07.07.2021

Buchdetails

Vom Betrachten zum Gestalten: Digitale Medien in Museen - Strategien, Beispiele und Perspektiven für die Bildung
von Michael Mangold, Peter Weibel, Julie Woletz
Verlag: Nomos Verlagsges.MBH + Co
Seiten: 222
 

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Autor*in

Stephanie Brandauer
studierte Kunstgeschichte und Ausstellungsdesign in Innsbruck und Graz. Zudem hat sie mehrere Jahre als leitende Angestellte im Bücherei- und Archivwesen gearbeitet. Ihr ist es ein Anliegen, eine fruchtbringende, barrierefreie Kommunikation zwischen Museen und Bildungseinrichtungen und deren BesucherInnen zu schaffen.
Buchrezension

Vom Betrachten zum Gestalten. Digitale Medien in Museen

Museen dürfen mit digitalen Medien durchaus kritisch umgehen, sollten aber auch die Möglichkeiten nicht übersehen, die diese bieten. Welche Erfahrungen bisher gemacht wurden und wie diese zukünftig reflektiert in Museen umgesetzt werden können, fasst "Vom Betrachten zum Gestalten. Digitale Medien in Museen" kompakt zusammen.
 
Digitale Transformation
 
Durch die Digitale Transformation ändern sich auch in Museen Aufgabenstellungen und Herausforderungen. Um die Neuen Medien gezielt als Instrumente der Vermittlung und Bildung einsetzen zu können, sind deshalb eine andauernde kritische Reflexion der bisherigen Praxis sowie ein stetes Überprüfen des medialen Vermittelns, der Möglichkeiten der einzelnen Medien und der täglichen Nutzung entsprechender Anwendungen notwendig. Den Einsatz allein aus den Medien heraus zu argumentieren, wird stattdessen dazu führen, dass das Angebot die kritische Reflexion der Mitarbeiter*innen und Nutzer*innen nicht übersteht. Wenn man sich aber auf Neue Medien einlässt, deren Vorgehensweise versteht und Potenziale erkennt, kann deren Einsatz in einer Bildungseinrichtung durchaus zum Vermitteln und Generieren von Inhalten dienen.
 
Vom Betrachten zum Gestalten
 
Der Sammelband "Vom Betrachten zum Gestalten. Digitale Medien in Museen - Strategien, Beispiele und Perspektiven für die Bildung" - in zweiter Auflage erschienen 2020 bei Nomos - stellt dar, wie sich der selbstverständliche Mediengebrauch auf Museen und die Erwartungshaltung von Besuchergruppen auswirkt. Auf über zweihundert Seiten werden nicht nur theoretische Grundlagen zum Thema Digitale Transformation geteilt, sondern auch auf viele Berichte und Erfahrungen aus der Praxis zurückgegriffen. Die zweite Auflage ist gegliedert in die Themenblöcke "Aufgabenstellung und Lösungsperspektiven", "Medienintegrierte (Bildungs-)Konzepte", "Museumskommunikation mit Podcasts und Blogs" und "Partizipative Formate". In zwölf Beiträgen werden dabei nicht nur Herausforderungen und Lösungsansätze vorgestellt, sondern auch thematische Vertiefungen präsentiert.
 
Im einführenden Text nennen die Herausgeber*innen des Buches, Michael Mangold, Peter Weibel und Julie Woletz, drei Dimensionen von gegenwärtigen Herausforderungen im Medienbereich: (1) Zum ersten betonen sie die extrem hohe Veränderungsdynamik digitaler Medien und deren Technologien. (2) Zum zweiten machen sie darauf aufmerksam, dass dem Einsatz digitaler Medien eine gewisse Zweischneidigkeit zugrunde liegt. Auf der einen Seite bieten sie eine Chance zur Inklusion vieler Bevölkerungsgruppen in das Bildungssystem. Auf der anderen Seite geht aber die Gewissheit der Wissenszunahme verloren. Das bedeutet, dass nicht sichergestellt werden kann, welche Informationen abgerufen und welche Schlüsse daraus gezogen werden. (3) Als dritten Punkt erwähnen sie, dass es keinen gemeinsamen Kanon an digitalen Instrumenten gibt. So heterogen Museen an sich schon sind, so divers kann auch der Einsatz neuer Medien sein. Die Museumsszene verfügt über wenige fundiert analysierte Beispiele dazu, wie erfolgreiche Vermittlung mit digitalen Medien nachhaltig funktioniert. Die Autor*innen weisen darauf hin, dass dies nicht die Aufgabe von Museen sein kann, aber dass sie in besonderer Weise darauf verweisen und sie in die öffentliche Aufmerksamkeit rücken können.
 
Medienintegrierte (Bildungs-)Konzepte
 
Peter Weibel und Dominika Szope beginnen damit, wie das Web 2.0 neue Handlungsmöglichkeiten geschaffen und wie sich die dadurch neu geschaffene Öffentlichkeit auf die Gesellschaft und Kulturtechniken ausgewirkt hat. Sie analysieren den Status Quo und zeigen dabei Chancen auf. Michael Mangold geht in seinem Beitrag darauf ein, wie Museen heute als Umgebung für Lernprozesse dienen. In dieser Aufgabe können sie für kritische Reflexionen von gesellschaftlichen Veränderungen dienen. Dabei plädiert er für das Museum als Medium der Inklusion. Dass Museen zudem einen Beitrag zur Förderung der Urteilsfähigkeiten leisten können und wie die Nutzung medialer Möglichkeiten neue Wege erschließen kann, um dieser Rolle noch besser entsprechen zu können, erklärt Uwe Hochmuth. Unter anderem geht er in seinem Aufsatz darauf ein, wie Phänomene wie Gaming nicht nur als Zeitvertreib, sondern als ein nutzbarer Lernprozess betrachtet werden können.
 
Julie Woletz und Jelena Volkwein-Mogel beziehen sich in ihrem Beitrag auf "Digital Storytelling" und zeigen, dass neue Medien an traditionelle Narrationsformen anknüpfen können. Eine Kombination von digitalen Medien und narrativen Vermittlungsstrategien führt demnach über einen hohen Aufforderungscharakter und niedrige Hemmschwellen zu kreativen Lösungen, Besucher*innen aktiv einzubinden. Besucher*innen als aktive und gestaltende Teilnehmer*innen in einem Museum zu betrachten, ist das Thema von Hans W. Giessen und Werner Schweibenz. Sie erläutern, wie das Museum als Kommunikationsort im Sinne eines Erfahrungsaustausches gesehen werden kann, sofern sich die Form der Kommunikation ändert und dabei Storytelling eine wichtige Rolle spielt. Harald Krämer beschreibt wie mediale museale Vermittlungsangebote von Accessibility, Usability und Interface-Design profitieren können. Mittels bereits in den letzten zehn Jahren entwickelter CD-ROMs, DVDs und Websites analysiert Krämer die darin enthaltenen Elemente der interaktiven Narration, systemischen Designs, szenografischer Dramaturgie, Naviation und Sound-Design und plädiert für Entschleunigung, Schlichtheit und gute Geschichten.
 
Museumskommunikation mit Podcasts und Blogs 
 
Zwei Beiträge besprechen das Medium des Podcasts. Claudia Schallert geht auf Podcasts im Museumskontext ein und Lena Maculan konzentriert sich auf die Analyse der Auswirkungen von Museums-Podcasts. Sie plädiert dafür, hierfür die Beziehung der Museen zu deren Besucher*innen genauer zu betrachten, und stellte eine Methodik vor, die sie von Norman Faircloughs Kritischer Diskursanalyse ableitet. Daniel Alles, Timo Heimerdinger, Thomas Laufersweiler und Philipp Pape diskutieren die Möglichkeiten audiovisueller Vermittlungsformen. Dabei teilen sie eigene Erfahrungen und Überlegungen bezogen auf Videoblogs. Anhand ihres eigenen Videoblogs "Forschung.Alltag" beschreiben sie, wie gezielt ästhetisch und pragmatisch an internetbasierte Kommunikationstrends angeknüpft werden kann.
 
Partizipative Formate
 
Dem partizipativen Format von Wikis widmet sich der Beitrag von Georg Hohmann. Er erläutert, wie Wikis Museumsbesucher*innen zu Gestalter*innen machen, speziell wenn Inhalte von ihnen neu generiert werden können. Janine Burger, Sabine Faller und Barbara Zoé Kiolbassa besprechen, wie das ZKM (Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe) mit der digitalen Transformation umgeht, und stellen verschiedene Projekte aus der Museumskommunikationsabteilung vor. Damit zeigen sie, wie der partizipative Umgang mit Medien ein Bedürfnis nach Teilhabe abdecken kann, z.B. mit einer partizipativen Online-Ausstellungsplattform. Im abschließenden Beitrag stellt Silke Krohn das Verbundprojekt "museum4punkt0" vor. Anhand von diesem bespricht sie beispielhaft die Möglichkeiten, neue Medien sinnvoll und vor allem zielgruppengerecht in Museen einzusetzen.
 
Generationen Y und Z
 
Bereits 2007 erschien eine Ausgabe "Vom Betrachten zum Gestalten". Da Medien und Technologien von einem schnellen Wandel geprägt sind, verwundert es nicht, dass etwas mehr als zehn Jahre später bereits eine neue Auflage veröffentlich wurde. Wie im einführenden Beitrag des Buches dargelegt, wird nicht nur den einzelnen Anwendungen des digitalen Phänomens keine Dauerhaftigkeit mehr zugesprochen, sondern es müssen auch die Rahmenbedingungen mitverändert werden, um den Wandel der Technologien und der Gesellschaft begleiten zu können. 
 
Besonders interessant erscheint in diesem Kontext der Aspekt, den Weibel und Szope in ihrem Beitrag zu den Generationen Y und Z einbringen. Beide, aber besonders die Z-Generation, werden als "Culture Creators" (CCs) bezeichnet, weil sie digitale Medien proaktiv und inhaltsgenerierend in ihrem Alltag einsetzen und zudem den (Arbeits-)Alltag, aber auch die Bereiche Unterhaltung und Marketing neu prägen und hier Authentizität, aber auch gesellschaftlichen Impact erwarten. Sie zitieren aus Kimberlee Morrisons Beitrag "How Should You Be Marketing to Generation Z Through Social?" von 2015: "What’s different for this generation is not as simple as the internet or technology. Technology is an important component, but what’s changed is this generation’s relationship with culture." 
 
Die angesprochenen Generationen sind natürlich auch museale Zielgruppen. Insofern ist die Überlegung, wie sie digitale Medien benutzen und welche Gewohnheiten sie haben, durchaus relevant für das mediale Vermitteln von Museumsinhalten und das gemeinsame Generieren von Inhalten. Gerade der neue mediale Umgang dieser Heranwachsenden lässt die Frage aufkommen, ob Museen weiterhin so kommunizieren können wie bisher oder ob sich an ihrer Wissensvermittlung grundlegend etwas ändern muss. Dabei muss nicht nur die Vermittlung mit den veränderten Ansprüchen umgehen. Die Museumsmitarbeiter*innen selbst sehen sich diesen Veränderungen gegenüber, denn die kommenden Generationen prägen auch die Personalsituation in Museen. Wie, womit und mit wem im Museum gearbeitet wird, sind aktuelle Fragen.
 
Empfehlenswert
 
"Vom Betrachten zum Gestalten" zeigt sehr gut, wie man den alltäglichen Mediengebrauch als Chance sehen kann, damit Museumsbesucher*innen von einer passiven Betrachtungsrolle in eine aktive Gestaltungsrolle wechseln können. Die Beiträge beschreiben die digitale Transformation kritisch und reflektieren stark über bisherige Praktiken und Erfahrungen. Alle verfügen über eine gute Einbettung in Fachliteratur und führen die Diskussion mit neuen, eigenen Gedankengängen fort. Ein interessantes Buch - nicht nur für Kommunikations- und Vermittlungsabteilungen, sondern für alle musealen Arbeitsbereiche, um das Verständnis von Inhalt, Teilhabe und Vermittlung zu erhöhen.

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