11.03.2024

Themenreihe Berufsbild

Autor*in

Elisabeth Wenk
wirbelt seit einiger Zeit in der Welt der audiovisuellen Medien herum und setzt sich insbesondere für hochwertige Medien für Kinder und Jugendliche ein. Als Filmliebhaberin und Kulturwissenschaftlerin liebt sie alles, was sich bewegt und uns bewegt. Aktuell leitet sie als Geschäftsführerin die Deutsche Kindermedienstiftung Goldener Spatz und ist die Festivalleiterin des dazugehörigen Kindermedienfestivals. Der GOLDENE SPATZ ist das größte Festival für deutschsprachige Kindermedien. Jedes Jahr werden das junge Publikum und die Branche dazu eingeladen, sich einen Überblick über qualitativ hochwertige deutschsprachige Film- und Fernsehproduktionen sowie digitale Angebote für Kinder zu verschaffen.
Berufsbilder im Kulturbereich

Geschäftsführung Stiftung & Festivalleitung für Kindermedien

Wer wie Elisabeth Wenk eine Kindermedienstiftung mit zugehörigem Festival leitet, hat immer allerhand zu tun. Dafür braucht es vielfältige Kompetenzen, die man am besten bei unterschiedlichsten Stationen sammelt. Nicht zuletzt, um vor allem für sich selbst herauszufinden, wie und in welchem Bereich man in Zukunft als Führungskraft arbeiten möchte.

Themenreihe Berufsbild

Liebe Elisabeth, was waren deine bisher wichtigsten beruflichen Stationen?
 
Bereits während meines Studiums der Kulturwissenschaften und Politikwissenschaft hat es mich in die filmische Richtung gezogen. So ganz wusste ich aber nicht, wohin es mit mir gehen soll, bis ich während meines Bachelorstudiums in Jena Teil des Kurzfilmfestivals Cellul’art war - von da an wusste ich, dass ich für Filmfestivals brenne. Anschließend habe ich im weiteren Verlauf meines Studiums verschiedene Nebenjobs und Praktika in der Filmproduktion, im Filmverleih etc. gemacht, sodass ich nach meinem Masterabschluss verschiedene Sachen ausprobiert hatte: Ich war am Set, habe für eine Kino-Start-Up gearbeitet und mich in der Selbständigkeit ausprobiert. Über ein paar Umwege bin ich dann 2019 bei der Deutschen Kindermedienstiftung Goldener Spatz gelandet und bin dort bis heute geblieben. Zunächst projektbezogen im Rahmen einer Europäischen Kinderfilm-Konferenz, anschließend als Leitung des medienpädagogischen Programms und Assistenz der Festivalleitung beim Deutschen Kinder Medien Festival Goldener Spatz. Seit 2023 leite ich das Deutsche Kinder Medien Festival Goldener Spatz und bin die Geschäftsführerin der Stiftung. 
 
Welche Aufgaben fallen in deinen derzeitigen Tätigkeitsbereich? Welche erfüllen dich dabei mit besonderer Freude?
 
Ich übernehme viele unterschiedliche Aufgaben: Die Konzeption des Festivals, die Auswahl der Filme, die Kuration des Rahmenprogramms, stoße aber auch Kooperationen an, plane das Budget, stelle Anträge, bin Overhead über Projekte der Stiftung, übernehme das Projektmanagement für das ganze Jahr - und, und, und. Es sind also ganz viele unterschiedliche Aspekte, wodurch es manchmal auch schwierig ist, den Überblick zu behalten. Eine ganz zentrale Aufgabe ist zudem die Teamführung, die mich neben den kuratorisch-künstlerischen Aspekten am meisten erfüllt. Unser Team ist bunt gemischt: von Werkstudent*innen über freie Mitarbeitende bis hin zu Festangestellten - quer durch alle Altersgruppen. Wir haben Kolleg*innen dabei, die tatsächlich schon 40 Jahre beim Spatz arbeiten. Diesen bunten Strauß an Erfahrungen und Wissensständen zusammenzuhalten, ist nicht immer einfach, aber unglaublich bereichernd. Ein Festival lebt von dem Team, das es organisiert - denn ohne Gästemanagement keine Gäste, ohne Pressearbeit keine Aufmerksamkeit etc. Deshalb ist es mir besonders wichtig eine Teamatmosphäre zu schaffen, die kreativen Freiraum und Eigenverantwortung fördert.
 
Welche Aspekte deiner Ausbildung haben dir bei deiner beruflichen Laufbahn am meisten geholfen?
 
Wenn man eine Geisteswissenschaft studiert, lernt man in erster Linie zu kontextualisieren, zu reflektieren, zu recherchieren, zu beobachten und zu analysieren. Dieses theoretische Wissen ist in meiner täglichen Arbeit eher zweitrangig, da sind Projektmanagement, Kommunikation und Budgetplanung gefragt. Aber ich merke immer mehr, wie wichtig mein Studium war - gerade, weil ich gelernt habe, zu kontextualisieren und zu analysieren. Denn wer heute eine Kulturinstitution leitet, muss gesellschaftliche Prozesse, Diskurse und Veränderungen verstehen. Race, Gender, Class - theoretische Konzepte werden in der kulturellen Praxis immer wieder bearbeitet und diskutiert, und wir müssen Antworten auf diese Diskussionen haben.
 
Welche Bereiche haben dir in deiner Ausbildung gefehlt und wie hast du diese Kompetenzen stattdessen erworben?
 
In meinem sehr theoretischen Studium fehlte mir die Vermittlung von Projektmanagement. Auch Arbeitsrecht, Fördermittelakquise, Teamführung und Change Management sind alles Bereiche, die man braucht, um eine Kultureinrichtung zu leiten, die mir jedoch gefehlt haben. Die wenigsten Absolvent*innen der Kulturwissenschaften bleiben an der Universität, die meisten landen stattdessen früher oder später im Projektmanagement. Aber in der Tat kann man sich auch sehr viel selbst beibringen oder von anderen lernen, zumindest habe ich das so gemacht. Gerade durch die verschiedenen Praxiserfahrungen in unterschiedlichen Berufsfeldern lernt man unheimlich viel, und damit meine ich nicht unbedingt berufsnahe Bereiche. Das Jahr nach meinem Master war wahrscheinlich genauso lehrreich wie das ganze Studium. Plötzlich wird man ins Berufsleben geworfen, muss verstehen, wie Prozesse funktionieren etc. Gleichzeitig habe ich aber auch gelernt, was für mich eine gute Arbeitsatmosphäre ist und was eine gute Führungskraft ausmacht. Die beste Chefin, die ich je hatte, war meine Chefin in dem Café, in dem ich während meines Masterstudiums gearbeitet habe. Von ihr habe ich gelernt, was es bedeutet, für seine Mitarbeiter*innen einzustehen, Freiräume zu lassen, zuzuhören und Eigenverantwortung zuzulassen.
Wie hat sich dein Berufsbild in den letzten Jahren verändert? Und wie wird es sich voraussichtlich in den nächsten Jahren entwickeln?
 
Die Zeit des großen Intendanten ist meiner Meinung nach vorbei. Wer heute eine Kulturinstitution leitet, muss sehr sensibel auf gesellschaftliche Veränderungen reagieren können, muss offen und transparent agieren und flexibel sein. In Zeiten von Inflation und wirtschaftlichem Wandel ist es schwierig geworden, Veranstaltungen zu planen - wer weiß schon, wo wir nächstes Jahr stehen. Das erschwert die Antragstellung und die Finanzplanung. Auch in der Kulturwirtschaft gibt es einen Fachkräftemangel, nicht zuletzt, weil die Fördertöpfe knapp sind und knapper werden. Darauf muss man reagieren und neue, flexible Konzepte entwickeln. Ich bin auch davon überzeugt, dass Kulturinstitutionen ihre politische und gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen müssen - gerade in politisch schwierigen Zeiten. Als Kulturinstitutionen bieten wir den Raum und die Bühne, um Diskussionen zu führen und Lebensrealitäten und Perspektiven zu verhandeln. Und es ist unsere Aufgabe, diese Bühne zu nutzen. Kultur, in welcher Form auch immer, ist ein Spiegel unserer Gesellschaft. In künstlerischen Arbeiten - sei es Film, Theater, Kunst, Musik etc. - werden gesellschaftliche Themen aufgegriffen und diskutiert. Kultur ist damit auch ein Kompass, der uns zeigt, wohin sich unsere Gesellschaft entwickelt. Wir werden sehen, wo wir in Zukunft stehen, aber ich bin mir sicher, dass wir einen vielfältigeren, weiblicheren und jüngeren Kulturbetrieb vor uns haben.
 
Gab es Situationen in deiner Karriere, in denen du das Gefühl hattest, das Ziel nicht mehr zu erreichen? Welchen Rat möchtest du jungen Menschen im Kulturbereich in solchen Situationen mit auf den Weg geben?
 
Die Jahre direkt nach dem Studium waren wirklich nicht einfach, obwohl ich neben dem Studium immer gearbeitet und Erfahrungen gesammelt habe. Ich hangelte mich von Kurzzeitjob zu Kurzzeitjob, in der Hoffnung, dass ein Förderbescheid kommt oder sich sonst etwas ergibt. Das ist nervig und kostet viel Kraft, aber rückblickend kann ich sagen, dass man gerade dann nicht aufgeben darf. Wir haben alle ein Spezialgebiet oder eine Spezialisierung in irgendeinem Bereich und nur weil sich nach dem Studium nicht sofort eine Tür auftut, heißt das nicht, dass es sich nicht lohnt, zu warten. Ich habe meine Leidenschaft bei Filmfestivals gefunden und leite heute das größte A-Festival für Kindermedien in Deutschland - es lohnt sich also, durchzuhalten und für seine Ideale zu kämpfen. Ich wünsche mir, dass vor allem junge Frauen, Menschen mit Migrationserfahrung, Ostbiografien und queere Menschen sichere Orte finden, an denen sie sich trauen, mitzugestalten und neue Diskurse anstoßen können.

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