29.08.2009

Autor*in

Bruno Seger
Bruno Seger studierte Psychologie, Literaturwissenschaft und Philosophie. Nach langjähriger Tätigkeit als Psychologe und Leiter einer Non-Profit-Organisation wechselte er zur ZHAW und gründete das Zentrum für Kulturmanagement, das er bis heute leitet. Zudem leitet er Forschungs- und Beratungsprojekte im Kulturmanagement.
Kommentar

Kulturmanagement ist dynamisches Management

Bis heute findet sich keine genuine Theorie des Kulturmanagements und vielleicht ist eine solche auch nicht notwendig, weil sich die Frage nach einer solchen erledigen könnte. Wenn die Arbeitsformen und Prozesse, die im Kulturbereich und in der Kreativwirtschaft heute ublich sind, sich vermehrt noch auch in anderen Bereichen der Wirtschaft etablieren, wird auch die allgemeine Management-Theorie den neuen Bedingungen des Managements in Wissensgesellschaften vermehrt Rechnung tragen mussen.
Kulturmanagement zeichnet sich in hohem Maße dadurch aus, dass es an der Schnittstelle verschiedenster und teilweise heterogener gesellschaftlicher Subsysteme wie Kultur, Staat, Wirtschaft, Non-Profit-Bereich, Bildung, Medien, Freizeit usw. angesiedelt ist. Somit sind KulturmanagerInnen in hohem Masse gefordert, ihre vielfältigen und oft auch heterogenen Stakeholder in die Strategien und Prozesse ihrer jeweiligen Tätigkeitsbereiche zu integrieren. KulturmanagerInnen müssen also gleichsam die "Sprachen" von Künstlern, Kulturpolitikern, Ökonomen, privaten Geldgebern, Sponsoren, Medien und des jeweiligen Publikums "verstehen" und mit deren spezifischen "kulturellen" und institutionellen Voraussetzungen umgehen können. Sehr oft stehen deshalb neben Projekt- und Organisationsmanagement intermediäre Kompetenzen wie Moderation und Integration im Vordergrund. Kulturmanagement kann deshalb nie mechanistisch-eindimensionales Prozessmanagement sein, sondern steht im Gegenteil fast schon paradigmatisch für ein komplexes Management, das in einem dynamischen System sich rasch verändernder Konstellationen von Interessen, Ansprüchen und Begrenzungen durch grosse Flexibilität und Offenheit ein Ziel zu erreichen sucht, das sich mitunter im Verlauf der Prozesse selbst auch noch modifiziert. Wer schon kulturpolitische Initiativen oder grössere kulturelle Projekte realisiert hat wird sich in diesen abstrakten Beschreibungen leicht wieder finden können.

Eine radikale Abkehr vom einem mechanistisch- reduktionistischen Denkstil fordert Fredmund Malik, sicherlich einer der innovativsten Vordenker des zeitgenössischen Managements seit Peter Drucker, denn auch für das Management des 21. Jahrhunderts. Es sei für eine globalisierte Informations- und Komplexitätsgesellschaft ein an Evolution, Selbstregulierung und Selbstorganisation orientiertes Management von Nöten, also Managementkonzepte, die sich am Complexity Management der Systemtheorie orientieren. Gerade die Planung, Steuerung und Kontrolle von Kulturorganisationen und Kulturprojekten oder auch von Kulturpolitik, finden in komplexen gesellschaftlichen Umfeldern statt und können so ganz im Sinne Maliks nicht mehr als eindimensionale Prozesse interpretiert werden, sondern erfordern eine kreative Integration der dynamischen Kräfte und oft ein "situationistisches" Agieren, das dennoch dem jeweiligen kulturellen Ziel verpflichtet bleibt. Auch haben sich Selbstdefinitionen und Themen des Kulturmanagements in den gut zwei Jahrzehnten, seit der Lancierung des Begriffs und entsprechender Ausbildungsgängen im deutschen Sprachraum, bereits bemerkenswert gewandelt. Wurde vor einiger Zeit Kulturmanagement noch vorwiegend als betriebswirtschaftliche Optimierungstechnik für Kulturbetriebe gesehen, kann heute Kulturmanagement zunehmend als Management kultureller Kontexte verstanden werden. Nicht mehr einzelne Projekte oder Organisationen stehen im Mittelpunkt sondern ganze kulturelle Cluster oder Environments, die kulturelle Bedeutungsproduktion, Unterhaltung und Wellness, Bildung sowie kulturwirtschaftliche, mediale und touristische Aspekte vereinen. In diesen Zusammenhängen haben auch Audience Development, Community Building und Community Marketing enorm an Bedeutung gewonnen.

BRUNO SEGER lic. phil., ist Leiter des Zentrums für Kulturmanagement sowie Leiter der Studiengänge Arts Management und Fundraising Management an der ZHAW Winterthur. Seger studierte Psychologie, Literaturwissenschaft und Philosophie an der Universität Zürich. Er ist u.a.Vorstandsmitglied beim Schweizer Kulturmanagement Forum (KMF).

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