01.05.2008

Autor*in

Uta Petersen
Rückblick 3. Symposium zu Förder- und Freundeskreisen in der Kultur 2008

Wie man sich Freunde schafft

Rückblick auf das 3. Symposium zu Förder- und Freundeskreisen in der Kultur am 11. April 2008 in Berlin
 
Zum dritten Mal in den vergangenen drei Jahren organisierte die Arbeitsgemeinschaft Freundeskreise der Stiftung Zukunft Berlin im April 2008 ein Symposium zu Förder- und Freundeskreisen in der Kultur: "Wie man sich Freunde schafft ".

Der ausgewiesen Untertitel "Unternehmen Freundeskreis" lässt bereits ahnen, dass es bei der Unterstützung regionaler Kultureinrichtungen durch engagierte Bürger um mehr geht als freundlichen Zuspruch, Geld sammeln und Wissen einbringen. Die gezielte Gegenüberstellung von Unternehmen und Freundeskreisen zeigte auf, dass effiziente Strukturen und professionelle Arbeitsweise auf die Arbeit in Freundeskreisen übertragbar sind besser: sein müssen. Nachhaltiges bürgerschaftliches Engagement in Form von ehrenamtlicher Arbeit ist nur mit dem nötigen Know-how möglich. Diskutiert wurden von den 100 Teilnehmern das Verhältnis von Kultur und Wirtschaft zueinander, und das von privater und öffentlicher Kulturförderung. In Workshops zu den Themen Erbschaftsfundraising, Management, Verwaltungsdatenbanken und Steuerrecht ging man ins Detail. Ein aktuelles Thema war die Reform des Gemeinnützigkeitsrechts. Für die Vertiefung des Hauptthemas des Symposiums sorgten auf den Podien je
zwei Experten und ein Vertreter eines Freundeskreises. Dass alle vier Workshops jeweils zwei Mal angeboten wurden, erwies sich als ein organisatorisch geschickter Schachzug so konnte jeder Teilnehmer an einem Tag an zwei Themenbereichen teilnehmen.

Das bundesweite ehrenamtliche Engagement der Bürger in über 1000 Förder- und Freundeskreisen für örtliche Kultureinrichtungen wird dank knapper öffentlicher Kassen zur unverzichtbaren Stütze für Theater, Museen, Konzerthäuser oder Bibliotheken. Die Umrechnung in Geld von Zeitspenden der Bürger betrage angeblich mehr als 10 Milliarden Euro das fand die Enquete Kommission "Kultur in Deutschland" heraus. Dazu kämen 1-2 Milliarden Euro Geldspenden, Mitgliedsbeiträge und Sponsoring.

Welche "Hilfen für Helfer" es gibt, wie Bund und Länder die private Kulturförderung unterstützen legte Lydia Westrich, MdB und Sprecherin der SPD-Arbeitsgruppe zur Enquete-Kommission "Kultur für Deutschland" dar. Beispielsweise wurden die Höchstgrenzen beim Spendenabzug angehoben und vereinheitlicht, besondere Vergünstigungen bei der Ausstattung von Stiftungen mit Kapital konnten ausgebaut werden, der so genannte Übungsleiterfreibetrag wurde erhöht, und bürokratische Hemmnisse abgebaut, vereinfachte Spenden, um den Ehrenamtlichen ihre Zeit nicht mit dem Ausfüllen von Formularen verschwenden zu lassen. Sogar der Sonderausgabenabzug für Mitgliedsbeiträge an Kulturfördervereinen kann künftig auch bei Gegenleistungen geltend gemacht werden. Die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements wurde im September 2007 neu geregelt und gesetzlich festgelegt. Auch bei guten Informationen durch Vorträge und Broschüren wird man auch weiterhin nicht ohne direkte persönliche Beratung auskommen. Das meist gebrauchte Wort der Referentin war "hoffentlich", denn getragen werden alle diese und noch weitere Verbesserungen von der Hoffnung, dass die Ehrenamtlichen in ihren Bemühungen nicht nachlassen und alle Hilfsangebote ausschöpfen. Nicht auszudenken übrigens, würde die Regierung mit ihren Milliarden nicht diversen Kamikaze-Bankern unter die Arme greifen, sondern der Kultur. Darüber gibt es bis jetzt übrigens noch keine Studie (Anm. d. Autorin).

Dort, wo Kultur besonders stark gefördert wird, gibt es weniger soziale Probleme und Fremdenfeindlichkeit, erläuterte Hans-Joachim Frey, Gründer des Internationalen Forums für Kultur und Wirtschaft. Er begann seine Ausführungen mit einem weiten Blick in die Zukunft und zündete mit seinen Ausführungen bei den Zuhörern den Funken der Begeisterung. Bis zum Jahre 2050 werden sich beispielsweise wirtschaftliche Machtverhältnisse verschieben und die Weltbevölkerung anwachsen. Globalisierung und das veränderte Zusammenwirken der Länder mit bekannten und neuen Problemen forderten schon jetzt neues Denken und neue Maßnahmen. Mit der Wirtschaft und der neuen Generation in einen frischen Dialog zu treten, sei das Gebot der Stunde. Keine Wirtschaft ohne Kultur? Keine Kultur ohne Wirtschaft? Das wird weiterhin zu diskutieren sein, unter anderem auf höchster europäischer Ebene beim World Culture Forum im Februar 2009 in Dresden, als Vorstufe zum Weltkulturgipfel 2010. Die Notwendigkeit kultureller Vielfalt soll wieder ins öffentliche Bewusstsein gerückt werden. Zudem wird zurzeit ein Kulturwirtschaftsplan von Kulturstaatsminister Bernd Neumann erstellt, auf den man gespannt sein darf.

Für die in Deutschland lebende Amerikanerin Becky Ann Gilbert gehört Friendraising zum Fundraising unmittelbar dazu. Sie ist seit 2007 Head von Corporate Sponsoring and Fundraising an der European School of Management " und Technology (ESMT). In ihrem Vortrag "Fundraising als Finanzierungssäule der Kulturförderung" betonte sie u.a. den emotionalen Aspekt der Freundeskreis-Arbeit. "Freundschaft ist immer eine emotionale Angelegenheit. Mittelfristige Freundschaften baut man nicht über Nacht auf," sagte sie, machte Mut zur Öffentlichkeit und räumte großen wie kleinen Projekten mit Modellcharakter besonders große Chancen auf eine großzügige Förderung durch Spenden und Sponsoring ein. Beispiele gebe es genug: die Restaurierung der Staatsoper Berlin oder die Initiative zum Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses ehrgeizige Ziele. Beiden Freundeskreisen ist es bereits jetzt gelungen, eine große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit auf sich zu ziehen. Mit entscheidend sei, so war allerseits zu hören, "die begleitende Leidenschaft", wie einst Peter Raue, ehemaliger Vorsitzender der Freunde der Nationalgalerie in Berlin, die Freundeskreisarbeit sehr trefflich benannte.

Ob dicke oder dünne Freundschaften es braucht Verwaltungsdatenbanken, um diese Freundschaften zu pflegen und professionell zu verwalten, denn jede Gabe ist willkommen. Brigitte Kohlenberg, Diplom-Betriebswirtin und Organisationsberaterin aus Düsseldorf erklärte äußerst fachkundig, wenn auch leidenschaftslos, an welche Aspekte bei einer sinnvollen Datenverwaltung gedacht werden muss, wie diese miteinander verknüpft sein müssen und welche Probleme entstehen, wird so eine Datenbank nicht fachgerecht verwaltet. Insgesamt sind etwa zehn brauchbare Datenbanken auf dem Markt, die für eine Klientel ab 50 Personen entwickelt wurden. Alle genügen den speziellen Anforderungen wie beispielsweise
Dankesschreiben, Spendenquittungen, Lastschrifteneinzug, Serienbriefe, Beitragsrechnungen, Verbuchung von Zahlungen und Spenden, eine Abo-Verwaltung oder Bilanzen und Statistiken. Am Modell der ausgefeilten Software von OPTIGEM konnten intelligente Softwarelösungen für Gemeinden und gemeinnützige Werke deutlich gemacht werden, die Preise liegen von 2.000 bis 34.000 kein Pappenstiel für kleinere Kulturinstitutionen.

Vereinsmeierei ist in Deutschland eher ein Schimpfwort immer noch haben Vereine ein verstaubtes Image. Unter dem Begriff Management rückte man die Möglichkeiten gezielter Vereinsarbeit ins rechte Licht. Dazu gehört, und sei ein Verein noch so klein, eine professionelle Verwaltung und Personalführung, effiziente Organisationsplanung bei der haupt- und ehrenamtlichen Führung, strategischen Managementkonzepte, strukturiertes Controlling und durchdachte Buchhaltung, der wirkungsvolle Einsatz von Ehrenamtlichen und vieles mehr. "Professionelles Mitgliedermanagement ist für einen Erfolg der Freundeskreisarbeit entscheidend," sagte Stefanie von Knop. Als Unternehmerin und Koordinatorin der sehr erfolgreichen ehrenamtlichen Gruppe "Pro K20K21" der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf weiß sie: "Erfahrung, Freude und soziale Kompetenz in der Personalführung sollten Vorraussetzungen sein."

Das Steuerrecht war schon immer eine knifflige Materie und ist es noch. Da fallen Worte wie Betriebsausgaben und Sponsoringerlass; man kämpft mit jeder Menge Abkürzungen, Paragraphen und fragt sich immer wieder, ob die Vielfalt ausgeklügelter Steuerregelungen nicht gleichzeitig abschreckt und den ehrenamtlichen Eifer bremsen, denn ohne Fachkenntnisse oder fachliche Beratung bleibt der Stoff geheimnisvoll. Komplizierte Sachverhalte und Fachsprache bleiben mit Sicherheit weiterhin eine Hürde. Sascha Voigt de Oliveira, Rechtsanwalt und Steuerberater ist ein gefragter Referent auf derartigen Symposien und versteht es, komplizierte Sachverhalte so einleuchtend wie möglich darzustellen. Beispielswiese sind Spenden immer ohne Gegenleistung, während Sponsoring deutliche Absprachen und klare Verträge braucht. Abbildungen von Logos z.B. können sehr unterschiedlich ausgelegt werden und nichts wäre schlimmer, als wenn eine Institution die finanzielle Unterstützung doch nicht erhält, nur weil die Größe einer Anzeige oder die Farbe einer Schrift nicht exakt abgesprochen wurde. Eine aktuell ausgearbeitete Broschüre zum Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht des Landes Rheinland-Pfalz ist erhältlich unter: www.fm.rlp.de/Service/Infomaterial/Service_Infomaterial.asp
 
Gar nicht so trocken wie immer vermutet wird ist das Thema Erbschaftsfundraising. Knut Mikoleit, Abteilungsdirektor der Dresdner Bank AG, Leiter Stiftungsmanagement/Vermögensplanung und Rechtsanwalt Roland Bergfeld, beide aus Frankfurt a. M. gelang es, die interessierten Teilnehmer auf Wege und Möglichkeiten aufmerksam zu machen, dem Vorgang des Gebens auf die Sprünge zu helfen. Warum spenden Menschen? Oder warum spenden sie nicht? Jährlich werden in Deutschland 200 Milliarden Euro vererbt, dem Staat fließen jährlich 400 Milliarden Erbschaftssteuer zu, vielfach fehlen Testamente oder sie sind mangelhaft. Der Dialog mit den jetzt bereits 60 bis - 80jährigen Spendern und Mäzenen muss erneuert werden, deren Bereitschaft, sich auf ihre alten Tage durch Spenden und Stiften zu verwirklichen oder gar unsterblich zu machen, erneut geweckt werden. Jedoch: das Werben um testamentarische Zuwendungen ist heikel und erfordert eine sensible Behandlung. Mit rechtzeitiger, solider und präziser Planung kann Erbschaftsfundraising zum Erfolg führen und einer Kulturorganisation langfristig große Spendensummen einbringen. Ein besonders Instrument in diesem Zusammenhang ist der Einsatz von persönlichen Stiftungen. Doch wer weiß schon, was eine unselbstständige Treuhandstiftung ist, eine eigene rechtsfähige Stiftung oder eine Zustiftung ... !? Wie in jedem anderen Workshop auch hatten die Teilnehmer ausreichend Gelegenheit, Fragen zu stellen. Der Aufklärungsbedarf ist auch beim Thema Erbschaftsfundraising weiterhin erheblich.

Freundeskreise als Unternehmen, Freunde als Unternehmer zu betrachten scheint ein wesentlicher Schritt in der Akzeptanz und Aufwertung der ehrenamtlichen Arbeit zu sein. Das außerordentlich sorgfältig und unkompliziert organisierte Symposium fand in diesem Jahr in der Katholischen Akademie Berlin statt, ein lichter Ort zur Erhellung einer Fülle von Fragen und fand seinen Abschluss mit einem Empfang und einer Führung durch das Museum für Naturkunde. Der Präsident des Deutschen Bundestages, Dr. Norbert Lammert konnte erstaunlicherweise eine Zusammenfassung des Symposiums vortragen, obwohl er bei keiner der Vorträge oder Workshops anwesend war.

Deutlich wurde: Die Strukturen der Kulturinstitutionen sowie deren Freundeskreise brauchen Transparenz, Transparenz und immer wieder Transparenz, zu der die Arbeitsgemeinschaft Freundeskreise der Stiftung Zukunft Berlin wieder einmal einen wichtigen Beitrag geleistet hat. Fazit: Geld gibt es genug, nur: Es muss gefunden werden.
 

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