08.01.2018

Autor*in

Tara Hansen
Tara Hansen ist seit ihrem Masterstudium im Theater- und Orchestermanagement (HfMdK Frankfurt/ Main) an Veränderungsprozessen in Orchestern interessiert. Nach zwei Jahren als Orchestergeschäftsführerin am Stadttheater Bremerhaven wechselte sie in dieser Spielzeit an das Mainfranken Theater Würzburg.
Rückblick Deutscher Orchestertag 2017

Change Management - Ab jetzt wird alles anders!

Veränderungen als Chance sehen gar nicht so einfach. Denn obwohl sie Strukturen aufbrechen, neue Impulse setzen und das Betriebsklima verbessern können, gibt es auch immer diejenigen, die Veränderungen verhindern (wollen). Wie man Veränderungen führen und Skeptiker überzeugen kann, fragte der diesjährige Deutsche Orchestertag.
Chancen und Herausforderungen für deutsche Berufsorchester
 
Blauer Himmel, die Sonne strahlt vom Himmel. Beim 15. Deutschen Orchestertag (DOT) am 5. und 6. November in Berlin schien zunächst alles wie immer zu sein; die Orchestermanager trafen aufeinander, es gab Kaffee und Tee, jeder bekam sein Programmheft und schon ging es los. Doch der Orchestertag 2017 beschäftigte sich mit dem Thema Change Management im Orchester und damit mit großen Veränderungsprozessen.
 
Der Soziologe Heiko Roehl, einer der fachfremden Referenten des DOT, betonte in seiner Keynote, dass man als Orchestermanager einen Sinn für die sich rasante verändernde Mediennutzung haben sollte. Orchester sollten daher immer wieder den eigenen Zweck feststecken und alles, was bisher erfolgreich war, hinterfragen. Auch wenn das eine schmerzhafte Angelegenheit sein kann, ist es vor allem deshalb enorm wichtig, weil auch Orchester geschlossene Systeme sind, denen es mitunter an Impulsen von außen fehlt, und Veränderungen nicht selten von internen Störfeuern begleitet werden. Die Herausforderung liegt darin, alle Mitarbeiter und Musiker mitzunehmen auf den Weg der Veränderung. Denn auch wenn Menschen wissen, dass etwas verändert werden muss, halten sie an ihrer Komfortzone fest. Das menschliche Gehirn ist auf Routine programmiert. Dabei verbraucht es weniger Energie als bei Veränderungen. Da klingt es logisch, dass Veränderungen zunächst abgelehnt werden.
 
Wer es als Führungskraft also schaffen will, seine Mitarbeiter auf eine Veränderungsreise mitzunehmen, muss Vertrauen aufbauen und gemeinsam mit seinen Mitarbeitern durch den Nebel zu einem noch nicht gehen.
 
So ermunterten die Komponisten Gabriel Prokofiev, ein Enkel Sergej Prokofievs, und Benjamin Schweizer, neue unkonventionelle Wege und Kooperationen insbesondere mit Komponisten einzugehen. Beide sprachen sich für deren Mitgestaltung bei der Programmgestaltung aus (bottom-up). Der Komponist sollte mit entscheiden dürfen, welche Werke gemeinsam mit seinem Werk auf dem Programm stehen. Prokofiev betont, dass man als heutiger Komponist kaum eine Gelegenheit bekommt, sein Werk mehr als einmal aufzuführen. Der Fokus liegt auf den toten Komponisten und das, obwohl junge Menschen sehr an aktueller Musik interessiert seien, wenn man ihnen diese in neuen Formen präsentieren und näher bringen würde. Veränderung bedeutet hier also, Risiken einzugehen, die auf den ersten Blick größer erscheinen als sie tatsächlich sind.
 
Where attention goes, energy flows.
 
Steffen Kirchner, Mentalcoach aus München und ehemaliger Volleyballer, beschäftigte sich in seinem Vortrag und Workshop mit der Veränderungslust von Menschen. Er nahm die Teilnehmer mit auf eine Reise in den Spitzen- und Leistungssport und zog den Vergleich zum Orchester.
 
Führung muss nicht perfekt sein. Menschen folgen Menschen, die mehr Energie haben als man selbst mit diesen Worten leitet Steffen Kirchner seinen Workshop ein. Und schaut man sich gruppendynamische Prozesse an, kann man dieses Verhalten klar und deutlich erkennen. Hat eine Person eine hohe Energiebilanz, kann sie ein bis zwei weitere Menschen oder auch eine ganze Gruppe führen bzw. mitreißen. Doch wie kann man dieses Phänomen auf Orchester übertragen? Welche Musikerinnen und Musiker muss man wie und wie stark einbinden?
 
Wer in der Lage ist, vier bis fünf Menschen im besten Falle noch Meinungs- und Funktionsführer der Gruppe mit Qualität und Zeit zu führen, kann auch eine ganze Gruppe führen. Auf ein Orchester übertragen kann das bedeuten, dass die Führung des Orchestervorstands und eventuell drei weitere Personen ausreichen, um ein ganzes Orchester gut zu führen. Dabei muss die Führung nicht perfekt sein, aber mit hoher Energie geschehen. Hilfreich kann es dabei, so Kirchner, auf mindestens zwei der emotionalen Grundbedürfnisse einzugehen, die jeder Mensch unterschiedlich ausgeprägt besitzt:
 
  • Sicherheit
  • Abwechslung
  • Wachstum/ Erfolg
  • Bedeutsamkeit
  • Verbundenheit / Liebe
  • Mitwirkung
Überraschend mutig und kreativ
 
Den diesjährigen Orchestertag sah Susanne Leuthner, Leiterin der Sinfonima Instrumentenversicherung der Mannheimer Versicherung, als Aufbau auf den letzten Orchestertag, der unter dem Thema Die wollen doch nur spielen stand. Die Mannheimer Versicherung richtet seit nun zwei Jahren am ersten Tagungstag die Sinfonima Akademie aus und bietet den Teilnehmern umfangreichere Angebote mit verschiedenen Referenten und neuen partizipativen Diskussionsformaten. Susanne Leuthner freutr sich, dass ein so offener Diskurs zwischen den Teilnehmern zum diesjährigen Thema stattfand und fügte hinzu: Die Themen sowie die Kolleginnen und Kollegen sind überraschend mutig und kreativ in diesem Jahr.
 
Am Ende waren sich alle einig, dass Veränderungen sein müssen, umsetzbar sind, jedoch viel Energie benötigen und vor allem jemanden brauchen, der vom Anfang bis zum Ende dahinter Veränderung steht, seine Mitarbeiter an die Hand nimmt und sich gemeinsam mit ihnen auf die Veränderungen zu bewegt.
 
Insgesamt war nicht alles am DOT 2017 neu aber die Inspiration, Impulse und der Austausch mit den anderen Kollegen hat ihn wieder einmal zu einer lohnenswerten Veranstaltung gemacht.
 
Der Deutsche Orchestertag ist seit 2003 der wichtigste Treffpunkt zu aktuellen Fragen für Orchestermanagerinnen und Orchestermanager aus dem deutschsprachigen Raum. Der nächste Deutsche Orchestertag findet am 11./12. November 2018 in Berlin statt.

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