommuniziert werden und an denen die Spendenden. Unsere Zielgruppe / Spender sind Menschen ab 65 bis 70 Jahre aufwärts. Sie gehen in die Generalproben und lieben die Musik es sind meist gehobene Bildungsbürger.
 
KM: Erleben Sie das Thema im Kulturbereich als Tabu? Besteht Bedarf an Sensibilisierungs-bemühungen?
 
AM: Nicht als Tabu, aber als hochgradig sensibel. Das liegt in der Mentalität unserer Zielgruppe begründet.
 
KM: Das heißt, dass Sensibilisierungsbemühungen seitens Hilfswerk-Gruppen in der Schweiz, wie Pro Testament oder My Happy End eine positive Auswirkung auf Ihre Spender haben könnten?
 
AM: Das ist wichtige Aufklärungsarbeit, die durch andere Organisationen durchgeführt wird. Je mehr das Thema Legate in den Medien präsent ist und in der Öffentlichkeit diskutiert wird, desto mehr ist der Einzelne bereit sich Gesprächen mit Institutionen zu öffnen.
 
KM: Lassen Sie die Interessenten auf Sie zu kommen oder betreiben Sie proaktives Legate- bzw. Nachlass-Marketing, wie es im NPO-Sektor genannt wird? Wie informieren Sie potenzielle Vermögensgeber?
 
AM: Wir sind im Aufbau das Thema Legate-Fundraising zu platzieren. Es wird im Gönnerverein gestartet, mit Broschüren und mit Informationen auf der Website. Es wird jedoch keine Informationsveranstaltungen für die breite Gönnerschaft geben sondern spezifisch abgestimmte Aufklärungsabende für Rechtsanwälte und Vermögensberater (sog. Intermediäre) in unserem Netzwerk.
 
KM: Was braucht eine Kulturorganisation als Grundlage um ein Legate-Programm auszubauen?
 
AM: Essentielle Basis ist die gute und vertrauensvolle Beziehung zu den Spendern. Bei uns bestehen tief gewachsene ja fast freundschaftliche Bindungen, durch eine jahrelang gepflegte Mitgliedschaft im Freundeskreis.
 
KM: Kann die Institution frei über das Vermögen verfügen oder ist diese tendenziell zweckgebunden (z.B. Jungtalentförderung)? Welche Formen haben in der Regel die Schenkungen?
 
AM: Frei verfügen ist bei uns üblich. Allerdings baue ich jetzt spezifisch die Projektsparte auf, um gezielt Projektpatenschaften anzubieten. Die Schenkungen variieren je nach Organisation. Hier bei uns in der Tonhalle handelt es sich um Finanzgaben. In der Stiftung bei der ich vorher tätig war, waren Immobilienlegate sowie Wertschriften durchaus üblich.
 
Unsere Gesprächspartnerin
 
Andrea Müller studierte Betriebswirtschaft und arbeitet seit über 10 Jahren im Bereich Eventmanagement, Public Relations und Sponsoring, wo sie v.a. für große Corporate Kunden zuständig war. Nach Absolvierung des Diplomlehrgangs in Fundraising Management an der ZHAW in Winterthur, übernahm sie 2010 den Aufbau der Fundraisingabteilung bei der Stiftung Liebenau am Bodensee. Seit Frühjahr 2011 ist für den Bereich Fundraising und Events des Tonhalle-Orchesters Zürich verantwortlich.
 
*Das Interview führte Leticia Labaronne, Büro Schweiz für Kulturmanagement Network.
 

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