07.12.2023

Themenreihe Berufsbild

Autor*in

Jenny Engler-Petzold
ist Diplom-Geographin, Soziologin und EU-Fundraiserin. Mit ihrem Unternehmen hat sie sich auf die Fördermittelakquise und -management von kulturellen und entwicklungspolitischen Projekten gemeinnütziger Organisationen, Unternehmen und Kulturschaffenden spezialisiert.
Berufsbilder im Kulturbereich

Fördermittelberatung

Förderanträge sind für viele Kulturschaffende ein Graus. Jenny Engler-Petzold sieht in Fördermitteln jedoch eine Chance für Kultureinrichtungen. Mit ihrer Selbstständigkeit als Fördermittelberaterin unterstützt sie deshalb Organisationen dabei, den Aufwand gering und die Ergebnisse hochzuhalten. Eine vielseitige Aufgabe, die beflügeln, aber auch frustrieren kann.

Themenreihe Berufsbild

Würden Sie uns Ihre wichtigsten beruflichen Stationen beschreiben?
 
In meinem beruflichen Werdegang gab es verschiedene Stationen, die mich geprägt und letztendlich in den Kulturbetrieb geführt haben. Ursprünglich als Diplom-Geographin ausgebildet, stand ich nach meinem Abschluss vor der Herausforderung, nur wenige direkte Berufsmöglichkeiten in meinem Fachgebiet zu finden. Der Weg führte mich zunächst in eine kleine Marketingagentur, wo es um die Optimierung von Unternehmen ging. Für mich war das jedoch eine sinnfreie Tätigkeit. Die Fähigkeiten und Erfahrungen waren aber trotzdem sehr hilfreich. 2013 bekam ich die Möglichkeit für ein Praktikum und eine Ausbildung bei einem Fördermittelausbilder (emcra). Hier lernte ich nicht nur viel über den Aufbau, die Struktur und die Qualität von Weiterbildungen, sondern auch über das Fördermittelgeschäft selbst. Die Möglichkeit, später meine eigenen Workshops zu Fördermitteln zu geben, eröffnete mir eine neue Perspektive. Noch im selben Jahr machte ich mich selbständig.
 
In den Jahren 2015 bis 2018 führte ich mein eigenes Beratungsprojekt im Bereich Fördermittel durch, speziell im Qualitätsmanagement und der Finanzierung. Diese Erfahrung war fantastisch, da ich das gesamte Projekt eigenständig von der Planung über die Beantragung bis zur Durchführung und Abrechnung gestaltete. Dabei sammelte ich nicht nur wertvolle Erfahrungen, sondern knüpfte auch viele Kontakte und lernte die Herausforderungen von Non-Profit-Organisationen intensiv kennen.
 
Warum gerade der Kulturbereich? Hier fand ich nicht nur eine Gelegenheit, sondern auch eine persönliche Verbundenheit zu bestimmten Szenen und Professionen. Kultur hat die einzigartige Fähigkeit, gesellschaftlich relevante Themen mit Emotionen zu verbinden und Menschen auf eine Weise zu bewegen, die mich fasziniert und motiviert.
 
Welche Aufgaben fallen in Ihren derzeitigen Tätigkeitsbereich? Welche erfüllen Sie dabei mit besonderer Freude?
 
Generell umfasst meine Selbständigkeit die vielfältigsten Aufgaben. Neben administrativen Arbeiten bin ich vor allem mit Kund*innengesprächen und der Bearbeitung von Aufträgen beschäftigt. Das reicht von Recherchen über die Begleitung bei Antragsstellungen bis hin zur Unterstützung einzelner Kund*innen im Controlling und der Abrechnung. Ebenso gehören intensive Netzwerkarbeit, meine eigene Weiterbildung und die Durchführung von Workshops zu meinen zentralen Tätigkeiten. Ein typischer Arbeitstag lässt sich schwer festlegen, da meine Arbeitsphasen sehr unterschiedlich sind. Im Frühjahr und Herbst liegt der Fokus oft auf Antragsstellungen, im Winter auf Abrechnungen, während die Sommer- und Wintermonate für die Planung von Projekten reserviert sind. Ganzjährig finden Workshops statt und meine eigene berufliche Entwicklung ist ein fortlaufender Prozess. Dabei überhäufen mich stets viele Anfragen, manchmal mehr, als ich allein bewältigen kann.
 
Am meisten macht mir mein Job Spaß, wenn ich in einem harmonischen Flow mit meinen Kund*innen zusammenarbeite. Der Moment, in dem meine Beratungsarbeit Früchte trägt, sei es durch die erfolgreiche Bewilligung von Anträgen oder das reibungslose Funktionieren von Abrechnungen, erfüllt mich mit großer Zufriedenheit. Es sind diese sichtbaren Erfolge, die meine Leidenschaft für meine Tätigkeit weiter beflügeln und mich antreiben.
 
Welche Aspekte Ihrer Ausbildung haben Ihnen bei Ihrer beruflichen Laufbahn am meisten geholfen?
 
Die Geographie hat mich sehr in meinem Verständnis von Zusammenhängen, Strukturen und Analysen geprägt. Die Ausbildung bei emcra ermöglichte es mir dann, tief in die Strukturen und Qualitätsanforderungen von Weiterbildungen einzutauchen. Dieses direkte Fachwissen im Bereich Fördermittelmanagement war natürlich von entscheidender Bedeutung für meinen Werdegang. Diese Fähigkeiten haben sich als äußerst nützlich erwiesen, insbesondere wenn es darum geht, Wissen effektiv zu vermitteln und eine positive Lernumgebung zu schaffen. Die Kunst, eine Veranstaltung nicht nur informativ, sondern auch interaktiv und ansprechend zu gestalten, trägt maßgeblich dazu bei, Kund*innen zu begeistern und nachhaltigen Nutzen zu generieren.
 
Welche Bereiche haben Ihnen in Ihrer Ausbildung gefehlt und wie haben Sie diese Kompetenzen stattdessen erworben?
 
Ein Bereich, der in meiner Ausbildung weniger stark verankert war, betraf die Verquickung mit "Randthemen", wie rechtlichen, administrativen und steuerrechtlichen Vorgaben. Um hier fundierteres Wissen zu erlangen, habe ich mich intensiv in eigener Initiative weitergebildet. Schwierig finde ich generell auch das Thema Selbstmanagement, das kaum vermittelt wird. Zu lernen, wie man als Selbständige effektiv arbeitet, Prioritäten setzt und den eigenen Arbeitsalltag strukturiert, erfolgte vor allem durch "learning by doing". In den letzten 10 Jahren habe ich hier mit Trial & Error am meisten gelernt.
 
Wie hat sich Ihr Berufsbild in den letzten Jahren verändert? Und wie wird es sich voraussichtlich in den nächsten Jahren entwickeln?
 
Die Auffassung, das Fundraising und Fördermittel ein "Chefthema” sein müssen, wurde in den letzten Jahren definitiv von vielen verstanden. Fast alle Veränderungen in (großen) Organisationen brauchen das Mitwirken der Geschäftsführung. Die vielbesagte institutionelle Bereitschaft ("Institutional Readiness”) kann nur auf diesem Weg langfristig verankert werden. Hier muss ich nur noch selten Aufklärungsarbeit leisten. Das heißt aber nicht, dass alles rund läuft.
 
Ich bin zudem eine Befürworterin von mehr Nachhaltigkeit, Barriereabbau, Nutzung digitaler Tools und generell notwendiger zeitgemäßer Anpassung an Veränderungen, auch in der Förderung und der Förderpolitik. Ich gehe davon aus, dass diese Anforderungen in den kommenden Jahren ausgeweitet werden. Dies muss jedoch mit viel Bedacht und Rücksicht auf alle Beteiligten passieren. Ansprüche zu stellen, ohne die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen, hilft niemandem. Keine Ansprüche zu stellen aber auch nicht. Ich empfinde das als wichtigen Teil meiner Arbeit, darüber aufzuklären und das in die Köpfe aller zu holen.
 
Was mich persönlich umtreibt, sind die immer knapperen Ressourcen der Menschen in Organisationen, v.a. im Kulturbetrieb. Meiner Meinung nach ist es schwierig, nur Beratung und Begleitung anzubieten (obwohl ich das hauptsächlich tue), obwohl ich weiß, dass alle an ihren Kapazitätsgrenzen arbeiten. Ich spüre die große Erschöpfung und denke regelmäßig darüber nach, wie Institutionen auf anderen Wegen unterstützt werden können, ohne meine eigenen Ressourcen außer Acht zu lassen. Das ist aktuell eine Gratwanderung.  
 
Gab es Situationen in Ihrer Karriere, in denen Sie das Gefühl hatten, das Ziel nicht mehr zu erreichen? Welchen Rat können Sie jungen Menschen im Kulturbereich in solchen Situationen mit auf den Weg geben?
 
In Bezug auf die Akquise und Management von Fördermitteln habe ich das Gefühle vor allem deshalb, weil es einen so großen Bedarf gibt und ich nicht allen helfen kann. Auch wenn es sich im ersten Moment wie ein Luxusproblem anhört, für mich ist es schwierig, da viele Projekte erst ihren Weg zu mir (oder meinen Kolleg*innen) finden, wenn schon fast alles verloren ist. Das bedeutet auch, dass wir wissen, dass viele tolle Projekte nicht weitergeführt werden, während evtl. weniger spannende Vorhaben mit besseren Ressourcen und Wissensvorsprung durchkommen. Das entspricht nicht meinem Gerechtigkeitssinn. Mein Appell: Bitte sucht euch rechtzeitig Hilfe und kommt nicht erst zwei Monate vor Ende des Projektes zu uns. Wir beißen nicht.
 
Jenny Engler-Petzold ist die Autorin unseres Leitfadens "Projektförderung".

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