27.05.2024

Themenreihe Berufsbild

Autor*in

Andrea Zsutty
ist Direktorin des ZOOM Kindermuseums Wien, Lehrgangsleiterin Kulturvermittlung am Institut für Kulturkonzepte Wien und langjährige Expertin für Kulturvermittlung in Österreich.
Berufsfeld Kulturvermittlung

Vielfältige Brücken zwischen Kultur und Publikum

Kulturvermittlung verknüpft eine sinnstiftende Tätigkeit mit vielseitigen Aufgabenbereichen. Häufig herrscht jedoch Unsicherheit darüber, was es bedeutet, als Kulturvermittler*in zu arbeiten. Wer hier eine Karriere plant, muss also zunächst verstehen, wie der Arbeitsmarkt Kulturvermittlung tickt und welche Kompetenzen dafür benötigt werden - auch aus dem Berufsfeld Kulturmanagement.

Themenreihe Berufsbild

Der österreichische "Verband der Kulturvermittler*innen im Museums- und Ausstellungswesen" definiert Kulturvermittler*innen als Initiator*innen inklusiver Bildungs- und Kommunikationsprozesse. Sie erstellen Programme auf Basis aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen und Fragestellungen. Dabei geht es nicht um die hierarchische Weitergabe von Wissen, sondern um das Anleiten, Führen und Moderieren von Diskursen mit dem Publikum. 
 
Als interdisziplinäre Schnittstelle für externe und interne Partner*innen fungieren Kulturvermittler*innen in einer Kulturinstitution als Bindeglied nach außen und innen. Ziel ist es, ein breites Publikum anzusprechen und neue Zielgruppen zu erschließen. Dafür setzen sich Kulturvermittler*innen intensiv mit den Bedürfnissen, Interessen und Erwartungen des Publikums über Audience Development und Outreach (mehr Informationen zu diesen Bereichen finden Sie hier) auseinander und ermöglichen Begegnungen innerhalb und außerhalb der Institutionen. Sie greifen aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen auf, Offenheit und Multiperspektivität prägen ihren Ansatz. Zudem spielt künstlerische Sensorik eine zentrale Rolle. 
 
Ebenso wichtig ist es, Kulturvermittlung selbst als kuratorische Praxis für Bildungsprozesse und Begegnungen zu sehen. Kulturvermittler*innen arbeiten eng mit anderen Abteilungen wie Programmgestaltung, Marketing, Social Media und Pressearbeit zusammen. Gemeinsam wird ein ganzheitliches Konzept entwickelt, das sowohl die künstlerische Vision als auch die Bedürfnisse des Publikums berücksichtigt, damit Kultur für alle Interessierten erlebbar wird. Nur so können Kulturvermittler*innen ihre Rolle als Expert*innen für das Publikum optimal ausfüllen. Um dies zu erreichen, müssen sie mit ausreichend Ressourcen (Räume, Budgets, Personal) ausgestattet und in der Institution gut verankert sein. 
 
Karriereplanung im Berufsfeld Kulturvermittler*in 
 
Eine Tätigkeit im Berufsfeld Kulturvermittler*in erfordert theoretisches Wissen und professionelles Rüstzeug. Wissen über die eigenen Talente sowie praktische Erfahrungen sind wesentliche Berufseinstiegsvoraussetzungen. Oft unterschätzen Bewerber*innen ihre bereits vorhandenen Erfahrungen und Skills in der Kulturvermittlung. Auch Aktivitäten in der Freizeit oder im Ehrenamt, wie die Arbeit mit Kindern, die Organisation von Kreativprogrammen oder die Vermittlung von Inhalten, können wertvolle Qualifikationen sein und gehören in Bewerbungsunterlagen. Zudem kann es helfen, bei Kulturvermittler*innen zu hospitieren, um konkrete Arbeitssituationen besser einzuschätzen zu können und eine Vorstellung davon zu entwickeln, was von Auftraggeber*innenseite verlangt wird, welche Aspekte man selbst interessant findet und was zu einem passt. Fachveranstaltungen im Kulturbetrieb bieten zudem die Möglichkeit, sich zu informieren und zu vernetzen.
 
Für die Karriereplanung sollte man daher einen Fahrplan entwickeln und Klarheit über die eigenen Kompetenzen und Ziele erlangen. Dies sollte sich in den Bewerbungsunterlagen widerspiegeln. Dabei ist es wichtig, die Bewerbungsunterlagen sorgfältig auf die angestrebte Stelle auszurichten und die bisher durchgeführten Aufgaben zu beschreiben, anstatt nur deren formale Funktion zu nennen (detaillierte Anleitungen finden Sie im Leitfaden "Erfolgreich bewerben"). 
 
Hobbys können ebenfalls einen Einblick in Persönlichkeit und Interessen geben, jedoch sollten sie zumindest indirekt mit der angestrebten Tätigkeit verbunden sein.
 
Hilfreiche Eigenschaften und Kompetenzen
 
Eine gute Ausgangsbasis für eine Tätigkeit in der Kulturvermittlung sind spezifische Fortbildungs- oder Ausbildungsmöglichkeiten in diesem Bereich. Um Inhalte für verschiedene Publikumsgruppen aufbereiten zu können, sind fundiertes Fachwissen und gute Kommunikationsfähigkeit unerlässlich. Kulturvermittler*innen arbeiten in der täglichen Praxis mit Menschen zusammen, ob im Team oder mit dem Publikum. Dabei geht es auch darum, sich zurückzunehmen und zu überlegen, was das Gegenüber braucht.
 
Zudem sind, je nach Auftragssituation, Kenntnisse im Projekt- und Kulturmanagement unerlässlich, um zu verstehen, wie Projekte von der Idee bis zu ihrer Umsetzung funktionieren. Dazu gehören Projektfinanzierung und Budgeterstellung, Personal- und zeitliche Planung usw. Die kreative Vermittlungsidee ist selten das Problem, aber die professionellen Schritte zu durchlaufen von einer Idee zum Konzept zu einem Projektplan, das ist die Herausforderung. Je größer das Projekt oder die Institution ist, desto mehr Schnittstellen gibt es, an denen man agieren muss. Dafür ist ein Basisverständnis der Betriebswirtschaft in einem Haus unerlässlich, einschließlich Projektfinanzierung, Budgetierung und Personalplanung. Auch gutes Zeit- und Selbstmanagement sind wichtige Faktoren, um eine ausgewogene Balance zwischen Aufträgen, Arbeitsvolumen und Bezahlung zu gewährleisten. 
 
Aktuell stehen Kulturbetriebe vor vielen Herausforderungen, die sich auch auf die Kulturvermittlung auswirken. Dazu gehören die Ansprache neuer gesellschaftlicher Gruppen als zukünftiges Publikum, Chancengleichheit und Diversität, Inklusion bzw. Wissen um Exklusionsmechanismen, Ausgrenzung usw. Aber auch zu gesamtgesellschaftlichen Themen wie Nachhaltigkeit, Natur und Klimaschutz oder Resilienz müssen Kultureinrichtungen Position beziehen und Vermittlungsangebote schaffen. Nicht zu unterschätzen ist daher ein grundlegendes Wissen über aktuelle Kulturpolitik und -themen sowie über Diskurse außerhalb des Kulturbereichs, um adäquat darauf eingehen zu können. Hinzu kommt die digitale Vermittlung, aus der sich neue Betätigungsfelder etabliert haben, für die man Expertise braucht und Vermittlung anders denken muss. 
 
Kulturvermittler*innen können in verschiedenen Aufgabenfeldern tätig sein. Die Vielfalt der Aufgaben hängt dabei stark von der Größe der Institution ab: Während größere Einrichtungen oft spezialisierte Jobprofile aufweisen, kommt es in kleineren Häusern zu Überschneidungen zwischen verschiedenen Aufgabenbereichen, wie beispielsweise Programm- und Budgetplanung, Marketing, Öffentlichkeitsarbeit oder Veranstaltungsmanagement. Angesichts der Vielfalt dieser Themen bringen angehende Kulturvermittler*innen bestenfalls schon eine thematische Expertise mit.
 
Status quo im Arbeitsmarkt Kulturvermittlung
 
Viele Kulturbetriebe suchen derzeit verstärkt nach Mitarbeiter*innen. Dabei wird für das Berufsbild der Kulturvermittlung zunehmend eine einschlägige Ausbildung verlangt, wobei auch Personen mit interdisziplinären Zugängen gefragt sind, da das Publikum selbst äußerst heterogen ist - und noch diverser werden soll. Es steigen sowohl die Anforderungen seitens der Arbeitgeber*innen, als auch die Forderungen auf Arbeitnehmer*innenseite, insbesondere hinsichtlich Arbeitszeiten und Bezahlung. 
 
Die Rahmenbedingungen, unter denen Kulturvermittler*innen arbeiten, spielen in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle. Es gibt verschiedene Beschäftigungsverhältnisse in diesem Bereich, von selbständiger Tätigkeit mit flexiblen Arbeitsbedingungen bis hin zur Festanstellung. Meist wird das Feld aber von Tätigkeiten in Teilzeit dominiert und viele Vermittler*innen haben nicht immer optimale Arbeitskonditionen - was sich dringend ändern muss. Die Unterschiede zwischen staatlich geförderten und privaten Organisationen können dabei enorm sein, insbesondere in Bezug auf Tarifverträge und feste Gehälter. In privaten Organisationen muss man sich manches davon vielleicht erst erkämpfen. Dabei ist insbesondere darauf zu achten, dass Teilzeitarbeit nicht mit Selbstausbeutung einhergeht und faire Bezahlung gewährleistet ist (bspw. nach der Fair-Pay-Initiative in Österreich oder den Honorarempfehlungen des deutschen Bundesverbandes für Kulturvermittlung). 
 
In jedem Fall ist es wichtig, rechtliche Sicherheit zu gewährleisten und prekäre Situationen zu verhindern, indem man auf Verträge mit angemessenen Rahmenbedingungen achtet, unabhängig von der Organisationsgröße oder -form. Prüfen Sie Verträge sorgfältig und stellen Sie sicher, dass sie den vereinbarten Bedingungen entsprechen, etwa in Hinblick auf Orts- und Weisungsgebundenheit oder den zeitlichen Aufwand. Dazu gehört auch die Klärung von Verantwortlichkeiten innerhalb einer Position, wie Budgetverantwortung oder Mitarbeiter*innenführung. 
 
Ausblick
 
Die Aufgabe von Kulturvermittler*innen ist es, Begegnungen zu initiieren, Berührungspunkte zu schaffen und dem Publikum zu zeigen, dass die kulturellen Angebote etwas mit ihnen zu tun haben. Dieses komplexe Aufgabenspektrum erfordert viele Kompetenzen. Fokussieren Sie deshalb nicht nur auf Ihre Motivation, sondern überlegen Sie sich, wie viel und zu welchen Voraussetzungen Sie arbeiten möchten und können. Vielleicht passt eine Teilzeitstelle gut zu Ihrer aktuellen Lebenssituation. Oder Freiberuflichkeit ist eine passende Möglichkeit für Sie, da sie eine vielfältige Arbeit für unterschiedlichste Institutionen ermöglicht. Sich bewusst zu werden, was man alles kann, wo man gerade beruflich steht und wohin man sich entwickeln möchte, ist jedenfalls essenziell, um die aktuelle Arbeitsmarktlage für sich zu nutzen. 
 
Dieser Beitrag basiert auf dem Info-Workshop "So tickt der Arbeitsmarkt Kulturvermittlung!" des Instituts für Kulturkonzepte Wien, den Andrea Zsutty gemeinsam mit Susanne Kappeler-Niederwieser im März 2024 durchgeführt hat. Weitere Lehrgänge und Seminar zum Thema Kulturvermittlung von Andrea Zsutty sind hier zu finden.

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